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ALLRIS - Drucksache

Antrag der Verwaltung - 0079/2022

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Beratungsfolge

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Antrag

Antrag:

Die Landeshauptstadt Kiel tritt der Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“ bei.

 

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Sachverhalt/Begründung

Begründung:

Sieben Mitgliedsstädte[1] des Deutschen Städtetages haben die Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“ ins Leben gerufen.

 

Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt:

Die Städte und Gemeinden in Deutschland stehen beim Thema Mobilität und Verkehr vor

großen Herausforderungen. Eine stadt- und umweltverträgliche Gestaltung der Mobilität ist

Voraussetzung für die Zukunftsfähigkeit der Städte....Diesen Anspruch mit den Mobilitäts-, Erreichbarkeits- und Teilhabeerfordernissen von Menschen und Wirtschaft zu vereinbaren, ist eine zentrale Aufgabe.

Ein wesentliches Instrument zum Erreichen dieses Ziels ist ein stadtverträgliches Geschwindigkeitsniveau im Kfz-Verkehr auch auf den Hauptverkehrsstraßen. Dort produziert der Autoverkehr

in den Städten seine höchste Verkehrsleistung. Dort verursacht er aber auch die meisten

negativen Auswirkungen von den Lärm- und Schadstoffbelastungen für die dort lebenden

Menschen über die Unfallgefahren bis zum Flächenverbrauch...“

 

Daneben werden „erhebliche positive Auswirkungen betont, die eine Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h haben würde.

Gleichzeitig wird ausdrücklich festgestellt, dass Tempo 30 eine Maßnahme für die Städte und Gemeinden und die Menschen, die dort wohnen, jedoch keine Maßnahme, die sich gegen den Autoverkehr richtet, sei.

 

Die Kommunen hätten allerdings noch nicht die Möglichkeit, zu entscheiden, wann und wo Geschwindigkeiten unter Abwägung aller relevanten umwelt-, verkehrs- und städtebaubezogenen Belange - flexibel und ortsbezogen angeordnet werden können.

 

In diesem Zusammenhang weisen die Initiator*innen darauf hin, dass der Deutsche Bundestag am 17.01.2020 in seiner mit der Mehrheit angenommenen Entschließung „Sicherer Radverkehr für Vision Zero im Straßenverkehr einen eindeutigen Auftrag an den Bund formuliert habe, den Kommunen die Möglichkeit zu eröffnen, von der innerörtlichen Regelhöchstgeschwindigkeit von 50 km/h nach eigenem Ermessen auch auf Hauptverkehrsstraßen abzuweichen, wenn es den stadtpolitischen Zielen dient. Demnach werde in der Entschließung u. a. gefordert, es Kommunen durch eine Veränderung der gesetzlichen Vorgaben zu erleichtern, innerorts die Geschwindigkeitsbegrenzung von Tempo 30 km/h für ganze Straßen unabhängig von besonderen Gefahrensituationen anzuordnen“.

 

Ferner habe die Verkehrsminister*innenkonferenz der Länder (VMK) am 16.04.2021

den Bund einstimmig aufgefordert, die in einer Ad-Hoc-AG der VMK erarbeiteten Vorschläge im

Rahmen einer zeitnahen Novellierung des Rechtsrahmens, insbesondere von StVO, der

VwV-StVO und Straßenverkehrsgesetz, in Abstimmung mit den Ländern ggf. zu

berücksichtigen.  Zu diesen Vorschlägen gehöre u. a. eine Ergänzung des § 39 StVO

(„Innerhalb geschlossener Ortschaften ist auch auf Vorfahrtsstraßen (Zeichen 306) mit

einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von weniger als 50 km/h zu rechnen) und ein

Modellversuch zur Umkehrung der Regelgeschwindigkeit innerorts von 50 km/h auf 30

km/h.

 

Außerdem habe das Bundeskabinett in seiner Sitzung am 23.04.2021 einen neuen Nationalen Radverkehrsplan (NRVP) beschlossen, u. a. mit der Feststellung, dass es bedeutsam sei, in Mischverkehren Geschwindigkeitsunterschiede zwischen den Verkehrsteilnehmenden zu reduzieren“.

Damit liefere der Bund eine weitere Begründung, Tempo 30 auch im Hauptverkehrsstraßennetz

anzuordnen.

 

Bei der Forderung, die Handlungsspielräume der Städte bei der Anordnung von Tempo 30 im

Hauptverkehrsstraßennetz der Städte zu vergrößern, gehe es der Initiative nicht um eine undifferenzierte und pauschale Maßnahme. Die Änderung des Rechtsrahmens solle deshalb durch ein vom Bund gefördertes und zentral evaluiertes Modellvorhaben in mehreren Städten begleitet werden.

 

Das Modellvorhaben ermögliche, verschiedene Aspekte vertieft zu untersuchen, die

genauerer Betrachtung bedürfen. Das helfe, bei der Anwendung des neuen Rechtsrahmens

etwaige negative Begleiteffekte der Neuregelung minimieren zu können bzw. ggf. rechtlich

nachzusteuern.

Das Modellvorhaben könne demnach u. a. folgende Themen umfassen:

-         Der straßengebundene ÖPNV rfe durch niedrigere zulässige Höchstgeschwindigkeiten im Hauptverkehrsstraßennetz nicht signifikant benachteiligt werden. Es solle untersucht

werden, in welchem Umfang solche Nachteile auftreten (z. B. Reisezeit, Auswirkungen auf

betriebliche Kosten) und mit welchen Maßnahmen sie kompensiert werden können.

 

-         Auf vielen Hauptverkehrsstraßen könne aus Platzgründen nicht oder nur mit erheblichem zeitlichen Vorlauf eine ausreichend dimensionierte separate Radverkehrsinfrastruktur geschaffen werden. Die Anordnung von Tempo 30 könne hier (auch als Zwischenlösung) bei Mischverkehr bzw. nicht ausreichenden Infrastrukturangeboten (z. B. Schutzstreifen) die Sicherheit erhöhen. Dazu fehle es aber bislang an belastbaren Untersuchungen.

 

 

Laut Sdtetag sind der Initiative inzwischen weitere Städte beigetreten.

 

Das Präsidium des Deutschen Städtetages hat in seiner Sitzung am 30. Juni 2021 seinen Beschluss vom April 2016, den Städten mehr Handlungskompetenzen bei der Festlegung stadtverträglicher Geschwindigkeiten zuzubilligen, wiederholt. Dies könne aus Sicht des Gremiums einen maßgeblichen Beitrag zur Verkehrssicherheit leisten. Die Vorschläge der Städteinitiative Tempo 30ten eine gute Grundlage, die durch Regeländerung ermöglicht und in Modellversuchen erprobt werden sollte.

 

Das Umweltschutzamt hat dazu u.a. mitgeteilt, dass die Initiative aus Sicht des Immissionsschutzes zu befürworten ist. Das Tiefbauamt hat sich ebenfalls positiv geäert.

 

Ob und inwieweit die Interessen des ÖPNV betroffen wären, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht einschätzen. Im o.g. „Modellvorhaben“, sollen entsprechende Vorbehalte aber offenbar aufgegriffen werden.

 

Laut Straßenverkehrsbehörde im Bürger- und Ordnungsamt kann festgestellt werden, dass Kiel dem Zustand einer stadtweiten Geschwindigkeitsregelung von 30 km/h, von der nur die Hauptverkehrsstraßen ausgenommen sind, bereits jetzt fast vollständig entspricht. Die Landeshauptstadt Kiel hat schon Anfang der 1990er Jahre als eine der ersten Kommunen in Deutschland fast flächendeckend Tempo 30 Zonen abseits der Hauptverkehrsstraßen eingerichtet.

 

Zusätzlich zu den Tempo 30 Zonen sind noch an vielen verschiedenen Stellen im gesamten Stadtgebiet so genannte Streckengeschwindigkeitsbeschränkungen vorhanden, die aus Gründen der Verkehrssicherheit angeordnet wurden.

 

Unter Berücksichtigung der Einschätzungen des Umweltschutzamtes, des Tiefbauamtes und der Straßenverkehrsbehörde schlägt die Verwaltung einen Beitritt zur Initiative vor.

 

 

 

 

 

Dr. Ulf Kämpfer

Oberbürgermeister

 


[1] Leipzig, Aachen, Augsburg, Hannover,nster, Ulm, Freiburg im Breisgau

 

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Anlagen

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