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ALLRIS - Drucksache

Antrag der Verwaltung - 0706/2010

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Antrag

Antrag:

1.      Die Verwaltung wird beauftragt, in 2011 die Voraussetzungen für die Zertifizierung des städtischen Energiemanagements nach DIN EN 16001 (2009) zu schaffen. Damit geht eine Überprüfung der bisherigen Managementstruktur einher.

 

2.      Hierzu wird das städtische Energiemanagement entsprechend den Anforderungen des Kieler Energie und Klimaschutzkonzepts 2008 strategisch wie folgt ausgerichtet:
 

a.      Die Kieler Energiestandards für Baumaßnahmen der Landeshauptstadt Kiel (InBA-Standards) werden für Bestandsmaßnahmen fortgeschrieben. Die Verwaltung wird im Rahmen des Budgets verpflichtet, die Gesamtenergieeffizienz bzw. die Verbrauchs­kennwerte (Strom und Wärme) der Gebäude bei anstehenden Bestands­maßnahmen (Bau- oder Ausstattungsvorhaben) in den „grünen Bereich“ des Anforderungswertes des jeweiligen Energieausweises zu bringen. Dabei gelten die in der Anlage 2 (InBA-Standards) getroffenen Fest­legungen. Technische Standards sind für dieses Ziel zu entwickeln und fort­zuschreiben.

b.      Verbrauchszuwächse, die durch Ausweitungen oder Änderungen der Gebäude­nutzung einer städtischen Einrichtung verursacht werden (Ganztagesangebote, Mittagsverköstigung, „Elektrifizierung“ von Büros und Klassen, usw.) und zu einer erhöhten CO2–Emission führen, sind zu vermeiden.

c.      Unvermeidbare Verbrauchszuwächse im Sinne von 2. b. sind vorrangig durch Einsparungen an anderer Stelle der betroffenen Einrichtung auszugleichen. Bei baulichen Maßnahmen ist der Ausgleich einzuplanen.

d.      Ist eine Kompensation im Sinne von 2. c. nicht möglich, kann der Ausgleich ausnahmsweise erfolgen:

(1)   durch Maßnahmen der Stadt oder ihrer Eigenbetriebe zur Erzeugung regenera­tiver Energien (z. B. durch den Einbau von hoch­effizienten Blockheizkraftwerken mit Stromerzeugung oder den Ausbau solar­energetischer Anlagen zur Gewinnung von Strom und/oder Wärme),

(2)   durch Beteiligung an Maßnahmen Dritter in oder außerhalb des Stadt­gebiets.

(3)   Die seit 2008 bereits kostenfrei zur Verfügung gestellten städtischen Flächen gelten als Kompensation (Pool).

(4)   Die Verwaltung wird bis März 2011 beauftragt, ein Modell zu entwickeln, das aufzeigt, wie Bedarfsteigerungen durch den Einsatz regenerativer Energien oder durch andere Maßnahmen kompensiert werden können.

e.      Jedes Bau- oder Ausstattungsvorhaben über 100.000 € ist hinsichtlich seines Nutz­energie­bedarfs bereits vor seiner Einstellung in den jeweiligen Haushaltsentwurf im Moment der verbindlichen Bedarfsdefinition (z. B. Raumprogrammbeschluss) zu bewerten und mit jährlichen Schätzkosten sowie dem CO2-Ausstoß zu kennzeichnen. In der Regel soll die verbrauchserhöhende Maßnahme nur dann umgesetzt werden, wenn gleichzeitig eine Kompensation im Sinne von Ziffer 2 des Beschlusses erfolgt. Mehrkosten sind bei der Maßnahme zu berücksichtigen.

f.        Die Energie- und Verbrauchskosten der städtischen Gebäude sind bis zum Haushalt 2012 transparent darzustellen, um den Nutzenden selbst eine Basis für Einsparungen zu bieten. Bis dahin bleibt zu prüfen, wie das Nutzungsverhalten durch Verbesserung des eigenen Budgets oder Programme wie das bewährte Fifty/Fifty-Programm oder Energiecoaching für nutzungs­bedingte Energieeinsparungen beeinflusst werden soll.

g.      Die personelle und technische Ausstattung (Software ECS) des Energie­manage­ments wird qualitativ und quantitativ kurzfristig auch anhand Erfahrungen vergleich­barer Städte überprüft: Ergebnisse sind zum Stellenplan 2012 vorzulegen. Unab­hängig davon sind ggf. freiwerdende Stellen im Sachbereich „Energie­management und Wartungsdienst“ spätestens drei Monate vorher auszuschreiben und nahtlos wiederzubesetzen.

h.      Im jährlichen Energiebericht (s. hierzu Drucksache 0854/2010) werden Energiekenn­zahlen abgebildet, die die spezifische Verbrauchsentwicklung jeder Liegenschaft zeigt und bewertet. Diese Kennzahlen bilden die Grundlage für die Priorisierung der Bau- oder Ausstattungsmaßnahmen im Rahmen des zur Verfügung stehenden Budgets. Der Energiebericht dient dem Controlling zur Einhaltung der Management­ziele.

i.         Die Energiemanagement-Fortbildungen für Hausmeister/-innen und Gebäude­nutzende sind in das allgemeine Fortbildungsangebot aufzunehmen. Die Hausmeister/-innen erhalten über die Ausstattung mit Netbooks geeignete Tools zur Kontrolle und Bewertung des Energieverbrauchs bzw. alternativ eine geeignete monatliche Rückmeldung aus der Energiecontrolling-Software (ECS).

j.         Alle städtischen Gebäude über 1.000 m² Nutzfläche werden von der Immobilien­wirtschaft bis 2015 so ausgerüstet, dass die energetischen Verbrauchsdaten und die wichtigsten Störungs- und Betriebsdaten online in der Immobilienwirtschaft verfügbar sind.

 

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Sachverhalt/Begründung

Begründung:

1.      Vorbemerkungen

Mit der Einrichtung der Immobilienwirtschaft im Jahre 2004 wurde alle Aktivitäten rund um die Gebäude zusammengefasst. Es gelang damit u.a. erstmals, die Anteile aller laufenden Kosten den einzelnen Gebäuden verlässlich zuzuordnen und die Energie- und Wasserkosten damit gebäudewirtschaftlich einzuordnen. Insgesamt verteilen sich die Immobilienkosten insgesamt wie folgt:

Kostenart

Volumen

Anteil

Anteil

in Mio. €/a aus 2009

an Gesamt-Immobilienkosten

bezogen auf Realkosten ohne kalkulatorische Kosten

Kapitalbindungskosten

16,3

29 %

0

Personalkosten soweit nicht in Einzelprodukt enthalten

1,7

3 %

4 %

Bauunterhaltung

12,5

22 %

31 %

Reinigung

8,6

15 %

21 %

Heizung

4,6

8 %

11 %

Hausmeister

5,3

9 %

13 %

Strom

2,5

4 %

6 %

Sonstige Bewirtschaftung

3,8

7 %

9 %

Wasser/Abwasser

0,6

1 %

2 %

Energiemanagement

0,4

1 %

1 %

Summe

56,3

100 %

100 %

 

 

 

 

Summe Anteil für Verbräuche Heizung/Strom/Wasser/Abwasser

7,7

14 %

19 %

Hinsichtlich der Kostenverteilung unterscheiden sich die Gebäude der Landeshauptstadt Kiel zwar nicht grundsätzlich von denjenigen anderer Kommunen, wie ein Abgleich mit Vergleichs­­ringen der KGSt[1] belegt. Bauunterhaltung, Hausmeisterbetreuung und Reinigung stellen mit rund 71 % den „Löwenanteil“ der Realkosten. Heizungskosten erreichen 11 % , Strom mit Wasser/ Abwasser zusammen 8 %. Da es heutzutage aber technisch möglich ist, den Energie­kostenanteil drastisch zu senken, liegt in dieser Ausgabenposition ein sehr hoher Einsparfaktor, der gleich­zeitig ein Beitrag ist, die Klimaziele der Stadt zu realisieren. Energetische Maßnahmen müssen dabei in einem vernünftigen Kosten-Nutzen-Verhältnis stehen.

2.      Zertifizierung des städtischen Energiemanagements nach DIN EN 16001 „Energiemanagementsysteme – Anforderungen mit Anleitung zur Anwendung“

Mit der DIN EN 16001 liegt seit Juli 2009 eine technische Regel der EU vor, die beschreibt, wie ein effizientes Energiemanagement auszubilden ist. Diese Regel folgt dem sogenannten PDCA-Zyklus. Plan-Do-Check-Act bedeutet:

 

·         Planen/Definieren von Zielen und Prozessen (Planen)

·         Einführung von Prozessen (Umsetzen)

·         Überprüfung der Prozesse und Ergebnisse (Kontrollieren)

·         Verbesserung aufgrund der Erkenntnisse (Handeln).

Ein organisiertes Energiemanagement vermeidet Mehrkosten und sichert Einsparungen von 10 bis 20 % der Energiekosten, also für die Immobilienwirtschaft von 700.000 bis 1.400.000 € p.a. Auch die aktuellen Haushaltshinweise des Innenministers verweisen noch­mals auf die für die Haushalts­konsolidierung gegebene Bedeutung eines effektiven Energie­managements. Nach der vom Deutschen Städtetag in 2010 herausgegebenen Neube­arbeitung der „Hinweise zum kommunalen Energiemanagement“ fällt dem Zusammenwirken der verschiedenen Aufgaben des Energiemanagements, d. h.

·         dem Energiecontrolling,

·         der Betriebsoptimierung,

·         der Beeinflussung des Nutzungsverhaltens,

·         den Gebäudeanalysen und Energiekonzepten im Bestand sowie

·         der Mitwirkung bei Planung, Bau und Sanierung

immer größere Bedeutung zu.

Die Verwaltung hat in den letzten Jahrzehnten erfolgreich vielfältige Bemühungen unter­nommen, ein an Klima- und Energieeinsparungszielen orientiertes Energiemanagement im Umweltschutz­amt (Energieleitstelle) und der Immobilienwirtschaft aufzubauen. Das von der Verwaltung vorgeschlagene Zertifizierungsverfahren nach DIN EN 16001 stellt das Energie­management auf den Prüfstand und gewährleistet eine Ausrichtung nach neuesten Erkennt­nissen dieses Qualitäts­sicherungssystem.

Schon im Beschluss zum Energiepolitischen Arbeitsprogramm (Vorlage Drs. 0378/2010) wurden einige Handlungsfelder im städtischen Energiemanagement erwähnt:

·         lfd. Nr. 1 – Energiestandards

·         lfd. Nr. 3 – jährliche Kennwertbildung mit Analyse und Maßnahmenplan

·         lfd. Nr. 12 – personelle Verstärkung.

Daran knüpfen die strategischen Ziele an, die Gegenstand des zur Zertifizierung vorgesehenen Energiemanagements sein sollen:

3.      Energieeffizienz (Strom und Wärme) der städtischen Gebäude in den „grünen Bereich“ des Anforderungswertes des jeweiligen Energieausweises bringen

Mit den Standards der Innovativen Bauausstellung 2008 hat sich die Klimaschutzstadt Kiel verpflichtet, die Werte der staatlichen Energieeinsparverordnung (EnEV), die für alle Hochbaumaßnahmen den Primärenergiebedarf begrenzt und die Dämmanforderungen ordnungsrechtlich festlegt, deutlich zu übertreffen. Zwischenzeitlich wurde die EnEV  2007 mit der Novelle 2009 um ca. 30 % verschärft. Damit liegt der nachhaltige Baustandard der Stadt Kiel nur noch 15 % über der gesetzlichen Norm. Um die mit der InBA bezweckte Vorbildwirkung der Landeshauptstadt weiterhin nachhaltig zu erzielen, ist es sinnvoll, die energetischen Standards anzupassen (Anlage 2).

4.      „Grüner Bereich“ des Anforderungswertes der Energieausweise als Messlatte im Altbaubestand

Mittlerweile liegen flächendeckend Energieausweise für die städtischen Gebäude vor. Bei Altbauten zeigt sich naturgemäß ein erheblicher Handlungsbedarf. Mit den bereits erstellten Energieausweisen ist es aber möglich, die Verbrauchsentwicklung jeder Liegenschaft in Kennzahlen verlässlich jährlich darzustellen und das Sanierungsprogramm auf dieser Basis zu qualifizieren. Die Energieausweise dienen somit der s.m.a.r.t.en[2] wie einfachen Definition der Handlungsziele des Energiemanagements: Mindestens der „grüne Bereich“ des Kennzahlentachos der Energieverbrauchsausweise gemäß EnEV soll erreicht werden.


5.      Kompensation der durch Nutzungsausweitung erhöhten CO2-Produktion

Beschlüsse der Ratsversammlung zur Energie- und CO2-Einsparung treffen auf eine Situation erheblicher Nutzungsintensivierung durch Ganztagesversorgung, Mittags­verköstigung in Schulen und Kindertageseinrichtungen, weitere Ausstattung mit elektrischen Geräten (PCs, Fachraumausstattung, etc.) und Flächenzuwächse, so dass erreichte Einsparungen – besonders im Stromsektor – wieder aufgezehrt werden und Zuwächse entstehen. Hierzu wird ergänzend auf den aktuellen Energiebericht 2010 hingewiesen.

Bei Bau- oder Ausstattungsvorhaben muss nach Ansicht der Verwaltung im Rahmen der Entscheidungsprozesse deutlicher über die zusätzlichen Verbrauchskosten und die zugehörige CO2-Produktion reflektiert werden. Selbstverständlich erfolgen gemäß den beschlossenen Standards Optimierungen im Planungsprozess, aber es verbleiben selbst beim Passivhaus noch Heiz- und insbesondere deutliche Stromkosten. Die Rückkopplung über die Summe der Neben­kosten in den Folgejahren ist zu indifferent und zeitlich zu weit entkoppelt. Im Moment der verbindlichen Bedarfsdefinition (z. B. Raumprogrammbeschluss der Ratsversammlung) sind die zugehörigen Schätzwerte und die beabsichtigten Kompensationen verbindlich zu benennen.

Die Entwicklung eines Kompensationsmodells ist ein wichtiger Schritt, um die CO2-Reduktions­ziele einhalten zu können. Als eine Vorraussetzung ist die Höhe des tatsächliche Mehrbedarfs zu ermitteln.

6.      Die Nutzerinnen und Nutzer „mitnehmen“

Das Nutzungsverhalten stellt eine entscheidende Größe für den Energie­verbrauch dar. Alle Mitwirkenden, die Verbräuche eines Gebäudes beeinflussen können und besonders die Hausmeister/-innen, sollen regelmäßig mit den zeitgemäßen Möglichkeiten der Einsparung vertraut gemacht werden. In Eigeninitiative hat die Verwaltung in 2009/10 drei Fortbildungen, davon eine mit Hausmeistern, Lehrenden und Schüler/-innen durchgeführt. Dies muss Regel­programm des Fortbildungsangebotes der Klimaschutzstadt Kiel werden. Die Haus­meister/-innen sollen zeitgemäß und online über den Verbrauch ihrer Liegenschaft berichten und reflektieren können.

Gleichzeitig bedarf es der Prüfung, ob das Energiemanagement den Aufgaben entsprechend aufgestellt ist.

7.      Interne Managementanforderungen

Zur Zeit besteht für die Gebäude der Immobilienwirtschaft keine Online-Ablesemöglichkeit der Energieverbräuche. Mit diesen Einrichtungen sind im Bereich der Heizenergie aufgrund kürzerer Reaktions- und Eingriffszeiten zusätzliche Einsparungen von 5-15 % zu erreichen. Im Schnitt ist - je nach Liegenschaftsgröße und Eingriffstiefe - mit einem Aufwand von 5-30 T€ je Liegenschaft zu rechnen. Dieses Programm soll - vorbehaltlich der erforderlichen bereitzustellenden Haushaltsmittel - dafür sukzessive umgesetzt werden. Gleichzeitig bedarf der Überprüfung, ob die zur Zeit eingesetzte Energiecontrolling-Software den Anforderungen genügt, insbesondere im Hinblick auf die notwendige Kennzahlenbildung.

 

 

 

Peter Todeskino

Bürgermeister

 


[1] Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt)

[2] Zieldefinition: Spezifisch, messbar, akzeptiert, realisierbar, terminiert

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Anlagen

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