NACHHALTIGES KIELKinderarmut ist beschämend
Armut gibt es auch in Kiel. Kinderarmut und Langzeitarbeitslosigkeit sind dabei die größten Herausforderungen, denen wir als Stadt uns hier vor Ort stellen müssen. Das SDG 1 fordert Länder, Städte und Kommunen in der ganzen Welt auf, Armut in allen ihren Dimensionen energisch zu bekämpfen. Kiel nimmt diese Herausforderung an.
Warum ist die Stadt zuständig?
Weil Armut auch vergleichsweise reiche Länder wie Deutschland betrifft. Natürlich ist Armut und Armut nicht das gleiche. So fordert das SDG 1 einerseits, die extreme Armut – wie beispielsweise in einigen Ländern Afrikas – vollständig zu überwinden. Hiervon ist Kiel nicht betroffen.
Als extrem arm gelten laut Definition der UNO Menschen, die von weniger als 1,90 US Dollar pro Tag leben müssen. Das entspricht umgerechnet etwa 1,70 Euro am Tag. In Kiel bekommen bedürftige Menschen in Notlagen – wie überall in Deutschland – finanzielle Unterstützung über die gesetzlich verankerten und vorgegebenen Sozialschutzsysteme. Das ist in Afrika anders.
Andererseits – und das ist das Neue an der Agenda 2030 – fordert das SDG 1 jedoch, dass bis zum Jahr 2030 auch der Anteil der Menschen, die nach der jeweiligen nationalen Definition in Armut leben, um die Hälfte gesenkt werden soll. Damit ist dieses Ziel auch für Kiel relevant.
Wie allgemein in Deutschland, sind auch in Kiel einige Bevölkerungsgruppen besonders armutsgefährdet. Dazu zählen vor allem alleinerziehende Frauen, Menschen mit Behinderungen, ältere Menschen, Arbeitslose sowie Migrant*innen.
Langzeitarbeitslosigkeit gestiegen in Kiel
Armut hat viele Gesichter. Die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen sehen den Kampf gegen die Armut als „die größte globale Herausforderung und eine unabdingbare Voraussetzung für eine nachhaltige Entwicklung.“ Dass das Fehlen von ausreichendem Einkommen die Ursache von Armut ist, liegt auf der Hand. Welche Folgen ein auf Dauer zu geringes Einkommen für beispielsweise die Gesundheit oder auch Entwicklungschancen von Kindern und Kindeskindern hat, ist im aktuellen Kieler Sozialbericht nachzulesen.
Kinder aus den sozial am meisten benachteiligten Stadtteilen Kiels wie Gaarden oder Mettenhof haben beispielsweise deutlich schlechtere Zähne als Gleichaltrige in privilegierteren Stadtteilen Kiels. Und sind im Verhältnis deutlich übergewichtiger.
Trotz einer grundsätzlich positiven Entwicklung des Arbeitsmarktes gibt es in Kiel nämlich nach wie vor eine relativ hohe Anzahl an Langzeitarbeitslosen. In Kiel zeichnetete sich bis dato eine stetiger Rückgang der gesamten Arbeitslosenquote ab. Jetzt zeigt sich eine Zunahme der von Arbeitslosigkeit betroffenen Menschen (11 506 Dezember 2020) und der Unterbeschäftigen (16 274 Dezember 2020), trotz des Anstiegs an sozialversicherungspflichtig Beschäftigeten.
Das Auseinanderdriften der Zahlen kann auf die unterschiedlichen Betrachtungsräume zurückgeführt werden. Die Corona-Pandemie zeigt Auswirkungen auf die Entwicklung des Arbeitsmarktes. Im Jahr 2020 ist insbesondere bis zum Ausbruch der Pandemie nicht nur in Kiel, sondern auch auf Bundes- und Landesebene ein rückläufiger Trend bei den Langzeitleistungsbeziehenden zu verzeichnen.
Zwar gibt es schon heute eine Reihe von erfolgreichen kommunalen Begleitmaßnahmen insbesondere durch das Jobcenter Kiel. Um die ganz große Herausforderung im Kampf gegen Armut im Sinne der UN-Nachhaltigkeitsziele anzugehen – nämlich die Armutsquote in Kiel um die Hälfte zu senken – will Kiel in den kommenden Jahren verstärkt an weiteren gezielten und wirksamen Maßnahmen arbeiten. Damit alle in Kiel auf Dauer und gut leben können.
Kieler Kinderarmut über dem Durchschnitt
Am allerstärksten betroffen von der Armut ihrer Eltern sind jedoch deren Kinder. Die Landeshauptstadt Kiel ist eine Großstadt mit einer überdurchschnittlich hohen Kinderarmut.
Aktuell leben 27,3 Prozent (2020) der Kinder im Stadtgebiet von Sozialgeld. Das heißt, fast jedes dritte Kind in Kiel unter 15 Jahren ist arm. Ende des Jahres 2020 war Gaarden mit 58,1 Prozent der Stadtteil mit der höchsten Kinderarmut. Dicht gefolgt von Mettenhof mit 54,5 Prozent. Zwar ist in einzelnen Ortsteilen Kiels die Zahl der Kinderarmut leicht gesunken, sind es jedoch noch immer 26,8 Prozent durchschnittlich, die von Kinderarmut betroffen sind. Hier gibt es für Kiel bis zum Jahr 2030 noch viel zu tun.
Das tut die Stadt – gegen Kieler Kinderarmut
Armut hat vielfältige Erscheinungsformen – zum Beispiel ein schlechter Gesundheitszustand, chronische Mangelernährung oder der fehlende Zugang zu Bildung. Auch nicht beteiligt zu werden an politischen Entscheidungsprozessen und ausgeschlossen zu sein vom sozialen und kulturellen Leben ist eine Erscheinungsform von Armut.
Über die allgemeinen Sozialschutzmaßnahmen hinaus, hat die Landeshauptstadt Kiel eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um gegen Kinderarmut vorzugehen. Denn die Zukunft dieser Kinder ist durch chronische Armut in Gefahr.
Dazu gehören zum Beispiel:
- im Rahmen der Kiel-Karte Zuschüsse für das Mittagessen in Schulmensen
- die Kostenübernahme bei Kita- und Schulausflügen
- die Übernahme von Mitgliedsbeiträgen für Sport, Kultur und Freizeit
- Lernförderung
- Zuschüsse zu Lernmaterialien
- Kostenübernahme von Klassenfahrten
Daten für Taten
Der Kieler Sozialbericht, der alle Jahre erneut herauskommt, trägt den passenden Titel „Daten für Taten“. Dieser Bericht ist eine wichtige Grundlage sowohl für die Politik als auch für die Verwaltung. Aber auch für alle anderen Akteure der Stadtgesellschaft.
Er bietet transparente Informationen über die sozialpolitischen Herausforderungen, die Kiel zu bewältigen hat. Er stellt die relevanten Sozialdaten für jeden Stadtteil gesondert dar und zeigt damit signifikante Polarisierungen im Stadtgebiet auf.
Der Kieler Sozialbericht ist somit ein Instrument, um kluge Entscheidungen treffen zu können. Und welche Maßnahmen insbesondere im Sinne der nachhaltigen Entwicklungsziele für ein sozial gerechtes Kiel zu ergreifen sind.
Mehr zu diesem Thema
- Sozialbericht 2021
- Job-Center Kiel
- Familien- und Erziehungsberatung
- Schuldnerberatung
- Kieler Netzwerk gegen Kinderarmut
- Projekt: Kids in die Clubs
- Stadtteilbüros Ostufer
- Stadtteilbüro Mettenhof
- Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung
Kontakt
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Stefanie.Skuppin@kiel.de
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