Louise 'Lisa' Hansen
Geboren am 10. April 1902 in Ellerbek bei Kiel
Für Lisa Hansen steht das Wohlergehen insbesondere alter und behinderter Menschen im Vordergrund ihres Handelns und Wirkens. Als überzeugte Sozialdemokratin wird sie der Kieler Bevölkerung vor allem durch ihren Einsatz im Vorstand des Kieler Stadtklosters bekannt.
Lisa Hansen, 1902 in Ellerbek bei Kiel als Louise Meitmann geboren, wächst in Gaarden als Tochter des Geschäftsführers der Gaardener Vereinsbäckerei auf. Ihr Vater, der zu den Mitbegründern der Sozialdemokratischen Partei Kiels gehört, nimmt früh politischen Einfluss auf das junge Mädchen. Das Bewusstsein für soziale Missstände und ihr Gewissen zwingen sie, wie Lisa Hansen später einmal sagt, sich mit den sozialen Problemen zu konfrontieren und für deren Lösung sinnvoll einzutreten.
Bereits mit 14 Jahren tritt sie der Sozialistischen Arbeiterjugend bei, 1920 wird sie Mitglied der SPD. 1923 folgt die Heirat mit Richard Hansen, dem Begründer und Vorsitzenden des Reichsbundes Schleswig-Holstein. Bis 1933 steht er der SPD Schleswig-Holstein vor, während Lisa Hansen den Vorsitz der SPD in Kiel-Süd inne hat. Von 1928 bis 1933 übernimmt sie zudem die Leitung der SPD-Frauengruppe im Distrikt Kiel-Süd. Bis zur Naziherrschaft setzt sich Lisa Hansen für die Schaffung von sozialen Einrichtungen in Kiel ein; vor allem die alten Menschen sind es, um deren Wohl sie sich sorgt.
Nach 1933 folgen für die Familie Hansen Flucht und Emigration.* Für ihre Überzeugung als Sozialistin, die sich selbst als ein „altes Stück der Partei“ und als „leidenschaftliche Gegnerin des Nationalsozialismus“ bezeichnet, verlässt Lisa Hansen 1940 Deutschland. Die Jahre des Exils übersteht sie mit ihren beiden Kindern in Dänemark und Schweden. Durch Heimarbeit gelingt es ihr, die Familie halbwegs zu ernähren. Bedingt durch die Krankheit eines ihrer Kinder verlängert sich der Aufenthalt in Schweden. So leben sie fünf Jahre lang getrennt vom Vater und Ehemann. Richard Hansen emigriert nach Amerika; die Gründe hierfür sind nicht bekannt.** Die Familie kommt erst 1948 im fast völlig zerstörten Kiel wieder zusammen.
Lisa Hansen setzt sich tatkräftig dafür ein, die soziale Lage der Kieler Bevölkerung zu verbessern, insbesondere den raschen Wiederaufbau der Stadt zu unterstützen.
Ab 1949 ist sie Schöffin beim Landgericht Kiel, während ihr Ehemann als Sekretär der SPD-Landtagsfraktion tätig ist. Lisa Hansen wird 1951 als SPD-Mitglied in die Kieler Stadtverordnetenversammlung gewählt, der sie bis 1966 angehört. Sie ist Mitglied in verschiedenen Ausschüssen wie dem Sozial-, Gesundheits- und Jugendwohlfahrtsausschuss. Ebenfalls 1951 wird sie als Vertreterin der Ratsversammlung im Vorstand des Kieler Stadtklosters bestimmt. Hier kommt sie zum Kern ihres Wirkens: Ihre ganze Fürsorge gilt fortan alten und behinderten Menschen. Sie setzt sich für alle ein, „die sich selbst nicht helfen konnten“.
1952 übernimmt Lisa Hansen außerdem den Vorsitz in der kommunalpolitischen Arbeitsgemeinschaft der SPD-Frauengruppe und wirkt mit im Kuratorium für Bau und Verwaltung der Professorenhäuser des Arbeitersamariterbundes am Krummbogen in Kiel.
Der Vorstand des Kieler Stadtklosters dankt ihr dieses unermüdliche Wirken 1971 mit der Benennung des Elmschenhagener Altenheimes in Lisa-Hansen-Haus. Vom Land Schleswig-Holstein wird sie mit der Freiherr-vom-Stein-Medaille ausgezeichnet: Eine Ehrung, die nur Personen zuteil wird, die durch jahrelanges ehrenamtliches Engagement besondere Verdienste um die kommunale Selbstverwaltung erworben haben. In der Laudatio anlässlich dieser Auszeichnung wird Lisa Hansen von der ehemaligen Ratsfrau Dolly Franke als „eine Vorkämpferin für soziale Einrichtungen vor der Nazizeit“ gewürdigt.
Sie stirbt am 5. März 1976 in Kiel im Alter von 73 Jahren.
(aus: Nicole Schultheiß: "Geht nicht gibt's nicht ..."
24 Portraits herausragender Frauen aus der Kieler Stadtgeschichte. Kiel 2007)
* Hansens gehörten seit 1933 zu den hervorragenden Ansprechpartnern für politische Flüchtlinge aus Deutschland; dazu trug auch Lisas Bruder Karl 'Jack' Meitmann bei, der aus den politischen Auseinandersetzungen während der Weimarer Republik beste Kontakte zu Fischern hatte. Von ihnen vermittelte Fischer-Fahrten über die Ostsee waren eine Fluchtchance für etliche verfolgte Sozialdemokraten. Als dies aufflog, musste die Familie Hansen – getrennt – fliehen. Klaus Schwinger aus Marne hat darüber gearbeitet. (Mitteilung von Eckehard Raupach, Brief vom 19. März 2007)
** Eine Tochter der Hansens war mit einer geistigen Behinderung geboren; deshalb konnte man ihr eine weitere lange und unsichere Reise nicht zumuten. (Mitteilung von Rosa Wallbaum, mdl., März 2007)