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ALLRIS - Drucksache

Geschäftliche Mitteilung - 0075/2020

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Beratungsfolge

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Antrag

 

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Sachverhalt/Begründung

Ausgangslage:

 

Mit der Geschäftlichen Mitteilung 0676/2019 vom Juli 2019 wurde zuletzt schriftlich und in der Folge mündlich in den Fachausschüssen über den Fortgang der Fortschreibung des Luftreinhalteplans Kiel berichtet. In der Vorlage wurde die städtische Stellungnahme im Rahmen der Offenlage des Entwurfs zum Luftreinhalteplan wiedergegeben.

 

In der Folge wurden durch das zuständige Umweltministerium (MELUND) die Stellungnahmen der Öffentlichkeit, der Behörden, der Verbände und der Stadt ausgewertet. In der zweiten Jahreshälfte 2019 gab es weitere Fachgespräche zwischen der Stadt und dem MELUND, in denen es unter anderem um die Bewertung der Wirksamkeit von Luftfilteranlagen ging.

 

Mit Schreiben vom 09.01.2020 wurde der Stadt Kiel der überarbeitete Luftreinhalteplan übermittelt, verbunden mit der Aufforderung, das behördliche Einvernehmen zu erklären. Nach abschließenden Fachgesprächen mit dem MELUND konnten die städtischen Fachämter dem Oberbürgermeister die Erklärung des Einvernehmens empfehlen, welches dann am 20.01.2020 fristgerecht dem MELUND mitgeteilt wurde. Die Fortschreibung des Luftreinhalteplans wurde durch das MELUND am 21.01.2020 veröffentlicht (s. Anlage 1) und damit in Kraft gesetzt.

 

Der überarbeitete Luftreinhalteplan

 

Der nun vorliegende Luftreinhalteplan unterscheidet sich maßgeblich vom ursprünglichen Entwurf des MELUND. Die selektive Sperrung für Dieselfahrzeuge auf dem von Grenzwertüberschreitungen betroffenen Straßenabschnitt (Theodor-Heuss-Ring 61-79) steht nicht mehr im Vordergrund. Vielmehr ist diese Maßnahme in der Rückfallebene zu finden, die greift, wenn andere Maßnahmen nicht zur Unterschreitung des Jahresmittelgrenzwertes für Stickoxide von 40 µg/m³hren sollten. Die Stadtverwaltung hat mit zahlreichen Maßnahmenvorschlägen Alternativen zur Aussperrung von Diesel-PKW erarbeitet, um zu vermeiden, dass zusätzlicher Verkehr von der ampelfreien Bundesstraße auf andere innerstädtische Straßen gelenkt wird. Es würde zwar laut Berechnungen des MELUND dadurch nicht zu Grenzwertüberschreitungen bei Stickoxiden auf den Ausweichstrecken kommen; der zusätzliche Verkehr würde aber gleichwohl mehr Luftbelastungen und Lärm sowie Unfallrisiken insbesondere für Radfahrer und Fußnger erzeugen und zu Staueffekten führen. Diese würden sich wiederum negativ auf die Erreichbarkeit der Gewerbegebiete und angrenzenden Geschäfte auswirken.

 

In den Vordergrund rücken im nun vorliegenden Luftreinhalteplan vielmehr technische Einrichtungen, die in diesem begrenzten Abschnitt des Theodor-Heuss-Rings die Stickoxide aus der Straßenluft in dem Maße herausfiltern sollen, wie es eigentlich nach dem gesetzlichen Standard die Motorentechnik und die Filter in den Fahrzeugen leisten sollten. Im Herbst 2019 waren die ersten Anlagen-Anbieter in der Lage, gutachterliche Wirkungsprognosen vorzulegen, nach denen mit großer Sicherheit anzunehmen ist, dass weiter modifizierte Anlagen zu einer deutlichen Verbesserung der Luftqualität beitragen können. Diese Anlagen sollen so konzipiert werden, dass sie möglichst wenige bis kaum wahrnehmbare Nebenwirkungen erzeugen. Sie müssen zum Beispiel die zulässigen Lärmimmissionswerte einhalten und möglichst geringe Einschränkungen für Verkehrsteilnehmer darstellen. Die Tatsache, dass einige Anbieter die Aufstellung solcher Filteranlagen voraussichtlich am Straßenrand planen und damit den Radweg tangieren, war abzuwägen mit den erhöhten Verkehrsrisiken und Umweltbelastungen, die ein Umleitverkehr in Richtung Innenstadt zur Folge gehabt hätte. In diesem Vergleich stellen die Luftfilteranlagen das weitaus mildere Mittel dar.

 

Einzelne Maßnahmen aus dem städtischen Programm wurden bereits umgesetzt, wie die Einführung von Tempo 50, die Absperrung der Nebenstraßen und die Umleitung des Verkehrs aus Richtung der Fähranleger. Darüber hinaus werden weitere Maßnahmen aus dem umfangreichen Green City Plan kontinuierlich abgearbeitet, und es wurden seitens der Stadt noch zusätzliche Maßnahmen auf den Weg gebracht, wie ein verbessertes Job-Ticket für städtische Mitarbeiter*innen sowie die Initiierung von Job-Tickets in weiteren großen Institutionen (s. GM 0676/2019).

 

Die Luftqualität hat sich am Theodor-Heuss-Ring im letzten Jahr deutlich verbessert. Der zu erwartende Jahresmittelwert für die Stickoxid-Belastung im Jahr 2019 wird mit 50 µg/m³ angegeben. Erfreulicherweise lag der Monatsmittelwert für Stickoxide im Dezember 2019 bei nur 38,7 µg/m³. Für 2020 und die kommenden Jahre werden allein schon aufgrund der Modernisierung der Fahrzeugflotte weitere Verbesserungen prognostiziert, so dass selbst ohne irgendwelche Maßnahmen der Grenzwert im Jahr 2025 unterschritten werden würde (vgl. Abb. 1).

 

r das Jahr 2020 wird die Auswirkung einer mehrmonatigen Baustelle am Theodor-Heuss-Ring mit in die Jahresprognose einbezogen. Allein durch die Reduzierung der Fahrbahnkapazität über etwa ein halbes Jahr wird mit einer Minderung des Jahresmittelwertes um 7,9 µg/m³, d.h. von prognostizierten 49,6 µg/m³ auf 41,7 µg/m³ gerechnet. Die Unterschreitung des Grenzwertes im Jahresmittel soll dann durch die Aufstellung von Luftfilteranlagen spätestens zum Oktober 2020 gewährleistet werden.

 

r das Jahr 2021 soll der Betrieb der Luftfilteranlagen zu einer Grenzwertunterschreitung führen. Als Nullszenario wird eine Stickoxid-Belastung von 46,8 µg/m³ prognostiziert, so dass die Anlagen bei einer Wirksamkeit von mindestens 20% Filterleistung (auf 1,5 m Höhe an der gesamten Häuserfront) eine sichere Unterschreitung des Grenzwerts gewährleisten werden. Der erwartete Stickoxidwert liegt dann bei 37,3 µg/m³.

 

Nur sofern die kontinuierlichen Messungen am Theodor-Heuss-Ring ergeben sollten, dass wider Erwarten nicht mit der Einhaltung des Grenzwertes für Stickoxide zu rechnen ist, würde eine Rückfallebene greifen, in der je nach Höhe der Abweichungen zusätzliche Maßnahmen vorzunehmen wären. Hierbei würde es sich um die Sperrung der Abfahrt zum Waldwiesenkreisel und ggf. um die selektive Sperrung des Abschnitts am Theodor-Heuss-Ring für Diesel PKW Euro 1 - 4, bis hin zur Ausweitung auch auf Euro 5 Diesel PKW handeln.

 

Eine derartige Sperrung würde ein streckenbezogenes Fahrverbot bedeuten, d.h. der Abschnitt mit Grenzwertüberschreitungen dürfte von den genannten Diesel-Fahrzeugen nicht mehr befahren werden und es müsste ein Umweg zum Beispiel über die Alte Lübecker Chaussee und die Hamburger Chaussee genommen werden. Die Sperrung beträfe Fahrzeuge, die als Personenkraftwagen zugelassen sind. Nutzfahrzeuge wären von der Sperrung nicht betroffen.

 

 

 

 

 

Weiteres Vorgehen

 

Die Stadtverwaltung bereitet zurzeit ein Ausschreibungsverfahren für die Luftfilteranlagen vor. Die Ausschreibung soll noch im Februar 2020 veröffentlicht werden. Ziel ist die Installation von Filteranlagen am Theodor-Heuss-Ring spätestens im Oktober 2020. Die erforderlichen Maßnahmen zur Einrichtung der Straßenbaustelle und für die Sanierungsarbeiten an den Brückenpfeilern wurden bereits ergriffen, so dass diese Bauarbeiten nach Ostern beginnen können.

Es ist zu erwarten, dass das Oberverwaltungsgericht in den nächsten Wochen einen Verhandlungstermin für das Klageverfahren, welches die Deutsche Umwelthilfe gegen das Land Schleswig-Holstein im Hinblick auf die Überarbeitung des Luftreinhalteplans angestrengt hat, bekanntgeben wird. Die Stadt wird das Verfahren als Beigeladene begleiten.

 

Eine Kopie dieser Geschäftlichen Mitteilung erhalten die Ortsbeiräte Mitte und Hassee/Vieburg zur Kenntnis.

 

 

 

 

 

 

Doris Grondke

Stadträtin für Stadtentwicklung, Bauen und Umwelt

 

 

 

 

Anlage: 1 Entwicklung der NO2-Konzentrationen

  2 Aktueller Luftreinhalteplan

 

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Anlagen

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