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ALLRIS - Drucksache

Antrag der Verwaltung - 1011/2017

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Beratungsfolge

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Antrag

Antrag:

Dem anliegenden von der Güterichterin am 25.09.2017 zum Aktenzeichen 30 AR 373/17 aufgenommenen Vergleich wird zugestimmt und auf die Ausübung des Widerrufsrechtes verzichtet.

 

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Sachverhalt/Begründung

Begründung:

Entsprechend dem Beschluss der Ratsversammlung vom 21.07.2016 hat die Landeshauptstadt Kiel wegen Pachtrückständen aus dem Generalpachtvertrag vom 19.12.2013 und Rückforderungen aus dem Dienstleistungsvertrag vom 19.12.2013 Klage auf Zahlung von 401.727,75 € gegen den Kreisverband der Kleingärtner e.V. beim Landgericht Kiel erhoben. Als auch hierauf keine Zahlung erfolgte, wurde der Generalpachtvertrag am 03.04.2017 mit Wirkung zum 30.11.2017 außerordentlich gekündigt.

 

Ursache des entstandenen Zahlungsrückstandes war, dass der Kreisverband der Kleingärtner den im Generalpachtvertrag vereinbarten Pachtzins nicht an seine Zwischenpächter weitergegeben hat. Aufgrund des Generalpachtvertrages wurden 0,13 € pro Quadratmeter Gesamtfläche erhoben (entspricht ca. 0,16 € pro Quadratmeter Parzelle). Die Zwischenpächter zahlten aber weiterhin nur 0,13 € pro Quadratmeter Parzelle. Dementsprechend blieben die Pachtzahlungen hinter dem vereinbarten Pachtzins deutlich zurück. Es ist in der Folgezeit ein Rückstand aufgelaufen, der bei realistischer Betrachtung nicht mehr ausgeglichen werden kann. Zum 31.12.2017 belaufen sich die Schulden auf voraussichtlich 668.412,17 €, wobei die Berechtigung der Forderungen im streitigen Verfahren vom Kreisverband bestritten wurde.

 

Unabhängig von den aufgelaufenen Schulden ist die Landeshauptstadt Kiel aufgrund mehrfacher Prüfbemerkungen des Landesrechnungshofes gehalten, die Pachteinnahmen deutlich zu erhöhen. Eine vergleichbare Situation bestand in Lübeck. Dort wird inzwischen ein Pachtzins von 0,214 € pro Quadratmeter Gesamtfläche gezahlt. Allerdings wurde in Lübeck bereits im Jahr 2010 eine erhebliche Pachterhöhung durchgesetzt, so dass die letzte Steigerung weniger massiv ausfiel als sie heute für Kiel diskutiert wird.

 

II.

 

Ziel der Landeshauptstadt Kiel ist, ein funktionierendes, auf dem Gedanken der Selbstverwaltung basierendes Kleingartenwesen in der Stadt zu gewährleisten und zugleich einen angemessenen Pachtzins zu erzielen. Für die Erreichung beider Ziele ist es wünschenswert, dass die Verwaltung der Kleingärten weitgehend in eigener Verantwortung der Kleingärtner liegt. Hierdurch soll eine schlanke und an den Bedürfnissen der Kleingärtner orientierte Verwaltung sichergestellt werden. Vor diesem Hintergrund ist eine Beendigung des Generalpachtvertrages und die damit einhergehende vollständige Übernahme der Verwaltung der Kleingarten durch die Immobilienwirtschaft nur Ultima Ratio, sofern eine ordnungsgemäße Verwaltung nicht mehr in Selbstverwaltung sichergestellt werden kann.

 

Weiterhin ist zu beachten, dass der Kreisverband der Kleingärtner nicht über ausreichende Mittel verfügt, um die eingeklagte Forderung erfüllen zu können. Eine erfolgreiche Prozessführung hätte unweigerlich die Insolvenz des Kreisverbandes der Kleingärtner e.V. zur Folge gehabt, ohne dass eine titulierte Forderung in dem erstrebten Maße hätte realisiert werden können.

 

Vor diesem Hintergrund wurde auf Anregung der Landeshauptstadt Kiel bereits kurz nach Klageerhebung ein Mediationsverfahren eingeleitet, um eine zukunftsfähige Lösung zu finden, die den Interessen beider Seiten Rechnung trägt.

 

III.

 

Die Parteien kamen nach einer ersten Mediationssitzung am 15.6.2017 zu drei bilateralen Terminen sowie am 25.9.2017 zu einer zweiten Mediationsverhandlung zusammen, deren Ergebnis in Form des anliegenden Vergleichs vorliegt.

 

Der Vergleich trägt dem Umstand Rechnung, dass das Kleingartenwesen von einer konstruktiven und vertrauensvollen Zusammenarbeit aller Akteure lebt. Die Vereine und die einzelnen Pächter haben bislang einen mit 0,13 € (bezogen auf die Gesamtfläche) relativ geringen Pachtzins gezahlt. Durch von der LHK finanzierte Leistungen des Kreisverbandes wurden die Vereine darüber hinaus von vielen Aufgaben entlastet. Die gleichzeitige Erhöhung der Pacht und die Übernahme zusätzlicher Aufgaben stellen hohe Ansprüche an das Ehrenamt in den Vereinen. Aufgrund des Eindrucks aus den Verhandlungen entstand die Befürchtung, dass weite Teile der Kleingärtner eine Blockadehaltung einnähmen. Im schlimmsten Falle könnten sich ehrenamtliche Strukturen auflösen. Dies könnte nur schwer und mit erheblichem finanziellem und personellem Aufwand durch die Verwaltung aufgefangen werden. Dieser Eindruck hat sich auf der Mitgliederversammlung des Kreisverbandes am 11.10.2017, an der der Oberbürgermeister teilgenommen hat, bestätigt.

 

Durch die Regelungen des Vergleichs wird ein schrittweiser Übergang in eine stärkere Eigenverantwortung ermöglicht.

 

Zu den Kernpunkten im Einzelnen:

 

  1. Fortsetzung des Generalpachtvertrages

Der Generalpachtvertrag wird auch über den 30.11.2017 hinaus fortgesetzt. Es wird eindeutig festgehalten, dass alle Leistungen zur Instandhaltung und Pflege der Anlagen durch den Kreisverband oder die Zwischenpächter zu erbringen sind, sofern der Vergleich keine anderen Regelungen trifft.

 

  1. Bestimmung der Flächen

Obwohl dies im derzeit gültigen Pachtvertrag vereinbart war, ist es bis heute nicht zu einer endgültigen Bestimmung des Pachtgegenstandes gekommen. Derzeit laufen noch Gespräche über die Rücknahme von nicht kleingärtnerisch nutzbaren Flächen mit den einzelnen Vereinen. Auf dieser Basis muss eine konkrete Flächenbestimmung erfolgen. Da diese nur im Einvernehmen mit dem Kreisverband und den Vereinen erfolgen kann, müssen noch einige Zwischenschritte gemacht werden. Der Vergleich gibt nunmehr, da für die nächsten drei Jahre eine parzellenbezogene Pacht vereinbart wird, hinreichend Zeit, um diesen Prozess zu einem einvernehmlichen Abschluss zu bringen.

 

  1. Neue Zwischenpachtverträge

Der Kreisverband der Kleingärtner schließt mit den Vereinen neue Pachtverträge, die den Regelungen des Generalpachtvertrages und des Bundeskleingartengesetzes entsprechen. Basis hierfür sind die Koppelpläne aus den Flächenrücknahmegesprächen. Hierdurch soll insbesondere Klarheit darüber hergestellt werden, wer für welche Bereiche (Koppeln) zuständig ist und somit diese pflegen muss. Hier bestand bislang aufgrund alter und unzureichender Zwischenpachtverträge keine hinreichende Klarheit, die nunmehr hergestellt werden soll. Zukünftig werden von der Landeshauptstadt Kiel Muster für die Zwischenpachtverträge herausgegeben, von denen nur mit Zustimmung der Landeshauptstadt Kiel abgewichen werden kann. Entsprechende erste Entwürfe liegen den Vereinen vor und sollen in den kommenden Wochen im Detail diskutiert werden.
 

  1. Übergang in volle Eigenverantwortung der Kleingärtner

Durch den Abschluss neuer Zwischenpachtverträge bekennen sich die Vereine zu ihrer Verantwortung für die Pflege und Instandhaltung der Anlagen. Dies hat aufgrund der bisherigen Handhabung von Generalpachtverträgen und auch des Dienstleistungsvertrages keine Tradition. Bislang wurden vielfach Maßnahmen durch den Kreisverband (und damit auf Kosten der LHK) finanziert, ohne einen Ausgleich durch die Vereine und die Pächter zu verlangen. Um den Vereinen den Übergang zu erleichtern, erhalten diejenigen Vereine, die neue Verträge unterzeichnen, Unterstützung bei der Pflege ihrer Anlagen. Dazu gert:

 

  • Beteiligung der Landeshauptstadt Kiel an der Sanierung und Unterhaltung von Drainagen durch einen abschmelzender Zuschuss für die nächsten drei Jahre,
  • Bereitstellung eines Hilfsfonds von jährlich 50.000 € zur Abmilderung von Härtefällen und Sonderlasten sowie zur Bereitstellung von Sachmitteln, die r die Vereine benötigt werden,
  • Dauerhafte Übernahme des turnusmäßigen Rückschnitt der Knicks

 

Im Bereich der Drainagen besteht in einigen Anlagen ein erheblicher Sanierungsbedarf, der zunächst in den kommenden drei Jahren abgebaut werden soll, um die Anlagen dann in die Verantwortung der Vereine zu geben.

 

Die Übernahme des Auf-den-Stock-setzens der Knicks erfolgt dauerhaft, da die Landeshauptstadt Kiel ein besonderes Interesse an der fachgerechten Pflege hat, welche für die Kleingärtner schwer zu leisten ist und für diese nur von untergeordnetem Interesse ist.

 

  1. Anhebung der Pacht

In den Verhandlungen konnte der Kreisverband der Kleingärtner überzeugend darstellen, dass die Zustimmung der Kleingärtner zu dem gefundenen Kompromiss wesentlich von der Pachthöhe abhängt. Dabei ist zu beachten, dass wegen der Nichtweitergabe der Pachterhöhung zum 1.1.2014 die Kleingärtner bis heute nur eine Pacht von 0,13 € pro Quadratmeter Parzelle zahlen. Eine denkbare Verdoppelung der Pacht könnte für erhebliche Unruhe sorgen und hätte gegebenenfalls sogar die Kündigung von Zwischenpacht- und Pachtvertgen zur Folge. Vor diesem Hintergrund wird in einem ersten Schritt eine erste Pachterhöhung vorgenommen. Ab dem 1.1.2018 soll die Pacht 0,21 € pro Quadratmeter Parzelle betragen. Zum 1.1.2021 soll die Pachthöhe neu bestimmt werden. Dafür wird ein Wertgutachten des Gutachterausschusses gemäß § 5 Abs. 2 Bundeskleingartengesetz eingeholt werden. Dies gibt die Gelegenheit auch die Erfahrungen der kommenden drei Jahre in die Entscheidung über die Pachthöhe mit einzubeziehen.

 

Unter Zugrundelegung einer durchschnittlichen Parzellengröße von 400 m² wird die Pacht für den einzelnen Pächter von aktuell 52 € pro Jahr auf 84 € pro Jahr angehoben. Lübeck hat derzeit eine durchschnittliche Pacht von 91,60 € pro Jahr, hatte aber auch bereits im Jahr 2010 auf 78 € pro Jahr erhöht.

 

Die vereinbarte Pachterhöhung dürfte für die Kleingärtner die absolute Schmerzgrenze des aktuell Vermittelbaren darstellen. Zugleich wird durch die deutliche Erhöhung ab 2018 und die gutachterliche Neubestimmung zum Jahr 2021 auch den Vorgaben des Landesrechnungshofes hinreichend Rechnung getragen.

 

  1. Forderungserlass

 

Der Kreisverband der Kleingärtner e.V. ist ein gemeinnütziger Verein, der seine Mittel vollständigr kleingärtnerische Zwecke zur Verfügung stellt. Daher ist eine Geschäftstätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeschlossen. Daraus folgt, dass der Verein auch in Zukunft lediglich diejenigen Mittel von den Vereinen erhält, die für die Pachtzahlung an die Stadt und die Pflege und Erhaltung der Pachtsache erforderlich sind. Eine Schuldentilgung ist ihm daher nicht möglich. Dem Verein soll durch den Forderungsverzicht die Möglichkeit gegeben werden, schuldenfrei in das Jahr 2018 zu starten und sich voll auf seine kleingärtnerischen Aufgaben zu konzentrieren. Daher zahlt der Kreisverband der Kleinrtner auf die bis zum 31.12.2017 aufgelaufenen Forderungen in Höhe von 668.412,16 € einen Betrag von 240.000 €. Da der Verein über kein wesentliches Vermögen verfügt, entspricht diese Summe ungefähr dem, was nach einem erfolgreichen Prozessverlauf realisiert werden könnte. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass bei Beendigung des Verfahrens durch Urteil weitere Kosten für Gericht, Rechtsanwälte und Vollstreckung anfallen würden. Dementsprechend entsteht durch den Vergleich kein wirtschaftlicher Nachteil für die Stadt. Sofern aus einem laufenden Rechtsstreit des Kreisverbandes gegen den Verein Gaarden-d noch Beträge realisiert werden, sind diese an die LHK auszukehren.

 

IV.

 

Der Kreisverband der Kleingärtner hat dem Vergleich auf seiner Mitgliederversammlung am 11.10.2017 nach kontroverser Diskussion zugestimmt. Sollte die Ratsversammlung ihre Zustimmung verweigern, wäre der Vergleich zum 17.11.2017 zu widerrufen. Hierdurch würde die Kündigung des Generalpachtvertrages zum 30.11.2017 wirksam. Die Landeshauptstadt Kiel träte in die bestehenden Pachtverträge ein.

 

Das gesamte Kleingartenwesen in der Stadt befindet sich in einer Umbruchsituation. Der demografische Wandel macht sich deutlich bemerkbar. Die Verhältnisse in den einzelnen Kleingartenvereinen unterscheiden sich teils erheblich. Vielfach gibt es in den Anlagen Probleme mit erheblichem Leerstand, zurückgehender Bereitschaft zu ehrenamtlichen Engagement und Probleme hinsichtlich der finanziellen Leistungsfähigkeit bzw. Zahlungsmoral einzelner Pächter.

 

Die Landeshauptstadt ist bereit, gemeinsam mit den Kleingärtnern Lösungsansätze für diese Probleme zu entwickeln und deren Umsetzung unterstützend zu begleiten. Diese Probleme können allerdings nicht allein über Verträge bzw. den vorliegenden Vergleich gelöst werden, sondern bedürfen eines ständigen Dialogs zwischen einerseits der Landeshauptstadt und den Kleingärtnern und andererseits zwischen dem Kreisverband und seinen Mitgliedsverbänden. Ein solcher Dialog kann für alle Beteiligten einfacher und besser geführt werden, wenn die Gesamtinteressen der Kleingärtner durch einen Generalpächter gebündelt werden. In den Verhandlungen und der Mitgliederversammlung des Kreisverbandes wurde der Dialog über die strukturellen Probleme aufgenommen, der in den kommenden Monaten und Jahren fortgeführt werden soll.

 

 

 

 

i. V. Wolfgang Röttgers

Stadtrat

 

 

 

 

 

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Anlagen

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