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ALLRIS - Drucksache

Antrag der Verwaltung - 0824/2018

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Beratungsfolge

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Antrag

Antrag:

 

  1. r das Untersuchungsgebiet der vorbereitenden Untersuchungen Festung Friedrichsort mit Alt-Friedrichsort (Anlage 1) wird der Verzicht auf die Ausübung der gesetzlichen Vorkaufsrechte gemäß § 24 ff. BauGB widerrufen.
     
  2. Der in der Anlage (Anlage 2) beigefügte Entwurf „Satzung der Landeshauptstadt Kiel über ein Besonderes Vorkaufsrecht nach § 25 BauGB für das Untersuchungsgebiet Festung Friedrichsort mit Alt-Friedrichsort“ wird als Satzung beschlossen.

 

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Sachverhalt/Begründung

Begründung:

 

Vorbemerkungen zum gesetzlichen Vorkaufsrecht nach § 24 ff. Baugesetzbuch

Die gesetzlichen Vorkaufsrechte nach § 24 ff. Baugesetzbuch (BauGB) sind bundesweit ein etabliertes Instrument zur Sicherung der gemeindlichen Bauleitplanung sowie anderer städtebaulicher Planungen. Durch ein Vorkaufsrecht steht es der Gemeinde unter bestimmten Voraussetzungen zu, in abgeschlossene Grundstückskaufverträge einzutreten und so Grundstücke zu erwerben. Das BauGB sieht hierbei zwei Grundkonstellationen vor:
 

  • Das allgemeine Vorkaufsrecht nach § 24 BauGB gilt grundsätzlich stadtweit für bestimmte Fallkonstellationen wie Flächen in Bebauungsplänen, die einem öffentlichen Zweck dienen (Verkehrsflächen,…) oder für Grundstücke in Sanierungsgebieten.
  • Das besondere Vorkaufsrecht nach § 25 BauGB muss für ein eindeutig bestimmbares Gebiet als Satzung beschlossen werden. Dabei ist eine parzellenscharfe Abgrenzung vorzunehmen. Durch das Satzungsvorkaufsrecht kann dieses bei Kaufvorgängen zu unbebauten Grundstücken im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes oder bei Grundstücken in Gebieten, „in denen sie städtebauliche Maßnahmen in Betracht zieht“ angewandt werden. In den § 25 ff. werden verschiedene Ausschluss- und Abwendungsgründe festgehalten, wann das Vorkaufsrecht durch die Gemeinde nicht ausgeübt werden darf, zum Beispiel beim Grundstücksverkehr zwischen engen Verwandten.

 

Die Gemeinde kann den zu zahlenden Betrag nach dem Verkehrswert des Grundstücks (§ 194 BauGB) im Zeitpunkt des Kaufes bestimmen, wenn der vereinbarte Kaufpreis den Verkehrswert in einer dem Rechtsverkehr erkennbaren Weise deutlich überschreitet. In diesem Falle ist der Verkäufer berechtigt, bis zum Ablauf eines Monats nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts über die Ausübung des Vorkaufsrechts vom Vertrag zurückzutreten. Führt die Gemeinde das Grundstück nicht innerhalb einer angemessenen Frist dem mit der Ausübung des Vorkaufsrechts verfolgten Zweck zu, hat sie dem Verkäufer einen Betrag in Höhe des Unterschieds zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem Verkehrswert zu zahlen.

 

Beschlusslage zum gesetzlichen Vorkaufsrecht:

Auf Basis der Aufgabenkritik im Rahmen der Verwaltungsoptimierung (80/40 Prozess) hat die Selbstverwaltung 2004 flächendeckend für das Kieler Stadtgebiet den Verzicht auf die Ausübung der gesetzlichen Vorkaufsrechte gemäß § 24 ff. BauGB beschlossen (Drs.-Nr. 0854/2004).

Mit Beschluss der Ratsversammlung vom 16.02.2017 hat sich die Politik jedoch zu einer aktiveren Bodenpolitik bekannt und die Verwaltung beauftragt, den seit 2004 bestehenden Generalverzicht auf die Ausübung der gesetzlichen Vorkaufsrechte beim Grundstücksverkehr zu widerrufen (Drs.-Nr. 0114/2017). Die Verwaltung schafft zurzeit die rechtlichen und personellen Voraussetzungen zur Umsetzung dieses Beschlusses. Der Widerruf wird für den Winter 2018 angestrebt.

 

Mit dem vorgesehenen Widerruf des Generalverzichtes werden die Eigentümer/innen von Grundstücken in Kiel bzw. die Notariate verpflichtet, der Landeshauptstadt Kiel den Abschluss eines Kaufvertrages über ihr Grundstück unverzüglich anzuzeigen. Die Verwaltung prüft, ob die Vor-aussetzungen für ein Vorkaufsrecht nach § 24 ff. BauGB gegeben sind. Besteht ein Vorkaufsrecht nicht oder wird es nicht ausgeübt, hat die Gemeinde auf Antrag eines Beteiligten darüber unverzüglich ein Zeugnis auszustellen.

 

Besonderes Vorkaufsrecht nach §25 BauGB für das Untersuchungsgebiet Festung Friedrichsort mit Alt-Friedrichsort

Mit Beschluss vom 19.02.2015 (Drs.-Nr. 0079/2015; 0098/2015) hat die Ratsversammlung vorbereitende Untersuchungen (VU) für das Untersuchungsgebiet Festung Friedrichsort mit Alt-Friedrichsort eingeleitet. Der sich damals bereits abzeichnende Sanierungsverdacht hat sich im Rahmen der vorbereitenden Untersuchungen für den Untersuchungsraum bestätigt und ist im Zwischenbericht dokumentiert (Drs.-Nr. 0294/2017). Im Rahmen dieses Prozesses ist auch ein Struktur- und Nutzungskonzept entwickelt worden, welches über das gesamte Untersuchungsgebiet Maßnahmen aufzeigt, die städtebaulichen Missstände im Rahmen einer integrierten Gesamt(flächen)strategie zu bewältigen.

 

Die Ratsversammlung hat daher am 08.06.2017 das Struktur- und Nutzungskonzept (Anlage 3) als Basis für den Abschluss der VU und damit als Grundlage für ein integriertes städtebauliches Gesamtkonzept beschlossen (Drs.-Nr. 0294/2017).

 

Durch die Planungen und Bestrebungen der Stadt das Untersuchungsgebiet städtebaulich neu ordnen und aufwerten zu wollen,  ist dieses in den Fokus von Investoren und Entwicklern geraten. Bereits einzelne Verkäufe können vor Abschluss der VU voraussichtlich Anfang 2019 die Ziele und Zwecke einer möglichen Sanierung gefährden.

 

Die integrierte städtebauliche Gesamtkonzeption, die als Entwurf vorliegt und zurzeit mit den Trägern öffentlicher Belange abgestimmt wird, zeigt im Rahmen einer Gesamt(flächen)strategie auf, wie die städtebaulichen Missstände mit einem Maßnahmenbündel über das gesamte Untersuchungsgebiet bewältigt werden können. Dabei ist die erstmalige öffentliche Erschließung oder Neuordnung des Erschließungsnetzes (öffentliche Infrastruktur, Straßen, Wege, Plätze, Entwässerung, Grünzüge) über den gesamten Untersuchungsraum ein wesentliches Element. Weitere Einzelmaßnahmen im gesamten Untersuchungsraum ergänzen die Zielsetzung. Ohne einen möglichen  Zugriff auf z. B. die geplanten Flächen mit öffentlicher Zweckbestimmung kann die Inwertsetzung des Quartiers nicht gelingen.

 

Die VU befindet sich weiterhin im Verfahren, durch die laufende Beteiligung können die angedachten Maßnahmen noch Ergänzungen finden.

 

Zur Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung kann die Gemeinde in Gebieten, in denen sie städtebauliche Maßnahmen (u. a. städtebauliche Sanierungen) in Betracht zieht, durch Satzung Flächen bezeichnen, an denen ihr ein Vorkaufsrecht an den Grundstücken zusteht (§ 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB).

 

 

Es besteht daher über den gesamten Untersuchungsraum das Erfordernis an ein Vorkaufsrecht nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB um die Umsetzung der städtebaulichen Maßnahmen, die im Untersuchungsraum in Betracht gezogen werden, zu sichern.

 

 

Mit einer Vorkaufrechtssatzung wird noch keine Verpflichtung für eine ggf. später zu erlassende Satzung/ Gebietsabgrenzung nach den § 136 ff BauGB (Besonderes Städtebaurecht) bewirkt. Sie ist aber ein Instrument um die Ziele und Zwecke der Sanierung zum jetzigen Zeitpunkt zu sichern.

 

Zur Sicherung der sich abzeichnenden Ziele und Zwecke der Sanierung gemäß des einstimmigen Beschlusses der Ratsversammlung vom 08.06.2017 (Drs.-Nr. 0294/2017) schlägt die Verwaltung deshalb eine Satzung über das besondere Vorkaufsrecht nach §25 BauGB für das Untersuchungsgebiet vor. (Antragspunkt 2)

 

Die Satzung ist nach § 25 Abs.1 Satz 2 BauGB in Verbindung mit § 16 Abs. 2 BauGB öffentlich bekannt zu machen und für jeden zur Einsicht bereit zu halten. Mit der Bekanntmachung tritt die Satzung in Kraft.

 

Voraussetzung für den Erlass dieser Satzung ist die Teilaufhebung des Generalverzichtes auf die Ausübung der gesetzlichen Vorkaufsrechte beim Grundstücksverkehr für diesen Bereich bereits jetzt. (Antragspunkt 1)

 

Der Beschluss über die Teilaufhebung des Generalverzichts ist ortsüblich bekanntzumachen.

 

Mit dem Inkrafttreten des Beschlusses sind die Eigentümer/innen im Untersuchungsgebiet Festung Friedrichsort mit Alt-Friedrichsort bzw. die Notariate verpflichtet, der Landeshauptstadt Kiel den Abschluss eines Kaufvertrages über ihr Grundstück unverzüglich anzuzeigen

 

 

 

 

Dr. Ulf Kämpfer

Oberbürgermeister

 

 

Anlagen:

  • Lageplan Untersuchungsgebiet Festung Friedrichsort mit Alt- Friedrichsort
  • Entwurf Satzung der Landeshauptstadt Kiel über ein besonderes Vorkaufsrecht für das Untersuchungsgebiet Festung Friedrichsort mit Alt- Friedrichsort
  • Struktur- und Nutzungskonzept

 

 

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Anlagen

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