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ALLRIS - Drucksache

Geschäftliche Mitteilung - 0464/2019

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Beratungsfolge

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Antrag

 

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Sachverhalt/Begründung

Zusammenfassung:

In Gaarden und in der Wik sollen Stadtentwicklungsprozesse anhand der sog. Cultural Planning-Methode neu gedacht werden. Hierzu wurde die Aufnahme in ein Interreg-Projekt durch die Projektgesellschaft Kiel-Garden GmbH und die Heinrich-Böll-Stiftung erfolgreich beantragt.

Planungsprozesse für Stadtteilentwicklungsprozesse können sehr vielfältig sein. Sie reichen von großen Zukunftskonferenzen bis zu kleinen Workshops. In Kiel soll nun eine weitere Methode zur Weiterentwicklung von Stadtteilen ausprobiert werden: die Methode des sog. „Cultural Planning“.

 

 

  1. Cultural Planning Was ist das?

Cultural Planning ist ein stadtplanerischer Entwicklungsansatz, der sich kreativer Methoden künstlerischer und/oder kultureller Art bedient und von KünstlerInnen bzw. Kulturschaffenden durchgeführt wird. Diese sind mit ihrem speziellen Wissen und ihrer Perspektive ImpulsgeberInnen in Innovationsprozessen. Kunst und Kultur ermöglichen einen anderen Zugang zu den BewohnerInnen und NutzerInnen im Stadtteil als klassische Beteiligungsformate der Stadtteilentwicklung.

 

Ziele des Prozesses sind:

 tieferes Verständnis für den Stadtteil und seine Bevölkerung

 Entwicklung von unten („bottom-up“)

 Aktivierung der Bevölkerung (v.a. aller Milieus)

 Erhöhung der Identifikation mit dem Stadtteil

 

Dem Prozess wird zu Beginn eine wegweisende Fragestellung gegeben, die dann bearbeitet werden soll. Die Bearbeitung erfolgt nicht z.B. durch die bekannten Akteure aus Verwaltung oder Politik, sondern wird durch KünstlerInnen und Kreative unterschiedlicher Professionen vertiefend geplant und ausgestaltet. Politik und Verwaltung als Auftraggeber und Begleiter bleiben dabei im Hintergrund.

Dabei gilt in dem Prozess die Grundidee, dass Kultur die Basis ist, den Stadtteil zu verstehen. Das Verstehen soll über kreativ-künstlerische Interventionen stattfinden, die die Leute vor Ort zum Mitmachen oder Nachdenken anregen.

Der Prozess durchläuft mehrere Stufen, die mit einer detaillierten Aufnahme des Planungsgebietes beginnen (Mapping) unter Beteiligung der BürgerInnen. Darauf aufbauend werden Visionen (Visioning) für die Zukunft entwickelt und anschließend erste Projekte abgeleitet und umgesetzt (Projektplanung und Implementierung).

 

In zahlreichen Orten und Städten wie Kopenhagen oder Aarhus sowie in Kanada, Großbritannien und Australien wird der Ansatz des Cultural Planning genutzt, um eine bewohnerorientierte Planung durchzuführen. In Deutschland fand die Methode bisher nur wenige Anwendungsbeispiele.

 

  1. Cultural Planning in Kiel: Gaarden und die Wik

In Kiel haben sich zwei Organisationen in zwei Stadtteilen auf den Weg gemacht, diese Planungsmethode auszuprobieren:

 

  1. Die Projektgesellschaft Kiel-Gaarden GmbH, eine 100% städtische Tochtergesellschaft, die auf dem Kieler Ostufer die Stadtteilbüros und das Wirtschaftsbüro Gaarden betreibt, möchte sich mit dem Stadtteil Gaarden beteiligen, um noch einmal einen anderen Blickwinkel auf die Problemlagen und Lösungswege zu bekommen. Seit vielen Jahren arbeitet die Landeshauptstadt Kiel intensiv an Gaarden u.a. mit Unterstützung des Städtebauförderungsprogramms „Sozialen Stadt“, seit gut einem Jahr innerhalb der Konzeption von Gaarden hoch 10. Die Methode des Cultural Planning passt sich in die Konzeption ein und soll ihr wichtige neue Aspekte liefern und sie damit anreichern. Die Kernfragestellung in Gaarden wird sein, wie und wo der Stadtteil positiv und negativ wahrgenommen wird und welche Ansätze für Verbesserungen auszumachen sind. Dabei soll durch die KünstlerInnen und Kreativen intensiv mit möglichst vielen unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen interkulturell gearbeitet werden. Dies soll vor allem geschehen durch die o.a. angesprochenen Interventionen in den öffentlichen und u.U. auch privaten Räumen.

 

  1. Die Stiftung Drachensee plant in Kooperation mit der Heinrich-Böll-Stiftung Schleswig-Holstein mit der Methode Cultural Planning einen Quartiersprozess im Anscharpark zu einem inklusiven Quartier. Gezielt soll hier mit Künstlerinnen und Künstlern auf der Grundlage des Mapping eine Vision für das inklusive Quartier mit den Anwohnerinnen und Anwohnern entwickelt werden. Darauf aufbauen wird dann ein gemeinsames Projekt entwickelt, dass impulsgebend für die inklusive nachbarschaftliche Entwicklung im Quartier stehen soll.

 

  1. INTERREG V B Projekt UrbCulturalPlannung - Organisations- und Finanzierungsgrundlage

 

INTERREG ist ein europäisches Förderprogramm, das den Erfahrungsaustausch und die Zusammenarbeit zwischen EU-Mitgliedstaaten und benachbarten Nicht-EU-Ländern fördert.

 

Das Projekt „UrbCultural Planning“ wird durch einen sog. Lead-Partner, das Danish Cultural Institute aus Kopenhagen, gelenkt und läuft von 2019 - 2021. Weitere 14 Partner und 34 Organisationen aus Lettland, Litauen, Polen, Dänemark, Finnland, Norwegen, Schweden und Russland sind beteiligt, darunter die Heinrich Böll Stiftung und die Projektgesellschaft Kiel-Gaarden.

Ziel des Projektes ist es, Erfahrungen mit der Cultural Planning-Methode auf internationaler Ebene zu sammeln und diese dann öffentlich zu teilen. Insgesamt 6 Städte werden die Methode anwenden, darunter Kiel. Kiel wird somit eine wichtige Vorreiterrolle im deutschsprachigen Raum einnehmen. Über den ganzen Zeitraum hinweg werden sich die Partner über die Zwischenstände austauschen, um Erfahrungen zu teilen und voneinander zu lernen. Am Ende des Prozesses wird dann ein für alle zugängliches Handbuch zur Verfügung stehen.

 

Ostseekonferenz “Urban Transformation through arts and culture” 4.-6. Juli 2019 in Kiel

 

Die Auftaktkonferenz für das Interreg-Projekt UrbCulturalPlanning findet vom 4.-6. Juli 2019 in Kiel im Anscharpark, Gaarden und der Muthesius Kunsthochschule statt.

Die Konferenz, zu der über 100 internationale Gäste erwartet werden, teilt sich in drei Teile.

Im ersten Teil werden im Rahmen von Vorträgen und Arbeitsgruppen die Potenziale und Grundlagen einer Entwicklung der Städte mit künstlerischen Methorden beleuchtet und diskutiert. Am zweiten Tag werden die TeilnehmerInnen konkrete Projekte und Orte im Kieler Stadtraum erkunden und anschließend ihre Eindrücke austauschen. Am dritten Tag wird dann konkret zu den 12 Demonstrationsprojekten im Ostseeraum gearbeitet.

 

Es besteht die Möglichkeit für MitarbeiterInnen der Stadtverwaltung, genauso wie für Mitglieder der Selbstverwaltung und interessierte VertreterInnen von Kieler Kultureinrichtungen sowie BürgerInnen an der Konferenz teilzunehmen.

 

  1. Projektlaufzeit und Finanzierung

Nachdem der Antrag, der federführend durch das Danish Cultural Institut erarbeitet worden ist, durch das „Monitoring Committee of Baltic Sea Region Interreg“  positiv beschieden wurde, läuft zurzeit die Ratifizierung der Verträge zwischen den einzelnen Partnern im Umlaufverfahren.

Die Vorbereitung hat bereits auf Kieler Seite begonnen. Im September 2021 werden die Prozesse abgeschlossen sein.

Das Volumen in Gaarden beträgt rund 160.000 €, in der Wik sind es rund 240.000 €; 75% der Kosten werden jeweils von der Europäischen Union getragen.

 

 

Weitere Informationen stehen unter: http://www.cultural-planning-kiel.de.

 

 

 

 

 

Gerwin Stöcken

Stadtrat                                                                    

 

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