Elisabeth Vormeyer

Foto Elisabeth Vormeyer
Elisabeth Vormeyer 1972 | Foto: Stadtarchiv Kiel

Geboren am 28. September 1893 Nübel bei Schleswig

Elisabeth Vormeyer hat vor allem als Gründerin des Kieler Frauenrings sowie als Mitbegründerin und Vorsitzende des Landesfrauenrates Schleswig-Holstein Bedeutung erlangt.

Mit ihrer Forderung „politisch denken, aber nicht parteipolitisch handeln“ setzt Vormeyer Maßstäbe für die künftige Frauenpolitik Schleswig-Holsteins.

Elisabeth wird als einziges Kind des Mühlenbesitzers Klarer 1893 in Nübel bei Schleswig geboren. Als „höhere Tochter“ kann sie das Abitur machen und schlägt den für „höhere Töchter“ damals typischen beruflichen Weg der Lehrerin ein. Das Examen legt sie in den Fächern Englisch und Französisch ab. Es folgen Aufenthalte in Paris an der Maison d´Étude und als Gasthörerin an der Sorbonne sowie Aufenthalte in England bis kurz vor Beginn des Ersten Weltkrieges.

In den 20er Jahren arbeitet Elisabeth Klarer neben ihrer pädagogischen Tätigkeit für mehrere Zeitschriften und den Norddeutschen Rundfunk. Mit ihrem journalistischen Einsatz versucht sie, Frauen eine staatsbürgerliche Bildung zu vermitteln, damit diese das neu erlangte Wahlrecht zu nutzen wissen.

1924 heiratet sie Wilhelm Vormeyer und zieht mit ihrem Mann nach Kiel. Hier übernimmt Elisabeth Vormeyer 1931 die Leitung des Schrifttumskreises, der die Aufklärung von Frauen sowie die Verbesserung ihrer gesellschaftlichen Stellung zum Ziel hat und dem Verband Deutsche Frauenkultur angehört.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 löst sich der Verband Deutsche Frauenkultur zwar auf, den Schrifttumskreis jedoch leitet Elisabeth Vormeyer illegal weiter. Er ist Ausgangsbasis für die spätere Gründung des Deutschen Frauenrings.

Während des Krieges ist Elisabeth Vormeyer wieder als Lehrerin tätig. Die NS-Zeit beschreibt sie als ein „eingeschnürtes, erdrücktes und unterirdisches Leben“.

Nach dem Ende Nazi-Deutschlands bemüht sich Elisabeth Vormeyer um Vermittlung zwischen deutschen und den englischen Frauen, die mit den britischen Stationierungstruppen nach Kiel kommen. 1946 tritt sie gemeinsam mit ihrem Mann der CDU bei. Allerdings reizen sie weniger parteipolitische Inhalte als vielmehr die konkrete Arbeit vor Ort.

Gruppenfoto
Elisabeth Vormeyer bei der Verleihung der Andreas-Gayk-Medaille am 7. Dezember 1972 mit Stadtpräsidentin Ida Hinz (2. von links) und Oberbürgermeister Günter Bantzer (2. von rechts) | Foto: Stadtarchiv Kiel

Im Herbst 1947 gehört sie zu den ersten Frauen der britischen Besatzungszone, die zur demokratischen Schulung nach England eingeladen werden. Im selben Jahr nimmt sie an der Gründung des Deutschen Frauenrings in Bad Pyrmont teil und ruft kurz darauf den Kieler Frauenring ins Leben, den sie von 1947 bis 1971 leitet.

Zudem übernimmt Elisabeth Vormeyer für sechs Jahre den Vorsitz des Deutschen Frauenrings auf Landesebene und gehört gleichzeitig dem geschäftsführenden Bundesvorstand an.

Mit ihrer Forderung „politisch denken, aber nicht parteipolitisch handeln“ setzt Elisabeth Vormeyer Maßstäbe für die künftige Frauenpolitik in Schleswig-Holstein. Sie ist entscheidend an der Gründung des Landesfrauenrates beteiligt, übernimmt auch hier rund sechs Jahre lang den Vorsitz. Wegen parteipolitischer Auseinandersetzungen im Landtagswahlkampf legt sie dieses Amt jedoch 1958 nieder.

Im Jahre 1954 folgt Elisabeth Vormeyer einer Einladung des US State Department und verbringt drei Monate u. a. in Washington, Philadelphia, New York und San Francisco, um dort die Organisierung amerikanischer Frauen kennen zu lernen. Ihr wird deutlich, dass die amerikanischen Frauen in ihrer staatsbürgerlichen Entwicklung den deutschen „eine Generation voraus“ sind.

Die „unbequeme Parteifreundin" Elisabeth Vormeyer nimmt von 1955 bis 1970 als CDU-Ratsfrau Einfluss auf Bildungs- und Kulturpolitik in den Ausschüssen für Theater, Volksbildung, Gesundheit und Schule. Ihr privates Interesse an Literatur und Theater kommen ihr dabei zu Gute.

Elisabeth Vormeyer bewahrt Selbstständigkeit im Denken und Handeln, was oftmals dazu führt, dass sie gegen die eigene Fraktion stimmt. Große politische Auftritte liegen ihr nicht; sie agiert mehr im Hintergrund mit Tat und Rat. 1956 wird Elisabeth Vormeyer Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Kieler Frauen, eines Zusammenschlusses der Frauen aller Fraktionen und Vertreterinnen der verschiedenen Frauenverbände.

Sie wird auch als Initiatorin gewichtiger Tagungen einer größeren Öffentlichkeit bekannt, wobei insbesondere die regelmäßigen Herbsttagungen des Kieler Frauenringes eine Bedeutung erlangen. Beachtung findet auch ihre literarische Begabung: Eine Zeitsatire mit dem Titel Experimente wird in den Kieler Kammerspielen aufgeführt. Darin kehrt Elisabeth Vormeyer das Geschlechterverhältnis um und kritisiert die ins Jahr 2010 verlegte Frauenherrschaft.

„Ränge und Reichtum, Orden und Ehrenzeichen imponieren mir nicht“, so wird Elisabeth Vormeyer gerne zitiert. Diese Haltung sei für ihre politische Arbeit immer von Vorteil gewesen. Dennoch wird die vielfältig aktive Kommunalpolitikerin mehrfach für ihren Einsatz ausgezeichnet und mit Medaillen geehrt wie z.B. 1972 mit der Andreas-Gayk-Medaille der Stadt Kiel, der Freiherr-vom-Stein-Medaille, dem Bundesverdienstkreuz und als erste Schleswig-Holsteinerin mit der Silbernen Ehrennadel des Deutschen Frauenrings. Nach dem Tod ihres Mannes 1975 zieht sich Elisabeth Vormeyer weitgehend aus dem öffentlichen Leben zurück.

Sie stirbt am 6. Juni 1985 in Kiel im Alter von 92 Jahren.



(aus: Nicole Schultheiß: "Geht nicht gibt's nicht ..."
24 Portraits herausragender Frauen aus der Kieler Stadtgeschichte. Kiel 2007)


2009 beschloss die Ratsversammlung, im Neubaugebiet Steenbeker Weg Straßen nach herausragenden Kieler Frauen zu benennen. Eine von ihnen heißt Elisabeth-Vormeyer-Weg.