OBERBÜRGERMEISTER*INNENHans Müthling (1901 - 1976)
* 08.07.1901 in Schwerin
+ 05.02.1976 in Kiel
Amtszeit
20.1.1955 - 31.10.1965
Hans Müthling wurde am 8. Juli 1901 in Schwerin als Sohn eines Landarbeiters geboren. Er besuchte die Volksschule in Alt-Rahlstedt und absolvierte dort auch eine Bürolehre im Gemeindebüro. Anschließend arbeitete er in der Kreisverwaltung in Wandsbek, wo er es bis zum Leiter des Kreissteueramtes und zum Bürodirektor brachte.
1927 holte Müthling das Abitur nach und studierte anschließend als Werkstudent Nationalökonomie und Finanzwissenschaft an der Universität Hamburg. 1931 promovierte er zum Doktor der Staatswissenschaften. Er war von 1929 bis 1936 Leiter des Kreissteueramtes in Wandsbek, 1936 bis 1939 Landesverwaltungsrat im Finanzdezernat der preußischen Regierung in Schleswig und von 1939 bis 1945 Landesverwaltungsrat der Provinzialverwaltung in Kiel.
Nach Kriegsende wurde Müthling Erster Landesrat, 1946 Leitender Landesdirektor (Staatssekretär) der ersten schleswig-holsteinischen Landesregierung unter drei Ministerpräsidenten. Als 1950 in Schleswig-Holstein ein politischer Wechsel erfolgte, musste Müthling als politischer Beamter aus seinem Amt ausscheiden. Für einige Zeit war er im Bonner Innenministerium tätig, von 1951 bis 1955 dann als Stadtkämmerer und später als Stadtdirektor in Hannover.
Von Hans Müthling hängt ein Bild in der Portraitgalerie im Rathaus.
Amtseinführung 1955
1954 billigte die Kieler Ratsversammlung einstimmig den SPD-Antrag, Dr. Hans Müthling zum neuen Kieler Oberbürgermeister zu nominieren. Am 22. Oktober wurde er mit 26 von 37 Stimmen gewählt. In einer Ansprache vor der Kieler Ratsversammlung umriss Müthling sein Programm mit zwei Leitsätzen: „Dem Wohle der Stadt zu dienen und das Ideal eines gerechten Lebens zu erstreben.“
Am 20. Januar 1955 wurde Müthling in sein Amt eingeführt. Er sah es als seine Aufgabe an, das Werk des verstorbenen Oberbürgermeisters Andreas Gayk fortzuführen. Die Kriegszerstörungen seien noch nicht beseitigt und die wirtschaftlichen Verhältnisse der Stadt zu verbessern. Außerdem sei ein Teil der Kieler Bevölkerung noch nicht nach dem Krieg in die Stadt zurückgekehrt, weil Wohnungsnot bestehe.
Eingemeindungen & Ausbau der Hafenwirtschaft
Müthling war der Oberbürgermeister, der „Kiel größer machte“. Durch sein Bemühen wurde die Fläche der Stadt um 24,7 Prozent erweitert, indem Suchsdorf (1958), Schilksee (1959) und Mettenhof (1963) eingemeindet wurden. Hier entstanden Neubaugebiete, in Mettenhof vor allem ein Hochhausstadtteil. Dadurch konnte der Wohnungsbedarf in Kiel erheblich gemildert werden.
Den Ausbau der Wirtschaft förderte Müthling durch die Ansiedlung vieler neuer Betriebe und den Ausbau des Hafens. Er war der Meinung, dass die Kieler „erst sehr spät“ erkannt hätten, dass der Hafen für die Entwicklung der städtischen Wirtschaft von großem Nutzen sein könne. Der Scheerhafen für die Marine und der Nordhafen als Umschlagplatz für Güter wurden erweitert. Das Verhältnis der eingeführten zu den abgesandten Güter verbesserte sich von Anfang der 1950er Jahre von 10:1 bis 1970 auf 3:1.
Ein Verdienst von Müthling war auch, Kiel zum „Fährhaus nach Norden“ zu entwickeln. Eine Fährplatzanlage an der Förde wurde geschaffen und Fährverbindungen 1961 nach Oslo, 1965 nach Bagenkop und 1967 nach Göteborg eingerichtet. Die innerstädtische Verkehrsführung wurde ebenfalls neu geplant. Da sich die Anzahl der Kraftfahrzeuge in Kiel zwischen 1957 und 1963 verdoppelt hatte, begann die Planung einer leistungsfähigen Umgehung der Innenstadt von der Holtenauer Hochbrücke, über den Westring, den Theodor-Heuß-Ring und den Ostring zur Schwentinebrücke. Die Realisierung der Stadtautobahn wurde bis zum Jahr 2000 fertiggestellt.
Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Kiel
1963 erfolgte die Wiederwahl Müthlings zum Kieler Oberbürgermeister. Am 31. Oktober 1965 trat er aber in den Ruhestand, um seinen Platz zugunsten des von der SPD vorgeschlagenen Kandidaten Günther Bantzer zu räumen. Müthling war aber weiterhin politisch tätig, indem er 1965 bis 1972 den Wahlkreis Kiel als SPD-Bundestagsabgeordneter in Bonn vertrat.
Wegen seiner Verdienste in der Kommunal-, Landes- und Bundespolitik wurde Müthling durch zahlreiche Ehrungen gewürdigt. 1959 erhielt er das große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland (Halskreuz) und 1972 das Große Verdienstkreuz mit Stern. Für seine Verdienste um den Ausbau der Kieler Universität ehrte ihn diese mit der Würde des Ehrenbürgers der Christian-Albrechts-Universität.
Dr. Hans Müthling verstarb am 5. Februar 1976 in Kiel.
Text: Christa Geckeler
Literatur & Zeitungen
- Erlenbusch, Timo: Müthling, Hans, in: Doris Tillmann, Johannes Rosenplänter (Hg.): Kiel Lexikon, Neumünster 2011, Seite 247
- Grieser, Helmut: Wiederaufstieg aus Trümmern (1945 bis in die Gegenwart), in: Jürgen Jensen, Peter Wulf (Hg.): Geschichte der Stadt Kiel, Neumünster 1991, Seite 408 f., Seite 420, Seite 433 ff.
- Paatsch, Walter: Zum Leben und Wirken von Hans Müthling, Oberbürgermeister in Kiel 1955 bis 1965 in: Mitteilungen der Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte, Band 73, 1987-1991, Seite 34-44
- Flensburger Tageblatt vom 11. September 1972
- Kieler Kurier vom 23. Januar 1946
- Kieler Nachrichten vom 23. Oktober 1954, vom 29. Januar 1959, vom 22. November 1963, vom 10. August 1965, vom 17. November 1965, vom 9. Juli 1966, vom 2. Dezember 1972, vom 9. Juli 1981
- Nordwoche vom 12. September 1969
- Schleswig-Holsteinische Volks-Zeitung vom 16. 10. 1954, vom 29. Januar 1959, vom 22. November 1963, vom 3. November 1964, vom 14. September 1965, vom 17. November 1965