Ida Hinz

Foto Ida Hinz
Ida Hinz 1953 | Foto: Nafzger - Stadtarchiv Kiel

Geboren am 28. Dezember 1904 in Bönebüttel

Ida Hinz, Kiels erste Stadtpräsidentin, ist eine der bewegenden Persönlichkeiten der Kieler Nachkriegsgeschichte und der Kieler Sozialdemokratie.

Mit ihrem Wirken verbinden sich politische Wachsamkeit, soziale Gerechtigkeit sowie zwischenmenschliche Verständigung.

Ida Präkelt wächst in einer gutbürgerlichen Familie auf, die nach Kiel-Gaarden zieht, als Ida zwei Jahre alt ist. Hier besucht sie bis 1919 die Volksschule. Ihr Wunsch, eine Ausbildung zur Kaufmännischen Angestellten zu absolvieren, kann nicht erfüllt werden, da ihre Mutter zu dieser Zeit schwer erkrankt und Ida die Krankenpflege übernehmen muss. Nach dem frühen Tod der Mutter führt sie mit 15 Jahren selbstständig den Haushalt der Familie. Gleichzeitig arbeitet sie als Angestellte in Kieler Betrieben und in der Marine-Verwaltung.

Frühe, persönliche Verantwortung und die Erfahrungen des Ersten Weltkrieges veranlassen Ida Präkelt schon in jungen Jahren, Dinge politisch zu hinterfragen. Selbstunterricht, die Teilnahme an Volkshochschulkursen sowie Vorträge und Diskussionen in der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ) werden Grundlage ihrer Weiterbildung. Aus Abwehr gegen das enge wilhelminische Bürgertum tritt sie 1919 fünfzehnjährig der SAJ bei, zwei Jahre später wird sie Mitglied der SPD. 1928 schließt sich Ida Präkelt dem Arbeiter-Turn- und Sportbund an.

In der Sozialistischen Arbeiterjugend lernt sie ihren künftigen Ehemann Fiete Hinz kennen; die Ehe währt 54 Jahre. Über ihr Leben während des Zweiten Weltkriegs ist fast nichts bekannt. Den Idealen und den GenossInnen der Sozialdemokratischen Partei, die 1933 verboten wird, bleibt sie jedoch stets eng verbunden.

Als Kiel 1945 in Trümmern liegt, beschließt Ida Hinz, den Wiederaufbau ihrer Stadt tatkräftig zu unterstützen, und tritt gleich der neugegründeten SPD bei. Bereits 1946 wird sie als Frauenbeauftragte in den Kieler SPD-Kreisvorstand berufen und übernimmt für vier Jahre den Vorsitz der SPD-Frauengruppe. Im Oktober 1946 wählt man Ida Hinz in die erste frei gewählte Ratsversammlung nach dem Krieg. Das Amt der Ratsfrau übt sie knapp 28 Jahre lang ehrenamtlich aus.

In über 50 Ausschüssen und Gremien setzt sie sich für die Lösung sozialer Probleme der Nachkriegszeit ein. Die Sorgen und Nöte anderer Menschen stehen für sie immer im Mittelpunkt. Auch die Aussöhnung mit den Nachbarländern nach dem von Nazideutschland verursachten Krieg ist ihr ein zentrales Anliegen. So reist sie 1947 im Namen der SPD unter anderem nach Dänemark und Estland, um dort für Freundschaft und Völkerverständigung zu werben.

1951 wird Ida Hinz ehrenamtliche Dezernentin für das Wohnungsamt. Es ist eines der schwierigsten Ämter, da die Stadt Kiel zu 80 Prozent ausgebombt ist und Einheimische wie auch Flüchtlinge untergebracht werden müssen. Die Wohnungssuchenden bilden Schlangen vor ihrem Dienstzimmer, viele suchen sie sogar in ihrer Privatwohnung auf. Ida Hinz hat jederzeit ein offenes Ohr für die Notlage der Menschen. Dafür erfährt sie tiefe Anerkennung, Respekt und auch dankbare Zuneigung: die Kieler Bevölkerung nennt sie nur „uns Ida“.

Der Vinetaplatz in Gaarden um 1972
Vinetaplatz 1972 - dem Stadtteil Gaarden bleibt Ida Hinz, tief verwurzelt in der Arbeiterbewegung, bis an ihr Lebensende treu | Foto: Magnussen/Stadtarchiv Kiel

Von 1951 bis 1970 amtiert Ida Hinz als Stadträtin und gehört dem Präsidium der Kieler Ratsversammlung sowie dem Fraktionsvorstand der SPD an. Sie ist Aufsichtsratsmitglied der Kieler WOBAU-Wohnungsverwaltung, engagiert sich in der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, dem Kreiskuratorium Unteilbares Deutschland und dem Allgemeinen Kieler Kommunalverein, sitzt im Vorstand der Marie-Christian-Heime und ist ehrenamtliches Vorstandsmitglied der Vereinsbäckerei Gaarden, um nur einige Beispiele ihres unentwegten Einsatzes für die Kieler Bevölkerung zu nennen. Von 1952 bis 1970 amtiert Ida Hinz als stellvertretende Stadtpräsidentin.

Mit dem Wechsel zum Dezernat des Gartenamtes 1959 öffnet sich für Ida Hinz ein neues Aufgabenfeld. Dank Umsicht und Überzeugungskraft gelingt es ihr, die Begrünung der Stadt zur Steigerung der Lebensqualität bzw. des Lebensgefühls in die Wege zu leiten, obwohl dies gegenüber der allgemeinen Notlage des ausgebombten Kiel nicht vordringlich scheint.

Im Mai 1970 wird Ida Hinz einstimmig zur Stadtpräsidentin gewählt. Damit ist sie nicht nur in Schleswig-Holstein, sondern auch in der Bundesrepublik die erste Frau, die dieses höchste kommunale Amt inne hat.

Nach dem Bundesverdienstkreuz 1970, der Andreas-Gayk- und der Freiherr-vom-Stein-Medaille 1973, wird Ida Hinz 1974 mit der Verleihung der Ehrenbürgerrechte der Stadt Kiel für ihre vorbildhafte und langjährige kommunalpolitische Tätigkeit geehrt. Sie ist damit die erste und bis heute einzige Ehrenbürgerin der Stadt Kiel. Eine Auszeichnung für ihre humorvolle Art ist die Verleihung des Ritterordens Amica Laetitiae.

Neben der tatkräftigen Präsenz für die KielerInnen – ihr Dienstzimmer im Rathaus steht immer allen BürgerInnen offen – knüpft und pflegt Ida Hinz auch im Ausland, insbesondere in den skandinavischen Ländern, Kontakte im Sinne von Versöhnung, Verständigung und Freundschaft. Ihre Art der politischen Auseinandersetzung und das Bestreben, mit den unterschiedlichen politischen Lagern zu kooperieren statt gegeneinander zu handeln, fördert Vertrauen und Zusammenarbeit.

Sachlichkeit, Gerechtigkeit und Menschlichkeit im Kampf gegen Not und Bedrückung sind Eigenschaften, mit denen Ida Hinz auch beim politischen Gegner Respekt und Anerkennung hervorruft. Mitgefühl, soziales Verantwortungsbewusstsein und der Gedanke, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen und alles dafür zu tun, künftige Kriege zu verhindern, sind Antriebskraft für ihr Schaffen. „Passt auf, dass das nie wieder passiert!“ wird sie oft zitiert.

Nach längerer Krankheit stirbt Ida Hinz in ihrer Gaardener Wohnung in den Armen ihres Mannes Fiete am 26. Mai 1986 im Alter von 81 Jahren.



(aus: Nicole Schultheiß: "Geht nicht gibt's nicht ..."
24 Portraits herausragender Frauen aus der Kieler Stadtgeschichte. Kiel 2007)