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ALLRIS - Drucksache

Geschäftliche Mitteilung - 0818/2021

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Beratungsfolge

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Antrag

 

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Sachverhalt/Begründung

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I. Anlass

Im Zuge der Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Drs. 412/2021 hat die Verwaltung eine gesonderte Geschäftliche Mitteilung für den Bauausschuss und die nachfolgende Ratsversammlung im September 2021 angekündigt, die den Sachverhalt und den beabsichtigten Umgang mit den auf dem an die Krieger Grundstück GmbH verkauften Grundstück „Prüner Schlag“ liegenden Maßnahmen- und Ausgleichsflächen zum Gegenstand hat. Dieser Ankündigung soll mit der folgenden Geschäftlichen Mitteilung nachgekommen werden. 

II. Hintergrund & Ausgangslage

1. Die Landeshauptstadt Kiel (LHK) hat im Jahr 2012 das gesamte Flurstück 136 mit einer grundbuchlichen Größe von 184.256 m² („Prüner Schlag“) an die Krieger Grundstück GmbH veräert, um es der Krieger Grundstück GmbH bzw. ihrer Rechtsnachfolgerin im Grundeigentum, der KGG GmbH & Co. KG (Krieger“), zu ermöglichen, darauf nach erfolgreichem Abschluss eines B-Planverfahrens zwei Möbelmärkte zu errichten. Der Vertragsplan zum damaligen Kaufgegenstand ist in Anlage 1 dieser Geschäftlichen Mitteilung beigefügt.

Die abschließenden Inhalte des ergebnisoffenen B-Planverfahrens, und hier insbesondere die Festsetzungen zur Lage und den Inhalten der Maßnahmen- und Ausgleichsflächen, sowie zu den Maßnahmen der notwendigen Grünpflege, standen zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses noch nicht fest, da das Verfahren zur Entwicklung des B-Plans erst nach Abschluss des Kaufvertrages gestartet worden ist. Ziel der LHK war es aber von Anbeginn der Projektentwicklung, dass Krieger möglichst viele Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf dem verkauften Grundstück selbst umsetzt.

In § 6a Abs. I Ziff. 1 des Kaufvertrages heißt es hierzu:

Krieger verpflichtet sich im Rahmen eines abgestimmten Konzeptes, sämtliche damit [Erklärung: mit den Eingriffen in Natur und Landschaft verbundenen Ausgleichsmaßnahmen] durchzuführen oder erforderliche Kosten nachfolgender, abgestufter Priorität zu übernehmen.

1. Maßnahmen auf dem Grundstück (z.B. bei Ersatzbaumpflanzungen, Dach- und Fassadenbegrünung)

2. Maßnahmen in unmittelbarer Nähe des geplanten Sondergebietes „belmarkt

3. […]“

 

Der Kaufgegenstand, das Flurstück 136, war daher bewusst deutlich größer gewählt, als die für den reinen Bau der Möbelhäuser zuzüglich der Verkehrsflächen erforderlichen Grundstücksflächen, um möglichst viele Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen inklusive der Belange für den Artenschutz um die Möbelmärkte herum realisieren zu können.

2. Nach Abschluss des B-Planverfahrens stand nunmehr auf der einen Seite fest, auf welchen Grundstücksteilen die bauliche Entwicklung der Möbelmärkte zulässig sein wird und auf der anderen Seite, auf welchen Flächenbestandteilen von Krieger Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen umgesetzt werden sollen. Die graphische Darstellung der B-planerischen Festsetzungen ist in Anlage 2 dieser Geschäftlichen Mitteilung beigefügt. Aus dieser wird deutlich, dass in den Randbereichen des verkauften Grundstückes die Maßnahmenflächen A1 bis A3 für Maßnahmen zur Sicherung der dauerhaften ökologischen Funktion liegen, die dem erstmalig durch Krieger herzustellenden Ausgleich und Ersatz bzw. dem Erhalt der vorhandenen Grünstrukturen dienen. Mit Abschluss der Bearbeitung des Grünordnerischen Fachbeitrages stand nunmehr weiterhin fest, dass sich im westlichen Bereich des Grundstückes planfestgestellte Ausgleichsflächen befinden, die seinerzeit im Zuge der Herstellung der B 76 festgesetzt und später errichtet wurden. Diese Flächenanteile der Kauffläche standen somit nicht für einen weiteren Ausgleich durch Krieger zur Verfügung

3. Die Vorgänge im Hinblick auf die erhaltenswerten Grünstrukturen auf den Maßnahmenflächen A1, A2 und A3 aus dem Herbst 2020 sind hinlänglich bekannt (vgl. Drs. Nr. 185/2021, 317/2021; 389/2021; 639/2021). Status quo des derzeitigen Grundstückszustandes ist jedoch, dass erstens aufgrund der noch laufenden Abstimmung zum aktualisierten Pflege- und Entwicklungsplan (PEP) bislang keine Anpflanzungen durch Krieger auf den unmittelbar an das Baufeld für die Möbelhäuser angrenzenden Maßnahmenflächen A1 bis A3 stattgefunden haben und zweitens erhaltenswerte Strukturen in diesen Flächenteilen zerstört wurden.

Die Ausgleichsflächen für den Bau der B 76 sind, so die Ergebnisse der Schadenskartierungen, ebenfalls, aber in einem geringeren Ausmaß als die Maßnahmenflächen A1 bis A3, in Mitleidenschaft gezogen worden. Diese können zeitnah wiederhergestellt werden, vgl. Anlage 1 zu Drs. Nr. 389/2021.

4. Im Juni 2021 ist die Geschäftsleitung von Krieger an die LHK mit der Frage herangetreten, ob und unter welchen Bedingungen sich die LHK ggf. vorstellen könne, die Maßnahmenflächen A1 und A2 in das Eigentum der LHK zurückzunehmen. Die Anfrage von Krieger hat unter vertraglichen Gesichtspunkten durchaus seine Berechtigung, da sich im damaligen Vertragstext unterschiedliche Rückübertragungsrechte in Bezug auf einzelne Grundstücksbestandteile finden lassen (siehe hierzu III.). Die für eine Beurteilung maßgeblichen Fachämter der LHK (Immobilienwirtschaft, Rechtsamt, Stadtplanungsamt, Grünflächenamt, Umweltschutzamt) sowie die KiWi GmbH haben im Vorfeld dieser Geschäftlichen Mitteilung rechtliche und fachliche Beurteilungen gegeneinander abgewogen. Das Ergebnis dieser Abwägung soll im Folgenden näher dargestellt werden.

III. Rechtliche und fachliche Rahmenbedingungen einer Rückübertragung von Grundstücksteilflächen  

Im Zuge der Vertragsverhandlungen haben Krieger und die LHK bereits Überlegungen angestellt, Flächen, die nicht für den eigentlichen Bau und den Betrieb der Möbelhäuser notwendig sind und damit nicht dem eigentlichen „Kerngeschäft“ von Krieger zugehörig sind an die LHK zurück zu übertragen.  Im § 12 Abs. I Ziff. 9 haben Krieger und die LHK seinerzeit geregelt:

Krieger verpflichtet sich, die Flächenanteile der Kauffläche, die nach dem Bauleitplanverfahren weder für den Bau und Betrieb des Möbelhauses und des Möbel-Discounters (einschließlich Nebenanlagen z.B. Stellplätze und Anlieferung) noch als Abstands- oder Parkflächen benötigt werden und aus Sicht von Krieger an Kiel zurück übertragen werden sollen, Kiel zum Kauf anzubieten. Ein Weiterverkauf von Krieger an Dritte ist ausgeschlossen. Kiel verpflichtet sich, diese zurückzukaufen. Als Kaufpreis für diese Flächen wird der Einstandspreis nach § 2 Abs. 1 festgelegt. Die Kosten für die Rückübertragung einschließlich Vermessungskosten trägt Krieger.“

 

Aufgrund der unterschiedlichen rechtlichen und tatsächlichen Qualitäten der Maßnahmenflächen A1 und A2 (grundsätzlich gilt dies im Übrigen auch für die Fläche A3) auf der einen und der Ausgleichsflächen für den Bau der B76 auf der anderen Seite, muss hinsichtlich der Rücknahmeperspektive zwischen beiden Flächenanteilen im Zuge eines Rücknahmeverlangens von Krieger und zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen unterschieden werden.

1. Ausgleichsflächen für die B 76

Die Ausgleichsflächen für die B 76 haben sich, was sich im Zuge des Bauleitplanverfahrens und der entsprechenden Gutachten gezeigt hat, aus rechtlichen Gründen als ungeeignet für eine weitere Aufwertung gezeigt, so dass diese nicht als Maßnahmenflächen für weiteren Ausgleich in Frage gekommen sind. Somit könnte dem Rückkaufverlangen von Krieger und damit der Erfüllung der kaufvertraglichen Verpflichtungen ohne Weiteres nachgekommen werden. Allerdings, und das zeigen die Ergebnisse der Schadenkartierung, sind auch diese Flächen zum Teil durch die nicht fachgerechten Räummaßnahmen durch Krieger in Mitleidenschaft gezogen worden. Die nunmehr von Krieger zur Wiederherstellung zu leistenden Maßnahmen sind bereits mit der Unteren Naturschutzbehörde abgestimmt und zur Umsetzung an das Planungsbüro IPP übersendet worden.

Vor einem Rückkauf der Flächen durch die LHK ist daher zu prüfen, ob die vorbezeichneten Maßnahmen auf den Flächen umgesetzt wurden und eine anschließende Abnahme durch die LHK stattgefunden hat. Nach Rücknahme der Flächen kämen dann auch die Flächen für die Wegeverbindungen über die B 76 wieder ins städtische Eigentum zurück, die dann nach Abschluss der Bauarbeiten wieder für die Öffentlichkeit zur Verfügung stünden.

In diesem Zusammenhang ist ergänzend zu erwähnen, dass der LHK das Recht zur Rückübertragung der Flächen zusteht und Krieger aus dem Vertrag heraus verpflichtet ist, der LHK diese Flächen anzubieten, Insofern ist sichergestellt, dass die LHK perspektivisch wieder Eigentümerin der Flächen werden kann. 

2. Maßnahmenflächen A1 A3

 

Anders sieht es jedoch mit einer Rücknahme der Maßnahmenflächen A1 A2, bzw. ggf. A3 aus. Die beteiligten Ämter und die KiWi empfehlen übereinstimmend, zum jetzigen Zeitpunkt, die Maßnahmenflächen nicht von Krieger zu übernehmen. Aufgrund des derzeitigen Zustandes der Flächen ist festzustellen, dass weder die öffentlich-rechtliche Vorgabe aus dem B-Plan 988 zum Erhalt von Knick- und Grünstrukturen erfüllt ist, noch die weiteren Vorgaben aus dem Grünordnerischen Fachbeitrag zur erstmaligen Herstellung / Anlegung der festgesetzten Ausgleichsflächen noch die Vorgaben aus dem in Aufstellung befindlichen Pflege- und Entwicklungsplan von Krieger ansatzweise umgesetzt wären. Sollte die LHK zum heutigen Zeitpunkt einer Flächenrücknahme zustimmen, übernähme sie auch gleichzeitig die damit verbundenen und eben genannten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen. Sicherlich wäre die LHK in einem solchen Fall finanziell von Krieger zu entschädigen. Allerdings bestünde wegen unsicherer Herstellungs- und Pflegekosten, sowie dem zusätzlichen administrativen Personalaufwand in der Zukunft die Gefahr, dass aufgrund der Zahlung eines im Vorfeld zur schätzenden Einmalbetrages die LHK nicht alle hierfür in Zukunft notwendigen Kosten kompensiert erhält. Dies gilt es in jedem Fall zu vermeiden, um im Falle eines nicht ausreichend bemessenen Einmalbetrages weiteren Schaden von der LHK im Hinblick auf die umweltrechtlichen Fragestellungen und öffentlich-rechtlichen Auflagen fernzuhalten. Daher hat die Verwaltung der LHK das Ansinnen von Krieger, die in Rede stehenden Flächen schon jetzt zurückzunehmen, abgelehnt.

 

Bevor somit an eine Rückübertragung der Maßnahmenflächen A1 A2 gedacht wird, sollte die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen aus dem Grünordnerischen Fachbeitrag zum Anlegen / Bepflanzen der Maßnahmenflächen von Krieger, sowie der Verpflichtungen zur Entwicklungspflege aus dem Pflege- und Entwicklungsplan zunächst eingefordert und deren Erfüllung kontrolliert und von der LHK auch abgenommen werden. Erst danach sollte die Frage zur Rücknahme der Flächen neu bewertet und entschieden werden.

 

Fazit:

In der Verwaltung und bei der KiWi herrschen Einigkeit, dass zum jetzigen Zeitpunkt eine Rücknahme der oben näher bezeichneten Maßnahmenflächen nicht erfolgen soll, da die mit dem Bebauungsplan Nr. 988 zusammenhängenden öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen in Bezug auf die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen inklusive der Entwicklungspflege von Krieger noch nicht erfüllt worden sind. Kurzfristig ist ein besonderes Augenmerk auf die Durchführung der von der Unteren Naturschutzbehörde veranlassten Wiederherstellungsmaßnahmen durch Krieger für die Ausgleichsflächen der B 76 zu richten, um für diese Flächen und die Wanderwege eine kurzfristige Rückübertragung auf die LHK zu vereinbaren. 

 

 

 

 

Dr. Ulf Kämpfer

Oberbürgermeister

 

 

 

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Anlagen

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