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ALLRIS - Drucksache

Geschäftliche Mitteilung - 0954/2023

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Beratungsfolge

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Sachverhalt/Begründung

Sachverhalt

 

1. Rückblick 2020 - 2021

Die Verwaltung hat letztmalig im Dezember 2020 (Drs. 0810/2020 – nicht öffentlich) über die Wohn- und Betreuungssituation nach Kiel zugewiesener, geflüchteter Menschen informiert.

Die damalige Situation war geprägt von der Corona-Pandemie sowie einer seit 2019 zurückgehenden Zahl von zugewiesenen geflüchteten Menschen. Im gesamten Jahr 2019 waren der Landeshauptstadt Kiel insgesamt 356 Personen zugewiesen; im Jahre 2020 waren es bis Ende Oktober 285 Personen.

Auf Grundlage der abnehmenden Anzahl an Bewohner*innen in den Gemeinschaftsunterkünften Zahlen wurde eine Neustrukturierung vorgeschlagen, die unter anderem eine Reduzierung von Unterkünften beinhaltete.

Im Jahr 2021 gingen daraufhin verschiedene Unterkünfte aus dem Betrieb. Die Bewohner*innen wurden – soweit keine Wohnungen gefunden werden konnten – in andere Unterkünfte.

verlegt.

Aus dem Betrieb gingen unter anderem:

- Gemeinschaftsunterkunft Körnerstraße

- Gemeinschaftsunterkunft Arkonastraße, Block A

- Gemeinschaftsunterkunft Herthastraße

- Gemeinschaftsunterkunft Bugenhagenstraße

Letztlich konnte auch die Gemeinschaftsunterkunft Tempest – wie dem Stadtteil zugesagt – abgebaut werden. Die Container wurden stadtintern weiterverwendet, bzw. Sportvereinen zur Verfügung gestellt.

Im Jahr 2021 selbst gab es eine leichte Erhöhung der Zuweisungszahlen auf 465 Personen. Zudem beteiligte sich die Landeshauptstadt Kiel an Sonderprogrammen (Landesaufnahmeprogramm 500 oder Aufnahme afghanischer Ortskräfte).

1. Beginn des Krieges in der Ukraine im Februar 2022

Mit Beginn des Angriffskrieges in der Ukraine im Februar 2022 verschärfte sich die Betreuungs- und Unterbringungssituation dramatisch. Bis Ende 2022 kamen über 2.500 ukrainische Staatsbürger*innen und in der Ukraine lebende Drittstaatler*innen nach Kiel.

Rund 1.300 Personen mussten untergebracht werden, der Rest fand eigenständig Wohnraum.

Im laufenden Jahr 2023 (Stichtag 31.07.2023) wurden bereits weitere 317 Personen aus der Ukraine aufgenommen.

In kürzester Zeit war die Landeshauptstadt Kiel gezwungen, neue Unterbringungskapazitäten zu schaffen sowie dezentralen Wohnraum anzumieten.

Folgende Unterkünfte wurden reaktiviert, bzw. neu in Betrieb genommen:

- Gemeinschaftsunterkunft Arkonastraße, Block A

- Gemeinschaftsunterkunft Herthastraße

- Gemeinschaftsunterkunft Haus Michael (zwischenzeitlich geschlossen; Abbruch)

- Gemeinschaftsunterkunft Hof Hammer

- Gemeinschaftsunterkunft Düvelsbeker Hof, Feldstraße

- Gemeinschaftsunterkunft Diedrichstraße (Schließung zum 31.08.2022, Rückgabe an Wohnungslosenhilfe)

- Gemeinschaftsunterkunft Königsweg

- Gemeinschaftsunterkunft Poggendörper Weg (ehemaliges Pflegeheim, Inbetriebnahme ab September 2023)

- Anmietung von 75 Wohnungen

- Zudem wird die Gemeinschaftsunterkunft Tempest erneut aufgebaut und wird voraussichtlich im Januar 2024 in Betrieb gehen.

Sämtliche oben genannten Unterkünfte wurden/werden für ukrainische Geflüchtete genutzt.

Durch den raschen Aufbau der Unterkünfte konnte die Unterbringung aller Personen gewährleistet und die dauernde Nutzung von Notschlafstätten sowie Turnhallen vermieden werden.

Gleichwohl muss festgestellt werden, dass es sich bei den Unterkünften um Ersatzwohnraum handelt, der - je nach Unterkunft unterschiedlich stark - nicht den normalen Wohnstandards entspricht.

2. Weiterer Zuwachs von Asylsuchenden in Kiel in den Jahren 2022 und 2023

Neben den Menschen, die aus der Ukraine in Kiel Schutz gesucht haben, wurden im Jahr 2022 auch 459 Menschen aus anderen Krisen- und Kriegsgebieten durch das Landesamt für Migration und Flüchtlinge nach Kiel zugewiesen. Im laufenden Jahr sind bis zum Stichtag 31.07.2023 bereits 378 Asylsuchende zugewiesen worden.

Die derzeitigen Berichte des Landes prognostizieren weiterhin einen Anstieg der Zuweisungen.

3. Betreuungssituation in den Unterkünften

Die Betreuung in den Unterkünften erfolgt durch die langjährig beauftragten Betreuungsträger (AWO, Diakonie Altholstein, DRK und Christlicher Verein).

Alle Träger haben sich in der Krisensituation bereit erklärt, ihre Betreuungsleistungen auch auf den neuen Personenkreis und auch auf neue Unterkünfte auszudehnen.

4. Finanzierung

Die belegten Unterkünfte (siehe Anlage) sind von der Landeshauptstadt Kiel angemietet worden. Für die bundeseigenen Unterkünfte (Arkonastraße/Herthastraße) ist derzeit kein Mietzins zu entrichten.

In den meisten Gemeinschaftsunterkünften ist ein Wachdienst rund um die Uhr im Einsatz. Die Kosten trägt die Landeshauptstadt Kiel. Die Vergabe der Wachdienste erfolgte zuletzt mit Beschluss der Ratsversammlung vom 11.05.23 (Drs. 0459/2023 - nicht öffentlich -).

Die Finanzierung der Betreuungsträger erfolgt über Zuwendungen. Da es sich fast ausschließlich um Vollfinanzierungen handelt, ist nach Ziffer VII der Zuwendungsrichtlinie die Zustimmung der Ratsversammlung notwendig. Die entsprechende Vorlage wird im nicht öffentlichen Teil vorgelegt.

Das Land beteiligt sich an den Kosten für die Unterbringung von Asylsuchenden mit rd. 70 % der Kosten. Für die Unterbringung von anerkannten Flüchtlinge werden Nutzungsgebühren gefordert, an denen sich der Bund bei Sozialleistungsbezug beteiligt. (Regelfall)

5. Fazit

Positiv hervorzuheben ist, dass die Arbeit der verantwortlichen Bereiche der Stadtverwaltung und das Engagement der Stadtbevölkerung nach den Herausforderungen des Jahres 2015/16 auch den Zustrom ukrainischer Bürger*innen im Jahr 2022 gemeistert haben.

Die Entwicklung seit Vorlage des letzten Berichtes Ende 2020 macht deutlich, wie wenig vorhersehbar die Entwicklung im Flüchtlingsbereich ist. Ging es im Jahr 2020 noch um Abbauwege, so ist heute dringender denn je die Frage nach der Unterbringung der zu uns geflüchteten Menschen zu lösen.

In Kiel sind derzeit rund 5.000 Menschen in Ersatzwohnräumen und Gemeinschaftsunterkünften untergebracht, die vom Amt für Wohnen und Grundsicherung gestellt werden. Die Zahl umfasst sowohl die Menschen mit Fluchthintergrund, über die in dieser Geschäftlichen Mitteilung berichtet wird, als auch Menschen ohne Fluchthintergrund, die in Kiel gelebt und ihre Wohnung verloren haben.

Dabei werden Unterkünfte genutzt, die der Stadtentwicklung und dem Wohnungsbau zugedacht sind. So ist die Nutzung Technischen Marineschule in der Arkonastraße und des MFG5-Gelände für die Flüchtlingsunterbringung derzeit alternativlos. Sie behindert aber letztlich die Schaffung von Wohnungen. Das Amt für Wohnen und Grundsicherung ist aktuell auf der Suche nach Ersatzlösungen, um die Liegenschaften mittelfristig räumen zu können. Letztlich können das aber nur temporäre Lösungen sein. Es besteht ein dringender Bedarf an Wohnlösungen für diese 5.000 Personen, die sowohl unterschiedliche Familiengrößen berücksichtigt als auch die besonderen persönlichen Bedarfe.

 

 

Gerwin Stöcken
Stadtrat 

 

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Anlagen

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