Infosystem Kommunalpolitik

 
 
ALLRIS - Drucksache

Geschäftliche Mitteilung - 0649/2022

Reduzieren

Beratungsfolge

Reduzieren

Antrag

Antrag:

 

Reduzieren

Sachverhalt/Begründung

 

Anlass:

 

Die Ratsversammlung hat in ihrer Sitzung vom 10.06.2021 mit dem Antrag der Verwaltung (Drs. 0345/2021) die Herausnahme des motorisierten Individualverkehrs (MIV) in der

Andreas-Gayk-Straße ab Fabrikstraße in Richtung Stresemannplatz im Rahmen des Modellversuchs im Sophienblatt (Drs. 0525/2020) beschlossen. Der ursprünglich vorgesehene Beobachtungszeitraum von zwei Jahren wurde mit dem beschlossenen Änderungsantrag (Drs. 0573/2021) auf ein Jahr verkürzt. Aus der Andreas-Gayk-Straße ist ferner das Links- und Rechtsabbiegen für den verbleibenden durchfahrtsberechtigten Kfz-Verkehr in Richtung Stresemannplatz bzw. in Richtung Ziegelteich untersagt, ÖPNV und Taxen dürfen am Knotenpunkt nur geradeaus in Richtung Sophienblatt weiterfahren. Weiterhin ist für sämtliche Kfz-Verkehre das Linksabbiegen vom Stresemannplatz ins Sophienblatt nicht zulässig.

 

Die für die Umsetzung des Beschlusses notwendigen Änderungen wurden ab dem 19.07.2021 auf Grundlage eines Verkehrsversuches nach § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 2. Halbsatz STVO umgesetzt. Der Beobachtungszeitraum wurde dabei vom 19.07.2021 bis zum 18.07.2022 festgelegt.

 

Beobachtungszeitraum und Auswertung

 

Der Verkehrsversuch Sophienblatt wurde durch Verkehrsbeobachtungen begleitet. Hierbei wurden die Verkehrssituation in der Andreas-Gayk-Straße und im Sophienblatt sowie auf den Ausweichrouten Kaistraße, Ziegelteich und Hopfenstraße überprüft und dokumentiert. Darüber hinaus hat die Verkehrsüberwachung die Einhaltung des Durchfahrtsverbotes in der Andreas-Gayk-Straße in unregelmäßigen Abständen kontrolliert.

 

hrend des Verkehrsversuchs waren Nachbesserungen erforderlich. So wurde die Einfahrt von der Andreas-Gayk-Straße in die Fabrikstraße r den Kfz-Verkehr durch bauliche Anpassungen im Einmündungsbereich verbessert. Darüber hinaus wurde die Freigabe des Lieferverkehrs in der Andreas-Gayk-Straße wieder zurückgenommen, da die Beschilderung „Lieferverkehr frei“ sich nur auf den abgesperrten Bereich beziehen darf. Somit dürfen hier nur Lieferverkehre fahren, die in diesem Bereich auch ein Lieferziel haben. Da es in diesem Abschnitt keine Lieferziele gibt, wurde die Beschilderung wieder entfernt. Weiterhin wurden im Laufe des Verkehrsversuchs an verschiedenen Stellen Überliegerplätze für den ÖPNV eingerichtet. Dies war notwendig, da durch die Umwandlung der Kfz-Spur in einen Radfahrstreifen die Busspur im Sophienblatt dafür nicht mehr genutzt werden konnte. Da es sich bei den Überliegerplätzen allerdings nur um temporäre Lösungen handeln kann, sind hierfür zukünftig andere Standorte zu finden.

 

Bei den Beobachtungen vor Ort fiel zunächst die recht hohe Anzahl an Missachtungen des Durchfahrtsverbots sowohl in der Andreas-Gayk-Straße als auch im Sophienblatt auf. Auch wenn sich die Anzahl der Verstöße im Vergleich zum Beginn des Verkehrsversuchs mehr als halbierte, wurden bei den Kontrollen tagsüber neben dem Linienbusverkehr durchschnittlich rund 300 Kfz erfasst, welche die Andreas-Gayk-Straße in Richtung Stresemannplatz befuhren. Ob dies aus Gewohnheit, aufgrund irreführender Leitung durch Navigationsgeräte

oder in Kenntnis und mit Absicht erfolgt, lässt sich nicht sagen. Der Anteil an einheimischen Kennzeichen war allerdings bei den Besichtigungen vor Ort relativ hoch. Als Problem wurde in diesem Zusammenhang erkannt, dass es durch eine Hochbaustelle in der Hafenstraße nicht möglich war, hier baulich eine abknickende Vorfahrt einzurichten. Trotz der Missachtung der Durchfahrtsverbote führte die neue Verkehrsführung zu einer deutlichen Verbesserung für den Rad- und Fußverkehr durch eine Reduzierung der glichen Konflikte. Vereinzelt wurden Konflikten zwischen Rad- und Linienbusverkehr gemeldet. Diese wurden mit der KVG erörtert und teilweise bereits durch die Nachbesserungen behoben.

 

Die Beobachtungen des Verkehrsflusses auf den Ausweichrouten Kaistraße, Ziegelteich und Hopfenstraße fanden an verschiedenen Wochentagen zu unterschiedlichen Tageszeiten statt. Zu Beginn des Verkehrsversuchs war die Leistungsfähigkeit des Theodor-Heuss-Rings in Fahrtrichtung Osten noch durch eine Baustelle eingeschränkt. Dies machte sich auch auf den Verkehrsfluss in der Innenstadt bemerkbar, da viele Verkehrsteilnehmenden versuchten, den Theodor-Heuss-Ring durch die Innenstadt zu umfahren.

 

r den Ziegelteich konnten durch die im Rahmen des Verkehrsversuchs erprobten Sperrungen für den MIV keine negativen Auswirkungen erkannt werden. Durch die Anpassung der LSA-Schaltung am Stresemannplatz konnte hier der Verkehrsfluss r den MIV auf der Hauptverkehrsachse Stresemannplatz-Ziegelteich wie geplant verbessert werden. Auch in Richtung Hopfenstraße konnte der linksabbiegende Verkehr i. d. R. im Laufe eines Umlaufs abfließen, so dass hier kein Rückstau beobachtet werden konnte. In der Hopfenstraße wurde vereinzelt in der Nachmittagsspitzenstunde eine Überstauung des Knotenpunktes Ringstraße/Hopfenstraße festgestellt, so dass man unter Umständen den Knotenpunkt von der Hopfenstraße aus Richtung Ziegelteich kommend nicht innerhalb eines Phasenumlaufs passieren konnte.

 

Da das Sophienblatt durch die Hochbaustelle zwischen Hauptbahnhof und Ringstraße bereits vor dem Beginn des Verkehrsversuchs für den MIV gesperrt war, ergaben sich hier allerdings keine neuen Erkenntnisse.

 

In der Kaistraße konnten über den Tag verteilt zwei Verkehrsspitzen beobachtet werden, die zu einer Überstauung des Rechtsabbiegers in Richtung Stresemannplatz führten. Dies ist der Fall, wenn der Fährverkehr am Vormittag den Schwedenkai verließ. Der andere Fall tratt zum Feierabendverkehr ein. Durch das Durchfahrtsverbot für den MIV in der Andreas-Gayk-Straße entfiel dieglichkeit, den Stau durch die Andreas-Gayk-Straße zu umfahren.

 

Die Auswertung der Induktionsschleifen an der Lichtsignalanlage Kaistraße/Stresemannplatz hat ergeben, dass zu Beginn des Verkehrsversuchs ein Anstieg des Kfz-Verkehrs und somit auch der Wartezeiten in der Kaistraße zu beobachten waren. Dieser Anstieg ging dann innerhalb weniger Wochen wieder zurück. Mit dem Ende der Bauarbeiten auf der B 76 am Theodor-Heuss-Ring hat sich eine deutlich messbare Entspannung eingestellt. Dabei ergab die Auswertung, dass der Effekt der Baustelle auf der B 76 auf die Verkehrsstärke größer war als der durch den Verkehrsversuch verursachte Effekt.

 

In der Andreas-Gayk-Straße kam es in der Vergangenheit durch die Umfahrung des Staus in der Kaistraße am Knotenpunkt Andreas-Gayk-Straße/Ziegelteich immer wieder zu Konflikten und Behinderungen zwischen rechts abbiegendem Kfz-Verkehr und dem Bus- und Radverkehr. Durch die Sperrung der Andreas-Gayk-Straße für den MIV sollten diese Probleme nicht mehr eintreten. Während des Beobachtungszeitraums konnten - trotz der eingangs beschriebenen Verkehrsverstöße - die Probleme tatsächlich nicht mehr beobachtet werden. Es ist somit eine positive Wirkung durch den Verkehrsversuch hinsichtlich des Verkehrsablaufs und der Verkehrssicherheit an diesem Knotenpunkt zu konstatieren.

 

Als Fazit des Verkehrsversuchs kann somit festgehalten werden, dass die verkehrlichen Auswirkungen für den Kfz-Verkehr als verträglich einzustufen sind. Mögliche Rückstauerscheinungen zu Zeiten mit hoher Verkehrslast sind insbesondere im Innenstadtbereich nie gänzlich zu vermeiden. Der Verkehrsversuch hat dabei aufgezeigt, dass das bereits beschlossene Verkehrskonzept für die Innenstadt mit Führung des Kfz-Verkehrs im klassifizierten Straßennetz über Kaistraße, Ziegelteich und Hopfenstraße funktioniert.

 

Der neue Radfahrstreifen im Sophienblatt wird gut angenommen. Dieser trägt den steigenden Radverkehrszahlen Rechnung, da nunmehr ein konfliktfreies Überholen von Radfahrenden untereinander problemlosglich ist. Darüber hinaus gibt es nun zusätzlich die Möglichkeit, am Hauptbahnhof legal links in die Raiffeisenstraße abzubiegen.

 

Weiterhin profitiert auch der Fußverkehr von dieser Maßnahme. So werden die möglichen Konflikte mit dem Radverkehr bzw. auch mit Fahrer*innen von E-Scootern vermieden.

 

Das ÖPNV-Angebot wurde in den letzten Jahren ausgebaut und soll auch perspektivisch weiter ausgebaut werden. Die Umsteigeanlage am Hauptbahnhof befindet sich nach Aussage der KVG in Stoßzeiten aktuell bereits an der Kapazitätsgrenze. Daher ist es hier wichtig, Konflikte zwischen dem Busverkehr und den übrigen Verkehrsarten zu reduzieren, um die Leistungsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen. Die Herausnahme des MIV in Richtung Ringstraße ist ein wichtiger, erster Schritt für die Konfliktreduktion und somit für die Erhöhung der Verkehrssicherheit und der Leistungsfähigkeit im Bereich der Umsteigeanlage. Für die Führung des Radverkehrs in diesem Bereich besteht allerdings weiterhin noch Optimierungsbedarf.

 

Positiv bleibt zudem festzustellen, dass sich die Lärm- und insbesondere die Luftschad-

stoffemissionen in der Andreas-Gayk-Straße und im Sophienblatt durch die Herausnahme des MIV reduziert haben. Dies trägt zu einer Erhöhung der Aufenthaltsqualität in diesem Bereich bei.

 

 

Beteiligung:

 

Zur Beurteilung der Auswirkungen des Verkehrsversuchs auf die unterschiedlichen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereiche hat der Ortsbeirat Mitte in seiner Sitzung am 21.06.2022 noch einmal darauf hingewiesen, dass Bürger*innen die Möglichkeit haben, sich an den Ortsbeirat oder direkt an das Tiefbauamt zu wenden. Bis auf Verständnisfragen zur neuen Verkehrsführung sind allerdings während des Versuchszeitraums keine Probleme benannt worden, die konkret auf den Verkehrsversuch zurückzuführen waren. Vom Ortsbeirat, welcher den Verkehrsversuch ursprünglich per Antrag initiiert hatte, gab es keine weiteren Mitteilungen. Weiterhin wurde der Verkehrsversuch im Fahrradforum am 30.06.2022 sowie im Mobilitätsforum am 16.08.2022 behandelt.

 

Das Fahrradforum plädiert für eine Beibehaltung der Verkehrsführung des Verkehrsversuches und hebt besonders lobend die Durchfahrtsverbote für den MIV hervor. Diese führen zu einer erheblichen Konfliktreduzierung zwischen dem Kfz- und Radverkehr, was dem Forum zufolge zu einer Verbesserung der Verkehrssicherheit führt.

 

Das Mobilitätsforum hat sich ebenfalls für eine Beibehaltung der Verkehrsführung ausgesprochen. Dabei sollen die für die Unterbindung des Fehlverhaltens notwendigen baulichen Änderungen umgesetzt werden.

 

 

Weiteres Vorgehen

 

Das im Rahmen des Verkehrsversuchs erprobte Durchfahrtsverbot für den MIV hat sich bewährt. Es wurden keine durchtragenden, negativen Aspekte festgestellt, die gegen eine

dauerhafte Herausnahme des MIV aus der Andreas-Gayk-Straße und aus dem Sophienblatt sprechen. Daher soll der Verkehrsversuch zum 30.09.2022 enden und in eine dauerhafte Lösung überführt werden. Zur Reduzierung der weiterhin hohen Anzahl an Verkehrsverstößen sollen weitere Maßnahmen zeitnah umgesetzt werden. Dies betrifft insbesondere folgende Punkte:

  • Umgestaltung der Einmündung Hafenstraße/Fabrikstraße, Verdeutlichung der Verkehrsführung des umgedrehten „P“ (siehe auch Drs. 1236/2019),
  • Verdeutlichung des Linksabbiegegebots an der Einmündung Andreas-Gayk-
    Straße/Fabrikstraße in Richtung Fabrikstraße sowie
  • bauliche Sperrung der Linksabbiegespur am Stresemannplatz in Richtung Sophienblatt.

 

Weiterhin wurden während des Verkehrsversuchs in dem Bereich Mängel benannt, die ebenfalls möglichst abgestellt werden sollen. Hierzu werden Planungen für folgende Punkte angestoßen:

 

  • hrung des Radverkehrs am Holstenplatz von der Andreas-Gayk-Straße in den Ziegelteich. Die bisherige Führung über den baulich hergestellten Radweg führt zu Konflikten zwischen dem Rad- und Fußverkehr.
  • Umgestaltung der Querungsmöglichkeiten des Sophienblatts in Höhe der Herzog-Friedrich-Straße für den Radverkehr sowie Verdeutlichung der Führung des Radverkehrs in der Herzog-Friedrich-Straße bis zum Schülperbaum.
  • Verdeutlichung der Führung des Radverkehrs in der Raiffeisenstraße in Richtung Kaistraße/Ostufer.

 

Eine Kopie dieser Geschäftlichen Mitteilung erhält der Ortsbeirat Mitte zur Kenntnis.

 

Um Kenntnisnahme wird gebeten.

 

 

 

 

Doris Grondke

Stadträtin

 

Loading...