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ALLRIS - Drucksache

Antrag der Verwaltung - 0412/2022

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Beratungsfolge

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Antrag

Antrag:

  1. Dem Energieversorgungskonzept für das Gewerbe- und Industriegebiet Friedrichsort („StrandOrt Kiel“) wird zugestimmt.

 

  1. Die Verwaltung der Landeshauptstadt Kiel (LHK) und die Kieler Wirtschaftsförderungs- und Strukturentwicklungsgesellschaft mbH (KiWi) werden beauftragt, die weiteren Planungen und Umsetzungen zur Vergabe einer Konzession für die klimafreundliche netzgebundene Wärmeversorgung auf der Grundlage des in Anlage 1 beigefügten Berichts zum Energieversorgungskonzept vorzunehmen und umzusetzen.

 

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Sachverhalt/Begründung

Begründung:

 

  1. Hintergrund / Ausgangs- und Beschlusslage (auszugsweise)

  

  1. Ausgangslage für die weitere Entwicklungsplanung am StrandOrt Kiel ist das im November 2019 von der Ratsversammlung beschlossene Struktur- und Nutzungskonzept aus dem Abschluss der Vorbereitenden Untersuchung (Drs. 0952/2019). Die wesentlichen Punkte sind die gewerblich-industrielle Weiterentwicklung mit Hilfe von weiteren Konzepten, nämlich 

 

  • einem Gestaltungsleitfaden für eine adäquate städtebauliche und architektonische Weiterentwicklung
  • einem Mobilitätskonzept,
  • einer Schalltechnische Untersuchung,
  • einer Altlasten-Detailuntersuchung und
  • einem Energieversorgungskonzept

 

Mit der Vorlage der hier gegenständlichen Beschlussvorlage, kommen die KiWi und die Verwaltung der LHK dem zuvor letztgenannten Aspekt des seinerzeit gefassten Beschlusses zum Abschlussbericht der Vorbereitenden Untersuchung umfassend nach.

 

  1. Vordringliches Ziel der LHK im Rahmen der Revitalisierung ist es, gewerblich-industriell zu nutzende Bauflächen zu schaffen, um den Wirtschaftsstandort Kiel langfristig und nachhaltig weiterzuentwickeln. Dazu gehört auch das in der breiten Öffentlichkeit und viel diskutierte Thema der Energieversorgung, welches bei der Entwicklung des StrandOrtes Kiel ebenfalls eine wesentliche Rolle spielt. Die Zielstellung ist ein „grünes“ Industrie- und Gewerbegebiet. Dabei gelten zum einen die Vorgaben und Ziele der Landeshauptstadt Kiel wie z.B.

 

  • Anschluss an die Fernwärme oder eine 100 % regenerative Wärmeversorgung
  • Einhaltung des Kieler Energiestandards bei Neubau (nahezu Effizienzhaus 55) und Sanierung
  • Maximale Ausnutzung der Dachflächen mit Photovoltaik unter Berücksichtigung von solaren Gründächern
  • Steigerung der Energieeffizienz (Beleuchtung, Rechenzentren, Kommunikations- und Informa­tionstechnik etc.)

 

sowie die Berücksichtigung emissionsstarker Industriezweige, die bereits heute oder auch zukünftig ansässig sind, und deren Anforderungen an ein zukunftsfähiges Energiekonzept.

 

  1. Als Grundlage aller Überlegungen im Hinblick auf die Energieversorgung dienten eine Vielzahl von Beschlüssen, die von der LHK in der Vergangenheit gefasst worden sind. Hierzu zählen u.a.

 

  • Der Beschluss zur „Klimaschutzstadt Kiel“ (1995)
  • Masterplan 100% Klimaschutz (Drs. 0985/2017)
  • Der Beschluss zum „Climate Emergency“ (Drs. 1135/2019)
  • Solarstadt Kiel (Drs. 0123/2021)
  • Gründach-Programm

 

Insbesondere aber auch die derzeitigen und zukünftigen Bedarfe der Unternehmen, die hier ihren Platz haben oder noch finden. Der Fokus ist dabei vor allem auf eine nachhaltige, regionale Energieversorgung gerichtet. Das bedeutet vor allem eine Versorgung mit erneuerbaren Energien, auch unter Betrachtung und Einbeziehung des Mediums Wasserstoff.

 

 

  1. Mit Ratsbeschluss vom 17.03.2022 (Drs.0105/2022) wurde bereits dem Erschließungskonzept zur Entwicklung des Industrie- und Gewerbegebietes Friedrichsort („StrandOrt Kiel“) zugestimmt. Im Rahmen des gesamten Entwicklungsprozesses sind nun weitere Entscheidungen für die Fortführung der Revitalisierungsmaßnahme notwendig. Hierzu gehört auch die europaweite Ausschreibung der Konzession zur Erstellung und Betreuung eines Wärmeversorgungsnetzes.

 

  1. Der nun fertiggestellte und zur Beschlussfassung anstehende Endbericht r die zukünftige Energieversorgung des Gewerbe- und Industriegebiets Friedrichsort („StrandOrt Kiel“) hat vor allem eine Bedarfs- und Potentialanalyse zum Kern, die als Grundlage und teilweise auch Vorgabe für den weiteren Teilnahmewettbewerb dient. Dieser Endbericht wurde mit allen relevanten Fachämtern der Landeshauptstadt Kiel entwickelt und einvernehmlich abgestimmt.

Diese Analyse berücksichtigt die Belange aller Beteiligten und mtliche zum jetzigen Zeitpunkt bekannten Rahmenbedingungen sowie Vorgaben, die für die Landeshauptstadt Kiel wichtig, gewünscht und ltig sind.

 

 

II.    Wesentliche Ziele und Inhalte des Energiekonzeptes

 

  1. Um innovativen Konzeptideen nicht vorzugreifen oder unberücksichtigt zu lassen, soll eine glichst technologieoffene Konzept- und Konzessionsvergabe erfolgen.

 

  1. Im Rahmen einer ausführlichen Bedarfsermittlung wurden drei Szenarien herausgearbeitet.

 

  1. Im Rahmen der Potenzialermittlung für lokale und erneuerbare Energieversorgung wurden diverse Möglichkeiten analysiert und bewertet.

Die ausführlichen Analyseergebnisse werden im als Anlage 1 beigefügten Bericht zum Energieversorgungskonzept StrandOrt Kiel dargestellt und beschrieben. Folgende Potentiale wurden u.a. überprüft:

 

  • Gewässerwärme der rde
  • Abwasserwärme über die Kläranlage Bülk oder Druckrohrleitung der Anbindung des Ostufers des AZV
  • Solarthermie auf Dachflächen und auf der Fläche innerhalb des Panzerrundkurses
  • Photovoltaiknutzung
  • Erdwärme
  • Biomasse
  • (industrielle) Abwärme
  • Windenergie
  • Oberflächennahe Geothermie

 

  1. Die Gewässerwärme der Förde ist das vorliegende größte Potential nachhaltiger, erneuerbarer Wärmeversorgung. Durch einen Wärmetauscher oder Direktverdampfer ist dieses Potential im Prinzip frei skalierbar. Im Rahmen einer eventuellen Sanierung der Kaianlage von Caterpillar könnte ggf. auch eine Spundwandaktivierung sinnvoll sein.

 

  1. Abwasserwärme über die Kläranlage Bülk wurde aufgrund der zu großen Entfernung und der damit im Zusammenhang stehenden Investitionen und Maßnahmen ausgeschlossen. Die Druckrohrleitung der Anbindung des Ostufers des AZV ist seitens der zeitlichen Umsetzung und unklarer Kostenbeteiligung (Investition und Betrieb) momentan nicht verbindlich genugr eine Umsetzung.

 

  1. Weiterhin betrachtet wurden auch Solarthermie auf Dachflächen sowie auf der Fläche innerhalb des Panzerrundkurses. Solar-Freiflächenanlagen (Photovoltaik und Solarthermie) innerhalb des Panzerrundkurses ssen technisch und rechtlich geprüft werden, da sie zurzeit bauplanungsrechtlich nicht privilegiert zulässig sind. Die Solarthermie steht flächentechnisch in Konkurrenz zur Photovoltaiknutzung.

 

  1. Die Photovoltaiknutzung sollte bei Neubauten auf den Dächern in Kombination mit einem Gründach umgesetzt werden, sowie als Fassaden- und Fensterintegration.

 

  1. Oberflächennahe Geothermie sowie Windenergie werden aus genehmigungsrechtlichen Gründen als auch wegen der schwierigen Bodenverhältnisse (Altlasten) verworfen.

 

 

III. Fazit

 

Der Endbericht zum Energiekonzept kommt zu folgenden Empfehlungen:

 

Zurrmeversorgung wird die Errichtung eines Wärmenetzes mit Wärmepumpe und Nutzung des Meerwassers der Kieler Förde in Kombination mit einem BHKW im Rahmen der iKWK-Förderung empfohlen.

 

In Pacht- und Kaufverträgen der Grundstücke sollte neben den Anforderungen an die Gebäudehülle und die Umsetzung von PV-Anlagen auch ein Anschluss- und Benutzungsgebot für Raumwärme und Brauchwarmwasser vorgesehen werden.

 

Der StrandOrt Kiel steht vor der Herausforderung, heutige Nutzer mit nachhaltigen Übergangslösungen zu versorgen und Möglichkeiten zur späteren Integration in das noch zu errichtende Wärmenetz offen zu halten.

 

r die Bereitstellung von Prozesswärme werden auf Grund anwendungsspezifisch schwankender Bedarfe in Bezug auf Zeit, Menge, Leistung und Temperatur hier treibhausgasneutrale dezentrale Lösungen empfohlen.

 

Aktuell sind vor Ort keine Kältebedarfe bekannt, sodass zurzeit auf die Empfehlung für ein (Klima-)Kältenetz verzichtet wird.

r die weiteren stark nutzerabhängigen (Prozesskälte-)Bedarfe werden ebenso wie bei der Prozesswärme treibhausgasneutrale dezentrale Lösungen empfohlen. Gründe sind einerseits die heutige Unsicherheit, welche Bedarfe zukünftig anfallen könnten, und andererseits die hohe Varianz in der Ausgestaltung der Bedarfe in Form von benötigten Medien, Leistungen und Temperaturniveaus.

 

Die solare Nutzung der Dachflächen wird aus fachlich technischer Sicht r den gesamten StrandOrt Kiel empfohlen. r die denkmalgeschützten Gebäude ist jeweilig eine Einzelfallprüfung erforderlich.  

 

Da die Dachflächen gewerblich genutzter Gebäude i.d.R. nicht ausreichend sind, den gesamten Strombedarf aus Photovoltaik zu decken, wird empfohlen, einen möglichst hohen Nutzungsanteil verpflichtend vorzugeben, um den Anteil erneuerbaren und lokalen Stroms zu erhöhen. In Abhängigkeit der Nutzung kann alternativ freigestellt werden, dass bei vergleichsweise hohen Brauch- und Prozesswärmebedarfen und ggf. eher geringen Strombedarfen auch solarthermische Anlagen eingesetzt werden können.

Unabhängig von der Art der Anlage wird eine Kombination mit Dachbegrünung empfohlen, um den knappen Bauraum im Projektgebiet möglichst effizient zu nutzen und die weiteren Potenziale für die Gebäudeisolation, die Biodiversität und das Regenwassermanagement zu heben.

Bei Neubauten wird die Fassadenintegration von Photovoltaik empfohlen.

 

Um die hohen Strombedarfe im Gebiet zu decken, wird außerdem eine energetische Nutzung des Panzerrundkurses durch Freiflächen-Photovoltaik empfohlen. In Ermanglung einer ökologischen Bestandsaufnahme können zum jetzigen Zeitpunkt keine Aussagen zur rechtlichen Zulässigkeit getroffen werden. Die Fläche sollte dabei aus energetischer Sicht größtmöglich ausgenutzt werden, um sowohl den Strombedarf von Industrie und Gewerbe als auch der Wärmeversorgung bereitzustellen und die Residuallast aus dem Netz der öffentlichen Versorgung zu reduzieren.

 

Zum aktuellen Projektentwicklungsstand besteht die größte Herausforderung in den noch unbekannten potenziellen Bedarfen und deren Verteilung im Projektgebiet.

 

r „grüne“ Gewerbe- und Industriegebiete gibt es aktuell in Schleswig-Holstein keine konkreten Vorgaben. Daraus ergibt sich für den StrandOrt Kiel die Möglichkeit entsprechende Maßstäbe zu setzen und als Leuchtturmprojekt für zukünftige, ähnliche Gewerbe- und Industriegebiete zu fungieren. Kriterien für „grüne“ Gewerbe- und Industriegebiete können dabei z.B.

 

-          Erzeugung von lokaler, erneuerbarer Energie innerhalb von weniger als 5 km

-          Nutzung von regenerativem Strom mit mehr als 50 % am Gesamtstromverbrauch

-          Nutzung von lokal erzeugter, regenerativer Wärme mit einem Anteil von mehr als 50 % am gesamten Wärmebedarf

-          Verbesserung des Energiemanagements und Erhöhung der Energieeffizienz durch eine übergeordnete Steuerung und externe Beratung

-          Nutzung von Synergien bei Raumbedarf, Energieversorgung und gemeinsame Infrastrukturen

-          Zukunftsgerechtes, nachhaltiges Mobilitätskonzept

-          Innovative Technologien im Bereich der Energieversorgung

 

sein.

 

Weitere Details ergeben sich bei Bedarf aus der beigefügten Anlage.

 

 

Dr. Ulf Kämpfer

Oberbürgermeister

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Anlagen

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