Infosystem Kommunalpolitik
Antrag der Verwaltung - 0786/2022
Grunddaten
- Betreff:
-
Trassenstudie zur Einführung eines hochwertigen ÖPNV-Systems auf eigener TrasseHier: System- und Netzentscheid
- Status:
- öffentlich (Drucksache abgeschlossen)
- Drucksachenart:
- Antrag der Verwaltung
- Federführend:
- Der Oberbürgermeister
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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Erledigt
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Bauausschuss
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Vorberatung
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Oct 26, 2022
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Erledigt
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Wirtschaftsausschuss
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Vorberatung
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Oct 26, 2022
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Erledigt
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Innen- und Umweltausschuss
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Vorberatung
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Oct 26, 2022
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Erledigt
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Finanzausschuss
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Vorberatung
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Oct 26, 2022
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Erledigt
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Ratsversammlung
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Entscheidung
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Nov 17, 2022
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Antrag
Antrag:
- Die Ratsversammlung stimmt zu, die Planung auf Basis der Ergebnisse der Trassenstudie fortzuführen und die Vorplanung für das hochwertige ÖPNV-System auf das in der Trassenstudie identifizierte Streckennetz auszurichten sowie potentielle Erweiterungsstrecken innerhalb des Kieler Stadtgebietes im Rahmen der Planung offenzuhalten.
- Die Ratsversammlung beauftragt die Verwaltung, die Planung eines hochwertigen ÖPNV-Systems in den weiteren Stufen auf ein Tram-System (modernes Stadtbahnsystem) auszurichten sowie erforderliche Begleitmaßnahmen umzusetzen.
- Die Ratsversammlung beauftragt die Verwaltung, andere zukünftige Planungs- und Bauvorhaben auch auf die Einführung eines modernen Stadtbahnsystems auszurichten sowie parallele Planungsprozesse fortlaufend mit der Planung eines Tram-Systems abzustimmen. Dabei soll die Funktionsfähigkeit der anderen Verkehrsarten (z.B. Rad- und Fußverkehr sowie MIV) erhalten bleiben.
- Die Ratsversammlung beauftragt die Verwaltung, die erforderlichen Haushaltsmittel sowie die personellen Ressourcen einzuplanen und entsprechende Fördermittelanträge beim Bund und dem Land Schleswig-Holstein vorzubereiten.
Sachverhalt/Begründung
Begründung:
I. Anlass
Die Landeshauptstadt Kiel hat in den vergangenen Jahren auf Grundlage entsprechender Ratsbeschlüsse mit verschiedenen Maßnahmen die Mobilitätswende angestoßen. Zentrales Projekt hierbei ist die Einführung eines neuen, hochwertigen ÖPNV-Systems, mit dem ein attraktives und zuverlässiges Nahverkehrsangebot geschaffen werden soll, das deutlich stärker genutzt wird als das heutige Bussystem. So wird die Landeshauptstadt einerseits einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten, andererseits wird sie das Kieler Straßennetz deutlich entlasten. In der Landeshauptstadt Kiel wird heute der ÖPNV (Öffentliche Personennahverkehr) im Vergleich zu Städten ähnlicher Größe nur in geringem Maße genutzt. Die Landeshauptstadt kann durch die Einführung eines neuen ÖPNV-Systems eine deutliche Steigerung erreichen, Zielsetzung ist mindestens eine Verdoppelung der Fahrgastzahlen. Dies zeigen die Erfahrungen anderer Städte, die bereits ein solches System eingeführt haben. Durch den Ausbau des bestehenden Busnetzes ist dies nicht möglich. Das derzeitige Busangebot stößt teilweise schon jetzt an seine Kapazitätsgrenzen und muss für die Mobilitätswende um ein hochwertiges ÖPNV-System ergänzt werden, auf welches das Busnetz konsequent ausgerichtet werden muss. Auch das Straßennetz in der LHK stößt schon heute immer öfter an seine Kapazitätsgrenzen und macht es erforderlich, den ÖPNV deutlich auszubauen.
In einer Grundlagenstudie, die 2019 abgeschlossen und veröffentlicht wurde (Drs. 1227/2019), konnte im Rahmen eines breiten Beteiligungsverfahrens ein erstes Korridornetz entlang der nachfragestärksten Achsen im Stadtgebiet identifiziert werden, in denen die Planung eines neuen ÖPNV-Systems möglich ist. Gleichzeitig wurden zwei Systeme als für Kiel am besten geeignet ermittelt: eine Tram oder ein Schnellbussystem auf eigener Trasse (Bus Rapid Transit, kurz BRT). Die Tram fährt als Stadtbahn auf Schienen in einer eigenen Trasse. Der BRT ist ein Schnellbus, der auf einer eigenen Trasse fährt. Der BRT ist durch ein Doppelgelenk deutlich länger als reguläre Busse. Beide Systeme sind durch die weitgehend eigene Trasse unabhängig vom Pkw-Verkehr.
Seit November 2020 wurde aufbauend auf den Erkenntnissen aus der Grundlagenstudie mit der Bearbeitung der Trassenstudie begonnen (Drs. 0670/2020), die eine Bedarfsermittlung für ein konkretes Streckennetz und das für Kiel geeignetere ÖPNV-System ermitteln sollte. Mit der Bearbeitung der Trassenstudie wurde das Planungsbüro Ramboll beauftragt. In den vergangenen zwei Jahren hat das Büro intensiv die Planung für die beiden Systemvarianten (Tram und BRT) bearbeitet (Drs. 0968/2021). Im Rahmen der Planungen wurden beide Systeme gleichberechtigt untersucht, um das für Kiel am besten geeignete System ergebnisoffen zu ermitteln. Zudem sollte mit der Trassenstudie als Ergebnis ein wirtschaftlich und technisch machbares Streckennetz für ein Tram- oder BRT-System identifiziert werden, sowie die Konzeption des übrigen ÖPNV-Netzes (Bus) für die Zukunft erfolgen. Der Endbericht zur Trassenstudie ist als Anlage A beigefügt.
II. Ergebnis
Mit der Trassenstudie wurde die Ausgangslage und das Ergebnis der Grundlagenstudie bestätigt: Bereits heute sind einige Buslinien soweit ausgelastet, dass ihr Takt nicht weiter verdichtet werden kann, ohne dass es zu Störungen im Verkehrsfluss kommt. Die Landeshauptstadt Kiel braucht vor diesem Hintergrund für ein zukunftssicheres Verkehrssystem einen leistungsstärkeren ÖPNV mit einem hochwertigen ÖPNV-System auf den nachfragestärksten Verbindungen im Kieler Stadtgebiet. Um eine deutliche Attraktivitätssteigerung erreichen zu können, muss das neue ÖPNV-System komfortabler und weniger störungsanfällig als der bisherige Busbetrieb konzipiert werden. Dafür ist es für die Planung grundsätzlich erforderlich, dass das neue System auf eigener zweigleisiger bzw. zweispuriger Trasse fährt. Damit sind Tram bzw. BRT unabhängig vom übrigen Verkehr unterwegs und die Fahrzeuge stehen nicht im Stau. Der hochwertige ÖPNV ist damit schneller und zuverlässiger unterwegs als herkömmliche Busse. Für schnellere Reisezeiten und eine verringerte Störanfälligkeit werden Fahrzeuge des hochwertigen ÖPNV an Kreuzungen eine hohe Priorität bekommen. Mit der weiteren Ausgestaltung von Aspekten wie der Taktung wird die Nutzer*innenfreundlichkeit und der Fahrkomfort für den Fahrgast und damit die ÖPNV-Nutzung in Kiel deutlich erhöht (Drs. 0160/2021).
Das Straßenbahnsystem, das in Kiel bis in die 1980er Jahre in Betrieb war, basierte nicht auf den Anforderungen, die heute an einen attraktiven und modernen ÖPNV gestellt werden. Die damalige Spurbreite, Fahrzeuggröße oder beispielsweise die nicht vorhandene Barrierefreiheit hätten eine vollständige Erneuerung des Systems erfordert, um die Ansprüche eines modernen ÖPNV-Systems zu erfüllen. Hier ergibt sich gerade für Kiel eine enorme Chance, dass nicht auf einem bestehenden System aufgebaut werden muss, sondern der modernste Standard umgesetzt werden kann. Mit der Einführung kann Kiel den neusten technologischen Standard erreichen und damit eines der modernsten Nahverkehrssysteme in Deutschland etablieren. Im Rahmen der weiteren Planungsphasen können technologische Entwicklungen berücksichtigt werden, was zum Beispiel die Antriebstechnologien oder das (teil-)autonome Fahren betrifft.
II.a Streckennetz
Die Grundlagenstudie hatte dargelegt, in welchen Korridoren und Stadtteilen die Nachfrage so groß ist, dass sich die Einführung eines hochwertigen Systems wirtschaftlich darstellt. Diese Untersuchung wurde im Rahmen der Trassenstudie kritisch hinterfragt und im Ergebnis bestätigt. Die Kieler*innen konnten zu Beginn des Planungsverfahrens Vorschläge für mögliche Streckenverläufe für das Tram- oder BRT-System einbringen. So entstanden in den fünf Korridoren, in denen die ausreichende Nachfrage für ein neues System gegeben ist, grundsätzliche Vorschläge für ein Streckennetz von ca. 130 km Länge.
Die Konzeption eines Linien- und Streckennetzes sowie die Konzeption des übrigen ÖPNV-Netzes erfolgte in einem komplexen Abwägungsprozess. Das Ergebnis der Trassenstudie ist im Bericht „Herleitung Streckennetz“ beschrieben (Anlage A.1). In der Landeshauptstadt Kiel kann weitgehend auf den nachfragestärksten Verbindungen eine eigene Trasse unter Berücksichtigung der verlässlichen Abwicklung der anderen Verkehre und weiteren Nutzungsansprüchen integriert werden. Mehr als 75 Prozent der Strecke können auf eigener Fahrbahn realisiert werden. Auf den Abschnitten, auf denen keine ausreichenden Flächen zur Verfügung stehen, teilt sich das neue ÖPNV-System die Trasse mit den anderen Verkehrsarten. Das betrifft jedoch nur wenige Streckenabschnitte. Das Büro Ramboll hat im Rahmen der Trassenstudie die grundsätzliche technische Machbarkeit geprüft und für die Streckenführung Varianten miteinander verglichen. Nach dem Formalisierten Abwägungs- und Rangordnungsverfahren (FAR) wurden die unterschiedlichen Streckenführungen objektiv miteinander verglichen und ein Vorzugsnetz von ca. 36 km identifiziert. Potenzielle Erweiterungsstrecken, die nach einer Realisierung des Vorzugsnetzes für weitere Realisierungsstufen in Frage kommen, wurden ebenfalls ermittelt. Das Vorzugsnetz (HÖV-Trasse) ist in der Anlage B, der Broschüre „Ergebnisse der Trassenstudie zur Einführung eines hochwertigen ÖPNV-Systems in der Landehauptstadt Kiel“ auf Seite 9 dargestellt.
Die Strecken führen vom Zentrum ausgehend in die Stadtteile Wik, Suchsdorf, Mettenhof, Elmschenhagen und Neumühlen-Dietrichsdorf. Hinter der Bewertung des FAR-Verfahrens stehen Funktionskonzepte zur Integration des neuen hochwertigen ÖPNV-Systems in das Gesamtverkehrssystem in der Landeshauptstadt Kiel. Dabei konnten Neuaufteilungen des Straßenraums miteinander verglichen werden. Zur Prüfung der verkehrlichen Integration wurden Infrastrukturpläne erarbeitet und daraus eine Vorzugsvariante aus der Trassenstudie entwickelt. Diese Infrastrukturpläne sind die Grundlage, um die finale Abwägung der Straßenraumaufteilung in dem nächsten zu beauftragenden Planungsschritt (Vorplanung) detaillierter vorzunehmen und im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung in den kommenden Jahren festzulegen. Die Inhalte der Infrastrukturpläne aus der vorliegenden Trassenstudie mit konkreten Straßenraumaufteilungen sind somit nicht festgelegt und können in den weiteren Planungsphasen noch grundsätzlich überarbeitet werden. Die Streckenführung, durch welche Straßen das hochwertige ÖPNV-System geführt wird, ist hingegen festgesetzt. Nur so kann die genauere Festlegung, wie die Integration im Straßenraum umgesetzt wird, im kommenden Schritt in der Vorplanung erfolgen. Die einzige Einschränkung der Streckenfestlegung ergibt sich zur Anbindung von Projensdorf. Dort kann die Führung bei einem Tramsystem entweder über die Bendixenstraße oder den Steenbeker Weg geführt werden. Beim BRT-System ist ausschließlich eine Führung über die Bendixenstraße durch das Büro Ramboll empfohlen worden. Alle anderen Linienverläufe sind sowohl für das Tram- als auch das BRT-System umsetzbar. Kleinere Systemunterschiede betreffen ausschließlich die Endhaltestellen, da ein BRT-System eine Wendeschleife benötigt, wobei für das Tram-System mit Zweirichtungsfahrzeugen eine Kopfendhaltstelle ausreicht. Das für die weitere Planung empfohlene Streckennetz verläuft vollständig auf dem Stadtgebiet der Landeshauptstadt Kiel und bedarf somit keiner Abstimmung mit einer Nachbargemeinde.
Das Büro Ramboll hat für das Streckennetz vier Linien konzipiert, die für die perspektivische Nachfrage zur Verbindung zentraler Quell- und Zielorte am besten geeignet sind. Die Linie 1 hat eine Streckenlänge von ca. 15,7 km und verbindet die Fachhochschule Kiel (Neumühlen-Dietrichsdorf) über Wellingdorf, Gaarden, den Hauptbahnhof, die Holtenauer Straße, die Christian-Albrechts-Universität und den Steenbeker Weg mit Suchsdorf. Die Linie 2 hat eine Streckenlänge von ca. 13,2 km und verbindet Elmschenhagen über die Preetzer Straße, Gaarden, den Hauptbahnhof und die Holtenauer Straße mit der Wik. Die Linie 3 hat eine Streckenlänge von ca. 15,6 km und verbindet Neumühlen-Dietrichsdorf über Wellingdorf, Gaarden und den Hauptbahnhof mit Mettenhof. Die Linie 4 hat als zusätzliche Verstärkerlinie eine Streckenlänge von 9,5 km und verbindet das Regionale Berufsbildungszentrum Technik in Gaarden zusätzlich mit Projensdorf. Bei allen Linien ist der Grundtakt an Werktagen in der Hauptverkehrszeit bei der Tram mit 10 Minuten und beim BRT mit 5 Minuten angesetzt.
II.b Systemvergleich
Für eine vergleichende Bewertung von Tram und BRT wurden insgesamt 46 Kriterien in den Kategorien Nutzer*innenfreundlichkeit, Betrieb, Finanzen/Wirtschaft, Umwelt, übergeordnete Ziele sowie Gesellschaft und andere Verkehre definiert und bewertet. Bei der Entwicklung der Kriterien flossen auch Rückmeldungen aus der Öffentlichkeitsbeteiligung ein. Einige der Kriterien gelten als Kernkriterien, da sie von zentraler Bedeutung für die Realisierung sind. Wenn eines der Systeme bei einem oder mehreren dieser Kernkriterien schlecht abschneidet oder das Kriterium nicht erfüllt wird, ist die Möglichkeit einer wirtschaftlichen oder sinnvollen Realisierung stark eingeschränkt oder nicht gegeben. Bei den Kernkriterien geht es einerseits um die wirtschaftliche Perspektive, beispielsweise um die Frage, ob es Fördermittel für die Finanzierung des Vorhabens gibt, die Abschätzung des volkswirtschaftlichen Nutzens, Betriebs- und Lebenszykluskosten, sowie Investitionskosten. Andererseits werden in den Kernkriterien auch die übergeordneten Ziele angesprochen. Die Bewertung der Kernkriterien ist im Folgenden kurz beschrieben:
Fahrgast- und Nutzer*innenfreundlichkeit
Bei der Fahrgast- und Nutzer*innenfreundlichkeit können beide Systeme nach den Analysen von Ramboll das Kernziel erreichen und zu einer hohen Qualität eine intensive Nutzung in Kiel führen. Die Durchschnittsgeschwindigkeiten von Tram und BRT sind durch die eigene Trasse vergleichbar gut. Die eingesetzten elektrisch angetriebenen BRT-Busse bieten einen ähnlich leisen und komfortablen Antrieb wie Tram-Fahrzeuge, die ebenfalls elektrisch fahren. Die für ein BRT geplante Betontrasse ermöglicht ein ähnlich ruhiges und komfortables Fahrerlebnis, wie es bei der Tram aufgrund der Führung mit Schienen der Fall ist. Bei der Bewertung schneidet die Tram bei diesem Kriterium aber dennoch besser ab als das BRT-System. So ist für mobilitätseingeschränkte Personen die Nutzung der Tram von höherer Qualität. Darüber hinaus verfügt die Tram durch ihre höhere Betriebsstabilität über eine größere Verlässlichkeit.
Betriebs- und Lebenszykluskosten
Neben den reinen Investitionskosten sind auch die laufenden Betriebs- und Lebenszykluskosten, die direkt oder indirekt durch die Landeshauptstadt Kiel zu tragen sind, von übergeordneter Bedeutung für eine Festlegung des Systems. Das System muss auch langfristig für die Landeshauptstadt finanzierbar sein. Beim BRT werden höhere Betriebs- und Lebenszykluskosten erwartet. Diese sind vor allem in dem höheren Personalbedarf, die beim BRT durch den doppelt so dichten Takt nötig sind, begründet. Zwar ist die Infrastrukturunterhaltung bei der Tram kostenintensiver als beim BRT, die höheren Personalaufwendungen des BRT-Systems übersteigen diesen Aspekt jedoch deutlich. Langfristig wurde abgeschätzt, dass mit dem BRT-System für die Landeshauptstadt Kiel etwa 6 Mio. Euro an jährlichen Mehraufwendungen im Vergleich zu einem Tram-System hinzu kämen.
Investitionskosten in Verkehrsinfrastruktur, Betriebshof und Fahrzeuge
Neben den Betriebs- und Lebenszykluskosten müssen auch die Investitionskosten zur Einführung des hochwertigen ÖPNV-Systems von der Landeshauptstadt Kiel zu bewältigen sein, die für Errichtung der Verkehrsinfrastruktur, des Betriebshofs und der Fahrzeuge erforderlich sind. Gleichzeitig ist der Bevölkerung gegenüber die Transparenz über den Einsatz öffentlicher Gelder zu gewährleisten. Für die Bewertung beider Systeme ist dieses Kriterium daher von übergeordneter Bedeutung. Das neue ÖPNV-System soll schrittweise in Betrieb genommen werden. Daraus ergeben sich folgende Kosten: Die absoluten Investitionskosten für das BRT liegen für die erste Inbetriebnahmestufe (IBS) bei etwa 260 Mio. Euro, für die zweite IBS bei 206 Mio. Euro und für die dritte IBS bei 278 Mio. Euro. Die Tram ist über alle Investitionskosten gesehen insgesamt etwa 25 Prozent teurer und umfasst für die erste Inbetriebnahmestufe etwa 346 Mio. Euro, für die zweite IBS bei 271 Mio. Euro und die dritte IBS bei etwa 367 Mio. Euro. Die Investitionskosten sind ohne gesonderte Risikozuschläge als Nettokosten ausgewiesen. Investitionen in die Infrastruktur für ein Tram-System sind nach bisherigen Erkenntnissen vorsteuerabzugsfähig, Investitionen in die Infrastruktur eines BRT-System hingegen nicht. Für den Vergleich wurden bei beiden Systemen die Nettokosten angesetzt, auch wenn beim BRT noch Zusatzkosten zu erwarten sind. Betrachtet man nur die absoluten Zahlen, liegt der Vorteil hier daher deutlich beim BRT-System. Zur Einordnung dieses Werts sind aber auch die Kernkriterien der Förderfähigkeit, sowie die Abschätzung des volkswirtschaftlichen Nutzens relevant.
Ermittlung des volkswirtschaftlichen Nutzens
Die Ermittlung des volkswirtschaftlichen Nutzens ist wichtig, um den hohen Mitteleinsatz für beide Systeme bewerten zu können. Der erreichte Wert bei der Nutzen-Kosten-Untersuchung ist entscheidend für die Förderung durch Bund und Land. Nur Projekte mit einem positiven volkswirtschaftlichen Nutzen, der nach einem bundeseinheitlichen Berechnungsverfahren höher als 1 sein muss, werden gefördert. Das bedeutet, dass bei einem Wert über 1 der volkswirtschaftliche Nutzen die Kosten übersteigt. Zwar betragen die absoluten Investitionskosten des BRT-Systems nur etwa 75 Prozent der Kosten der Tram, allerdings ergab die Abschätzung des volkswirtschaftlichen Nutzens einen deutlichen Nachteil des BRT-Systems. Während die Tram einen Nutzen-Kosten-Indikator von 1,47 erreicht, liegt dieser beim BRT mit 1,10 nur knapp über dem Grenzwert von 1. Das bedeutet, für jeden Euro, den die öffentliche Hand in die Tram investiert, wird ein volkswirtschaftlicher Nutzen von 1,47 Euro generiert, während dies beim BRT lediglich 1,10 Euro sind. Somit liegt der volkswirtschaftliche Nutzen des BRT-Systems bei etwa 74 Prozent von dem der Tram.
Förderfähigkeit
Da Kommunen die hohen Investitionen für ein hochwertiges ÖPNV-System ohne eine Förderung in der Regel nicht realisieren und finanzieren können, ist die Förderung durch Bund und/oder Land zwingend erforderlich. Während die absoluten Investitionskosten die Gesamtaufwendungen für das Projekt zusammenfassen, ist dieses Kriterium entscheidend für den von der Landeshauptstadt Kiel aufzubringenden Eigenanteil. Grundsätzlich sind die Förderrahmenbedingungen für die Tram deutlich günstiger als für ein BRT-System, da das GVFG (Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz) des Bundes nur schienengebundene Projekte mit bis zu 75 Prozent der förderfähigen Kosten mitfinanziert. Das BRT-System ist hier ausgeschlossen. Der BRT müsste demnach komplett aus Landesmitteln und von der Landeshauptstadt Kiel finanziert werden. Bei der Tram kann aufgrund der etablierten und gängigen Förderpraxis im Rahmen des GVFG und einer zusätzlichen Komplementärförderung von 15 Prozent des Landes Schleswig-Holstein von einem Gesamtförderanteil von 90 Prozent der anrechenbaren Kosten ausgegangen werden. Die Förderfähigkeit der Tram ist demnach deutlich höher als beim BRT, die ohne eine Förderung des Bundes nur die Förderung des Landes Schleswig-Holstein erreichen kann.
Realisierungszeitraum
Das hochwertige ÖPNV-System soll einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass sich die Nutzung der verschiedenen Verkehrsträger in Kiel deutlich verändert. Ziel der Landeshauptstadt ist, bis 2035 eine Erhöhung des Anteils des ÖPNV von derzeit etwa 10 Prozent auf 17 Prozent zu erreichen, im Weiteren bis auf 21 Prozent. Vor dem Hintergrund dieser Zielerreichung ist dieses Kriterium für die Landeshauptstadt Kiel von übergeordneter Bedeutung. Nach dem im Rahmen der Trassenstudie erarbeiteten groben Realisierungszeitplan könnte die Inbetriebnahme der ersten Linie des BRT-Systems zwischen 2032 und 2033 erfolgen, die der Tram ein Jahr später. Beide Systeme könnten somit zumindest in der ersten Ausbaustufe noch vor 2035 in Betrieb gehen. Die Inbetriebnahme aller Linien wird dann in den Folgejahren umsetzbar sein, so dass alle Linien im Zeitraum zwischen 2037 und 2039 in Betrieb sein könnten. Das BRT-System hat hinsichtlich dieses Kriteriums einen leichten Vorteil, da es tendenziell in jeder Ausbaustufe etwa ein Jahr früher als die Tram in den Betrieb gehen könnte. Der Realisierungszeitraum ist für beide Systeme ähnlich, da in beiden Fällen Leitungsverlegungen unter der Strecke notwendig sind. Eine Leitung in Längsrichtung unter einem Gleis oder unter einer Betonfahrbahn würde bedeuten, dass bei Sanierungen oder Schäden an den Leitungen der Betrieb auf der Strecke jedes Mal gestört wäre.
Leistungsfähigkeit / Kapazitäten
Der hohe Mitteleinsatz für die Einführung des hochwertigen ÖPNV-Systems stellt eine Entscheidung mit langfristiger Tragweite der Landeshauptstadt Kiel dar. Somit muss auch die gefundene Lösung dauerhaft Bestand haben. Die Mittelausgabe für ein System, das bereits bei Einführung keine zukünftigen Kapazitätsausweitungen ermöglicht, ist vor diesem Hintergrund wenig zielführend. Hinsichtlich dieses Kernkriteriums zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen beiden Systemen. Das BRT-System wird bereits bei Einführung an seiner Leistungsfähigkeitsgrenze operieren, teils sogar bereits überlastet sein. Eine nachträgliche Kapazitätssteigerung innerhalb des bestehenden Streckennetzes ist aufgrund der fehlenden Möglichkeit von Taktverdichtungen oder der Nutzung längerer Fahrzeuge kaum möglich. Das Tram-System bietet demgegenüber mehrere Möglichkeiten zur weiteren Kapazitätssteigerung.
Vereinbarkeit mit Zielen der Stadt- und Verkehrsentwicklung
Das einzuführende hochwertige ÖPNV-System muss mit den übergeordneten Zielen der Stadt- und Verkehrsentwicklung im Sinne einer kooperativen und integrierten Gesamtplanung der Stadt kompatibel sein. Vor diesem Hintergrund ist die Vereinbarkeit mit den übrigen Zielsetzungen und Strategien der Landeshauptstadt Kiel von besonderer Bedeutung. Auch hier zeigen sich Unterschiede zwischen beiden Systemen. Die Tram ist in mehreren Zielen besser zur Zielerreichung des Masterplans Mobilität der KielRegion geeignet. Ein wesentlicher Vorteil ist beispielsweise die Stärkung der Sichtbarkeit des Umweltverbunds, der städtebaulichen Integration oder der hitze- und wassersensiblen Straßenraumgestaltung durch die weitgehende Verwendung von Rasengleisen.
Gesamtbewertung Umwelt
Der Klima- und Umweltschutz hat bei allen Projekten der Landeshauptstadt Kiel eine übergeordnete Bedeutung. Die Tram schneidet in diesem Kriterium besser ab als der BRT, da sie mehr zu einer klimawandelangepassten Straßenraumgestaltung beiträgt. Während beim BRT für die Trasse große Flächen versiegelt werden müssen, können für die Tram in weiten Teilen Rasengleise eingesetzt werden. Für den im Zuge von Klimaanpassungen notwendigen hitze- und wassersensiblen Stadtumbau sind die begrünten Rasengleise und der leicht geringere Flächenbedarf von Vorteil.
Systemempfehlung
Die Trassenstudie kommt zu dem Ergebnis, dass beide Systeme grundsätzlich umsetzbar sind. Das Tram-System ist jedoch besser für Kiel geeignet. Daher wird die Tram als modernes Stadtbahnsystem für die Landeshauptstadt Kiel empfohlen. Sowohl im Gesamtvergleich aller Kriterien als auch bei der Betrachtung der Kernkriterien werden die Vorteile der Tram deutlich sichtbar. Der längere Realisierungszeitraum für die Tram ist im Hinblick auf die Gesamtrealisierungsdauer vernachlässigbar. Eine erste Inbetriebnahmestufe des Tramsystems ist 2033-2034 möglich, beim BRT 2032-2033. Der weitere Netzausbau bis zum finalen Kernnetz für Tram oder BRT kann bis 2037-2039 erfolgen. Beide Systeme stellen langlebige Verkehrsinfrastrukturen dar, die über die kommenden Jahrzehnte von der Landeshauptstadt Kiel betrieben werden müssen. Vor diesem Hintergrund sind die langfristigen niedrigeren Betriebs- und Lebenszykluskosten der Tram deutlich hervorzuheben. Hierbei muss betont werden, dass diese höheren Betriebskosten beim BRT insbesondere aus dem höheren Personalbedarf resultieren. Ungeachtet der reinen Kosten, die dafür jährlich aufzuwenden sind, stellt dies angesichts der demographischen Entwicklung und der angespannten Personallage im ÖPNV, die auch in den kommenden Jahren anhalten wird, eine weitere große Herausforderung für den Betrieb des BRT-Systems dar. Zudem nähert sich das BRT-System in absoluten Zahlen den Gesamtinvestitionskosten der Tram an, da es in gleicher Form wie die Tram möglichst viel auf eigener Fahrbahn verkehrt und der Straßenraum zusammen mit dem hochwertigen ÖPNV-System komplett erneuert wird. Das sind Kosten, die angesichts der Förderkulisse nach aktueller Lage mit hoher Wahrscheinlichkeit zu großen Teilen allein von der Landeshauptstadt Kiel zu schultern sind. Gleichzeitig würde das BRT-System bereits zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit operieren, teils sogar darüber hinaus. Eine nachträgliche Steigerung der Kapazität entlang der identifizierten nachfragestärksten Korridore ist kaum möglich. Eine so kostenintensive und langlebige Verkehrsinfrastruktur zu errichten, die bereits zur Inbetriebnahme an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit operiert und keine langfristigen Kapazitätssteigerungen mehr bietet, ist wenig zielführend. Darüber hinaus bietet das BRT-System geringere Möglichkeiten zur städtebaulichen Integration und ist – anders als die Tram mit ihren Rasengleisen – wenig geeignet, den klimawandelangepassten Stadtumbau zu fördern. Die Tram ist städtebaulich ansprechender zu integrieren und angesichts des drängenden hitze- und wassersensiblen Stadtumbaus deutlich besser geeignet, Flächen zu entsiegeln und Schwammstadtkonzepte zu unterstützen.
Die Tram ist sowohl in der Gesamtschau aller bewerteten Kriterien des Systemvergleichs als auch insbesondere im Hinblick auf die Kernziele der Einführung eines hochwertigen ÖPNV-Systems das geeignetere Mittel zur Erreichung der verkehrlichen Ziele. Sie ist außerdem deutlich kompatibler mit den flankierenden Zielen des Masterplans Mobilität und der übergeordneten Stadt- und Verkehrsentwicklung. Im Vergleich der beiden Systeme Tram und BRT empfiehlt Ramboll für Kiel ein Tram-System, eine moderne Stadtbahn auf eigener Trasse. Die gesamte Systembewertung ist im Bericht Systemvergleich Tram/BRT (Anlage A.4) erläutert.
II.c Busnetz
Mit der Planung des Tram- oder BRT-Systems beabsichtigt die Landeshauptstadt Kiel eine deutliche Aufwertung des öffentlichen Verkehrsangebots insgesamt. So sollen auch die Stadtteile, die nicht durch das zukünftige Tram- bzw. BRT-System bedient werden, von einer Angebotsverbesserung des ÖPNV profitieren. Vorgesehen sind eine Taktverdichtung und Neustrukturierung des gesamten Netzes, die auf folgenden Grundsätzen basiert:
- Die nachfragestärksten Verbindungen von den äußeren Stadtteilen Kiels in die Innenstadt werden zukünftig durch das Tram- bzw. BRT-System abgedeckt. Verbindungen vom Stadtrand nach innen, die weniger nachgefragt werden, sowie Querverbindungen und Lokallinien werden vom Busnetz abgedeckt.
- Die Verknüpfung der unterschiedlichen öffentlichen Verkehrsmittel (hochwertiges ÖPNV-System, Bus, Fähre und Eisenbahn) wird durch die Entwicklung von attraktiven Umsteigeknoten sichergestellt. Die Fahrpläne und Anschlussmöglichkeiten werden auf die jeweiligen Verkehrsmittel abgestimmt. Dies gilt auch für P+R-Anlagen und Mobilitätsstationen.
- Das Angebot wird durch ein deutlich größeres Fahrtenangebot verbessert. Der bisherige Grundtakt mit Fahrten alle 15 bzw. 30 Minuten wird auf alle 10 bzw. 20 Minuten verdichtet. Dies steigert sowohl die Kapazität für die gewünschten Verkehrsverlagerungen vom privaten PKW auf den ÖPNV als auch die Attraktivität des Angebots.
- Durch klare Hierarchien und Aufgaben der unterschiedlichen öffentlichen Verkehrsmittel wird das ÖPNV-Netz für die Kund*innen leichter verständlich.
Im Bericht Busnetz mit dem neuen HÖV-System (Anlage A.3) ist die Konzeption für eine Weiterentwicklung des bestehenden Bussystems durch Ramboll zusammengefasst. Gesonderte Konzepte sind u.a. für den Kieler Norden und Kieler Süden erarbeitet. Erste Ergebnisse der Trassenstudie sind hier auch in die Entwicklung des sechsten Regionalen Nahverkehrsplans (RNVP) eingeflossen, die bereits vor der Einführung des neuen hochwertigen ÖPNV-Systems zu deutlichen Verbesserungen führen wird, z.B. bei der Anbindung des Kieler Nordens mit einer neuen Schnellbusanbindung.
II.d Weitere Untersuchungsergebnisse
Für die vorliegenden Bewertungen war eine Vielzahl von unterschiedlichen Untersuchungen erforderlich, die im Rahmen der Trassenstudie erfolgt sind. Die Infrastrukturplanung bildet beispielsweise die Grundlage für das Signalisierungskonzept, die Simulation des Betriebsablaufs im Modell, die Kostenschätzung, den Realisierungszeitplan, die elektrischen Anlagen sowie der Abschätzung der Folgewirkungen für Umwelt und andere Verkehrsträger. Konkret bedeutet das, dass sich die Nachweise der technischen Machbarkeit, die Streckennetzentwicklung und die Systemuntersuchung gegenseitig bedingen und nicht unabhängig voneinander zu sehen sind.
Das im Verlauf der Trassenstudie so entstandene Gesamtkonzept der beiden Systeme Tram und BRT bildet die Grundlage für die Abschätzung der Wirtschaftlichkeit durch Ermittlung des Nutzen-Kosten-Indikators. Ein positiver Nutzen-Kosten-Indikator nach dem bundeseinheitlichen Verfahren der standardisierten Bewertung ist Voraussetzung für die Beantragung von Fördergeldern (beim Bund und beim Land Schleswig-Holstein). Aufgrund des engen Projektzeitplans liefen über den gesamten Bearbeitungszeitraum Arbeitsstränge parallel ab, die sonst üblicherweise zeitlich nacheinander erfolgen. Diese Vorgehensweise hat neben einer kurzen Bearbeitungszeit auch ermöglicht, parallele Planungsprozesse fortlaufend berücksichtigen zu können. So wurde unter anderem die Abschätzung des volkswirtschaftlichen Nutzen-Kosten-Indikators parallel zur Netzkonzeption und Infrastrukturplanung bearbeitet. Gleiches gilt beispielsweise auch für den Aufbau des Betriebsmodells und der Infrastrukturplanung. Durch diese zeitliche Parallelität waren über den gesamten Projektverlauf sehr enge Abstimmungen und Anpassungen der einzelnen Arbeitspakete aufeinander nötig. Diese Abstimmungen erfolgten über die gesamte Projektlaufzeit in einem wöchentlichen Termin mit den relevanten Fachämtern der Landeshauptstadt Kiel sowie dem Eigenbetrieb Beteiligungen (der Landeshauptstadt Kiel) (EBK) und dem Nahverkehrsverbund Schleswig-Holstein (NAH.SH). Mit dem regelmäßigen Austausch der Fachämter der Landeshauptstadt Kiel konnte sichergestellt werden, dass die Erarbeitung der Trassenstudie fortlaufend eng mit parallelen Planungen abgestimmt wurde. In der Zusammenfassung der erweiterten Dokumentation (Anlage A.4) sind alle Arbeitspakte mit unterschiedlichen Untersuchungen zusammenfassend dokumentiert. Die vollständigen Dokumentationen sind auf der Projektwebsite unter www.kiel.de/mobil#unterlagen einsehbar.
III. Finanzielle Auswirkungen
Die Einführung eines hochwertigen ÖPNV-Systems erfordert hohe Investitionskosten in die Infrastruktur und die Fahrzeuge. Diese Investitionen werden in den kommenden sechs Jahren jährliche Planungskosten zwischen 5 und 10 Millionen Euro erfordern. Für die Vorplanung, die für die Jahre 2023 und 2024 vorgesehen ist, läuft weiterhin anteilig die Förderung des Landes Schleswig-Holstein. Für die weiteren Planungsphasen (Entwurfs- und Genehmigungsplanung) wird die fortlaufende Förderung beim Land Schleswig-Holstein beantragt. Die hohen Investitionskosten während der Bauphase werden über etwa 10 Jahre Investitionen von jährlich etwa 65 Millionen Euro erfordern. Für diese Phase werden, mit einer Förderung des Bundes nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz und einer Komplementärförderung des Landes Schleswig-Holstein, die Kosten nur zu einem geringen Teil durch die Landeshauptstadt Kiel zu tragen sein. Von den durchschnittlich etwa 65 Mio. Euro, die jährlich über zehn Jahre erforderlich werden, sind etwa 15 Mio. pro Jahr durch die Landeshauptstadt Kiel zu tragen. Die mit der Einführung eines hochwertigen ÖPNV verbundenen Kosten umfassen neben der Verkehrsinfrastruktur für den ÖPNV auch die Nebenanlagen im Straßenquerschnitt (Straße, Gehweg und Radweginfrastruktur) sowie die Leitungen. Mit der Einführung einer Stadtbahn wird auf deren Trassen die Infrastruktur somit insgesamt erneuert. Dadurch können die jährlichen durchschnittlichen Investitionen in Straße und Kanäle, um die Investitionen und Sanierungen, die im Streckennetz des hochwertigen Systems liegen, entsprechend verringert werden. Zudem können Kosten damit anteilig auch durch die Förderung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetztes für die Landeshauptstadt Kiel reduziert werden. Bereits heute sind die Investitionen in die Straßeninfrastruktur für den Bau und die Sanierung der Straßen und Kanäle im gesamten Stadtgebiet mit ca. 40 Mio. Euro pro Jahr angesetzt. Für die Fahrzeuge und den Betriebshof belaufen sich diese Kosten im Zeitraum zwischen 2029 und 2038 auf durchschnittlich jährlich etwa 30 Mio. Euro. Hier ist die Höhe der Kosten für die Landeshauptstadt Kiel in Abhängigkeit vom Betreibermodell noch offen. Eine Fahrzeugförderung des Landes Schleswig-Holstein ist für solche Projekte möglich, die im besonderen Interesse des Landes liegen. Auf eine entsprechende Förderung des Landes sollte entsprechend hingewirkt werden.
Die Kosten für die im nächsten Schritt anstehende Vorplanung für ein Tram-System belaufen sich auf 5 bis 10 Mio. Euro. Je nach Haushaltslage wird die Verwaltung prüfen, einzelne Untersuchungen vorzuziehen, um den anvisierten Zeitplan bis Ende 2024 einhalten zu können. Diese Mittel werden im Rahmen der Haushaltplanung für die Jahre 2023 und 2024 eingestellt.
IV. Weiteres Vorgehen
Nach dem System- und Netzentscheid durch die Ratsversammlung folgt die detaillierte Strecken- und Liniennetzplanung. Die Pläne, die im Rahmen der Trassenstudie als mögliche Vorzugsvariante erarbeitet wurden und eine Integration der Trasse in die konkreten Straßenzüge im Lage- und Höhenplan nachgewiesen haben, werden vertieft und Varianten der Straßenraumaufteilung miteinander verglichen.
In der Vorplanung werden Varianten erarbeitet, die im Rahmen der öffentlichen Beteiligung zu einer konkreten Vorzugsvariante führen. Hierzu werden weitere Abwägungen vorgenommen, die sich auf die Festlegung von genauen Anpassungen und Aufteilungen der Nutzung im Straßenraum beziehen. Beispielsweise umfasst das die Abwägung, wie der verbleibende öffentliche Raum genutzt werden soll (Anzahl von Parkplätzen, Aufenthaltsflächen oder Grünräumen). Diese Variantenabwägung soll bis Ende 2024 abgeschlossen werden, damit die gewählte Variante in den weiteren Planungsphasen ausgearbeitet und für die Genehmigung und Bauphase vorbereitet werden kann. Der Beteiligungs- und Informationsprozess wird kontinuierlich fortgesetzt und den gesamten Prozess bis zur Einführung eines hochwertigen ÖPNV-System begleiten. Wie schon während der Trassenstudie wird die Verwaltung fortlaufend intensiv über die Einführung eines hochwertigen ÖPNV-Systems und den aktuellen Projektstand informieren. Die Kieler Stadtgesellschaft wird im gesamten Prozess und in die Entscheidungsfindungen weiterhin eingebunden.
Die bisherige Beteiligung, Berichte und Dokumentation zur Trassenstudie sind auf der Homepage www.kiel.de/mobil für alle Kieler*innen einsehbar. Das Ergebnis der Trassenstudie wurde in der Broschüre „Ergebnisse der Trassenstudie zur Einführung eines hochwertigen ÖPNV-Systems in der Landehauptstadt Kiel“ (Anlage B) zusammengefasst und für die Öffentlichkeit anschaulich dargestellt.
Dr. Ulf. Kämpfer
Oberbürgermeister
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