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ALLRIS - Drucksache

Geschäftliche Mitteilung - 0880/2017

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Beratungsfolge

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Antrag

 

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Sachverhalt/Begründung

Ausgangssituation

Der sog. Dieselskandal und die Ankündigung der Deutschen Umwelthilfe (DUH), ein formelles Verfahren zur Sicherstellung der Einhaltung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid (NO2) einzuleiten, haben in den Medien und der Öffentlichkeit zu vermehrten Diskussionen geführt, wie die NO2-Grenzwertüberschreitung am Theodor-Heuss-Ring zwischen Krusenrotter Weg und Dithmarscher Straße (Streckenlänge etwa 190 Meter) zu bewerten ist und welche Maßnahmen eine möglichst kurzfristige und nachhaltige Luftverbesserung bewirken können.

Über die generelle Problematik der Luftschadstoffbelastung am Theodor-Heuss-Ring und eine Auflistung von möglichen Maßnahmen zur Luftschadstoffverbesserung, die sich zurzeit in der Überprüfung befinden, wurde dem Innen- und Umweltausschuss und dem Bauausschuss bereits in der Drucksache 0189/2017 im März und April 2017 berichtet. Die in dieser Drucksache aufgehrten Erläuterungen und Einschätzungen treffen nach wie vor zu.

Aktualisierte Faktenlage

Mit dem „Nationalen Forum Diesel“, welcher am 2. August 2017 in Berlin von der Bundesregierung organisiert wurde, hat das Thema Grenzwertüberschreitung durch Diesel-PKW endgültig die oberste Regierungsebene erreicht. Die Diskussionen rund um das Forum haben gezeigt, dass die Ursachen der hohen Stickoxidbelastungen in den Städten struktureller Natur sind und nicht allein von den Städten zu lösen sind. Gleichwohl sind die dort getroffenen Vereinbarungen aus kommunaler Sicht nicht ausreichend.

Das Umweltbundesamt hat berechnet, dass die beim Nationalen Forum Diesel“ beschlossenen Maßnahmen (Motorsoftwareverbesserungen und Kfz-Umtauschaktionen) zu einer Senkung der Stickstoffdioxidbelastung in den deutschen Städten von bis zu sechs Prozent führen. Dies ist nicht ausreichend, die Messwerte für NO2 am Theodor-Heuss-Ring unter den zulässigen Grenzwert von 40 µg/m³ zu senken.

Die Schiffsemissionen durch Kreuzfahrtschiffe und den Fährbetrieb sind nicht ursächlich für die hohen Grenzwertüberschreitungen am Theodor-Heuss-Ring verantwortlich (siehe Facts-Sheet der Seehafen Kiel GmbH vom 29.08.2017). Die Seehafen Kiel GmbH wird ein Gutachten zur Prüfung der Luftschadstoffbelastung durch den Hafenbetrieb beauftragen.

Auch angesichts der Klageandrohung durch die Deutsche Umwelthilfe (DUH) bleiben Stadt und Land bei ihrer grundsätzlichen Ablehnung von Fahrverboten. Die Umleitung von großen Verkehrsströmen würde zu einem Verkehrschaos führen, da keine alternativen Straßenrouten für den Theodor-Heuss-Ring zur Verfügung stehen. Auch aus Umweltsicht wäre dies kontraproduktiv, weil die Abgase sich dann auf größere Bereiche verteilen würden und noch mehr Betroffene die Lasten zu tragen hätten.
Eine eventuelle Klage der DUH würde sich gegen das Land richten. da die Zuständigkeit für die Luftreinhalteplanung beim Land liegt.

Die Fahrbahndeckenerneuerung ist zwischen Lübscher Baum und Winterbeker Weg und der Einbau einer photokatalytisch wirkenden Asphaltoberfläche (siehe Drucksache 0060/2017) ist abgeschlossen. Die daraus resultierende Senkung der NO2-Belastung kann zurzeit noch nicht beziffert werden.

Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat am 28.07.2017 ein rasches Fahrverbot für Dieselfahrzeuge in Stuttgart gefordert. Damit gab das Gericht einer entsprechenden Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) Recht. In Konsequenz bedeutet dies, dass nicht langfristige Maßnahmen einer eventuellen Klage entgegen treten können. Nur kurzfristig umsetzbare und zielführende Maßnahmen haben offensichtlich vor den Gerichten Bestand. Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig, da das Gericht Berufung, bzw. eine Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zugelassen hat.

Auch die Bundesregierung hat zuletzt deutlich gemacht, dass sie die Einhaltung der Grenzwerte bis 2020 anstrebt. Obwohl die Situation in Kiel nicht generell mit anderen großen Städten vergleichbar ist, in denen großflächig viele Straßenabschnitte betroffen sind, muss auch hier ein ganzes Maßnahmenbündel bei der Schadstoffreduktion ansetzen.

gliche kurzfristig umsetzbare Maßnahmen zur Senkung NO2-Belastung

Zur Prüfung, welche einzelnen oder gemeinsamen Maßnahmen die NO2-Belastung unter den zulässigen Grenzwert absenken können, ist ein variables Luftschadstoffausbreitungsmodell erforderlich. Dieses komplexe Modell, beauftragt vom Umweltministerium, befindet sich zurzeit in der Endabstimmung. Wesentliche Eingangsgröße stellen die Verkehrsbelastungen auf dem Theodor-Heuss-Ring dar. Ein aktualisiertes Verkehrsmodell wird in diesem Monat fertiggestellt.

Auch unabhängig von den Kosten für die Umsetzung bleiben nun folgende kurzfristigen Maßnahmen zur Reduzierung der NO2-Belastung im Fokus für die weitere Prüfung:

  • Künstliche Durchlüftung (durch entsprechend dimensionierte technische Anlagen).
  • Errichtung von Schadstoffbarrieren.
  • Ausschluss von Immissionsorten durch Aufgabe von Wohnnutzung.
  • Ausschluss von Immissionsorten durch Belüftungstechnik.
  • Tempolimit.
  • Änderung der Verkehrsführung durch Verlagerung der Fahrstreifen.

Fazit

Wie schon in der Drucksache 0189/2017 dargelegt, stoßen die kommunalen Bemühungen, die Stickstoffdioxidbelastung durch stadtplanerische, verkehrsplanerische und ordnungsrechtliche Maßnahmen zu verringern, an ihre Grenzen. In den vergangenen Jahren ist über den Deutschen Städtetag schon häufig der Appell an den Gesetzgeber erfolgt, durch anspruchsvolle Vorgaben den Schadstoffausstoß durch den Straßenverkehr zu verringern. Die Autoindustrie ist aufgefordert, die strengen Emissionswerte für Dieselfahrzeuge gerade im Stadtverkehr auch einzuhalten. Die EURO 6-Norm muss r Pkw schnellstens um anspruchsvolle Vorgaben für die Absenkung der Emissionen im Realbetrieb, insbesondere unter städtischen Fahrbedingungen, nachgebessert werden. Weiterhin muss die Förderung für die Nachrüstung von Diesel-Kfz mit Filtersystemen, die sowohl den Partikel- als auch den Stickoxidausstoß bereits zugelassener Fahrzeuge reduzieren, verbessert und fortgeführt werden.

Diese Forderungen wurden durch kommunale Spitzenverbände und die Umweltministerkonferenz bereits mehrfach formuliert.

Die auf dem Diesel-Gipfel im August angestoßene Diskussion, anlässlich der Luftbelastungen durch die Dieselfahrzeuge nun umfassend eine nachhaltige Mobilität stärker zu forcieren, muss vorangetrieben werden. Die sich in der LH Kiel in Bearbeitung befindlichen Masterpläne zur Mobilität bieten gute Ansatzpunkte, um langfristig nicht nur die Luftbelastungen zu senken, sondern die Stadt insgesamt noch attraktiver zu machen. Entsprechend ausgestattete Förderprogramme von Bund und Land sind hierzu dringend erforderlich.

Der angekündigte Mobilitätsfond für kommunale Projekte soll durch Bundesmittel von 500 Millionen Euro auf eine Milliarde Euro aufgestockt werden (Kommunaler Diesel-Gipfel am 04.09.2017 im Bundeskanzleramt, siehe beiliegende Anlage). Über die Verwendung entscheidet eine Koordinierungsstelle von Bundesministerien, Ländern und Kommunen.

Vorstellbare Projekte für Kiel wären beispielsweise:

  • Beschleunigung bei der Modernisierung der Fahrzeugflotte der KVG.
  • Beschleunigung bei der Modernisierung der Fahrzeugflotte der LH Kiel.
  • Landstromanschluss für die Fährlinien, zeitweilige Befreiung von der EEG-Umlage.
  • Nachrüstung der Kreuzfahrtschiffe mit LNG-Motoren.
  • Optimierung der Pendlerverkehre mit den Nachbarkreisen.
  • Umbau des öffentlichen Nahverkehrs, Stadtbahn Kiel.
  • Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Autos.
  • Stärkung Fahrradverkehr.

 

Die Verwaltung wird sich hierzu in den kommenden Wochen mit weiteren Akteuren aus der Wirtschaft beraten und ein Maßnahmenpaket zur Beantragung von Fördermitteln aus dem Mobilitätsfonds schnüren.

 

Ende September wird die Arbeitsgruppe aus Umweltministerium, Verkehrsministerium, Stadt und Landesamt zu einer erneuten Beratung des neuen Luftreinhalteplans Kiel (Bahnhofstraße / Theodor-Heuss-Ring) zusammentreffen. Über die Ergebnisse wird im Innen-und Umweltausschuss zeitnah berichtet.

 

 

 

 

 

Doris Grondke

Stadträtin für Stadtentwicklung und Umwelt

 

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Anlagen

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