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ALLRIS - Drucksache

Geschäftliche Mitteilung - 0440/2020

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Beratungsfolge

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Antrag

 

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Sachverhalt/Begründung

 

Die Landeshauptstadt Kiel ist eine offene und vielfältige Stadt. Elementar dabei sind auch eine Sprache und Kommunikation, die nicht diskriminieren und möglichst alle Menschen in Kiel ansprechen. Dies ist auch Ausdruck einer modernen Verwaltung.

 

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 10. Oktober 2017 die Notwendigkeit eines weiteren positiven Geschlechtseintrags neben den beiden Einträgen „nnlich“ und „weiblich“ im Personenstandsrecht festgestellt. Zum 1.1.2019 wurde das Personenstandsgesetz dementsprechend geändert.

 

Durch zwei Beschlüsse der Ratsversammlung (Vorlage 0437/2018 und Alternativantrag zu Vorlage 0202/2019) ist der Auftrag ergangen, eine gendergerechte Sprache in der Stadtverwaltung einzuführen, um Diskriminierungen zu verringern und geschlechtliche Vielfalt sichtbar zu machen. Diese Beschlüsse halten u.a. fest, dass dies auf "den gesamten Schriftverkehr der Verwaltung von Emails über den Web-Auftritt, Präsentationen, Broschüren, Presseartikel, Drucksachen, Hausmitteilungen, Formulare, Flyer, Briefe, etc. anzuwenden" sei. Der Oberbürgermeister wurde von der Ratsversammlung aufgefordert, ein Konzept zur gendergerechten Sprache zu entwickeln.

 

Mit „gendergerechter Sprache“ ist ein Sprachgebrauch gemeint, der die Gleichstellung aller Geschlechter zum Ausdruck bringt und in die Kommunikation übernommen werden soll. Er geht über die bisherige Nennung von Männern und Frauen hinaus und spricht auch Menschen nicht-binärer Geschlechter an. Um die Vielfalt der Geschlechter sichtbar zu machen, wird häufig der sogenannte „Genderstar“ oder „Gendersternchen“ verwendet. Dieses steht mit seinen weit verzweigten Strahlen für alle Geschlechter: sowohl Männer und Frauen als auch Geschlechter jenseits binärer Mann-Frau-Kategorien.

 

Als Landeshauptstadt Kiel ist uns die Kooperation mit anderen Kommunen in Land und Bund sowie weiteren Einrichtungen und Kooperationen wichtig. Bisher gibt es jedoch keine verbindlichen Empfehlungen zum Beispiel des Deutschen Städtetags oder anderer Gremien. Fest steht jedoch, dass eine Entwicklung in Richtung gendergerechter Sprache nur eintritt, wenn man sich auf den Weg begibt. Wir verstehen den Vorgang, eine gendergerechte Sprache einzuführen, daher nicht als Abschluss, sondern als ersten Schritt in einem Prozess, den die Landeshauptstadt Kiel aktiv mitgestaltet und in dem sie weiterhin eng mit anderen kooperieren wird und im Austausch bleiben wird. Diskurs und Anpassungen sind beabsichtigt.

 

Zur Umsetzung dieser Ratsbeschlüsse wurde die Expertise einer externen Agentur in Anspruch genommen (vgl. Vorlage 0472/2019). Die Leistungsbeschreibung umfasste eine Bestandsaufnahme und Analyse (bezogen auf die Kieler Verwaltung und Recherche zu anderen Kommunen), die Durchführung von Workshops und Fortbildungen für die Verwaltung und Selbstverwaltung (zur Sensibilisierung und zur Überprüfung konkreter Arbeitsbereiche der Stadt Kiel) sowie das Vorlegen eines Konzeptes inklusive einer Umsetzungsstrategie.

 

Das gesamte Vorhaben insbesondere die Erstellung des Konzepts und der Umsetzungsstrategie fand mit großer Beteiligung der Verwaltung, vor allem der im Fokus stehenden Ämter und der AG „Gendergerechte Sprache“ statt. An den zwei großen Veranstaltungen zum Auftakt (14. Juni 2019) und Abschluss (5. Dezember 2019) nahmen zudem Ratspersonen und Vertreter*innen der Community teil. Neben diesen beiden Veranstaltungen mit Sensibilisierungs- und Informationscharakter fanden im Juni und Juli 2019 außerdem drei Workshops mit stärker involvierten Ämtern (Personal- und Organisationsamt, Bürger- und Ordnungsamt, Pressereferat) statt, in denen die speziellen Bedarfe dieser Ämter analysiert wurden. Die AG Gendergerechte Sprache erarbeitete zusammen mit der Agentur das Konzept, auf dem auch der Leitfaden basiert. Auch die Umsetzungsstrategie wurde gemeinsam von AG und Agentur erstellt. Zudem fanden zwei weitere Workshops zu Möglichkeiten digitaler Lösungen statt, in denen die Expertise der AG um die Fachpersonen der Stadtverwaltung in digitalen Fragen und Vertreter*innen des Landes erweitert wurde.

 

Als Ergebnis dieses Prozesses liegen nun ein Konzept, ein Leitfaden sowie eine Kurzfassung der Umsetzungsstrategie vor, die in der Anlage zu finden sind. Zudem fand eine Überarbeitung der Schreibanweisung in Bezug auf entsprechende Artikel durch die Agentur statt.

 

Zur zentralen Erfassung der Anreden befindet sich die Landeshauptstadt in Abstimmung mit dem Land. Gemeinsam wird angestrebt, dass alle Bürger*innen im entstehenden Bürger*innenportal freiwillig ihre gewünschte Anrede hinterlassen können. Sie sollen dort auch zustimmen können, dass ihre Anrede an die Kommune weitergegeben werden kann.

 

Die Landeshauptstadt Kiel wird den Prozess der Umsetzung der gendergerechten Kommunikation laufend evaluieren. Konzept und Leitfaden bilden die momentane Richtung ab. Insgesamt bleibt die Landeshauptstadt Kiel offen für mögliche Veränderungen auch im Kontext der Sprachentwicklungen in Land und Bund.

 

Ein besonderer Anspruch leitet sich in diesem Zusammenhang aus den ThemenVerständliche Behördensprache“ und der praxisorientierten Umsetzung ab.

 

Die Ratsversammlung hat mit Beschluss vom 21. März 2019 (vgl. Vorlage 0200/2019) ebenso beschlossen, dass Kiel Vorreiterin für verständliche Behördensprache sein will. Deswegen beteiligt sich die Stadt, in Absprache mit der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten, als Modellkommune am Projekt „Schleswig-Holstein spricht Klartext“.

 

Ferner hat die Landeshauptstadt für ihren gesamten Aufgabenumfang den Anspruch professionelle und bürgerfreundliche Dienstleistungen zu erbringen. Unter den Leitgedanken Dienstleistung, Dialog und Digitalisierung wurde zum 1.10.2019 das Projekt „@mt24“ (gesprochen Amt24) im Dezernat III gestartet (vgl. Vorlage 878/2019). Die Anforderungen an einfache Kommunikation, das Bedürfnis nach schnellen direkten Antworten, umfassender Transparenz und individueller Ansprache definieren dabei die Ansprüche an einen Dialog. Die Ansprache ist dabei das Bindeglied zu der gendergerechten Kommunikation, die dabei hilft, alle Menschen gleichermaßen anzusprechen und nicht auszugrenzen.

 

 

 

Daher sind die Verständlichkeit von Behördensprache und der Dialog konsequent bei der Einführung der gendergerechten Kommunikation mitzudenken und helfen bei ihrer Etablierung wie Weiterentwicklung.

 

 

 

 

Christian Zierau

Stadtrat

 

 

Anlagen:

Konzept

Leitfaden

Kurzfassung der Umsetzungsstrategie

 

 

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Anlagen

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