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ALLRIS - Drucksache

Geschäftliche Mitteilung - 0235/2021

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Beratungsfolge

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Antrag

 

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Sachverhalt/Begründung

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Deutsche Staatsangehörige müssen ab Vollendung des 16. Lebensjahrs einen Ausweis zur Feststellung der Identität besitzen (Ausweispflicht gem. § 1 PAuswG). Die Gebühren für die Beantragung eines Personalausweises für Personen ab dem 24. Lebensjahres sind zum 1.1.2021 von 28,80 € auf 37 € gestiegen. Grundsätzlich ist zu bedenken, dass diese Gebühr in der Regel nur alle 10 Jahre einmalig einfällt.

 

Die Frage, ob eine Gebührenermäßigung oder -befreiung möglich ist, richtet sich nach der Personalausweisgebührenverordnung § 1 Absatz 6 (PAuswGebV). Hier ist geregelt, dass die Gebühr ermäßigt oder von ihrer Erhebung abgesehen werden kann, wenn die Person, die die Gebühr schuldet, bedürftig ist. Die Personalausweisbehörde entscheidet durch eine Ermessensprüfung, ob einer bedürftigen Person die Gebühren zu ermäßigen oder von der Erhebung abzusehen ist.

 

Die Landeshauptstadt Kiel führt pro Personalausweis 18,23 Euro an die Bundesdruckerei für die Produktionskosten ab. Für vorläufige Ausweise, die die Bürger*innen 10 Euro kosten, zahlt die LHK 3,43 Euro pro Stück an die Bundesdruckerei (entspricht den Kosten für das Blanko-Formular). 2019 nahm die Stadt rd. 565 Tsd. Euror Personalausweise und rd. 29 Tsd. Euror vorläufige Ausweise ein. Für 2020 waren es rund 663 Tsd. Euro r Personalausweise und 28 Tsd. Euror vorläufige Ausweise. Hiervon musste die LHK rund 436 Tsd. Euro bzw. rund 10 Tsd. Euro an die Bundesdruckerei abgeben.

 

In der täglichen Praxis des Einwohnermeldeamtes machen nur wenige Einwohner*innen bei Pass- und Ausweisgebühren eine Bedürftigkeit geltend oder geben einen Hinweis darauf, dass bei Ihnen eine Bedürftigkeit vorliegen könnte. Wenn Leistungsbezieher*innen mit einer Kostenübernahmeerklärung des Jobcenters für die Personalausweisgebühren erscheinen, werden die Personalausweise für die Personen kostenlos ausgestellt und später mit dem Jobcenter abgerechnet.

Das Kriterium „Bedürftigkeit“ ist aber nicht an den Bezug von Transfer- oder Sozialleistungen gekoppelt.  Zur hier maßgeblichen Bedürftigkeit gibt es insbesondere bei Bezug von ALG verschiedene Urteile:

 

  • Das VG Schleswig entschied 2017, dass bei Empfänger*innen von ALG II keine Bedürftigkeit vorliege, da Regelsatz ein Anteil für die Beschaffung eines Personalausweises enthalten sei.
  • 2018 argumentierte das VG Düsseldorf ähnlich. Nach seiner Auffassung bedürfe es keiner Entscheidung zur Bedürftigkeit, da im Regelsatz ein Anteil für die Personalausweisgebühren enthalten sei, der für die Beschaffung eines Personalausweises einzusetzen sei.
  • Auch das Bundessozialgericht urteilte am 2019, dass Passgebühren durch den Regelbedarf im Rahmen der „Hartz-4-Leistungen“ gedeckt wären.

 

Die Berücksichtigung dieser Gebühren bei der Regelsatzbemessung bedeutet einerseits die grundsätzliche Anerkennung eines Bedarfes und andererseits gleichzeitig mit der Regelsatzgewährung dessen Befriedigung. Regelmäßige Bedarfe sind somit abgegolten, da die Ausgaben absehbar und durch Regelsatzanteile ansparbar sind.

 

Entsprechend hat auch der für das Personalausweiswesen zuständige Bund bei der aktuell vorgenommenen Anpassung der Gebühren hier keine Anpassung der Befreiungstatbestände vorgenommen. Zum Beispiel wie es bei der Beantragung eines Führungszeugnisses, mit dem eine Arbeit aufgenommen werden kann, für Empfänger*innen von ALG II, Sozialhilfe und Bezieher*innen von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz eine Gebührenbefreiung gesetzlich vorgesehen ist.

 

 

 

Der mit Vorlage  0062/2020 vorliegende Antrag, dass die Stadt Kiel zukünftig gegenüber folgenden Personenkreisen [mit Leistungsbezügen] auf die Erhebung von Gebühren für die Neuausstellung eines Personalausweises verzichtet, ist aus Sicht der Landeshauptstadt Kiel entsprechend der hier genannten bundesgesetzlichen Vorgaben und der vorliegenden Gerichtsurteile abschließend beantwortet. Eine weitergehende Gebührenfreiheit wäre - wenn überhaupt rechtlich möglich - als freiwillige Leistung einzustufen. Es sollte vielmehr auf Basis der bestehenden gesetzlichen Grundlagen die Beratung hinsichtlich der möglichen Befreiungstatbestände intensiviert werden.

 

 

 

 

 

Christian Zierau

Stadtrat

 

 

 

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