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ALLRIS - Drucksache

Geschäftliche Mitteilung - 0389/2021

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Beratungsfolge

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Antrag

 

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Sachverhalt/Begründung

Die vorliegende Geschäftliche Mitteilung zum Bauvorhaben "Möbel Höffner" informiert über aktuelle Entwicklungen seit der Vorlage der Drs. 0317/2021 zur Sitzung des Bauausschusses am 25.03.2021 sowie über das absehbare weitere Vorgehen.

 

Bilanzierung der Schäden auf den Maßnahmenflächen

 

Die durch unsachgemäße Arbeiten auf den Maßnahmenflächen ("Flächen für Maßnahmen zur Sicherung der ökologischen Funktion") verursachten Schäden waren bereits im November 2020 und im Januar 2021 durch ein Fachbüro aufgenommen und grob bilanziert worden (vgl. Drs. 0185/2021). Die vorläufige Grobbilanz wurde danach durch Überprüfungen und Nachkartierungen des zuständigen Planungsbüros präzisiert und anschließend dokumentiert. Seit dem 23.03.2021 liegt der Verwaltung die "Nachbilanzierung für die Maßnahmenflächen A1 - A3 im Projekt B-Plan Nr. 988, Prüner Schlag,belmarktzentrum" vor. Dieser Bericht, der die wesentliche Grundlage für die Überarbeitung der Planung für die Maßnahmenflächen bildet, wurde einschließlich der zugehörigen Anlagen durch die Verwaltung geprüft und abgenommen.

 

Die vorgenommene Nachbilanzierung ergab, dass ein Verlust von über 50 größeren Obst-, Laub- und Nadelbäumen zu verzeichnen ist. Außerdem wurden im Zuge der nicht fachgerechten Rückschnittarbeiten in großem Umfang Kleingehölze, Obststräucher sowie Gräser- und Staudenbereiche, die als wesentliche Grundlage für die künftige Entwicklung der Strukturvielfalt im Gebiet hätten dienen sollen, beseitigt. Für die Fahrgassen der Raupenbagger nahm die ausführende Firma große Teile des Heckennetzes in Anspruch, das vor einigen Jahren während des ckbaus der Kleingartenlauben weitgehend erhalten werden konnte. Heckenverluste in einer Gesamtlänge von 885 m sowie erhebliche Flurschäden und Bodenverdichtungen sind das Resultat.

 

Die detaillierte Aufnahme der verursachten Schäden ist Voraussetzung für die Ermittlung des zusätzlichen Kompensationsbedarfs. Dieser wird in der Nachbilanzierung in übersichtlicher, tabellarischer Form hergeleitet und ist Grundlage der weiteren Überlegungen zu Art, Umfang und Lokalisierung der konkreten Kompensationsmaßnahmen.

 

Aus Sicht der Grünordnungsplanung ist eine grundsätzliche Ausgleichbarkeit der zusätzlich festgestellten Lebensraumverluste zu bejahen. Nach Einschätzung des Artenschutzgutachters ist die Tötung von Individuen streng geschützter Tierarten konkret auszuschließen (im Falle des Kammmolchs) oder es gibt keine konkreten Anhaltspunkte dafür (im Falle der Fledermäuse). Der Verlust der Fortpflanzungs- und Ruhestätten (d.h. regelmäßig besetzte Vogelbrutreviere) und ggf. Fledermaus-Sommerquartiere in den Bäumen kann kurz- bis mittelfristig durch die Neuanlage von Gehölzbiotopen (Brutvögel) bzw. das Aufhängen von Ersatzquartieren (Fledermäuse) kompensiert werden.

 

Nach aktueller Bewertung der Gutachter kann und sollte ein Ausgleich der herbeigeführten Schäden orts- und zeitnah erfolgen, idealerweise unter Einbeziehung der (neu verfügbaren) Sondergebiets-Randflächen südlich der Maßnahmenfläche A2 und nördlich der Maßnahmenfläche A3, sofern diese durch den Vorhabenträger zur Verfügung gestellt werden.

 

Die Nachbilanzierung (nur Erläuterungstext) ist dieser Drucksache als Anlage 1 beigefügt. Die vollständige Nachbilanzierung (Erläuterungstext und teils großformatige Kartenanhänge) wird so rasch wie möglich in die Gläserne Akte auf www.kiel.de eingestellt.

 

gliche Erweiterung der Maßnahmenflächen

 

Seit Anfang Februar 2021 steht der Vorschlag im Raum, die für die Baumaßnahmen Höffner und Sconto nicht benötigten randlichen Sondergebietsflächen zu weiteren Maßnahmenflächen umzuwandeln. Eine solche ortsnahe Kompensation der verursachten Schäden wird in der Verwaltung als optimale Lösung angesehen und auch in der Erläuterung der Nachbilanzierung als sinnvoll erachtet. Inzwischen hat der Vorhabenträger auf der im Bebauungsplan festgesetzten Grenzlinie zwischen Sonderbaufläche und Maßnahmenflächen einen Stabgitterzaun errichtet. Die grundsätzliche Option der Vergrößerung der Maßnahmenflächen A2 und A3 bleibt dennoch bestehen.

 

Baumaßnahme Werbepylon

 

Die im Februar 2021 eingereichten Bauantragsunterlagen für den im Bebauungsplan vorgesehenen Werbepylon bedurften der Ergänzung bzw. Überarbeitung. Dies betraf u.a. Angaben zur Flächeninanspruchnahme im Zuge der Baustelleneinrichtung und den Nachweis der Verträglichkeit der durch die Werbeanlage hervorgerufenen Lichtimmissionen. Die nachgeforderten Unterlagen gingen am 15.04.2021 bei der Stadt ein und werden derzeit geprüft.

 

Bereits Ende Februar waren in der Umgebung des vorgesehenen Pylon-Standorts Vergrämungsmaßnahmen begonnen worden, die dazu dienen sollen, Zuwiderhandlungen gegen das artenschutzrechtliche Störungsverbot im Rahmen der Baumaßnahme zu vermeiden. Pfähle mit Flatterband auf den offenen Flächen sowie das Abdecken von Hecken durch Netze sollen Heckenbrüter davon abhalten, in der Nähe der Baustelle ihr Brutgeschäft zu beginnen. Diese Vorrichtungen wurden am Wochenende 17./18.04. von unbekannter Hand beseitigt oder zerstört und müssen durch den beauftragten Artenschutz-Fachgutachter wiederhergestellt werden.

 

Vandalismus, Abzäunung des Gebiets und Durchwegung des Gebiets

 

Über die gerade angesprochene Sachbeschädigung hinaus sind viele Fälle von Vandalismus registriert worden, die wesentlich dadurch begünstigt werden, dass eine durchgängige Abzäunung der Maßnahmenflächen bisher nicht vorgenommen wurde. Das Privatgrundstück ist leicht von außen zugänglich und wird infolgedessen von Spaziergänger*innen und Hundebesitzer*innen frequentiert. Darüber hinaus werden Pflanzen ausgegraben und gestohlen, Bäume beschädigt und Feuerstellen angelegt. Auch der Amphibienzaun nördlich der Gren Grünen Schützengilde wurde durch Vandalismus zerstört und muss ersetzt werden.

 

Die Außenabzäunung des Gesamtgeländes wird in Kürze erfolgen, und zwar durch Errichten eines Wildschutzzauns. Die öffentlichen Wege, die die Maßnahmenflächen vor allem im Westen des Gebiets durchziehen werden, sollen ebenfalls durch Zäune begrenzt werden, die durch Hecken einzugrünen sind. Die weitgehende Vermeidung von Störungen aller Art gehört zu den ausdrücklichen Vorgaben des Artenschutzes, deren Beachtung für die Funktion der Maßnahmenflächen unbedingt erforderlich ist.

 

Umwelt-Baubegleitung auf der Baustelle

 

Weiterhin finden regelmäßig (derzeit 14-täglich) Begehungen des Geländes durch die angeordnete Umwelt-Baubegleitung und die untere Naturschutzbehörde statt. Die Ergebnisse und die zu veranlassenden Punkte werden ausführlich protokolliert. Zu der Vielzahl aktueller Themen gehören unter anderem die provisorische Sicherung der Flächen durch Mobilzäune, die Beseitigung von Müll- und Materialablagerungen, die Beschilderung bezügl. Betretungsverbot, die Abstimmung der Baumaßnahme "Schmutzwasserleitung", die Entwicklung der ebenfalls beeinträchtigten Ausgleichsflächen für die B 76 (westlich der Maßnahmenfläche A1) und die zeitliche Abstimmung sämtlicher anstehender Maßnahmen im Gebiet.

 


Arbeitsstand des Gestaltungs- und Pflanzplans für die Maßnahmenflächen

 

Dieser Plan wird die Gestaltungs-, Pflanz- und Artenschutzmaßnahmen auf den Maßnahmenflächen A1 bis A3 und ggf. auf noch zu planenden Erweiterungen dieser Flächen darstellen. Der Zeitplan für die Erstellung des Plans ist abhängig von der Auswertung der Nachbilanzierung. Ein Maßnahmenbeginn im Herbst 2021 wird angestrebt.

 

Beschwerden über Baulärm

 

Das Thema Baustellenlärm, der Umgang mit Bürger*innenbeschwerden und die durch die zuständige Behörde (Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, LLUR) ergriffenen Minderungsmaßnahmen wurden in der Geschäftlichen Mitteilung 0317/2021 ausführlich dargestellt. Die Rammarbeiten, die für zahlreiche Beschwerden über Lärmbelastung und Erschütterungen sorgten, endeten nach Kenntnis der Stadtverwaltung am 20.04.2021.

 

Reaktionen aus der Öffentlichkeit

 

Zwischen dem Vorhabenträger und der Stadt besteht Einigkeit darüber, dass alle künftigen Arbeiten auf den Maßnahmenflächen, insbesondere solche unter Einsatz von Fahrzeugen oder schweren Geräten, durch eine ausführliche und frühzeitige Öffentlichkeitsarbeit begleitet werden müssen, um größtmögliche Transparenz herzustellen.

 

In den letzten Monaten äerten sich immer wieder Bürger*innen gegenüber der Verwaltung ablehnend bis empört zu verschiedenen Aspekten des Bauvorhabens "Möbelmarktzentrum". Während sich manche dieser Äerungen gegen das Vorhaben an sich, d.h. gegen die seinerzeit getroffene Ansiedlungsentscheidung richten, wurden vereinzelt auch sehr ausführliche Beobachtungen von möglicherweise unrechtmäßigen Handlungen im Gebiet mitgeteilt. Derartige Angaben werden an die ermittelnde Staatsanwaltschaft weitergeleitet, sofern sie dort nicht bereits vorliegen.

 

Die Verwaltung war Ende März 2021 Adressat zweier Offener Briefe, die sich kritisch mit den Geschehnissen auf den Maßnahmenflächen und mit der Rolle der Stadtverwaltung auseinandersetzen. Diese Briefe wurden inzwischen durch die Verwaltung ausführlich beantwortet, wobei die Antworten dem Adressatenkreis der Ausgangsschreiben und in der "Gläsernen Akte" auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

 

Die Inhalte der Offenen Briefe waren für die Stadt auch Anlass, den Vorhabenträger um eine detailliertere Schilderung der Vorgänge, die im vergangenen Herbst auf den Maßnahmenflächen stattfanden, aus seiner Sicht zu bitten. Die Antwort auf diese Bitte liegt der Verwaltung inzwischen vor. Die Stellungnahme des Vorhabenträgers bezieht sich insbesondere auch darauf, welche Arbeiten vor und nach dem Vor-Ort-Termin mit der Unteren Naturschutzbehörde am 11.11.2020 auf den Maßnahmeflächen durchgeführt wurden und welche Einsatzfahrzeuge dabei zum Einsatz kamen.

 

Zwischen den jetzigen Ausführungen des Vorhabenträgers und den damaligen Feststellungen der Verwaltung vor Ort am 11.11.2020 gibt es erhebliche inhaltliche Diskrepanzen, was z.B. die Einschätzung der vorgenommenen unsachgemäßen Vegetationsarbeiten und die Kommunikation während des Ortstermins am 11.11.2020 betrifft. Die hierzu vorliegenden Unterlagen werden ebenfalls an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet werden.

 

Dem Oberbürgermeister Dr. Kämpfer war am 18.02.2021 eine Dokumentation der Online-Petition "Gerechtigkeit für den Prüner Schlag" nebst Auflistung der knapp 12.000 Unterzeichnenden übergeben worden. Die Petition richtet sich an die Stadt Kiel und enthält fünf Forderungen, die sich auf die rechtswidrigen Vorgänge im Umfeld des künftigen Möbelmarktzentrums beziehen. Die Antwort des Oberbürgermeisters an die Initiatorin, Frau Brüggemann, wurde dem Adressatenkreis des Ausgangsschreibens zugänglich gemacht und wird als Anlage 2 zu dieser Geschäftlichen Mitteilung zur Kenntnis gegeben.

 

 

 

 

Doris Grondke

Stadttin für Stadtentwicklung, Bauen und Umwelt

 

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