Internationales Kiel
Wir bauen Brücken

Wer sind die Personen, die die internationalen Partner­schaften Kiels prägen und voranbringen? Es sind Menschen aus den Verwaltungen, aus der Zivil­gesellschaft, aus allen Lebens­bereichen wie Kultur, Bildung oder Sport. Sie setzen sich ein für grenz­überschreitende Zusammen­arbeit und bauen Brücken in andere Kulturen.

Jeden Monat stellen wir eine*n Brückenbauer*in aus Kiel oder aus den Partnerstädten in einem Kurzinterview vor. Sie kennen Leute, die unbedingt dazugehören? Dann lassen Sie uns das gerne wissen.


San Francisco
Arne Eichberg - Kieler Jugendring e.V.

Lachender Mann kniend vor bunter Graffiti-Wand.
Arne Eichberg, Foto: privat.

Wer bist du und was genau machst du?

Moin, ich bin Arne Eichberg und eine geborene Kieler Sprotte. Seit 2014 arbeite ich für den Kieler Jugendring e.V. Der Verein vertritt die Interessen und Rechte von Kindern und Jugendlichen gegenüber der Öffentlichkeit und den Behörden und unterstützt und fördert die ehrenamtliche Jugendarbeit in Kiel. 

In Kooperation mit unseren Mitgliedsverbänden organisiere und begleite ich zahlreiche Projekte und Veranstaltungen. Dazu gehören unter anderem das Mitmach-Festival Playground zur Kieler Woche und der Jugendkulturaustausch mit Kiels Partnerstädten. 

Junge Menschen gestalten diesen Austausch mit ihrer Kultur und ihrem Knowhow aktiv. Gemeinsam mit jungen Musiker*innen, Skater*innen und Street Artists organisierte ich bisher Begegnungen mit Brest, Coventry, Gdynia und San Francisco.

Worum geht es in deinem aktuellen Projekt zwischen Kiel und San Francisco?

San Francisco ist bekannt für seine lebendige Street-Art-Kultur, die einen bedeutenden Teil der kulturellen Identität der Stadt ausmacht und in jedem Reiseführer als Highlight vorgestellt wird. Kiel verfügt über eine sehr aktive Graffiti-Szene, die bereits seit vielen Jahren auf dem Playground mitwirkt und das Stadtbild Kiels mitgestaltet. Ein Beispiel hierfür ist die Veloroute 10, die auf dem Kieler Westufer die Stadtteile Wik und Hassee verbindet. 

Der Kieler Jugendring e.V. möchte die Szenen in Kiel und San Francisco miteinander vernetzen und jungen Kieler Künstler*innen die Möglichkeit geben, internationale Erfahrungen zu machen. Street-Art ist entstanden als Rebellion gegen gesellschaftliche Zwänge und führt auch heute, trotz kommerzieller Erfolge einzelner Künstler, ein Schattendasein und muss gegen viele Widerstände kämpfen. Wir ermutigen junge Menschen, ihre Stimme zu erheben und sich einzumischen – im öffentlichen Stadtbild, in den Vereinen und in der Politik. 

Unser Kooperationspartner Precita Eyes Muralists verfügt über fast 50 Jahre Erfahrung mit Wandmalereien, die in Form von Gemeinschaftsprojekten einen nachweislich positiven Einfluss auf die beteiligten Nachbarschaften ausüben. 2019 gestalteten Künstler*innen aus San Francisco gemeinsam mit Jugendlichen und Kieler Graffiti-Künstlern ein Wandgemälde am Spielplatz in der Hopfenstraße. 

Im Juli 2023 reisten Kieler Graffiti-Künstler nach San Francisco und beteiligten sich am Urban Youth Arts Festival. Mit der Precita-Eyes-Gründerin, Susan Cervantes und ihrem Team tauschten sie sich darüber aus, wie communitybased murals auch in Kiel möglich sind.

Die Kieler Künstler gestalteten gemeinsam mit Sprayer*innen aus San Francisco in den berühmten Mural Alleys ein Graffito, welches unsere Städtepartnerschaft repräsentiert.

Ein Kieler Graffiti-Künstler gestaltet ein Bild in San Francisco.
Ein Kieler Graffiti-Künstler gestaltet ein Bild beim Urban Youth Arts Festival in San Francisco (Juli 2023). Foto: Arne Eichberg.

Weshalb findest du internationale Arbeit wichtig?

Die Welt ist im Umbruch, neue Herausforderungen und alte Konflikte erwecken den Eindruck einer dauerhaften Krise. Es wächst eine Generation heran, die auf eine unsichere Zukunft zusteuert. Der Jugendkulturaustausch fördert die Selbstermächtigung der jungen Menschen, die Zukunft in ihrem Sinne zu gestalten. Sie lernen, sich auf das Fremde und auf unterschiedliche Sicht- und Lebensweisen einzulassen und verbessern zudem ihre Sprachkompetenz. Es erfordert Offenheit und Mut, seine Komfortzone zu verlassen, doch genau daran wachsen alle Beteiligten. 

Kiel ist eine internationale Stadt mit zahlreichen Partnerstädten und der Kieler Jugendring gibt jungen Menschen die Chance, diese Partnerschaften mitzugestalten. Jeder Austausch beweist: Wir können über die kulturellen und geografischen Grenzen hinweg gute Nachbarn und Freunde sein.

Was hat dich am meisten während deines Projekts mit San Francisco überrascht?

Der starke Gemeinschaftssinn von Precita Eyes. Unsere Begegnung mit der Stadt San Francisco fand vor allem im Mission District statt, einem Stadtteil, der sich bunt, multikulturell und lebendig zeigt und in einigen Ecken eben auch schmutzig und bedrohlich. Unsere Gastgeber Precita Eyes bilden ein vitales Zentrum des Viertels. Die Organisation plant und erstellt ihre Wandmalereien in enger Zusammenarbeit mit den Anwohner*innen. Sie bietet Bildungsprogramme und Workshops an, um die Kunst der Wandmalerei weiterzugeben und stärkt damit die Akzeptanz dieser Kunst in der Gemeinschaft. 

Der Mission District ist inzwischen eine große Touristenattraktion. Viele kommunale Gebäude sind mit Murals geschmückt: Schulen, Sportstätten und Bibliotheken. Street-Art ist selbstverständlicher Bestandteil des künstlerischen Spektrums. 

Die Kieler Künstler erfuhren große Unterstützung und Respekt von der lokalen Szene und die Menschen entwickelten während unseres Besuchs ein reges Interesse an Kiel und unserer jungen Städtepartnerschaft. In „la mission“ kennt man nun Kiel und freut sich auf weitere Begegnungen.

Bunte Graffiti an einer Schule in San Francisco.
Farbenfrohe Graffiti an einer Schule in San Francisco. Foto: Arne Eichberg.

Was würdest du anderen Engagierten, die ein internationales Projekt planen, mit auf den Weg geben?

Während die offizielle Unterstützung durch die Verwaltungen der beteiligten Städte wichtig für jedes Austauschprojekt ist, ist ein*e persönliche*r Ansprechpartner*in, ob Einzelperson oder Verein, essentiell für echte menschliche Begegnungen. In gemeinsam gestalteten Events, gemeinsamem Kreativsein oder bei einem gemeinsamen Essen entstehen echte Verbindungen, Freundschaften und Dialoge, die über den Projektzeitraum hinaus fortwirken.

Ich empfehle, bereits in der Konzeptionsphase das Büro fder Stadtpräsidentin der Stadt Kiel einzubinden, das Team im Bereich Internationales und Nachhaltigkeit verfügt über wertvolle Kontakte und Fachwissen, was Förderung und Formalitäten betrifft. Dort fand ich immer ein offenes Ohr sowie Hilfe in Rat und Tat.


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