Infosystem Kommunalpolitik

 
 
ALLRIS - Drucksache

Antrag der Ratsfraktion Die FRAKTION - 0411/2020

Reduzieren

Beratungsfolge

Reduzieren

Antrag

Antrag:

Die Ratsversammlung bedankt sich bei der Verwaltung und den Kieler Bürger*innen für das Geleistete und das Erdulden vieler Einschränkungen während der Corona- Pandemie. Sie ist zuversichtlich, dass aus der Verwaltung auch weiterhin noch viele gute und kreative Ideen zur Überwindung der Krisenproblematik kommen werden.

Sie bittet um einen fundierten Nachtragshaushalt zu gegebenem Zeitpunkt.

Die derzeitige Ausnahmesituation durch die Coronavirus-Krise bleibt für die Landeshauptstadt Kiel und ihre Bürger*innen herausfordernd, der weitere Verlauf, wie auch die Spätfolgen sind noch nicht abzusehen. Maßnahmen im Gesundheitsschutz und zur Stabilisierung der Wirtschaft stehen aktuell im Vordergrund. Bund und Land haben Sofort-Hilfen sowie arbeitsmarktpolitische Maßnahmen beschlossen, deren Umsetzung angelaufen ist. Im Monat April gab es in der Landeshauptstadt dennoch einen Anstieg der Arbeitslosenquote um 0,7 Prozentpunkte auf 8,3% zu verzeichnen. Die sehr hohe Anzahl von angemeldeter Kurzarbeit wird zudem weitere Folgen auf dem Arbeitsmarkt zeigen.

Die Landeshauptstadt muss ihrer Verantwortung gerecht werden und im Rahmen vorhandener Möglichkeiten eigene Impulse setzen, die auf die aktuellen Herausforderungen eingehen und wirksam unterstützen. Ziel der Landeshauptstadt Kiel ist es, deutlich gestärkt aus der Coronavirus-Krise wieder herauszukommen.  Dabei ist ein Schwerpunkt auf die Neuschaffung von sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen und wirtschaftlichem Wachstum,  sowie  die weitere Transformation zu einer nachhaltigen und digitaleren Stadtgesellschaft zu legen.  Hier sind sowohl die weitere Entwicklung der Lage als auch die Wirkungen der Maßnahmen von Bund und Land zu berücksichtigen.

 

Die Landeshauptstadt Kiel setzt dabei folgende Schwerpunkte:

 

1. Solidarität und Handlungsfähigkeit

Der Erhalt der Daseinsvor- und fürsorge für unser Gemeinwesen und die finanzielle Handlungsfähigkeit der Landeshauptstadt sind zu sichern. Daher sollen auch die für 2020 vorgesehenen Schwerpunkte und Investitionen wie geplant durchgeführt werden. Dies stärkt die Konjunktur und unsere Stadt. Bund und Land stehen in der Verantwortung, ihre Maßnahmen auf die Wirkung zu überprüfen und auch nachzusteuern. Darüber hinaus stehen sie in der Pflicht, die Kommunen in ihrer schwierigen Lage finanziell zu unterstützen, z.B. über den kommunalen Finanzausgleich, um Verzögerungen und Einschnitte bei den notwendigen Maßnahmen für die Zukunfts- wie Funktionsfähigkeit der Stadt zu vermeiden.

 

2. Sozialen Zusammenhalt weiter stärken 

In der Krise hat die Kieler Stadtgesellschaft an sehr vielen Stellen herausragenden Zusammenhalt bewiesen. Diese Solidarität wird allerdings ebenso wenig wie die vielfältigen Maßnahmen von Bund und Land in Kiel verhindern können, dass es zu besonderen wirtschaftlichen und sozialen Härten kommen wird. Nicht für alle Lebenslagen können in der Kürze der Zeit seit Ausbruch der Pandemie Lösungen gefunden werden. Hier sind Bund und Land klar in der Pflicht, ihre Maßnahmen entsprechend anzupassen, zu verbessern oder auszuweiten. Zu den bestehenden Hilfen des Sozialgesetzbuches ist ein vereinfachter Zugang zu ermöglichen, um den Lebensunterhalt und Mietverhältnisse zu sichern,  aber auch die Sozialversicherung aufrecht zu erhalten. Wir fordern die Verwaltung auf, die Entwicklungen der sozialen Sicherung für die Bürger*innen aufmerksam zu beobachten und ggf. entsprechende Forderungen aufzustellen. Dabei sind sowohl Probleme bei den notwendigen Ausgaben (wie zum Beispiel Mieten, Sozialversicherungsbeiträge und Kosten der Mobilität) wie auch wegbrechende Einnahmen durch fehlende Verkaufserlöse oder Gagen in den Blick zu nehmen. Die städtischen Institutionen sind entsprechend zu sensibilisieren. Dies beinhaltet auch die bisherigen im Haushalt 2020 festgeschriebene Investitionen, wie z.B. das Jugenddorf Falckenstein. Zudem sollen gemeinnützige und ehrenamtliche Initiativen und Vereinigungen bzw. Vereine, die sich in den Stadtteilen oder stadtweit für betroffene Menschen – besonders und infolge der Pandemie – engagieren, unterstützt werden.

Parallel wird die Verwaltung gebeten, neben den bereits verwaltungsseitig initiierten Maßnahmen (wie z.B. Stundungen) im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten eines Nachtragshaushalts erste eigene Hilfsmaßnahmen der Landeshauptstadt Kiel zu entwickeln und in einer Beschlussvorlage in der Ratsversammlung im Juni 2020 vorzulegen.

3. Noch mehr Unterstützung für Familien

Familien stehen unter einem besonderen Schutz. Die Corona-Krise stellt viele Familie vor große Herausforderungen. Besonders die Folgen auf die Entwicklung von Kindern, die über eine längere Zeit nicht mit anderen Kindern interagieren können, sind noch nicht absehbar. Zudem stehen besonders Frauen unter Druck, die bei Kinderbetreuung und Home Schooling besonders eingespannt werden und so kaum eine Vereinbarkeit zwischen ihrem Beruf und der Familie sicherstellen können. Dies gilt insbesondere auch für Alleinerziehende. Die Krise darf nicht dazu führen, dass Fortschritte in der Gleichstellung zurückgedreht werden. Wir fordern die Verwaltung auf, neben den bereits erfolgreich umgesetzten Konzepten für Härtefälle weitere Lösungen zu erarbeiten, um Familien weiter zu entlasten, solange ein Regelbetrieb in KITAS und Schulen nicht möglich ist.

 

4. Gesundheitswesen

Die Pandemie stellt das Gesundheitswesen einschließlich Kranken- und Altenpflege vor erhebliche Herausforderungen. Bereits im Februar 2019 hat die Ratsversammlung einstimmig ihr Bekenntnis zum Städtischen Krankenhaus als kommunaler Schwerpunktversorger für Kiel und das Umland erneuert und im Dezember 2019 diesen Beschluss mit vier Millionen Euro Eigenkapitalzuführung abermals bekräftigt. Damit verbunden war auch bereits die Forderung an Bund und Land im Rahmen der Krankenhausfinanzierung die notwendige Finanzierung sicherzustellen. Die Diskussionen um notwendige und zeitgemäße Versorgungsangebote scheinen heute aktueller denn je. Die Landeshauptstadt Kiel wird diese Diskussion bei der Landesregierung einfordern, selbst geeignete Maßnahmen prüfen und soweit Maßnahmen in diesem Zusammenhang bereits vorgesehen sind, diese vorziehen.

 

5. Bevölkerungs- und Katastrophenschutz

Auch wird offenbar, dass der Bevölkerungs- und Katastrophenschutz einschließlich der Vorhaltung von umfangreichem Material, der Logistik im Hintergrund sowie die Bereitstellung der dafür notwendigen Infrastruktur (Grundstücke, Gebäude, Fahrzeuge) zukünftig verstärkt werden muss. Die Landeshauptstadt Kiel wird diese Priorität bei der Landesregierung einfordern, selbst durch die Feuerwehr Kiel geeignete Maßnahmen prüfen und soweit Maßnahmen bereits vorgesehen sind, diese vorziehen. Eine Umsetzung soll in Kooperation mit den ehrenamtlich tätigen Hilfsorganisationen erfolgen.

Ehrenamtliches Engagement zeigt sich einmal mehr als Grundpfeiler des gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalts. Hier wird die Verwaltung aufgefordert, im Austausch mit dem Land Krisenpläne für Pandemien und andere Naturkatastrophen zu entwickelt und diese laufend nach wissenschaftlichen Erkenntnissen zu aktualisieren.

 

6. Transformationsfähigkeit der Kommune und Stadtgesellschaft

Aufgrund der pandemischen Lage haben sich die Anforderungen an den Alltag der Kieler*innen erhöht und verändert. Die Pandemie zeigt die Notwendigkeit, die Transformationsfähigkeit der Kommune und Stadtgesellschaft zu stärken und weiter zu erhöhen. Im Bereich der Digitalisierung sind verschiedenste Impulse wahrnehmbar (Home-Office, Videokonferenzen, Digitale Schule und Pandemie-Apps), die für die Landeshauptstadt Kiel wie für die Verwaltung, aber auch die Kieler Wirtschaft Potentiale, erkennen lassen. Mit Offenheit für Digitalisierung, Nachhaltigkeit sowie der Stärkung der sozialen Chancengleichheit können wir unsere Wirtschaft und Stadtgesellschaft stärken und mit Wissenschaft, Klimaschutz, Verkehrswende, Energie- und Umwelttechnik und bürgerlichen Engagement verbinden. Konjunkturprogramme sollen nicht automatisch bestehende Strukturen wieder aufbauen, sondern u.a. auch die neuen Anforderungen berücksichtigen. Die Landeshauptstadt Kiel wird geeignete Maßnahmen prüfen und soweit Maßnahmen bereits vorgesehen sind, diese vorziehen.

 

 

 

 

 

7. Regionale Produkte und Kreativität

Das Leben mit der Lage stellt eine besondere Herausforderung für den Alltag der Bürger*innen sowie der Wirtschaft und Verwaltung dar. Die schnellen Veränderungen erfordern eine hohe Bereitschaft zur Improvisation und Agilität.

Von besonderer Bedeutung sind in der aktuellen Krise die Vermarktung und der Vertrieb von regionalen Produkten in der Kieler Region. Beispielsweise ist die Initiative „Kiel hilft Kiel“ bereits sehr erfolgreich angelaufen. Weitere Ansätze und Ideen, die von kreativem Austausch und Improvisation geprägt sind, werden auch durch die Stadtverwaltung unterstützt.

Daher wollen wir die Innovationsfähigkeit und Kreativität unserer Wirtschaft und Kreativszene sowie Verwaltung fördern, um Lösungen für die Zeit während und nach der Krise zu entwickeln. Die Verwaltung wird daher aufgefordert, entsprechende Maßnahmen zusammen mit der Selbstverwaltung, der Kieler Wirtschaft und den sozialen Einrichtungen zu erarbeiten.

 

8. Wirtschaftsstandort und Gründertum

Wirtschaftliche Krisen führen  oftmals zu einem Anstieg von Unternehmensgründungen, innovativen Geschäftsmodellen, sowie einer hohen Innovationsfähigkeit bei kleinen und mittelständischen Unternehmen. Die in Kiel bereits vorhandene Kreativ- und Gründerszene ist daher noch intensiver zu vernetzen und auszubauen  sowie mit Dienstleistungsangeboten zu unterstützen. Durch zusätzliche Formate (z.B. Innovationhubs) soll zudem die Innovationsfähigkeit von etablierten Unternehmen weiter gefördert werden.  Die Verwaltung wird gebeten, ein Konzept  der Innovativen Stadt sowie der Gründerstadt zu entwickeln. Mit Selbstständigen und Freiberufler*innen sind bei Bedarf schnell Gespräche zu führen und Lösungsansätze zur Überbrückung der Coronavirus-Zeit zu erarbeiten.

 

 

9. Demokratie darf nicht stillstehen

Ein besonderes Augenmerk wollen wir auf die Handlungsfähigkeit der demokratischen Strukturen legen. Insbesondere das Abhalten von Sitzungen der Ortsbeiräte, Ausschüsse sowie die Bürger*innenbeteiligung insgesamt stellen in der Pandemie eine besondere Herausforderung dar. Das gleiche gilt für die Demonstrationsfreiheit. Die Verwaltung und der Stadtpräsident sollen hier Lösungen finden, die den gebotenen hygienischen Maßnahmen und Regeln entsprechen und die demokratische Willensbildung möglich machen.

 

Reduzieren

Sachverhalt/Begründung

Begründung:

Die Verwaltung hat in der Krise schnell und umsichtig reagiert und ad-hoc provisorische Lösungen für die auch für sie neuen Herausforderungen gefunden und eingeführt. Wir sind zuversichtlich, dass ihr dies auch weiterhin gelingen wird. Wir bedanken uns für den persönlichen Einsatz aller Mitarbeitenden und die Unterstützung der Bürger*innen, die die Auswirkungen der Entscheidungen auch teils unter persönlichen, sozialen und finanziellen Opfern mitgetragen haben.

Ein Nachtragshaushalt ist dann einzubringen, wenn das Gros der Auswirkungen auf die ursprüngliche Haushaltsplanung abzusehen ist.

 

gez. Ratsherr Ove Schröter      f.d.R.
Ratsfraktion Die FRAKTION

 

Loading...