Sozialbericht 2022

107 Sozialbericht 2022 Mehr finanzielle Mittel für Betreuungsvereine Ehrenamtlich Betreuende und Betreuungsvereine sind in der Praxis unverzichtbar und oft im Einsatz. Um auch hier das Qualitätsniveau zu steigern, sollen anerkannte Betreuungsvereine künftig einen gesetzlichen Anspruch auf eine bedarfsgerechte finanzielle Ausstattung mit öffentlichen Mitteln erhalten. Ehrenamtlich Betreuende erhalten grundsätzlich die Möglichkeit, sich einem anerkannten Betreuungsverein anzuschließen und von diesem begleitet und unterstützt zu werden. Neues Betreuungsregister Neu eingeführt wird ein Betreuerregister. Dort werden nur solche Betreuende registriert, die die erforderliche persönliche Eignung und Zuverlässigkeit sowie eine ausreichende Sach- kunde besitzen. Sie müssen Nachweise wie beispielsweise ein Führungszeugnis sowie eine Auskunft aus dem zentralen Schuldnerverzeichnis vorlegen. Außerdem neu ab 2023: Ab dem 01.01.2023 tritt § 1358 BGB – »Gegenseitige Vertretung von Ehegatten in Angele- genheiten der Gesundheitssorge« in Kraft. Hier wird das Ehegattenvertretungsrecht geregelt. Ehegatten können derzeit für ihre*n nicht mehr selbst handlungsfähigen Partner*in auch bei akuter medizinischer Anforderung ohne entsprechende Vollmacht keine Entscheidungen zur Gesundheitssorge treffen. Ab 2023 sieht das BGB eine gegenseitige Vertretung von Ehegatten in den Angelegenheiten der Gesundheitssorge als Notvertretungsrecht für sechs Monate vor. Eheleute ohne Vertre- tungsvollmacht können für den jeweiligen Ehepartner im festgelegten Rahmen die Gesund- heitssorge ausüben, ohne vorab einen Antrag auf rechtliche Betreuung stellen zu müssen. Um das Thema Betreuung von volljährigen Personen anschaulicher zu machen, wurde eine Betreuerin um die Schilderung eines Falles gebeten. Der Fall wurde anonymisiert, um die Persönlichkeitsrechte alle Personen zu wahren. Erfahrungsbericht einer Berufsbetreuerin »Anlässlich seines 60. Geburtstages sagte mein Vater, ein Pastor: „Ich habe den schöns- ten Beruf der Welt“. Ich – seine Tochter – bin inzwischen ebenfalls 60 Jahre alt, nicht Theologin, sondern Volljuristin und hauptberuflich Betreuerin. Ich erinnere mich an Frau X, die ich vor fünf Jahren über die Betreuungsstelle mit folgenden Aufgabenkreisen zugewiesen bekam: Vermögenssorge, behördliche Angelegenheiten, Wohnungsangelegenheiten, Post- angelegenheiten, Gesundheitssorge. Frau X war ein gerade 18-jähriges, leicht geistig behindertes Mädchen mit einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung und dem Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung. Sie hatte sehr traurige Augen. Sie war frisch obdachlos, sie war wehrlos, die Haare verfärbt und aus der Jugendhilfe- einrichtung „rausgeschmissen“, weil sie sich nicht mehr an die Regeln hielt. „Die wollten mir verbieten, zu rauchen, dabei rauchen die selber“, sagte sie. Nun traf ich sie bei einer Freundin an, bei der es nur eine schmutzige Matratze auf dem Boden gab. Sandy hatte UNTERSTÜTZUNG VON ERWACHSENEN IM SOZIALEN NETZ Künftig können sich Eheleute gegenseitig in den Angelegenheiten der Gesundheitssorge als Notvertretungsrecht für sechs Monate ver- treten.

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