Innovationspreis 2021
Physikerin und Ingenieurin Prof. Dr. Sabah Badri-Höher

Den Innovationspreis 2021 erhielt Prof. Dr. Sabah Badri-Höher, Physikerin und Ingenieurin mit dem Schwerpunkt Elektro- und Informationstechnik von der Fachhochschule Kiel.

 

Die Preisträgerin im Interview

Ich komme ursprünglich aus Marokko. Nach meinem Abschluss in Physik an der Universität von Casablanca kam ich nach Deutschland. Ich habe in Paderborn Elektrotechnik studiert und dann 1996 meine berufliche Laufbahn am Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen (IIS) in Erlangen als wissenschaftliche Mitarbeiterin begonnen. Bis Ende 2001 hatte ich die Möglichkeit, am IIS an vielen spannenden Projekten im Bereich der digitalen Informationsübertragung und -verarbeitung zu arbeiten. Eine meiner wichtigsten Tätigkeiten war die maßgebliche Beteiligung an der Entwicklung des nordamerikanischen Digitalradiosystems SiriusXm (www.siriusxm.com). 

Während dieser Zeit promovierte ich auch parallel an der Universität Erlangen im Bereich Mobilfunk. Im Dezember 2001 bin ich von Erlangen nach Kiel gezogen, weil mein Mann seit 1998 in Kiel lebt und arbeitet. Ich war damals hochschwanger mit unserem ersten Kind und ich denke, es ist nicht optimal für ein Kind, in einer Fernbeziehung aufzuwachsen. Ein halbes Jahr nach der Geburt unserer ersten Tochter begann ich als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der TF/CAU Kiel zu arbeiten. Von 2005 bis 2009 war ich als Professorin an den Universitäten Bremen und Oldenburg tätig und pendelte mehrmals pro Woche zwischen diesen Städten und Kiel. Seit Januar 2009 bin ich Professorin an der Fachhochschule Kiel im Fachbereich Informatik und Elektrotechnik.

Unterwasseraufnahme
Karte zeigt die Route des Unterwasserroboters ROBBE in Rot und verschiedene Objekte.

Ich lehre und forsche an der Fachhochschule Kiel. Meine Forschungsaktivitäten liegen im Bereich der digitalen Informationsverarbeitung mit dem Schwerpunkt auf Unterwassersystemen. Wir beschäftigen uns mit der Entwicklung von Techniken und Methoden, die Informationen aus der Wassersäule extrahieren und sie an Menschen oder Nutzer weitergeben können. Als Beispiel kann man auf der erstellten Karte (Bild oben) die Route unseres Unterwasserroboters ROBBE in Rot und verschiedene erkannte Objekte sehen.

Der Stand der Technik im Bereich Unterwasser-Informationsverarbeitung enthält zahlreiche Methoden, aber wir versuchen, dieses Thema in Kiel aufzubauen und die neuen Entwicklungen zu nutzen, um die Erkennungsrate von Objekten und die Robustheit zu maximieren. Ein Beispiel dafür ist die Zusammenführung von Informationen aus verschiedenen Quellen oder Sensoren, ähnlich wie ein Mensch ein Objekt mit allen seinen möglichen Sinnesorganen erkennt. Auf den nächsten beiden Bildern von der Schwentine in Kiel sind zwei Einkaufswagen zu sehen, auf dem Kamerabild ist nur ein Einkaufswagen zu erkennen, der zweite ist von der Vegetation verdeckt. Mit Hilfe der Sonardaten aus dem zweiten Bild kann man zwei Objekte erkennen, die identisch sind und in Verbindung mit der Position der Objekte in beiden Bildern hat man die komplette Information und die Kenntniss, dass sind zwei Einkaufswagen.

Das Projekt "Mobile Autonomous Underwater System" (MAUS), an dem wir seit März 2019 arbeiten, befasst sich mit der Verbindung von zwei Unterwasserrobotern, die mit unterschiedlichen Sensoren ausgestattet sind, aber gemeinsam Erkennungs- und Kartierungsaufgaben durchführen. Indem wir zwei Fahrzeuge miteinander vernetzen, erreichen wir:

  • Schnelle Verfügbarkeit und hohe Mobilität durch geringe Fahrzeuggröße (kleiner als 1 Meter und leichter als 50 Kilogramm) und lange Einsatzdauer.
  • Geringe Kosten durch kooperatives Arbeiten, innovatives Navigationskonzept, Modularität der Fahrzeugkomponenten und Einsatz neu entwickelter Sensoren, deutlich erhöhte Autonomie.
  • Die Fahrzeuge lernen ihre Umgebung von Einsatz zu Einsatz besser kennen und können ihre Aufgaben besser erfüllen.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass wir uns in meiner Forschungsgruppe mit Unterwassersystemen und Verfahren beschäftigen, die auf Algorithmen der künstlichen Intelligenz und maschinellem Lernen basieren.

Jahrzehntelang wurden Ozeane und Flüsse als Müllhalde für Abfälle aller Art genutzt, heute erleben wir die Folgen in massivem Ausmaß. Umweltverschmutzung, Wetterkatastrophen, globale Erwärmung und Klimawandel sind einige Beispiele. Um diese Veränderungen aufhalten zu können, müssen wir insbesondere die Ozeane besser kennen lernen. Dazu brauchen wir autonome Systeme, die uns Informationen aus der gesamten Wassersäule liefern können.

Der Innovationspreis der Landeshauptstadt Kiel ist eine große Ehre für mich und eine Bestätigung für meine Arbeiten im Bereich der Unterwasserrobotik und -sensorik. Gleichzeitig gibt mir der Preis auch einen starken Impuls für weitere Arbeiten in diesem Bereich.

Ich fühle mich mit Schleswig-Holstein und der Stadt Kiel sehr verbunden, da ich hier seit 20 Jahren lebe und arbeite. Ich würde mir daher wünschen, dass die Forschung und industrielle Umsetzung im Bereich der Unterwassertechnik lokal und international noch sichtbarer wird.

Prof. Dr. Sabah Badri-Höher - Klick auf das Bild öffnet das Video in einer eigenen Ansicht

Foto: Matthias Pilch / FH


Ehrung hervorragender wissenschaftlicher und innovativer Leistungen

Die Landeshauptstadt zeichnet mit den Preisen Einzelpersonen, Gruppen oder Institutionen aus, deren Wirken in besonderer Beziehung zu Kiel oder zu Schleswig-Holstein steht und die sich hervorragende Verdienste, auch über das Land hinaus, erworben haben.

Der Kieler Wissenschaftspreis wurde erstmals im Jahr 2001 an den Pathologen und Anatomen Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Karl Lennert verliehen. Seitdem wird der Preis im jährlichen Wechsel mit dem traditionellen Kieler Kulturpreis vergeben, der bereits seit 1952 existiert.

Seit 2017 wird der Wissenschaftspreis ergänzt durch den Innovationspreis für herausragende Erfindungen und wissenschaftlich basierte Startup-Geschäftsmodelle.

Die Preisträger*innen werden vom Kultur- und Wissenschaftssenat der Landeshauptstadt Kiel vorgeschlagen. Entschieden wird die Preisvergabe durch die Kieler Ratsversammlung.