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ALLRIS - Drucksache

Geschäftliche Mitteilung - 1163/2023

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Beratungsfolge

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Sachverhalt/Begründung

Die Zuwanderungsbehörden (Ausländerbehörden) in Deutschland und die Zuwanderungsabteilung der Landeshauptstadt Kiek stehen weiterhin aufgrund von weltweiten Migrationsbewegungen vor erheblichen Herausforderungen, die nur unter erheblichen Anstrengungen von Bund, Ländern und Kommunen gemeinsam bewältigt werden können.

 

Nach dem überdurchschnittlichen Zuzug von geflüchteten Menschen in 2015 und 2016 standen in den vergangenen Jahren der Erwerb von unbefristeten Aufenthaltstiteln und Einbürgerung im Vordergrund. In 2022 führte der Krieg in der Ukraine zu einer hohen Anzahl auch in Deutschland Schutz suchender Menschen. Auch in Zukunft werden Fluchtbewegungen nach Europa und Deutschland andauern. Zuwanderung und Einbürgerung unterliegen im Jahr 2023 einer intensiven gesellschaftlichen Debatte einschließlich verschiedener Gesetzesinitiativen. Der Deutsche Städtetag benennt die Integration von geflüchteten und zugewanderten Menschen als dauerhaft herausfordernde Aufgabe für die Städte und setzt sich insbesondere dafür ein, die finanzielle Absicherung der Kommunen auf Dauer zu sichern und insbesondere die Gesetzesanwendung einfacher zu gestalten.

 

Nach der erfolgreichen Gründung des Stadtamtes (Amt 24) zu Beginn des Jahres 2022 ist die Selbstverwaltung über die Entwicklung und inhaltliche Ausrichtung des neuen Amtes informiert worden. Mit dem „Stadtamt-Programm 2022“ (Drs. 0475/2022) und dem „Stadtamt-Programm 2023“ (Drs. 0320/2023) wurden dabei insbesondere auch die strategische und personelle Ausrichtung anhand des Stadtamt Programms für die Jahre 2022 und 2023 dargestellt. Im Gesamtprozess wurde aufgrund der vielfältigen, unablässigen Herausforderungen ein besonderer Fokus auf die Abteilung Zuwanderung (24.5) gerichtet. Mit der Geschäftlichen Mitteilung „Zukunftsfähige Zuwanderungsabteilung (Immigration Office)“ (Drs. 0202/2023) wurde über die geplanten Maßnahmen zur Stärkung der Abteilung berichtet. Der Inhalt dieser Vorlage, soll der Selbstverwaltung einen Überblick über die Umsetzung und den aktuellen Stand der Konkretisierung der geben.

 

Das Stadtamt Programm 2024 wird im Januar 2024 der Selbstverwaltung vorgestellt.

 

 

  1. Erreichbarkeit der Abteilung 

Im April 2023 wurde das Vorhaben, eine neue Empfangssituation in der Zuwanderungsabteilung zu schaffen, umgesetzt. Als erste Maßnahme wurde Empfangskonzept erstellt und zur Umsetzung ein Dienstleister beauftragt, der sowohl Sicherheit als auch Service entsprechend der guten Erfahrungen z.B. im Rathaus im Bereich Einwohnermeldewesen gleichermaßen gewährleistet. Die Besucher*innen werden im Neuen Rathaus, Eingang D, bereits im Erdgeschoss an einem Empfangstresen von den neuen Servicekräften begrüßt. Hier findet eine erste Bedarfsermittlung statt: Besucher*innenströme werden gelenkt und die Anliegen werden zur Nachvollziehbarkeit und Prozessoptimierung dokumentiert. Damit wird eine Verkürzung von Wartezeiten und eine Priorisierung nach Dringlichkeit gewährleistet. Darüber hinaus können bereits seit Januar 2023 Unterlagen auch ohne Wartezeiten direkt am Empfangstresen abgegeben werden.

 

 

Durchschnittliche erhobene Angaben von Wartenden

-Neues Rathaus, Gebäudeteil D -

innerhalb von 4 Wochen seit April 2023 

 

Im Februar 2023 erfolgten darüber hinaus weitere grundlegende Veränderungen am Servicepoint der Zuwanderungsabteilung.  Die Anzahl der Mitarbeitenden wurde von zwei auf fünf aufgestockt, zudem erhielten einige Mitarbeitende neue Befugnisse. Aufgrund dieser Aufstockung, wurden neben der Terminanmeldung, wirksame Ressourcen zur Fragenbeantwortung geschaffen. Zusätzlich wurden die Öffnungszeiten des Servicepoints täglich, außer freitags, um zwei Stunden erweitert:

 

Montag und Dienstag: 08:30 Uhr bis 15:00 Uhr

Mittwoch: keine Terminsprechstunde; von 08:30 Uhr bis 15:00 Uhr ist der Servicepoint jedoch für geplante Abholungen, Abgaben und als Informationsschalter geöffnet.

Donnerstag: 08:30 Uhr bis 13:00 Uhr; 14:00 Uhr bis 16:00 Uhr

Freitag: keine Terminsprechstunde, von 08:30 Uhr bis 13:00 Uhr jedoch für geplante Abholungen, Abgaben, und als Informationsschalter geöffnet.

 

Eine neue Online-Terminvergabe ist zum 1. Dezember 2023 geplant. Abhängigkeiten der bestellten Hardware zur Umsetzung vor Ort könnten den Start jedoch etwas verzögern. Auf Basis der ausgewerteten Besucher*innenstatistik aus dem Bereich des Servicepoints werden künftig für folgende Anliegen Termine online angeboten:

  • Verpflichtungserklärung für kurzfristigen/touristischen Aufenthalt 40 Minuten + 10 je weitere Person
  • Übertrag Niederlassungserlaubnis 40 Minuten
  • Abgabe Schülersammelliste 10
  • Abgabe/Aushändigung Originaldokumente 20 bzw. 15 Minuten
  • Verlustmeldung Pass/elektronischer Aufenthaltstitel 15 Minuten
  • Aushändigung eAT 10 Minuten

 

Um eine darüberhinausgehende Erreichbarkeit der Zuwanderungsabteilung zu gewährleisten, wurden für alle Mitarbeitenden/Sachbearbeiter*innen verbindliche telefonische Erreichbarkeiten festgelegt und umgesetzt. Zusätzlich werden ab dem 01.November 2023 insgesamt zunächst acht studentische Aushilfen eingestellt, um die Mitarbeitenden in der Zuwanderungsabteilung hierbei zu entlasten. Der Einsatzschwerpunkt soll für die telefonische Erreichbarkeit eingesetzt werden und Fragen rund um Terminvergabe und Antragsstellung beantworten. Auch soll dem Sachbereich Einbürgerung zugearbeitet werden.

 

Seit Juni 2023 stehen FAQs aller Sachbereiche sowohl auf Deutsch als auf Englisch unter https://www.kiel.de/de/politik_verwaltung/service/information_in_english/faq_immigration_office.php zur  Verfügung. Auf der Homepage werden neben der FAQs die wesentlichen Formulare und Dokumente zur Bearbeitung angeboten. Zuvor war für jedes Formular der Besuch in vor Ort notwendig.

 

  

  1. Digitalisierung (Dateneingang/Posteingang) 

Die zeitnahe Einführung der E-Akte mit implizierter Digitalisierung der Papierakten befindet sich in der fortgeschrittenen Umsetzung. Das E-Akte Verfahren VIS ist bereits im Bereich installiert und soll im weiteren Verlauf an das Fachverfahren ADVIS angebunden werden, um eine effiziente, digitale und rechtssichere Fallbearbeitung zu gewährleisten. Aktuell stehen wir im Austausch mit dem Kreis Dithmarschen, die in der dortigen Zuwanderungsbehörde bereits mit dem E-Akte-Verfahren VIS sowie mit dem Fachverfahren ADVIS produktiv tätig sind. Dabei sollen sowohl die Schnittstellensystematik als auch die Vorgangssteuerung von dort bestmöglich auf die komplexen Herausforderungen einer Landeshauptstadt übertragen werden. Das wird letztlich dazu führen, dass wir Zeit und Ressourcen einsparen werden und die Einführungszeit verkürzen können. Auch die Anwenderschulung wird sich auf diese Weise effektiver fokussieren lassen. Die Zeitplanung sieht vor, im 1. Quartal 2024 in die Umsetzung zu gehen.

 

Seit März 2023 wurde parallel entsprechend der Empfehlungen des Rechnungsprüfungsamtes und weiterer Erkenntnisse die analoge Postbearbeitung umgestellt. Der Ist-Prozess wurde aufgenommen und die Modellierung eines Soll-Prozesses abgeschlossen. Bei der Optimierung der analogen Schritte konnten durch die Umstellung der unmittelbaren Postbelieferung eine Verkürzung von 1-2 Arbeitstagen erzielt werden. Weiterhin ist geplant, auch diesen Prozess in Teilen zu digitalisieren. Die Basis für die digitale Postbearbeitung wird die Einführung und Anbindung von VIS und ADVIS in die neue Struktur.

  

       3. Technikausstattung  

Unter Beteiligung der Mitarbeitenden wurde geklärt, ob der Einsatz der vorhandenen EC-Tischgeräte weiter genutzt werden soll, oder künftig auf den Betrieb von Kassenautomaten umzustellen ist. Im Ergebnis wurde entschieden, dass die Gebühren in Zukunft über Kassenautomaten gezahlt werden sollen. Die Mietverträge für vier Kassenautomaten für die Zuwanderung wurden im September abgeschlossen. Die Lieferzeit beträgt ca. 2 – 3 Monate. Die technische Umstellung ist noch für das 4. Quartal 2023 geplant. Die Arbeit mit den Kassenautomaten hat den großen Vorteil, dass schon aufgrund der viel geringeren Anzahl von Kassenautomaten vs. Tischgeräte, eine wesentliche Arbeitserleichterung und Arbeitszeitersparnis (u.a. bei den Kontierungsarbeiten) eintritt.

 

Im Arbeitsablauf hat sich beim Fertigen sog. Retentakten (für Gerichte oder Fachaufsicht) darüber hinaus das Fehlen leistungsfähiger Kopiergeräte herausgestellt. Die vorhandenen Geräte waren oft stundenlang blockiert. Auch im Hinblick auf die Einführung der E-Akte in der Zuwanderung wurden mit Unterstützung der zentralen IT im Personal- und Organisationsamt noch im Juni 2023 zwei Hochleistungsscanner bestellt diese wurden im Juli 2023 ausgeliefert und befinden sich im Einsatz.

 

Insgesamt ist festzustellen, dass die ergänzende oder neue leistungsfähigere Technikausstattung (Notebook, Monitore, Fingerscanner, Drucker, Docking-Station) schon in weiten Teilen umgesetzt wurde und bis auf wenige Einzelfälle letzte Anpassungsarbeiten anstehen. 

 

 

  1. Anpassung der Aufbauorganisation 

In Folge des weiteren Stellenaufwuchses in der Abteilung und der Empfehlungen des Rechnungsprüfungsamtes wurde die Aufbauorganisation in Hinblick auf die Leitungsspanne überprüft. Festzustellen war, dass die immer weiter aufwachenden Aufgaben und Fallzahlen im Ausländerrecht zu einer auf das Tagesgeschäft konzentrierten Leitungstätigkeit führen. Der strategischen und juristischen Grundlagenarbeit, kann aufgrund der Gesamtsituation in der Zuwanderung nicht der adäquate Stellenwert eingeräumt werden, da der Arbeitsablauf der Leitungskräfte zunehmend auf das Reagieren ausgerichtet war. Das Agieren und damit ein besser vorausschauendes Tun sollte wieder ermöglicht werden.

 

Zur Umkehr dieser Situation, wurde zum 01. Juni 2023 eine neue Organisationsstruktur vorgestellt (siehe Anlage 1). Die neue Struktur soll dazu beitragen, dass wesentliche und grundsätzliche Aufgaben künftig mit einer breiteren fachlichen Intensität bearbeitet werden können. Neben der Schaffung neuer Leitungsstellen liegt der Fokus dabei in den Aufgabenbereichen Qualitätsmanagement (Anwendung und Weiterentwicklung der Prüfschemata), Wissensmanagement, juristische Grundsatzarbeit und die Entwicklung von Einarbeitungs- und Ausbildungskonzepten. Insbesondere die Einrichtung einer Stabstelle bei der künftigen Abteilungsleitung soll hierbei einen besonderen Beitrag leisten.

 

Mit der Teilung des Sachbereichs Aufenthalt (in künftig 2 Sachbereiche) erreichen wir, dass die Leitungsspanne für die Führungskräfte auf ein normales Maß (KGSt-Standard) zurückgeführt werden kann.

 

Insgesamt sind für die Umsetzung der neuen Organisationsform bis zu 10 neue Stellen erforderlich, die teilweise für den Stellenplan 2024 angemeldet bzw. über die FLEX:Unit (vgl. Drs. 0318/2023) abgebildet werden. Aufgrund der akuten Belastungssituation sind Besetzungsverfahren bereits angelaufen. Die Leitung der Stabstelle konnte so zum 01. November 2023 bereits besetzt werden können. Grundsätzlich gestaltet sich die Fachkräftegewinnung im Bereich der Ausländerbehörden aber schwierig.

 

Die vorgenommene Anpassung der Aufbauorganisation soll entsprechend des Ratsbeschlusses (vgl. Drs. 0153/2023 und Drs. 0177/2023) zeitnah extern überprüft werden. 

 

 

  1. Einbürgerung und Fachkräftegewinnung 

Die Nachfrage nach Einbürgerungen ist unverändert hoch:

 

Einbürgerungsanträge 2022: 1.043

Einbürgerungsanträge 2022 (Stand: 1-6 2022): 514

Einbürgerungsanträge 2023 (Stand: 1-6 2023): 565

 

Vollzogene Einbürgerungen 2022: 788

Vollzogene Einbürgerungen 2022 (Stand: 1-6 2022): 382

Vollzogene Einbürgerungen 2023 (Stand: 1-6 2023): 485 

 

 

Es werden in 2023 Einbürgerungsanträge auf dem Niveau des Vorjahres erwartet (ohne Rechtsänderungen), während die Anzahl der vollzogenen Einbürgerungen deutlich erhöht werden konnte und dieses Jahr voraussichtlich über 1.000 liegen wird. Der Sachbereich Einbürgerung wurde bereits entsprechend der Beschlussfassung zum Stadtamt-Programm 2022 (Drs. 0475/2022) personell verdoppelt (vier zusätzliche Planstellen). Aufgrund der absehbaren Gesetzesänderungen zur Einbürgerung, wird der Bedarf an Fachkräften im Sachbereich weiter steigen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das vorhandene Personal neben der eigentlichen inhaltlichen Arbeit nicht unbegrenzt neues Personal einarbeiten kann. Daher ist ein sukzessiver weiterer Aufbau sinnvoll und zielführend. Sollte sich aufgrund der Bewerber*innenlage eine höhere Anzahl geeigneter Kandidat*innen ergeben, werden wir dennoch flexibel reagieren.

 

Die Einbürgerungsfeier hat in diesem Jahr im Februar stattgefunden und aktuell beginnen gemeinsam mit dem Kieler Woche Büro wir mit den Planungen für die Einbürgerungsfeier 2024. Die Feier wird am 10.02.2024 stattfinden.

Gleichzeitig planen wir im Sachbereich Einbürgerung den Aufbau einer neuen (zunächst) Arbeitsgruppe, die den Aufgabenbereich „Fachkräftegewinnung“ entwickeln soll. Bereits das Anforderungsprofil der Ausschreibung für die Abteilungsleitung umfasst diesen neuen Schwerpunkt und wird mit zu den ersten Aufgaben der neuen Leitung gehören. 

 

  1. Pilotprojekt „Führungskräfte-Coaching“ 

Im Oktober 2023 begann ein mehrmonatiges Führungskräfte-Coaching im Stadtamt als Pilotprojekt, damit auch explizit für die Führungskräfte der Zuwanderungsabteilung. Das Coaching wird die Führungskräfte unmittelbar in ihrem Arbeitsalltag unterstützen und im Bereich „modernes (resilientes) Führen“ unterstützen. Ziel ist es, dass das Erlernte nachhaltig verinnerlicht wird und über den Coaching-Zeitraum hinaus, im Arbeitsalltag erprobt und dauerhaft angewendet werden kann. Die Verwaltung einer Großstadt hat sich zunehmend immer komplexeren Herausforderungen zu stellen. Die kommunale Daseinsvorsorge muss sich dem immer schnelleren gesetzlichen und gesellschaftspolitischen Wandel anpassen und systemisch auf die Herausforderungen reagieren. Gerade Führungskräften kommt dabei eine besondere Verantwortung zu. In den publikumsintensiven Abteilungen des Stadtamtes, wie zum Beispiel im Bereich der Zuwanderung, zeigen sich diese Entwicklungen anschaulich. Die tägliche Arbeit der Führungskräfte ist vielschichtig – häufig geprägt durch situatives Führen, wenig Zeit für strategisches Handeln, immer auf dem Sprung zur nächsten Entscheidung. Es braucht Führungskräfte, die neben ihrer fachlichen Kompetenz sowohl eine ausgeprägte Sozialkompetenz aufweisen als auch die eigene Resilienz im Blick behalten und stärken. Um diesen Herausforderungen insbesondere aufgrund der geschilderten Herausforderungen in der Abteilung Zuwanderung gerecht zu werden, bedarf es einer besonderen Form der Unterstützung und Entwicklung: Das Coaching legt den Fokus auf moderne Führung, Selbstreflexion, Resilienz, Sozialkompetenz und Vertrauensbildung.

 

  

 

 

Christian Zierau

Stadtrat

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Anlagen

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