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ALLRIS - Drucksache

Antrag der Verwaltung - 0130/2019

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Beratungsfolge

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Antrag

Antrag:

 

Die Zuständigkeit für die Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts nach den §§ 24 ff. Baugesetzbuch (BauGB) richtet sich nach den Zuständigkeitsregelungen der Hauptsatzung und der Zuständigkeitsordnung der Landeshauptstadt Kiel.

 

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Sachverhalt/Begründung

 

Begründung:

 

Anlass

 

Seit dem Jahr 2004 hat die Landeshauptstadt Kiel generell auf die Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts verzichtet. Nach dem Beschluss der Ratsversammlung vom 16.02.2017 soll der Generalverzicht widerrufen und das gesetzliche Vorkaufsrecht wieder ausgeübt werden (s. auch entsprechende Beschlussvorlage dazu, Drs.-Nr. 0129/2019).

Weiterhin hat der Bauausschuss mit seinem Beschluss vom 07.12.2017 (Drs.-Nr. 1079/2017) um einen Verfahrensvorschlag für die Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts gebeten.

 

 

Verfahrensschritte

 

  1. Prüfung, ob ein gesetzliches Vorkaufsrecht gem. §§ 24 und 25 BauGB besteht:

 

Ein gesetzliches Vorkaufsrecht besteht nach den §§ 24 ff. BauGB nicht für jedes Grundstück, das verkauft wird, sondern es müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Z.B. besteht ein Vorkaufsrecht beim Verkauf von Grundstücken, die mit Wohngebäuden bebaut werden können und bisher unbebaut sind, beim Verkauf von Grundstücken in Sanierungsgebieten und beim Verkauf von Grundstücken, für die in einem Bebauungsplan eine Nutzung für öffentliche Zwecke festgesetzt ist.

Ein gesetzliches Vorkaufsrecht besteht hingegen nicht beim Verkauf von Wohnungseigentum.

 

 

  1. Prüfung, ob Gründe des Allgemeinwohls die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtfertigen:

 

Das gesetzliche Vorkaufsrecht darf nur ausgeübt werden, wenn Gründe des Allgemeinwohls dies rechtfertigen. Dabei ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob aufgrund des Zwecks der Vorschrift, unter Berücksichtigung der städtebaulichen Planung und im Hinblick auf die geplante Nutzung des Grundstücks die Ausübung des Vorkaufsrechts gerechtfertigt ist.

 

  1. Vorbereitung der Entscheidung:

 

Mit Beschluss vom 07.12.2017 hat der Bauausschuss die Verwaltung gebeten, eine gebietsweise Zuordnung und städteplanerische Bewertung der Grundstücke und Immobilien darzustellen, um die Entscheidungsfindung der Selbstverwaltung nicht unnötig zu belasten. Im besonderen Fokus der Prüfung stehen dabei Plangebiete rechtskräftiger Bebauungspläne, Flächen des Wohnbauflächenatlanten (vgl. Drs.-Nr. 0176/2017), die eine Genehmigungsfähigkeit für Wohnbebauung nach §34 BauGB für Wohngebäude erwarten lassen sowie Untersuchungsgebiete, für die Vorbereitende Untersuchungen nach BauGB beschlossen wurden.

 

  1. Überprüfung des Kaufpreises:

 

Übersteigt der im Kaufvertrag vereinbarte Preis deutlich den Verkehrswert, kann die Stadt ihr Vorkaufsrecht gemäß § 28 Abs. 3 BauGB anstatt zu dem im Kaufvertrag vereinbarten Preis zum Verkehrswert ausüben. Eine Ersteinschätzung hierzu erfolgt anhand  vorhandener Marktkenntnisse der Verwaltung (z.B. Bodenrichtwertkarte). Ggf. kann in einigen wenigen Fällen auch ein Verkehrswertgutachten erforderlich werden. (Übt die Stadt ihr Vorkaufsrecht zum Verkehrswert aus, kann jedoch die Verkäuferin bzw. der Verkäufer vom Kaufvertrag zurücktreten. Ein Rücktrittsrecht der Verkäuferin bzw. des Verkäufers besteht nicht, wenn die Stadt ihr Vorkaufsrecht zu dem im Kaufvertrag vereinbarten Kaufpreis ausübt. Es ist deshalb, wenn der Verkehrswert deutlich niedriger liegt als der vereinbarte Kaufpreis, zu entscheiden, ob die Stadt das Vorkaufsrecht zum Verkehrswert ausübt mit dem Risiko, dass die Verkäuferin bzw. der Verkäufer vom Kaufvertrag zurücktritt, oder ob sie das Vorkaufsrecht zum Kaufpreis ausübt mit dem Vorteil, dass sie das Grundstück sicher erwerben kann.)

 

  1. Klärung der Finanzierung

 

  1. Anhörung der Vertragsparteien mit Gewährung einer ausreichenden Frist für die Rückäerung

 

  1. Soweit sinnvoll: parallel Verhandlungen mit den Vertragsparteien mit dem Ziel, eine einvernehmliche Lösung zur Erreichung der städtebaulichen Ziele zu finden (z.B. Abwendungsvereinbarung gemäß § 27 Abs. 1 Baugesetzbuch)

 

  1. Entscheidung durch den Oberbürgermeister bis zu einer Höhe des Kaufpreises von bis zu 500.000 €. Bei einem Kaufpreis von über 500.000 € obliegt die Entscheidung über die Nichtausübung des Vorkaufsrechts dem Finanzausschuss, die Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts der Ratsversammlung nach Vorberatung im Finanzausschuss.

 

  1. Zustellung des Bescheids über die Ausübung des Vorkaufsrechts an die Verkäuferin bzw. den Verkäufer.

 

Der Bauausschuss, der Finanzausschuss und die Ratsversammlung werden jährlich über ausgeübte Vorkaufsrechte informiert. 

 

 

Zuständigkeiten

 

Das Vorkaufsrecht kann gemäß § 28 Abs. 2 Baugesetzbuch nur innerhalb von 2 Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags ausgeübt werden. Eine Fristverlängerung ist nicht möglich. Die

2-Monatsfrist kann nur eingehalten werden, wenn das Verfahren schlank gehalten wird. Ursprünglich war angedacht (vgl. Drs.-Nr. 1079/2017), bei der Ausübung des Vorkaufsrechts auch den Bauausschuss zu beteiligen. Um die knappe Frist für die Ausübung des Vorkaufsrechts einhalten zu können, wird nun jedoch – nach Rücksprache mit den baupolitischen Sprechern der Fraktionen am 21.12.2018 – empfohlen, entsprechend der Hauptsatzung und der Zuständigkeitsordnung zu verfahren:

 

  1. Zuständig für die Entscheidung über die Ausübung und die Nichtausübung von Vorkaufsrechten an Grundstücken zu einem Kaufpreis von bis zu 500.000 € ist der Oberbürgermeister.

 

  1. Zuständig für die Entscheidung über die Nichtausübung von Vorkaufsrechten an Grundstücken zu einem Kaufpreis von über 500.000 € ist der Finanzausschuss.

 

  1. Zuständig für die Entscheidung über die Ausübung von Vorkaufsrechten an Grundstücken zu einem Kaufpreis von über 500.000 € ist die Ratsversammlung. Die Vorberatung erfolgt im Finanzausschuss.

 

 

 

 

 

Gebühr

 

Wenn kein Vorkaufsrecht besteht oder das Vorkaufsrecht nicht ausgeübt wird, ist darüber eine Bescheinigung für das Grundbuchamt auszustellen (sog. Negativzeugnis). Die Gebühr wird nach Aufwand festgesetzt. Die Mindestgebühr beträgt 30 €. Es wird pro Jahr mit etwa 700 Verkaufsfällen und somit Gebühreneinnahmen in Höhe von rund 21.000 € gerechnet.

 

 

Anmerkungen

 

Fristen:

Aufgrund der gesetzlich vorgegebenen 2-Monatsfrist für die Ausübung des Vorkaufsrechts kann es in Einzelfällen vorkommen, dass die Ratsversammlung innerhalb der Frist nicht tagt und das Vorkaufsrecht nicht ausgeübt werden kann. Wenn reguläre Sitzungstermine der Gremien nicht erreicht werden können, besteht nach § 5 Abs. 3 GeschO Ratsv in begründeten Ausnahmefällen die Möglichkeit,  eine Sondersitzung mit einer Ladungsfrist von einem Tag einzuberufen, es sei denn, dass ein Drittel der gesetzlichen Zahl der Ratsmitglieder  widersprechen. Es bestünde formal zudem die Möglichkeit einer Eilentscheidung durch den Oberbürgermeister, wenn der Erwerb des Grundstücks von sehr großer Bedeutung für die Stadt wäre und eine Sondersitzung nicht zu Stande kommen kann. Der Rahmen für Eilentscheidungen ist dabei sehr eng gesetzt.

 

 

Grundstücke, für die kein Vorkaufsrecht besteht:

Voraussichtlich wird bei der überwiegenden Zahl der Grundstücksverkäufe kein Vorkaufsrecht bestehen. In diesen Fällen kann nach einer verwaltungsinternen Prüfung sehr kurzfristig ein Negativzeugnis (Bescheinigung, dass kein Vorkaufsrecht besteht) ausgestellt werden.

 

 

 

 

 

 

Doris Grondke

Stadträtin für Stadtentwicklung,

Bauen und Umwelt

 

 

 

 

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