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ALLRIS - Drucksache

Geschäftliche Mitteilung - 0729/2014

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Beratungsfolge

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Antrag

 

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Sachverhalt/Begründung

Im Frühjahr 2014 wurde im Rahmen einer gemeinsamen Sitzung der Beiräte für Seniorinnen und Senioren der Kreise Plön und Rendsburg-Eckernförde sowie der Landeshauptstadt Kiel intensiv über die Einführung eines Seniorentickets im Nahverkehr diskutiert.

 

Auf der Basis des interfraktionellen Antrages Drs. 0164/2014 erfolgte durch die Verwaltung in Zusammenarbeit mit der Kieler Verkehrsgesellschaft (KVG), der Landesweiten Verkehrsservicegesellschaft (LVS) und der Nahverkehr Schleswig-Holstein (NSH) die Prüfung unter den vorgegebenen Randbedingungen.

 

Folgende Randbedingungen sollen der Prüfung laut Antrag zugrunde liegen:

 

  1. Berechtigte Personen: RentnerInnen und Pensionäre
  2. 25% Rabatt auf das Monatsticket Zone II (im Weiteren wird von Zone 4000 bzw. Preisstufe (PS) 2 gesprochen) im Jahresabo
  3. Nutzungsbeginn ab 9:00 Uhr bis 16:00 Uhr an Werktagen und von 19:00 Uhr bis 6:00 Uhr
  4. keine Erhöhung der Betriebsdefizite der KVG und der SFK

 

 

Zahlengrundlage

 

In Kiel gibt es insgesamt 44.838 Einwohner und Einwohnerinnen, die 65 Jahre und älter sind (Stand 30.06.2014). Eine Statistik über die Anzahl von Rentnerinnen und Rentnern und Pensionäre wird in Kiel nicht erhoben.

 

Die KVG hat zur Zeit 3.029 Abo-Kunden im Alter von 65 Jahren und älter, davon wohnen 2.651 im Kieler Stadtgebiet, was knapp 90% der betrachteten Altersgruppe entspricht. Die Zahl der Abokunden 65 Jahre und älter entspricht knapp 19% aller Abokunden bei der KVG.

 

Weiterhin wurde ermittelt, dass es in den Gebieten der Überlappungsbereiche sowie den Gemeinden der Preisstufe 2 (Schwentinental, Kronshagen, Heikendorf, Mönkeberg, Mels­dorf, Ottendorf, Schönkirchen) 47.400 Einwohner und Einwohnerinnen gibt. Bei einem landesweiten Anteil von Menschen von 65 Jahren und älter von 21,6% (Angabe Statistisches Landesamt) ergibt sich eine Zahl von ca. 10.200 Menschen.

 

Im Weiteren wird - den Randbedingungen - das Verhältnis von Kieler-Abo-Kunden zu den Kieler Einwohnerinnen und Einwohnern 65 Jahre und älter betrachtet. Die Überlappungsgebiete werden nicht berücksichtigt.

 

Übersicht Seniorentickets in verschiedenen Verkehrsverbünden

 

Im Vorfeld erfolgte eine Zusammenstellung von Beispielen von Seniorentickets in Verkehrsverbünden in Deutschland (s. Anlage 1). Es ergibt sich ein unterschiedliches Bild. Innerhalb der einzelnen Verbundräume ist die Anwendung jedoch immer gleich.

 

Alle Angebote sind an Altersgrenzen gebunden und nicht an Rentner/Rentnerinnen und Pensionäre. Da diese Zahlen für Kiel nicht vorliegen, erfolgt die weitere Betrachtung hilfsweise mit der Altersgrenze 65 Jahre.

 

Auch die Nutzungszeiten werden in den einzelnen Verbünden unterschiedlich gehandhabt. Eingeschränkte Nutzungszeiten dienen dazu, nicht durch erhöhte Nachfrage durch die Senioren die ohnehin schon oft überlasteten Hauptverkehrszeiten noch weiter zu belasten, sondern vielmehr Anreize zu schaffen, außerhalb der Hauptverkehrszeit den ÖPNV zu nutzen. Wenn es eine Einschränkung der Nutzungszeit gibt, so bezieht sich das bei den aufgeführten Verbünden aber nur auf die morgendliche Hauptverkehrszeit montags bis freitags. Eine zeitliche Einschränkung werktags (also montags bis samstags) morgens und nachmittags wird bei anderen Verbünden nicht angewendet.

 

Eine besondere Bewerbung findet bei den meisten Verbünden, die ein Seniorenticket anbieten, nicht statt. Verbünde, die von der Struktur dem alten VRK-Gebiet oder dem Land Schles­wig-Holstein ähnlich sind, bieten überwiegend kein Seniorenticket an.

 

Aussagen zu Einnahmesteigerungen oder Erhöhung von Defiziten sind schwierig, weil gerade in den großen Verbünden durch eine Vielzahl von gleichzeitigen Effekten die Auswirkungen auf eine Einzelmaßnahme nicht ohne Weiteres herauszulösen sind. Allerdings ist auch kein Verbund bekannt, der die Einführung eines Seniorentickets als nachteilig bewertet oder es gar wieder abgeschafft hat.

 

Abschätzung der finanziellen Auswirkungen bei Einführung eines Seniorentickets in Kiel

 

Es ist im Vorwege schwer abzuschätzen, wie sich die Nutzung eines vergünstigten Seniorentickets auf die Einschränkung der Nutzungszeiten konkret auswirken würde. Im Weiteren wird deswegen mit verschiedenen Nutzungsquoten gerechnet. Folgendes ist außerdem zu bedenken:

 

Eine Unschärfe erhält die Berechnung: fast alle Abonnenten der KVG über 65 Jahre haben auch einen Überlappungsbereich gewählt. Diese gibt es auch im SH-Tarif kostenlos dazu. Kronshagen ist komplett in die Zone 2 integriert.

 

Die Anzahl der Abonnenten bei der KVG, die 65 Jahre und älter sind, ist konstant, obwohl die Zahl der älteren Menschen allgemein steigt. Viele Menschen geben nach wie vor nach Ende ihres Berufslebens ihr Abo ab.

 

Die verkauften Abos in dieser Altersstufe sind zu Dreivierteln übertragbare Abos, d.h. sie können von verschiedenen Personen genutzt werden. Dieser Nutzen entfällt bei einem Seniorenticket.

 

Es ist fraglich, ob eine Rabattierung mit deutlichen Nutzungseinschränkungen (zeitlich eingeschränkte Nutzung und Nichtübertragbarkeit sowie fehlende Möglichkeit, einen Überlappungsbereich kostenlos dazu zu wählen) Anreiz genug ist, weitere ältere Menschen für ein ÖPNV-Abo zu gewinnen.

 

Wie die Anlage 2 zeigt, haben heute bereits 6% der Menschen über 65 in Kiel ein ÖPNV-
Abo. Bei einem modal-split von 10% für den ÖPNV in Kiel (in den Kreisangehörigen Gemeinden ist der ÖPNV-Anteil sogar noch geringer) ist das Potenzial begrenzt.

 

Genaue Prognosen über die Entwicklung der Anzahl des älteren Menschen enthält das Demografie Monitoring aus dem Jahr 2012 (Abteilung Statistik des Amtes für Wirtschaft). Die Tendenz ist steigend. Der Anteil der Einwohner, die älter als 65 Jahre sind, steigt bis 2031 von 18,62 % auf 22,69%.

 

Anlage 2 zeigt in Abhängigkeit von der Nutzungsquote des neuen Angebots und für die Altersgrenze 65 Jahre mögliche finanzielle Auswirkungen für die Landeshauptstadt Kiel bei einer Rabattierung von 25% auf den normalen Monatskartenpreis. Da eine Abschätzung des Anteils der Neukunden sehr schwierig ist, wurden verschiedene Nutzerquoten angenommen. Da außerdem ungewiss ist, ob die gewählte Rabattierung bei gleichzeitiger Einschränkung der Nutzungsmöglichkeit (25% Rabattierung und 25% zeitliche Einschränkung) angenommen wird, werden auch hier mehrere Wechselgrößen angenommen.

 

Unberücksichtigt ist der mögliche Effekt, dass Kunden, die eine übertragbare Monatskarte außerhalb des Abos kaufen, möglicherweise in das Senioren-Abo wechseln und dadurch der Effekt durch Neukunden noch negativer ausfällt, da dann von 57,50 Euro auf 35,94 Euro rabattiert wird. Das wäre ein Rabatt von 37,5% und dann möglicherweise attraktiv für Nutzer von Wochenkarten, Mehrfahrtenkarten oder Gelegenheitskäufern von Monatskarten. Daten über die Altersgruppe der Senioren unter den Käufern der regulären Monatskarte existieren mangels Erhebungsmöglichkeit nicht. Der Umsatz (ohne Umsatzsteuer) in 2013 aus Vorverkauf gesamt betrug 10,537 Mio Euro. In 2013 hat die KVG 85.630 Monatskarten an Erwachsene verkauft (ohne Abo). Der Umsatz daraus lag bei rd. 4,531 Mio Euro. Bei Verteilung entsprechend der Bevölkerungsanteile von Senioren (21,6%) wäre dies ein Umsatz von 979.000,- Euro bzw. 18.496 Monatskarten oder 1.541 Jahresabos. Der Effekt bei Rabatt auf 35,94 Euro je Monatskarte betrüge nochmal rd. 373.000 Euro Umsatz netto, wenn alle Senioren lt. o.g. Berechnung wechseln.

 

Im Ergebnis erhält man eine große Bandbreite. Mindereinnahmen entstehen außer bei Nichtnutzung- in allen angenommenen Fällen.

 

Falls alle hier infrage kommenden Abo-Kunden der KVG umsteigen auf das vergünstigte Abo und keine Neukunden gewonnen werden können, fallen erst einmal ca. 381.000,- Euro Mindereinnahmen an. Um den Einnahmeverlust vollständig zu kompensieren, wären 884 (33%) neue, zusätzliche Abokunden über 65 Jahren im Kieler Stadtgebiet erforderlich.

 

Da es fraglich ist, ob in der Altersgruppe durch die geforderten Rahmenbedingungen mehr Nutzer angesprochen werden, geht man in dem ersten Fall von einer gleichbleibenden Nutzerquote von 6% aus. Betrachtet man den Mittelwert, der sich bei einer Nutzerquote von 6 % und einer Wechselquote von 50% ergibt, so entstehen monatliche Mindereinnahmen von ca. 15.600,- Euro. Um diese Mindereinnahmen auszugleichen wären 442 Neukunden für das Seniorenticket notwendig, die bei dieser Betrachtung nicht erreicht werden. Insgesamt müsste die Stadt Kiel ca. 200.000,- Mindereinnahmen jährlich ausgleichen.

 

Geht man davon aus, dass mehr Nutzer angesprochen werden und die Nutzerquote passt sich auf 10 % an, dann würden die neugewonnen Kunden die Wechsler kompensieren, jedoch hätte die Stadt Kiel jährlich ca. 455.000,- Euro Mindereinnahmen auszugleichen. Gemessen an dem ÖPNV-Defizit aus dem Jahr 2013 von ca. 4,1 Mio. Euro entspricht das einer Defizit-Steigerung von 10%.

 

Zuschuss- oder Finanzierungsmöglichkeiten

 

Im ÖPNV in Kiel können die Aufwendungen insgesamt nicht durch Fahreinnahmen und gesetzlich mögliche Ausgleichleistungen gedeckt werden. Im Haushalt des Eigenbetrieb Beteiligungen und im Haushalt der Landeshauptstadt Kiel existieren keine besonderen Möglichkeiten, Mindereinnahmen der Verkehrsunternehmen durch die Einführung eines Seniorentickets in der vorgeschlagenen Form auszugleichen.

 

Die Möglichkeit der Finanzierung über Stiftungsmittel wurde ausführlich im Rahmen der geforderten Einführung des Führerschein-Rückgabe-Tickets geprüft. Es wird auf die Drs. 0240/2013 verwiesen, in der erläutert wird, dass diese Art der Finanzierung nicht möglich ist. Hauptgrund ist, dass nur bedürftige Personen gefördert werden können.

 

Aussagen von LVS und NSH

 

Der in Kiel angewandte ÖPNV-Tarif ist der SH-Tarif, welcher landesweit gültig ist und durch die NSH, eine Gesellschaft der Verkehrsunternehmen, verwaltet wird. Eine Lösung alleine für Kiel ist insofern nicht möglich, weil alle Fahreinnahmen auch im Stadtgebiet Kiel aufgeteilt werden. Z.B. erhalten die Autokraft, die DB und die Verkehrsbetriebe Kreis Plön (VKP) neben der SFK und der KVG Anteile an jedem Fahrschein. Die Einnahmen werden innerhalb Schleswig-Holsteins nach Relationen (Anteil der erbrachten Verkehrsleistung der einzelnen Verkehrsunternehmen an der beförderten Gesamtstrecke) aufgeteilt.

 

Bei Rabattierung einer weiteren Personengruppe neben den Auszubildenden und den Menschen mit Schwerbehindertenausweis würden dem ÖPNV Einnahmeverluste entstehen, die zu einer weiteren Erhöhung des Defizits im ÖPNV führen würden, sofern sie nicht durch zusätzliche Abnahme dieser rabattierten Fahrausweise ausgeglichen würden (s. dazu auch Anlage 2). Das zusätzliche Defizit wäre in Kiel vom Eigenbetrieb Beteiligungen zu tragen.

 

Vor dem Hintergrund, dass in Schleswig-Holstein ein landesweiter Fahrscheintarif im Nahverkehr gilt, sollten nach Ansicht der LVS, als Gesellschaft der Aufgabenträger, sowie der NSH, als Gesellschaft der Verkehrsunternehmen, Tarifangebote möglichst landesweit einheitlich angeboten werden. Insellösungen haben den Nachteil, dass bei sonst gleichem Fahrscheinangebot im Land Erklärungsprobleme auftauchen, warum das Seniorenticket in Kiel anders funktioniert als in Lübeck oder im Kreis Rendsburg-Eckernförde. Es kommt zu subjektiven Ungerechtigkeiten.

 

Die NSH ist zur Zeit nach eigenen Angaben dabei, weitere Erkenntnisse über die Zielgruppen zu sammeln. Erst danach sieht sich die NSH in der Lage, entsprechende Tarifmodelle durchzurechnen. Aus Sicht der Verwaltung sollte alleine schon aus diesem Grunde zum jetzigen Zeitpunkt kein Alleingang in Kiel erfolgen.

 

Bisher gibt nach Aussage der NSH bereits diverse Modelle hinsichtlich der Zielgruppe Senioren. In den Kreisen Nordfriesland, Dithmarschen, Steinburg, Rendsburg-Eckernförde und Ostholstein gibt es derzeit spezielle Zeitkarten für Senioren. Diese gelten jedoch nur in den jeweils kreisweit verkehrenden Bussen, da sie aus der Zeit der kreisweiten Tarif- und Verkehrsgemeinschaften stammen und an den SH-Taif lediglich "angehängt" wurden. Die Nachfrage dieser Angebote ist jedoch nicht sonderlich hoch, so dass der Vertrieb im Verhältnis zu anderen Sortimenten relativ kostenintensiv ist. Die geringe Nachfrage könnte nach Ansicht der NSH mit der räumlichen aber auch verkehrlichen Nutzungsmöglichkeit zusammenhängen.

 

Grundsätzlich sind die Verkehrsunternehmen und Aufgabenträger bestrebt, den SH-Tarif weiter zu entwickeln und zu vereinfachen, um ihn für den Fahrgast möglichst verständlich und nutzerfreundlich zu gestalten. Vor diesem Hintergrund werden in der Regel eher landesweite Lösungen mit einer einheitlichen Nutzung in allen Verkehrsmitteln angestrebt. Eine Vereinfachung ist dabei aber nicht mit der Abschaffung von Tarifangeboten gleichzusetzen, sondern auch mit Vereinheitlichungen von Tarifbestimmungen, Nutzungserweiterungen sowie Weiter- bzw. Neuentwicklungen von Tarifangeboten.

 

Weiterhin teilt die NSH mit, dass die Verkehrsunternehmen ihre Nutzergruppen für diese speziellen Fragestellung noch nicht detailliert genug kennen, weil bislang diesbezüglich nur wenig

Daten erhoben wurden. Man ist aber bestrebt, dieses sukzessive nachzuholen, um aufgrund

der wechselnden Bevölkerungsstruktur zukünftig entsprechende Tarifmodelle durchrechnen

und somit gestalten zu können.

 

Der gemeinsame landesweite Tarifausschuss der Aufgabenträger und der Verkehrsunternehmen befasste sich im Frühjahr erneut mit dem Thema. Es wurde übereinstimmend festgestellt, dass Vergünstigungen z.B. für Senioren nur dann angeboten werden können, wenn sich dies wirtschaftlich darstellen und sich das Angebot in das Tarifgefüge des SH-Tarifs einbinden lässt. Der landesweite SH-Tarif ist ein Nutzerfinanzierter Tarif. Begünstigungen einzelner Gruppen müssen sehr genau geplant werden. Trotzdem ist man sich einig, dass man bei der Weiterentwicklung des SH-Tarifs die besonderen Bedürfnisse der Zielgruppe Senioren und Seniorinnen berücksichtigen muss.

 

Weitere zu untersuchende Randbedingungen

 

Aufgrund des Nutzungsverhaltens der Abokunden ab 65 Jahren bei der KVG sollte überlegt werden, mit welchen Anreizen mehr ältere Abo-Kunden gewonnen werden können. Diese sollten bei einer weiteren Betrachtung eingezogen werden. Dazu gehört:

 

  • Mitnahmemöglichkeit
  • Nur Abo oder auch Monatskarten
  • Geltungsbereich (insbesondere auch die Betrachtung einer netzweiten Nutzung wie in anderen Verbünden oder wenigstens die Betrachtung der Überlappungszonen, in denen der Anteil der Senioren, die heute schon ein Abo haben, gering ist)
  • Täglicher Nutzungszeitraum

 

Im Zuge einer landesweiten Variantenuntersuchung wird dann sicher auch noch einmal genau beleuchtet werden müssen, wer genau die Zielgruppe dieser vergünstigten Fahrscheinart ist. Neben der reinen Altersbeschränkung muss dann auch entscheiden werden, ob pauschal alle älteren Menschen in den Genuss eines vergünstigten Fahrscheins kommen sollen, oder man eher Empfänger von Sozialleistungen unterstützen möchte. In Kiel gibt es bereits umfangreiche Untersuchungen bezüglich eines altersunabhängigen Sozialtickets (s. zuletzt Drs 0303/2013), die dann zu verfeinern wären.

 

Hinsichtlich des Gedankens der Verkehrssicherheit wurden in Kiel bereits im Rahmen des Führerschein-Rückgabe-Tickets die Folgen aufgezeigt (S. Drs. 0758/2013).

 

In Zusammenhang mit den Untersuchungen zum Sozialticket und zum Führerschein-
Rückgabe-Ticket wurde darauf hingewiesen, dass es auch technisch sehr schwierig oder unmöglich ist, dass die Ausgabe eines vergünstigten Tickets durch das Verkehrsunternehmen erfolgt. Die KVG hat z.B. keinerlei Berechtigung, Rentenbescheide zu verlangen und kann nicht prüfen, ob ein korrekter Bescheid vorgelegt wird.

 

Auch ein anderer Aspekt sei hier erwähnt: Die Rabattierung für die Gruppe der Schüler und Auszubildenden, die oftmals Zwangsnutzer sind, beträgt 17,88%. Es muss vermieden werden, dass mit Einführung eines Seniorentickets, welches unabhängig von einer Nutzungseinschränkung günstiger ist als ein Schüler-Abo, der Ruf nach höherer Rabattierung von Schüler-Abos einhergeht.

 

Fazit

 

Bei der Einführung eines Seniorentickets kommen nur zwei Möglichkeiten der praktischen Umsetzung infrage:

 

  • Es gibt eine landesweite Lösung, die von allen Verkehrsunternehmen mitgetragen wird und zwischen Aufgabenträgerverbund und NSH ist geregelt, wie ggf. Mindereinnahmen ausgeglichen werden.
  • Es gibt eine rein städtische Lösung, bei der die Landeshauptstadt Kiel den Ausgleich für die rabattierten Karten direkt zahlt.

 

Ein Alleingang der Landeshauptstadt Kiel ist aus Sicht des Aufgabenträgers schwierig. Die Einführung einer Rabattierung nur für Kieler Bürgerinnen und Bürger kann aufgrund des landesweit gültigen SH-Tarifes zudem weder mit noch ohne Prüfung von weiteren Berechtigungsnachweisen organisatorisch durch die Verkehrsunternehmen umgesetzt werden, sondern müsste durch die Stadtverwaltung erfolgen.

 

Nur so ist eine Erhöhung des Betriebsdefizites der KVG und der SFK auszuschließen. Der Kunde kauft dann ein normales Abo bei einem Verkehrsunternehmen und lässt sich bei der Stadtverwaltung die beschlossene Rabattierung auszahlen.

 

Ausgehend von einem realistischen Neukundenpotential von 4% im Rahmen der ÖPNV
-Nutzung im Modal-Split ist es fraglich, ob die Einführung eines Seniorentickets genügend Neukunden generiert, um die negativen Effekte auf die Fahrgeldeinahmen auszugleichen. Eine Abonnentenquote von 10% der Personen der Zielgruppe 65+ entsprechend dem Modal-Split würde eine Erhöhung der Abonnentenzahl aus der Zielgruppe um rd. 69 % bedeuten. Da auch von einem Wechsel aus dem Bereich der Zeitkarten außerhalb des Abonne­mentangebotes ausgegangen werden muss, kann eine Analyse mangels Datengrundlage zum jetzigen Zeitpunkt nicht zuverlässig erfolgen. Die Einführung eines Angebotes für Senioren wird daher nach heutiger Einschätzung nicht ohne negative Effekte für die Höhe der Fahrgeldeinnahmen des Kieler ÖPNV möglich sein.

 

Auch wenn nur eine Bandbreite an möglichen Mindereinnahmen dargestellt werden kann, ist  - außer bei kompletter Nichtnutzung unter den genannten Randbedingungen mit ca. 200.000,- Euro Mindereinnahmen zu rechnen, die die Landeshauptstadt Kiel ausgleichen müsste.

 

Da aus oben beschriebenen Gründen eine landesweit einheitliche Lösung anzustreben ist, wird der Eigenbetrieb Beteiligungen mit Nachdruck dafür sorgen, dass das Thema Seniorenticket bei der LVS und bei der NSH weiterverfolgt wird, damit eine landesweit einheitliche Lösung möglichst ohne Mehrkosten für die Kieler Verkehrsunternehmen umgesetzt werden kann.

 

 

 

 

Dr. Ulf Kämpfer

Oberbürgermeister

 

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Anlagen

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