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ALLRIS - Drucksache

Geschäftliche Mitteilung - 0351/2018

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Beratungsfolge

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Antrag

 

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Sachverhalt/Begründung

Anlässlich des akuten Sanierungserfordernisses der denkmalgeschützten Schroeder-Schule Friedrich-Junge-Schule“ (siehe hierzu gesonderte Vorlage) wird mit dieser Geschäftlichen Mitteilung ein Überblick über die 11 denkmalgeschützten Schroeder-Schulen in Kiel gegeben. Aufgrund des von der Immobilienwirtschaft in den nächsten Jahren voraussichtlich festzustellenden Sanierungsaufwandes bei den Schroeder-Schulen bedarf es einer abgestimmten Vorgehensweise zwischen der unteren und oberen Denkmalschutzbehörde sowie der Immobilienwirtschaft.

 

Denkmalpflegerische Einordnung der Schroeder-Schulen in Kiel:

 

Im Zuge des Wiederaufbaus nach dem 2. Weltkrieg hat Rudolf Schroeder als Architekt im Hochbauamt den Schulbau in Kiel maßgeblich geprägt. Unter seiner Federführung wurden in der Zeitspanne von 1949-1962 insgesamt 21 Schulen im Stadtgebiet Kiel errichtet. In der Anlage aufgehrt sind die 11 unter Denkmalschutz stehenden Schroeder-Schulen mit jeweiligem Lageplan und Schutzumfang gem. denkmalrechtlicher Unterschutzstellungsverfügung.

 

dagogische Konzepte und Umsetzung in der Bauform:

 

Architektonisches Vorbild stellt die Reformschule in Frankfurt am Main dar, die Ernst May bereits in den 1920er Jahren für den Bornheimer Hang entwickelt hatte. Das architektonische System folgt den reformpädagogischen Ansätzen von Pestalozzi, Montessori und den Richtlinien des „Internationalen Komitees für Freilufterziehung“.

 

Dem pädagogischen Ansatz des selbsttätigen ganzheitlichen Lernens und der Sozialisierung in der Gemeinschaft in einem familiären kindgerechten Umfeld tragen die Klassenräume mit direktem Freiraumbezug Rechnung. In der systematischen Umsetzung des Schulkonzeptes weisen die Schulen Rudolf Schroeders gemeinsame gestalterische Grundprinzipien aus, die dem jeweiligen städtebaulichen Kontext angepasst wurden:

 

  • Annähernd quadratische Stammklassen in kammartig angeordneten eingeschossigen Pavillonbauten.
  • Anordnung von Freiluftklassen und Freiflächen mit direktem Zugang von den Klassenräumen.
  • Erschließung der Klassen über offene Laubengänge.
  • Ausrichtung der Klassenräume mit Pultdächern nach Osten oder Südosten ansteigend für eine optimale Belichtung der Räume.
  • Querlüftung über Oberlichtfenster an der Westseite der Klassenräume oberhalb der Laubengänge.
  • Mehrgeschossige Baukörper für die Fachklassenräume, Gemeinschaftsräume und die Verwaltung als Verbindungsbauten oder städtebauliche Akzente der Klassenzeilen.

 

Architektonische Merkmale und Besonderheiten:

 

Die Schulbauten Schroeders passen sich an die jeweils vorherrschenden topografischen Bedingungen an und verfügen  über eine einheitliche Grundstruktur, in der das typische Formenrepertoire immer wieder variiert. Die charakteristische Architektursprache Schroeders orientiert sich an der funktionalistischen Moderne in Verbindung mit örtlicher Bautradition.
Spezifische Merkmale sind:

  • Stringente Gebäudestruktur, genaue Detailausbildung, filigrane Konstruktionen der Laubengänge.
  • Rotes Ziegelmauerwerk im Kreuzverband gemauert, teilweise verziert durch Reliefs und Terrakotten.
  • Auf quadratischem Raster beruhende Beton-/Glaskonstruktionen an mehrgeschossigen Bauteilen, meist zur Belichtung der Haupttreppenhäuser (z.B. Friedrich-Junge-Schule).
  • Horizontale Wirkung trotz senkrechter Mauereinschnitte.
  • Stehende Fensterformate mit Schiebe-Verbundfenstern in den Klassenräumen.
  • Als architektonisches Gestaltungsmoment repräsentativ platzierte Uhr.
  • Loggien in den Gebäudeecken.
  • Als Garderobe dienende Vorräume mit Waschbecken, Heizung unter den Kleiderhaken, Kontrollfenster und Durchklapp-Papierkorb.
  • Wärmedämmung der Pavillons: 13 cm Schaumbeton oder Hohlmauern mit 7 cm Schaumbetonkerndämmung.
  • Pergolen, Bruchsteinmauern und Glastrennwände zwischen den Klassengärten.

 

Denkmalpflegerische Zielstellung:

 

Unter Denkmalschutz stehen alle Kieler Schulen von Rudolf Schroeder, die einheitlich konzipiert und gebaut wurden. Bisher nicht unter Denkmalschutz gestellt sind die Schulen, die unter Schroeder wiederaufgebaut oder erweitert wurden oder die von Schroeders Schulbaukonzept deutlich abweichen.

 

Die Schulbauten Schroeders haben in ihrer konsequenten baulichen Umsetzung der reform-pädagogischen Theorien und in der architektonischen Qualität die Schulentwicklung der Nachkriegszeit entscheidend geprägt und erhielten Anerkennung weit über die Landesgrenzen hinweg. Sie blieben aber ohne Nachahmung aufgrund von verschiedener Kritik: unter anderem an der Kammstruktur, dem hohen Kosten- und Bodenverbrauch sowie den Bewirtschaftungs- und Instandhaltungskosten. Baukonstruktivengel sind: Wärmebrücken, fehlende Dehnfugen, verwitterte Baumaterialien, kapillare Wirkung des Grundwassers in den Fundamenten und Wänden der Pavillons.

 

Der bauliche Unterhaltungsaufwand war insofern schon sehr früh bekannt und in der Fachwelt kommuniziert worden. „Es entstanden qualitativ anspruchsvolle, aber in der Bauunterhaltung aufwendige Anlagen, die in ihrer durchgeführten Konsequenz eines besonderen Augenmerks hinsichtlich der fragilen Erscheinung auf den Umgang und der Bewahrung bedürfen.“ (Christian Schulz in Denkmal! 2012)

 

Dies bedeutet konkret, dass Maßnahmen der Sanierung, der energetischen Ertüchtigung sowie die Anpassung der Gebäude an die Anforderungen der heutigen und zukünftigen Bildungsaufgaben dem städtebaulichen und sozialpolitischen Zeugnis Rechnung tragen müssen. Aus denkmalfachlicher Sicht sollten die architektonisch erhaltenswerten Merkmale dabei möglichst nicht beeinträchtigt werden. Voraussetzung für eine denkmalgerechte Sanierung ist eine umfassende Bestandsuntersuchung aller denkmalgeschützten Schroeder-Schulen und ein fundiertes Sanierungskonzept.

 

Weiteres Vorgehen:

 

Die Priorisierung bzw. Reihenfolge der jeweils zu untersuchenden denkmalgeschützten Schroeder-Schule wird in enger Abstimmung mit der Immobilienwirtschaft festgelegt. Die jeweilige Sanierungsbedürftigkeit wird von der Immobilienwirtschaft nach Einschätzung des Schadensbildes und der baulichen Mängel vorgegeben. Da es im weiteren Prozess an einigen Schulen durchaus zu Teilrückbauten und Ersatzneubauten kommen könnte, ist auch eine enge Abstimmung jeweils mit der oberen Denkmalschutzbehörde (dem Landesamt für Denkmalpflege) erforderlich.

 

Konkrete Schritte sind:

  • Schadenskartierung an den Schulen.
  • Prioritätenliste der Dringlichkeit zur Sanierung.
  • Erarbeitung der heutigen und zukünftigen pädagogischen Erfordernisse und Raumbedarfe (Abstimmung zwischen Immobilienwirtschaft und Schulen).
  • Abgleich dieser Anforderungen mit den baulichen Gegebenheiten der Schroeder-Schulen.
  • Erstellen von Sanierungskonzepten, Umbau-/Erweiterungsbauten für jede Schule.

 

Aufgrund des dringenden Handlungsbedarfs an der Friedrich-Junge-Schule kann diese als Modellschule untersucht und saniert werden, um für den weiteren Umgang mit den anderen Schulen herangezogen zu werden.

 

 

 

Doris Grondke

Stadträtin

r Stadtentwicklung und Umwelt

 

 

Anlage: Überblick über die 11 denkmalgeschützten Schroeder-Schulen in Kiel

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Anlagen

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