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ALLRIS - Drucksache

Geschäftliche Mitteilung - 0285/2021

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Beratungsfolge

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Antrag

Antrag:

 

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Sachverhalt/Begründung

 

Anlass und Einleitung

Die Landeshauptstadt Kiel hat sich die Verkehrswende zum Ziel gesetzt. Unter anderem mit einstimmigen Beschlüssen zum Masterplan 100 Prozent Klimaschutz (Drs. 0985/2017) sowie zum Masterplan Mobilitätr die KielRegion (Drs. 0831/2017) wurde dieses Ziel konkretisiert.

UnterVerkehrswende“ wird allgemein die grundlegende Umstellung des öffentlichen Verkehrs insbesondere mit ökologischen Zielvorstellungen verstanden. Verkehr und Mobilität sollen auf nachhaltige Energieträger, sanfte Mobilitätsnutzung und eine Vernetzung verschiedener Formen des Individualverkehrs und des öffentlichen Personennahverkehrs umgestellt werden. Mobilitätsbedürfnisse, Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschutz und Aspekte der Lebensqualität sollen auf moderne, zukunftsfähige und nachhaltige Weise miteinander verbunden werden.  

Neben wesentlichen Grundsatzprogrammen mit Zielvorgaben wird die Verkehrswende in der Landeshauptstadt Kiel auf Basis verschiedener, zum Teil nebeneinanderstehender und zum Teil aufeinander aufbauender Sonderprogramme und sich konkretisierender Planungsgrundlagen bis hin zu jährlichen Maßnahmenprogrammen umgesetzt. Auch die Planungshorizonte der einzelnen Planwerke und Programme sind dabei sehr unterschiedlich.

Die vorliegende Geschäftliche Mittelung stellt demnach kein eigenständiges Konzept dar, sondern führt die vorhandenen Bausteine einer Kieler Verkehrswende zum Zwecke der besseren Nachvollziehbarkeit zusammen. Der Überblick erfolgt in vier Kapiteln, geordnet nach den Verkehrsarten Fußverkehr, Radverkehr, Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) und Kraftfahrzeugverkehr (KFZ). Beim KFZ-Verkehr liegt der Fokus auf dem motorisierten Individualverkehr (MIV).

Der Umsetzungshorizont der Verkehrswende erstreckt sich über mehrere Jahrzehnte und erfordert komplexe und häufig kontroverse Abwägungen. Ziel der vorliegenden geschäftlichen Mitteilung ist es, einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Ziele, Grundlagen und Konzepte zu geben und die Zusammenhänge darzustellen. Die Verlinkung der Planungsgrundlagen und Beschlüsse soll einen vollständigen, vertiefenden und zugleich einfachen Zugriff auf alle Aspekte der Verkehrswende ermöglichen. Damit sollen der Selbstverwaltung und der interessierten Öffentlichkeit die Diskussion und die Fortentwicklung der Verkehrswende erleichtert werden.

Um die Mobilitätswende in der Landeshauptstadt Kiel zur begleiten, schlägt die Verwaltung die Einrichtung eines öffentlichen Beirats zur Mobilitätswende als ein Gremium vor, das die allgemeinen Mobilitätsthemen mit gesamtstädtischer Bedeutung behandelt (Drs. 0159/2021). Als vorberatende Gremien sollen der AK Verkehrsmarketing, der in Mobilitätsforum umbenannt wird, sowie das Fahrradforum fortgeführt werden. Die Geschäftliche Mitteilung soll auch als Beratungsgrundlage in den drei Gremien dienen. Je nach Bedarf soll die Übersicht in den kommenden Jahren aktualisiert und erweitert werden.

  1. Ziele


Im Masterplan Mobilitätr die KielRegion (Drs. 0831/2017) sowie Masterplan 100 Prozent Klimaschutz (Drs. 0985/2017) sind die Zielmarken r die einzelnen Verkehrsmittel (= Modal Split der Kieler Wohnbevölkerung) bestimmt:

Durch den Beschluss Drs. 0901/2019 (Climate Emergency, Erste Beschlüsse) wurde das Ziel, einen Radverkehrsanteil von 25 Prozent zu erreichen, auf das Jahr 2025 vorgezogen (Masterplan Mobilität: 25 Prozent bis 2035). Aus Sicht der Verwaltung empfiehlt sich, dass die Stadt Kiel sich dem Ziel des Landes Schleswig-Holstein anschließt und den Radverkehrsanteil bis 2030 auf 30 Prozent erhöht (siehe dazu unten im Abschnitt Radverkehr). Eine lineare Entwicklung vorausgesetzt, würde diese Entscheidung folgende Zwischenziele zur Folge haben:

 

2013

2018

2020

2023

2025

2028

2030

2033

2035

Fußverkehr

30%

30,0%

30,2%

30,6%

30,8%

31,18%

31,4%

31,76%

32%

Radverkehr

17%

22,0%

22,9%

24,1%

25,0%

28,00%

30,00%

30,00%

30%

ÖPNV

10%

10,0%

10,8%

12,1%

12,9%

14,12%

14,9%

16,18%

17%

PKW

43%

38,0%

36,1%

33,2%

31,3%

26,71%

23,6%

22,06%

21%

Tabelle 1: 2013 und 2018 die Ergebnisse des Modal Split (SrV, Drs. 1233/2019), in schwarz die Jahre, in denen es weitere SrV-Erhebungen geben wird.

Zu berücksichtigen ist, dass insbesondere der ÖPNV seine Ziele voraussichtlich erst erreichen kann, wenn das höherwertige ÖPNV-System vorhanden ist.

  1. Grundsatzprogramme

Die oben genannten Ziele werden durch andere Ziele wie etwa die Erhöhung der Verkehrssicherheit ergänzt. Grundlage für die Verkehrsplanung in Kiel sind der Verkehrsentwicklungsplan 2008 (Drs. 1197/2007), der Masterplan Mobilität für die KielRegion (Drs. 0831/2017) sowie der Masterplan 100 Prozent Klimaschutz (Drs. 0985/2017). Ergänzt werden diese Grundsatzprogramme durch Sonderprogramme, welche die Erreichung anderer Ziele zum Gegenstand haben (etwa Lärmreduzierung oder Luftreinhaltung). Diesen Plänen untergeordnet sind Konzepte und Planungen, die nur eine bestimmte Verkehrsart betreffen (etwa der Regionale Nahverkehrsplan).

2.1  Verkehrsentwicklungsplan 2008 (Drs. 1197/2007)

Seit 2008 ist der Verkehrsentwicklungsplan Richtschnur für die Verkehrsentwicklung der Landeshauptstadt Kiel. Aus ihm leiten sich immer noch Handlungsempfehlungen und Maßnahmen für die Kieler Verkehrsentwicklung ab. Der Verkehrsentwicklungsplan wurde mit Drs. 1227/2019 teilfortgeschrieben. Genauere Zielsetzungen und Maßnahmen finden sich bei den einzelnen Verkehrsarten.

2.2  Masterplan Mobilitätr die KielRegion (Drs. 0831/2017)

Mit dem Masterplan Mobilität für die KielRegion, der von allen drei Aufgabenträgern, den Kreisen Rendsburg-Eckernförde und Plön und der Landeshauptstadt Kiel beschlossen wurden ist, hat die Stadt Kiel nicht nur ein Programm für den innerstädtischen Verkehr, sondern für die gesamte Region. Der Masterplan enthält neben einer Bestandsanalyse sowie Zielvorgaben auch zahlreiche konkrete Maßnahmenvorschläge, um die Verkehrsziele bis 2035 zu erreichen. Für die genaueren Ziele und Maßnahmen siehe einzelne Verkehrsarten.

2.3  Masterplan 100 Prozent Klimaschutz (Drs. 0985/2017)

Der Masterplan 100 Prozent Klimaschutz betrachtet nicht nur den Verkehr, sondern insgesamt Maßnahmen für den Klimaschutz. Er enthält ebenso wie der Masterplan Mobilität eine Bestandsanalyse, Zielvorgaben und konkrete Maßnahmenvorschläge. Für die genaueren Ziele und Maßnahmen siehe einzelne Verkehrsarten.


  1. Gesundheitsbezogene Spezialprogramme

Der Verkehr hat starke Auswirkungen auf die Umwelt. Die Masterpläne Mobilität für die KielRegion sowie 100 Prozent Klimaschutz haben das Ziel, klimaschädliche Treibhausgase zu reduzieren, um den Klimawandel zu bremsen. Daneben sind aber auch Stickoxide, Feinstaub und Lärm ein Problem, welche insbesondere durch den motorisierten Individualverkehr entstehen und die Gesundheit schädigen.

3.1  rmaktionsplan (Drs. 0064/2021)

rm ist eine starke Belastung für viele Menschen und führt zu Erkrankungen (für weitere Informationen siehe etwa die Ausführungen des Umweltbundesamtes). Ein großer Teil der Lärmbelastung geht vom motorisierten Verkehr aus. Jede Gemeinde ist daher europarechtlich verpflichtet, ein Konzept zur Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm zu erarbeiten und regelmäßig fortzuschreiben. Zum letzten Lärmaktionsplan konnte zwar der Lärm nachts um drei Prozent reduziert werden, dafür stieg der Lärm am Tag um zwei Prozent. Ziel war es, den Nachtlärm um fünf Prozent zu reduzieren. Weitere Maßnahmen im neuen Lärmaktionsplan der Landeshauptstadt sind also notwendig, um den gesundheitsschädlichen Lärm in der Stadt zu verringern. Die Ortsbeiräte haben sich ausführlich in das Verfahren eingebracht. Deren Vorschläge wurden von der AG Verkehrslärm der Stadtverwaltung geprüft. Der neuermaktionsplan wurde im Februar 2021 von der Ratsversammlung beschlossen.

3.2  Luftreinhalteplan (Drs. 0075/2020)

Die Luftbelastung durch Stickoxide haben Stadtgesellschaft, Verwaltung und Politik in den letzten Jahren intensiv beschäftigt. Federführend für den sog. Luftreinhalteplan ist aber nicht die Landeshauptstadt, sondern das Land Schleswig-Holstein. Die Stadt Kiel beteiligt sich im Verfahren durch Stellungnahmen, ergreift aber auch selber Maßnahmen, um die Luftbelastung zu reduzieren. In Kiel sind insbesondere die Menschen am Theodor-Heuss-Ring sowie in der Bahnhofstraße von Stickoxiden belastet. Seit 2020 werden die Grenzwerte wieder eingehalten. Im sonstigen Stadtgebiet sind die Werte überwiegend gut, eine weitere Senkung insbesondere an hochfrequentierten Straßen ist aber wünschenswert. Ziel der Landeshauptstadt Kiel ist es die Schadstoffbelastung insgesamt und nicht nur punktuell zu reduzieren. Darum hat die Stadt einen ausführlichen Maßnahmenkatalog vorgelegt.

3.3  Green City Plan (Drs. 0716/2018)

Infolge der Belastung durch Stickoxide in vielen Städten hat das Bundesverkehrsministerium das Programm Saubere Luft 2017-2020 ins Leben gerufen. In einem ersten Schritt sollten sogenannte Green City Pläne entwickelt werden, durch die eine nachhaltige und strategische Mobilitätsentwicklung sichergestellt werden soll. Die Green City Pläne sind Grundlage für weitere Fördermittel. In Kiel hat die Ratsversammlung 2018 einstimmig den Green City Plan beschlossen (Drs. 0716/2018). Dieser enthält zahlreiche Maßnahmen zur Reduzierung von Stickoxiden in Kiel, die aber auch zur Lärmreduzierung beitragen.

  1. Mobilitätsspezifische Programme

Aus den oben genannten Programmen leiten sich Einzelprogramme für die jeweilige Mobilitätsform ab, wie etwa der Regionale Nahverkehrsplan (RNVP), das Veloroutennetzkonzept oder etwa das Konzept zur E-Mobilität. Diese werden in den einzelnen Teilbereichen vorgestellt.

  1. Verkehrssicherheit

Das Thema Verkehrssicherheit hat sehr unterschiedliche Aspekte und betrifft alle Verkehrsarten. Planung, Bau und Unterhaltung haben einen Einfluss auf die Verkehrssicherheit der Verkehrsteilnehmer. Im Rahmen der Mobilitätswende spielt die Verkehrssicherheit eine besondere Rolle, da gerade die schwächeren Verkehrsteilnehmer wie Fußnger, insbesondere ältere Personen und Kinder, sowie Radfahrer in ihrer Verkehrsleistung gestärkt und besonders geschützt werden müssen.

Die Straßenverkehrsbehörde, als originär zuständige Behörde für Verkehrssicherheit, unterstützt in vielen Bereichen und ist das Bindeglied in der Verkehrskommission zwischen den Ämtern der Landeshauptstadt Kiel und der Polizei. Im Straßen und Wegenetzes der Landeshauptstadt Kiel gibt es eine Reihe von Knotenpunkten an denen sich Unfälle mit Beteiligung der schwächeren Verkehrsteilnehmer wie Radfahrern oder Fußngern häufen. Nach einer umfassenden Auswertung von Verkehrsbeobachtungen und der Unfallstatistiken an neuralgischen Knotenpunkten werden Unfallhäufungsstellen bzw. Unfallschwerpunkte identifiziert und gemeinsam werden Lösungsvorschläge interdisziplinär erarbeitet. Neben ergänzenden verkehrsregelnden Maßnahmen durch Beschilderung, z. B. spezielle Gefahrzeichen oder Geschwindigkeitsreduzierungen, werden auch Änderungen an Fahrbeziehungen und Ampelschaltungen vorgenommen, um als gefahrenträchtig erkannte Verkehrssituationen sicherer zu gestalten. Beispielhaft sei auf die für die Verkehrsteilnehmer*innen ufig anspruchsvollen Abbiegesituationen hingewiesen. Hier sind in der Vergangenheit an diversen großen und sehr komplexen Kreuzungen, z. B. Exerzierplatz/Schützenwall oder Westring/Gutenbergstraße, eigenständig signalisierte Phasen für Abbiegebeziehungen eingeführt worden, um ein konfliktfreies Abbiegen zu ermöglichen. Dies hatte zur Folge, dass das ursprüngliche Unfallgeschehen komplett entfallen ist.

Ein aktuelles Thema ist z.B. die Erhöhung der Verkehrssicherheit am Wehdenweg. Die Verwaltung hat in der Ortsbeiratssitzung des Ortsbeirates Ellerbek/Wellingdorf im September 2019 bauliche Maßnahmen zur Stärkung der Verkehrssicherheit am Wehdenweg vorgeschlagen. Dazu hat der zuständige Ortsbeirat noch keinen Beschluss gefasst, um dem als Vorschlag eingereichten Bürger*innenbeteiligungsverfahren nicht vorzugreifen, der derzeit durch die Verwaltung geprüft wird.

 

  1. Konflikte

hrend mittlerweile eine sehr hohe Zustimmung zum Gesamtziel Verkehrswende besteht, kommt es in der konkreten Umsetzung zu Konflikten. Kiel wurde beim Wiederaufbau als autogerechte Stadt geplant und gebaut. Der PKW-Verkehr nimmt darum im Straßenraum viel Platz ein. Der Straßenraum ist aber begrenzt. Die Förderung des Fuß- und Radverkehrs setzt daher ufig voraus, dass der PKW-Verkehr an Raum verliert. Die volle Wirksamkeit erzielen die Maßnahmen aber nur, wenn sie kohärent geplant und umgesetzt werden. So ist das Veloroutennetz nur attraktiv, wenn es eine durchgängige Verbindung gibt.

  1. Fazit

Kiel hat umfangreiche konzeptionelle Grundlagenr die weitere Verkehrsentwicklung. Besonders hervorzuheben ist, dass die Konzepte auch die KielRegion umfassen und gemeinsam mit den angrenzenden Kreisen und Gemeinden an der Verkehrswende gearbeitet wird. Die Komplexität des Themas macht es notwendig, dass Spezialprogramme für bestimmte Mobilitätsformen oder zu bestimmten Problembereichen vorgelegt werden.

r die weitere Gestaltung der Verkehrswende werden derzeit keine grundlegenden neuen Konzepte benötigt. Den Schwerpunkt sollte die konsequente Umsetzung der existierenden, von der Ratsversammlung beschlossenen Programme und Maßnahmen bilden, die allerdings teilweise konkretisiert und regelmäßig an neue Umstände anzupassen sind.


Kapitel A – Maßnahmen für den Fußverkehr

  1. Einleitung

Der Fußverkehr nimmt mit 30 Prozent einen großen Teil des Gesamtverkehrs ein (siehe SrV 2018), wobei der Wert zehn Jahre zuvor noch bei 28 Prozent lag ( vgl. SrV 2008). Damit nimmt Kiel bei den untersuchten Städten eine Spitzenposition ein, wobei die Werte von 16 Prozent (Eichwalde/Zeuthen) bis 35 Prozent (Jena) reichen. Auf die tatsächlich zurückgelegte Strecke berechnet, erreicht der Fußverkehr einen Wert von zehn Prozent der Binnenwege und fünf Prozent aller Wege (SrV 2018, Tabelle 15 b), da längere Strecken häufig mit dem Fahrrad, Bus oder PKW zurückgelegt werden. Ziel ist es, den Wert des Fußverkehrs bis 2035 auf 32 Prozent zu erhöhen (einstimmiger Beschluss, Masterplan Mobilität, Drs. 0831/2017). Dieses ambitioniertere Ziel erscheint erreichbar, insbesondere bei den Strecken unter drei Kilometern besteht noch Potential für den Fußverkehr.

Abbildung 1 Mobilitätssteckbrief SrV 2018 - rot: MIV, blau: ÖPNV, gelb: Rad, grün: Fuß

Die Grundlagen für die konkreten Maßnahmen bilden der Verkehrsentwicklungsplan (Drs. 1197/2007), Masterplan Mobilität (Drs. 0831/2017) sowie der Masterplan 100 Prozent Klimaschutz (Drs. 0985/2017). Ergänzt wird dies durch den Green City Plan (Drs. 0716/2018). Mit Beschluss „Kiel erkennt den Climate Emergency an und erhöht das Tempo zur klimaneutralen Stadt“ (Drs. 0443 /2019) wurde die Verwaltung beauftragt, das Ziel der klimaneutralen Stadt schneller zu erreichen und daher Maßnahmen vorzuziehen (Umsetzungsbeschluss, Drs. 1135/2019).

Die Zahl der verletzten Fußnger*innen liegt seit 2010 zwischen 98 und 144hrlich. Die Unfallstatistikr 2019 besagt, dass von den 128 Unfällen mit Fußnger*innen, 36 (28 Prozent) von Fußnger*innen verursacht wurden. 114 Fußnger*innen wurden verletzt, darunter 23 Kinder.

  1. Grundlagen

r den Fußverkehr sind folgende Bestandteile der Grundlagenkonzepte von Bedeutung:


2.1  Verkehrsentwicklungsplan (Drs. 1197/2007)

 Der Fußverkehr hat im Verkehrsentwicklungsplanein eigenes Kapitel (S. 28 32), welches die Ziele für den Kieler Fußverkehr festlegt. Ziel ist es danach, ein möglichst engmaschiges, sicheres Netz vorzuhalten. Dies soll erreicht werden durch die Verbesserung der Qualität der Fußwege (Erhöhung der Fußwegenetzqualität, ausreichend breite und von der Oberflächengestaltung benutzbare Gehwege, Erhöhung der Aufenthaltsqualität), die Erhöhung der Sicherheit für Fußnger*innen (Geschwindigkeitsdämpfung des motorisierten Individualverkehrs, Senkung des Unfallrisikos, insbesondere die Eingrenzung schwerer Unfälle, Abbau und Vermeidung von Angsträumen) sowie die Verbesserung der Mobilitätschancen für Menschen mit besonderen Bedürfnissen (Umsetzung der Barrierefreiheit durch Abbau physischer Barrieren, Umsetzung des „2-Sinne-Prinzips“bei der Gestaltung im Straßenraum)

2.2  Masterplan Mobilität der KielRegion (Drs. 0831/2017)

Der Masterplan Mobilität enthält wie dargestelltr den Fußverkehr die Zielvorgabe, den Anteil am Gesamtverkehr auf 32 Prozent bis 2035 zu erhöhen. Dafür werden Ansatz und Rahmenbedingungen auf den S. 31 33 des Masterplans beschrieben. Konkrete Maßnahmen für den Fußverkehr sind A.1.1 Anwendung des Handlungsleitfadens Fußverkehr (S. 90), A.1.2. Sukzessive Herstellung eines barrierefreien Mobilitätssystems (S. 91), A.1.3. Fußverkehrschecks als Planungsinstrument (S. 92), A.1.4. Ausbau, Erhaltung und systematische Pflege der Fußwege (S. 93), A.1.5. Entwicklung eines regionalen Wanderroutennetzes (S. 94).

2.3  Masterplan 100 Prozent Klimaschutz (Drs. 0985/2017)

Der Masterplan 100 Prozent Klimaschutz setzt einen Zielwert von 31 Prozent Fußverkehrsanteil bis 2050. Maßnahmen mit Fußverkehrsrelevanz sind M-001 Instandhaltung von Infrastruktur, M-010 Vorrang für den Mobilitätsverbund, M-011 Berücksichtigung von Nutzungsdurchmischung und ÖV-Anbindung bei Stadtentwicklung, M-012 Aufenthaltsqualität verbessern, M-013 Ruhender Verkehr, M-016 autofreie Innenstadt.
Mit Drs. 1135/2019 wurde eine beschleunigte Umsetzung von M-013 beschlossen.

2.4  Green City Plan (Drs. 0716/2018)

Der Green City Plan enthält nur wenige Ansätze für den Fußverkehr. Maßnahmen mit Bezug zum Fußverkehr sind I.a Aufbau eines Verkehrsmanagementsystems (S. 47) sowie I.a-4 Digitale Verkehrsdatenerhebung (S. 55)

2.5  rmaktionsplan (Drs. 0064/2021)

Der Lärmaktionsplan hebt hervor, dass die Förderung des Fußverkehrs einen Anteil an der Lärmreduktion hat und bestätigt insbesondere die Ziele aus dem Verkehrsentwicklungsplan (3.4.1, S. 16 f.).

2.6  Kieler Standardsr Fuß- und Kinderwege

Die Stadt Kiel hat sich eigene Standards gegeben, die über die Voraussetzungen der Straßenverkehrsordnung hinausgehen (Drs 0454/2014 Anlage 3). Dazu gehört etwa eine Mindestbreite von 2,5 Meterr Gehwege. Vor Kinderorten, wie etwa Schulen, KiTas oder Spielplätzen, sowie Behörden und anderen öffentlichen Zielen soll ein Breitenzuschlag hinzugerechnet werden. Dadurch sollen Kinder, die im Straßenverkehr besonders gefährdet sind, besser geschützt werden. Darüber hinaus sind insbesondere die Wege Kategorie Allzeitwege als ganzjährig und witterungsunabhängig nutzbar zu beleuchten. Besondere Anforderungen sind auch an die Barrierefreiheit dieser zu stellen. Die Kieler Standards sollen bei Neuplanungen angelegt werden. Durch zusätzliche Programme (s.u.) versucht die Landeshauptstadt, diese Standards auch unabhängig von Neuplanungen umzusetzen.

2.7  Fußwege- und Kinderachsenkonzept

Mit dem Verkehrsentwicklungsplan wurde die Verwaltung beauftragt, ein Fußweg- und Kinderachsenkonzept zu entwickeln. Dieses wird kontinuierlich fortgeschrieben und ist derzeit auf dem Stand 2016. Einzelkonzepte gibt es für die Bereich Schreventeich/Hasseldieksdamm, Mettenhof, Russee/Hammer, Hassee/Vieburg (Drs. 0872/2012), Gaarden und Mitte (Drs. 0454/2014), Ellerbek/Wellingdorf und Neumühlen-Dietrichsdorf/Oppendorf (Drs. 0424/2015), Wik und Ravensberg/Brunswik/Düsternbrook (Drs. 0569/2016), Meimersdorf/Moorsee, Wellsee/Kronsburg/Rönne und Elmschenhagen/Kroog (Drs. 0639/2017) und Suchsdorf und Steenbek/Projensdorf (Drs. 0519/2019). In 2021 soll der Plan für Schilksee, Pries/Friedrichsort und Holtenau erstellt werden. Im Anschluss erscheint eine schrittweise Revision der älteren Pläne als angemessen.

  1. Stadtteilkonzepte

Mit Drs. 0668/2020 wurde Verwaltung aufgefordert ein gesondertes Mobilitäts- und Parkraumkonzept für das Stinkviertel, sowie mit Drs. 0797/2020 ein Quartierentwicklungs- und Mobilitätskonzept für das französische Viertel zu entwickeln. Beide Konzepte sollen eine Förderung des Fußverkehrs vorsehen.

  1. Maßnahmenprogramme

Die oben genannten Ziele und Konzepte werden durch Dauerprogramme schrittweise umgesetzt.

4.1  Programm zur Förderung des Fußverkehrs (Drs. 0325/2020)

Zur Förderung des Fußverkehrs werden fortlaufend zahlreiche kleinteilige Maßnahmen umgesetzt, die insbesondere von den Ortsbeiräten und anderen Beratungsgremien vorgeschlagen werden. Derzeit umfasst die Liste 63 Maßnahmen, 2015 waren es noch 40. Für 2020 waren 625.000 Euro vorgesehen, wodurch die ersten beiden Maßnahmen der Prioritätenliste umgesetzt werden können.

Eine Aktualisierung des Maßnahmenkatalogs erfolgt jährlich, wobei die Ortsbeiräte gebeten werden, Vorschläge zu machen und bestehende, noch nicht umgesetzte Maßnahmen zu überprüfen. Das Anwachsen der Liste zeigt, dass das Bewusstsein für einen sicheren Fußverkehr steigt. Für 2021 sind 750.000 Euro vorgesehen (Investitionsnummer 5410010013 sowie 5410010049) und damit 20 Prozent mehr als noch 2020. Es wird in der Regel versucht, Maßnahmen der Prioritätenliste im Rahmen von Maßnahmen der Abteilung Stadtentwässerung des Tiefbauamtes oder Leitungsmaßnahmen Dritter, wie z. B. der Stadtwerke oder von Telekommunikationsunternehmen umzusetzen. Im Rahmen der Glasfaseroffensive der Deutschen Telekom besteht die Chance, die Baumaßnahmen zu nutzen, um die Fußwege aufzuwerten. Auch im Rahmen von Fahrbahnerneuerungsmaßnahmen bietet es sich an, Maßnahmen der Prioritätenliste zu planen und umzusetzen. So betreffen auch Maßnahmen aus dem „Erhaltungsmanagement Straßen, Wege und Plätze“ (Drs. 0547/2020) den Fußverkehr.

Im Kern bleibt aber festzuhalten, dass trotz der Aufstockung von Personal und Haushaltsmitteln in den vergangenen Jahren eine zügige Abarbeitung des Programmes zur rderung des Fußverkehrs mit den der Verwaltung zur Verfügung stehenden personellen und finanziellen Mitteln derzeit nicht möglich ist.

4.2  Barrierefreie Gebäude, Straßen, Plätze (Drs. 0041/2020)

Um die Barrierefreiheit in der Stadt Kiel schneller zu erreichen, werden zusätzlich jährlich 150.000 Euro bereitgestellt. Für die Jahre 2020/21 können so 21 Maßnahmen realisiert werden, wobei dies auch Hochbaumaßnahmen umfasst (etwa Treppenlift im Kulturzentrum Pumpe e.V.)

4.3  Erhaltungsmanagement Straßen, Wege und Plätze (Drs. 0547/2020)

Der Erhalt von Straßen und Wegen ist ein bedeutender Baustein für eine gelingende Verkehrswende in Kiel. Die bisherige Zustandserfassung (Drs. 0643/2019) erfolgte schwerpunktmäßig über schnellfahrende Messsysteme und erfasste die Fahrbahn. Zukünftig soll darüber hinaus auch die Erfassung von Nebenflächen (z. B. Radwege, Fußwege) erfolgen. So profitiert auch der Fußverkehr.

  1. Größere Einzelmaßnahmen

Größere Einzelmaßnahmen, die ausschließlich dem Fußverkehr dienen, stellen die Ausnahme dar, da diese überwiegend im Rahmen der genannten Programme realisiert werden. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass etwa die Maßnahme zwei des Programmes zur Förderung des Fußverkehrs, ein Maßnahmenpaket im Rahmen des ExWoSt Modellprojekts (Bundesförderprogramm Experimenteller Wohnungs- und Städtebau Aktive Mobilität in städtischen Quartieren) in Ellerbek/ Wellingdorf ein Volumen von 600.000 Euro hat.

5.1  Umsetzungen 2019/20

Die folgenden Beispiele sind nur eine kleine Auswahl der zahlreichen Maßnahmen, bei denen der Fußverkehr gefördert wurde. Im Rahmen des o.g. ExWoSt Modellprojekts wurde als eine Maßnahme die Danziger Straße barrierefrei ausgebaut.

An der Preetzer Straße (zwischen der Haltestelle Schulen am Langsee und der Geschwister-Scholl-Straße) wurde ein neuer Gehweg gebaut.

In der Andreas-Gayk-Straße (zwischen Fabrikstraße und Holstenfleet) erfolgte eine Gehwegverbreiterung, indem der Radweg auf die Straße verlagert wurde.

In der Gutenbergstr. (zwischen Hansastraße und Westring) wurde der bauliche Radweg zurückgebaut und der Gehweg verbreitet. Dadurch wurde die Aufenthaltsqualität verbessert und den anliegenden Gastronomen die Möglichkeit gegeben, Außengastronomie zu betreiben.

Daneben wurden etwa die Beamtenlaufbahn sowie der Weg im Hiroshimapark grundsaniert und ein barrierefreier Bogensteg gebaut. Im Schützenpark wurden diverse Wege grundsaniert und einige neue gebaut. In Dietrichsdorf wurde ein barrierefreier Steg als Weg zum Strand Hasselfelde errichtet.


5.2  Umsetzung 2021/22

In der Gutenbergstre wird im Anschluss an die Maßnahme zw. Hansastraße und Westring ein baulicher Radweg auf dem alten Parkstreifen errichtet. Der alte Radweg wird dem Fußweg zugeschlagen, die Knotenpunkte sowie die Bushaltestellen barrierefrei gestaltet (Drs. 0540/2020). Die Umsetzung ist für 2021 geplant, die Gesamtkosten betragen 1,7 Mio. Euro.

r 2021 ist an der Veloroute 10 ein Gehweg zwischen Olshausenstraße und Westring geplant (Drs. 0048/2020).

Weiter werden ein Fuß- und Radweg nach Hasselfelde (siehe 2. a. und b. Drs. 0039/2021), eine überörtliche Wegeverbindung auf der Kaikante Hasselfelde (siehe 2. a. und b. Drs. 0039/2021), die Wegeverbindung zum Spielplatz am Wulfsbrook und ein neuer Weg am Sport- und Freizeitbad angelegt, der Schüttenredder wird verlängert, die Wege am Lessingplatz/Schräger-Funken-Park saniert, am Ravensberg werden Wege im Grünzug verbessert und am Tröndelsee ein Wanderweg neugebaut.

  1. Durchsetzung des Ordnungsrechts

Falschparker*innen auf Gehwegen und Gehwegquerungen behindern den Fußverkehr und gefährden diesen. Dies gilt insbesondere dann, wenn Menschen auf die Straße ausweichen müssen, weil die Restbreite des Gehwegs nicht mehr ausreicht. Dies stellt insbesondere für Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen, aber auch r Menschen mit Kinderwagen ein Problem dar. Zur Erreichung der im Verkehrsentwicklungsplan, sowie den Masterplänen und anderen Konzepten festgelegten Ziele, ist es notwendig, das Falschparken konsequent zu ahnden. Der Ordnungsdienst, der grundsätzlich für die Überwachung des ruhenden Verkehrs zuständig ist, wird inzwischen durch den neu eingerichteten Kommunalen Ordnungsdienst (KOD) unterstützt. Im ersten Jahr des KOD hat dieser rund 1.600 PKW abschleppen lassen. Weitere Informationen bietet Drs. 0906/2020. Auf Antrag der Selbstverwaltung sollen zehn weitere Stellen im KOD geschaffen werden, sodass dieser von 16 auf 26 Personen anwächst (Drs. 1099/2020).

Konflikte entstehen auch durch Gehwegradler*innen, die mit ihrem Verhalten sich und andere gehrden. Sowohl die Polizei als auch der Kommunale Ordnungsdienst haben ihre Anstrengungen verstärkt, dieses Fehlverhalten zu unterbinden.

  1. Konflikte

 

7.1  Zielkonflikte

Der Ausbau der Infrastruktur für den Fußverkehr steht an mancher Stelle in Konflikt zu anderen Zielen der Stadt Kiel. So gehört zu einem attraktiven Fußweg auch eine angemessene Beleuchtung. Straßenbeleuchtungen können aber im Widerspruch zum Artenschutz (etwa Insekten, Fledermäusen etc.) stehen. Mit Drs. 0901/2019 (Climate Emergency, Erste Beschlüsse) hat die Ratsversammlung beschlossen, Lichtemissionen zu reduzieren. Bei der Aufstellung neuer Straßenbeleuchtung ist daher zu prüfen, wie diese bei Einhaltung des Artenschutzes gelingen kann. Entstehen befestigte Gehwege in Bereichen, in denen es derzeit keine gibt, bedeutet dies eine Versiegelung von Flächen. Versiegelte Böden führen dazu, dass Regenwasser schlechter versickert, was insbesondere bei Starkregen zu Problemen führen kann. Dazu erwärmen sich versiegelte Böden stärker, was in Zeiten des Klimawandels zu einer weiteren Erwärmung der Städte führt. Das Umweltbundesamt warnt daher vor den Nachteilen weiterer Versiegelungen.

Zielkonflikte können auch mit dem wünschenswerten Erhalt und der Neupflanzung von Stadtbäumen entstehen (Drs. 0826/2019). So führt das Wachstum der bestehenden Bäume teilweise zu Aufbrüchen der Gehwege oder diese stehen an Standorten, an denen neue Gehwege geplant werden. Hier ist jeweils im Einzelfall eine Abwägung vorzunehmen. Auch mit dem Denkmalschutznnen Konflikte auftreten, insbesondere, wenn ein historisches Straßenbild geändert werden soll.

7.2  Weitere Konflikte

Zu berücksichtigen ist, dass Maßnahmen zur Förderung des Fußverkehrs häufig in Konflikt mit bestehenden illegalen wie legalen (Gehweg-)Parkplätzen stehen. An zahlreichen Stellen in Kiel ist das sogenannte legalisierte Gehwegparken möglich (Zeichen 315 StVO). Dies führt dazu, dass der Platz für Fußnger*innen reduziert ist. Insbesondere für Menschen, die auf einen Rollator oder Rollstuhl angewiesen, aber auch für Menschen, die mit einem Kinderwagen unterwegs sind, führt dies zu Problemen. Eine barrierefreie und sichere Gehwegführung ist an einigen Stellen nur möglich, wenn das Gehwegparken aufgelöst wird. An manchen Stellen entspricht das legalisierte Gehwegparken auch nicht mehr den Vorgaben der VwV-StVO. So wurde auf Antrag des Ortsbeirates in der Hasselmannstraße die notwendige Gehwegbreite wiederhergestellt, da das Gehwegparken nicht mehr der VwV-StVO-konform war.

An einigen Stellen werden bauliche Maßnahmen ergriffen, um Falschparken auf den Gehwegen zu unterbinden, wie etwa in Umsetzung von Drs. 1067/2018 (Samwerstraße). Solche Maßnahmen führen teilweise zu Widerspruch der Anwohner*innen, welche dort geparkt haben. Aufgrund der Kieler Standards (siehe 2.6) sollte die Freihaltung von Gehwegen (insbesondere vom illegalen) Parken ein höheres Gewicht erhalten.

Probleme entstehen auch durch sogenannte Schrotträder: Zurückgelassen Räder, die nicht nur die Fahrradbügel blockieren, sondern teilweise in den Gehweg hineinreichen. Hier könnte eine regelmäßigere Kontrolle Verbesserungen bringen. Besserung ist auch durch die Melde-Möwe-App der Verwaltung zu erwarten, die schrittweise über die Meldung von Müllablagerungen hinaus für die Meldung von z.B. Gehwegschäden oder anderen Beeinträchtigungen des Fußverkehrs genutzt werden soll.

  1. Fazit

Obwohl der Fußverkehr schon heute einen hohen Anteil an der Alltagsmobilität ausmacht und ein beträchtliches Steigerungspotenzial hat, spielt er in den verkehrspolitischen Diskussionen und Konzepten noch eine vergleichsweise untergeordnete Rolle. Dieses Ungleichgewicht sollte im Sinne einer kohärenten Umsetzung der Verkehrswende behoben werden. Davon würden insbesondere eingeschränkt mobile Bevölkerungsgruppen wie Senior*innen, Kinder und Jugendliche profitieren.

Das im Masterplan Mobilität festgelegte Ziel, den Fußverkehrsanteil auf 32 Prozent zu erhöhen, ist weiterhin realistisch. Die anderen Zielvorgaben (Sicherheit, Barrierefreiheit, hohe Gehwegqualität) sind mit den derzeitigen personellen wie finanziellen Mitteln nicht in der wünschenswerten Zügigkeit zu erreichen. Besorgniserregend ist, dass seit 2010 die Zahl der verletzten Fußnger*innen immer über 98 Personen lag und auch mit 114 Verletzten in 2019 noch hoch ist. Aufgrund des demografischen Wandels ist zu erwarten, dass höhere Anforderungen an die Fußinfrastruktur gestellt werden, insbesondere an die Barrierefreiheit. Um dies zu erreichen, muss dem Fußverkehr in der Abwägung zwischen Parkraum und Fußverkehr ein höheres Gewicht zukommen.

Die zur Verfügung stehenden Mittel im Programm Fußverkehr sind von 625.000 Euro (2020) auf 750.000 Euro (2021) aufgestockt worden, ergänzt wird dies durch 150.000 Euro zur Verbesserung der Barrierefreiheit. Daneben werden Mittel für den Fußverkehr für Einzelmaßnahmen (etwa Gehweg an der Veloroute 10, Rückbau Radweg an der Gutenbergstre), im Rahmen größerer Neugestaltungen des Straßenraumes oder bei allgemeinen Erhaltungsmaßnahmen freigegeben.

 


Kapitel B - Radverkehr

 

  1. Einleitung

Der Radverkehr nimmt in Kiel 22 Prozent des Gesamtverkehrs ein (SrV 2018), wobei der Wert zehn Jahre zuvor noch bei 21 Prozent lag (SrV 2008). Damit hält Kiel bei den untersuchten Städten eine Spitzenposition, wobei die Werte von 16 Prozent (Bischofswerda) bis 31 Prozent (Karlsruhe) reichen. Zwischenzeitlich war der Wert in Kiel auf 17 Prozent gefallen (SrV 2013). 1988 lag er noch bei acht Prozent.

Ziel ist es, den Wert bis 2035 auf 25 Prozent zu erhöhen (Masterplan Mobilität der KielRegion, Drs. 0831/2017). Mit Climate Emergency, Erste Beschlüsse zur Resolution (Drs. 1135/2019) wurde die Zielmarke von 25 Prozent bereits auf 2025 vorgezogen (siehe bereits Empfehlung des Fahrradforums von 2015, Drs. 0497/2015). Potential zur Erhöhung des Radverkehrsanteils besteht insbesondere bei den Strecken unter fünf Kilometern. Durch die Zunahme von E-Bikes wird das Fahrrad aber auch auf längeren Strecken interessant.

Abbildung 2: Mobilitätssteckbrief SrV 2018 - rot: MIV, blau: ÖPNV, gelb: Rad, grün: Fuß

Das Land Schleswig-Holstein hat mit seiner Radstrategie 2020r ganz Schleswig-Holstein die Zielmarke von mindestens 22 Prozent bis 2025 und von mind. 30 Prozent bis 2030 ausgerufen.[1]

In Anbetracht des bereits hohen Radanteils in Kiel sowie der Vorziehung der Zielmarke von 25 Prozent auf 2025 und der Landesziele erscheint es angemessen,r Kiel mindestens 30 Prozentbis 2030 anzustreben.

Daraus würden folgende Ziele und Zwischenziele resultieren, wenn eine lineare Entwicklung vorausgesetzt wird (schwarz die Jahre, in denen eine SrV-Erhebung gemacht wird).

 

 

2008

2013

2018

2020

2023

2025

2028

2030

2033

2035

Radverkehr

21%

17%

22%

22,9%

24,1%

25%

28%

30%

30%

30%

Selbstverwaltung und Verwaltung werden bei Radverkehrsmaßnahmen über das Fahrradforum seit 1987/88 von Expert*innen verschiedener Verbände sowie der Polizei beraten. Das Fahrradforum wird mit Drs. 0159/2021 reformiert.

Die Zahl der im Straßenverkehr verletzten Radfahrer*innen steigt jedes Jahr weiter an. So wurden 2019 504 Menschen auf dem Fahrrad verletzt (2010: 322). Fast die Hälfte der Menschen wurde im Sommer verletzt (233 zw. Juni und September). 57 Prozent der Unfälle werden von anderen Verkehrsteilnehmer*innen verursacht, bei 14,5 Prozent trugen die Radfahrer*innen eine Mitschuld. 20,5 Prozent der Unfälle passierten gänzlich ohne Fremdeinwirkung. Besonders stark gestiegen ist die Zahl der Unfälle mit Pedelecs (rund 90 Prozent zu 2018). 2019 wurden 47 Kinder verletzt, die mit dem Rad unterwegs waren.

  1. Planungsgrundlage

r den Radverkehr sind folgende Punkte der erwähnten Planungsgrundlagen von Bedeutung.

2.1.  Verkehrsentwicklungsplan (Drs. 1197/2007)

Der Radverkehr hat im Verkehrsentwicklungsplan (VEP) ein eigenes Kapitel (S. 33 40), das die Ziele für den Kieler Radverkehr festlegt. Bereits im VEP wurde ein Radverkehrsanteil von 25 Prozent als Zielmarke ausgegeben. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde ein Ausbau des Veloroutennetzes (6.2.2) sowie Maßnahmen zum Ausbau und Verbesserung der Radverkehrsanlagen (6.2.3, Netzschlüsse und Netzergänzungen, Lückenschluss von Radverkehrsanlagen und Beseitigung von Gefahrenpunkten an den Enden der Radverkehrsanlagen, Verbesserung der Beläge von Radwegen und Radfahrstreifen, [Befestigung, fahrradfreundliche Belagsqualität, Aufarbeitung von Kopfsteinpflastern], Besonders die Oberflächen von Straßen mit Kopfsteinpflasterung werden bei Umbau und Sanierung fahrradfreundlich angelegt) beschlossen. Dazu soll eine fahrradfreundliche Ampelschaltung geschaffen (6.2.4), das Fahrradparken optimiert (6.2.5), die Verkehrssicherheit erhöht (6.2.6) und die Öffentlichkeitsarbeit verbessert werden (6.2.7).

2.2.            Masterplan Mobilitätr die KielRegion (Drs. 0831/2017)

Der Masterplan Mobilität enthält folgende Maßnahmen mit Radverkehrsrelevanz, die zu einer Steigerung des Radverkehrsanteils von 25 Prozent bis 2035 führen sollen:

A.2.1 Netzwerkaufbau zum Austausch von Knowhow im Radverkehr (S. 95), A.2.2 Regionales Radverkehrsnetz mit Alltagstauglichkeit (S. 96), A.2.3 Ausbau von Premiumrouten im Radverkehr (S. 97), A.2.4 Systematische Erhaltung und Ausbau der Radverkehrsanlagen (S. 98), A.2.5 Erstellung eines Handlungsleitfadens Radverkehrsförderung (S. 99), A.2.6 Fahrradabstellanlagen an ÖPNV-Verknüpfungspunkten (S. 100), B.2.2 Etablierung von Mobilitätsstationen (S. 116), B.2.5 Fahrradmitnahme auf ausgewählten ÖPNV-Relationen (S. 119), B.3.3 Anleger werden zu Mobilitsstationen (S. 122), C.1.4 Schaffung eines regionalen Bikesharing-Systems (S. 127), C.1.5 Aufbau eines regionalen Lastenradverleihs (S. 128), D.3.3 Ausweitung von Geschwindigkeitsreduzierungen (S. 159), D.3.4 Ausweitung der Präventionsarbeit (S. 160), D.3.7 Ausweitung der Verkehrsüberwachung (S. 163).

2.3.            Masterplan 100 Prozent Klimaschutz (Drs. 0985/2017)

Der Masterplan 100 Prozent Klimaschutz enthält folgende Maßnahmen für den Radverkehr:

M-001 Instandhaltung vorhandener Infrastruktur (S. 631), M-002 Ausbau der Fahrradinfrastruktur (S. 632), M-005 Mobilitätsstationen (S. 633), M-006 Fahrradparken (S. 634), M-010 Vorrang für den Mobilitätsverbund (S. 638), M-016 autofreie Innenstadt (S. 644), M-017 City-Logistik und Lastenräder im Handwerk (S. 645).

2.4.            Green City Plan (Drs. 0716/2018)

Der Green City Plan hat folgende radverkehrbezogene Bestandteile:

II.e-1-a Beschaffung von zusätzlichen Diensträdern (inkl. Pedelecs & Lastenfahrräder) (S. 99), II.e-1-b Finanzierung von Fahrradfördernden Maßnahmen für die Mitarbeiter*innen (S. 101), II.e-1-c Fahrradabstellanlage/Fahrradparkhaus (S. 103), III.a Radpremiumrouten in der Landeshauptstadt Kiel (S. 120), III.b Interkommunale Rad-Premiumrouten in der KielRegion (S. 122), III.c ckenschlüsse im regionalen Radverkehrsnetz (S. 123), III.d Schwentinefähre als Teil des Rad-Premiumroutennetzes (S. 125), III.e Kanalfähre als Teil des Premium-Radroutennetzes (S. 127).

2.5.  Climate Emergency (Drs. 1135/2019)

Mit „Erste Beschlüsse zur Resolution“ wurden Maßnahmen aus den vorgenannten Programmen vorgezogen, um den Radverkehr zu fördern. Weiter wurde beschlossen, dass bereits 2025 ein Radverkehrsanteil von 25 Prozent erreicht werden soll. Der Beschluss enthält folgende Punkte mit Radverkehrsrelevanz:

6.1. Umwandlung von Fahrstreifen des Kfz-Verkehrs zugunsten des Radverkehrs, 6.2. Zur Beschleunigung der Planung von Radverkehrsanlagen sollen zwei Planstellen neu eingerichtet werden, 6.3 Die Verwaltung soll prüfen, welche weiteren Kapazitäten (z.B. Technische Zeichner*innen) für eine wesentliche Steigerung und Beschleunigung für Planung und Bau von Radverkehrsanlagen notwendig sind, 9. M-001 Vorhandene Infrastruktur Instand halten Radwegesanierungsoffensive, 10. M-002 Ausbau Fahrradinfrastruktur Anpassung der Haushaltsmittel

  1. Bewertungen der Kieler Radinfrastruktur

Verschiedene Organisationen bewerten den Radverkehr in Deutschland. Diese setzen unterschiedliche Maßstaben und Methoden an, sodass sie zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen (können).

3.1.  ADFC Klimatest 2018

Der wohl bekannteste Test ist der ADFC Klimatest, bei dem Bürger*innen in einer Onlineumfrage ihre Stadt bewerten können. Damit hat der Test keinen wissenschaftlichen Anspruch, spiegelt aber die Stimmung in einer Stadt wieder. Kiel erhält hier die Note 3,8 und hat sich damit leicht zu 2016 verschlechtert, wobei dies vermutlich nicht zuletzt auf die gestiegenen Ansprüche der Radfahrer*innen zurückzuführen ist. Im Bundesvergleich (Stadtgrößenklasse 200.000 bis 500.000 Einwohner*innen) nimmt Kiel den fünften von 25 Plätzen ein. Besonders negativ wurde die Fahrradmitnahme im Öffentlichen Personennahverkehr (5,0), das Falschparken auf Fahrradwegen (5,0) und der Fahrraddiebstahl (4,9) bewertet. Die Stadt hat reagiert: So verfügt die Adler 1 nun über zusätzliche Plätze für die Fahrradmitnahme, auf der hrlinie F2 ist die Mitnahme des Fahrrads seit 2019 kostenlos. Mit dem KOD wird die Verkehrsüberwachung ausgeweitet und auch das Thema „Parken auf Radwegen“ verstärkt in den Blick genommen. Verschiedene Programme zum sicheren Abstellen von Fahrrädern (4.7) sollen sicherstellen, dass weniger Räder geklaut werden.

Neue Ergebnisse werden im Frühjahr 2021 folgen.

3.2.  ADAC-Tests „Sichere Kreuzungen“ 2019 und Radwegbreite“ 2020

Der ADAC hat durch 2019 ein Planungsbüro Kreuzungen in verschiedenen Städten testen lassen. Kiel erhielt dabei als einzige der zehn getesteten Städte die Note „sehr gut“ (sechs Städte die Note „gut“, drei Städte „ausreichend“). Im Frühjahr/Sommer 2020 wurden Radwege getestet. Kiel erhielt dabei die beste Note („gut“), sieben Städte erhielten die Note „ausreichend“, zwei die Note „mangelhaft“. Auch in Kiel erhielten sechs Strecken nur die Note „ausreichend“. Die Empfehlungen des ADAC werden in Kiel bereits weitestgehend umgesetzt.

3.3.  Coya Fahrradstädte Index 2019

Ein weiterer Index wird vom Versicherungsunternehmen Coya erhoben. Da dieser allerdings auch das Wetter und einen „Event Score“ in die Bewertung einzieht, sind die Ergebnisse mit Vorsicht zu betrachten. Auch wurden hier etwa die Modal Split-Werte von 2013 und nicht von 2018 verwendet. Kiel landet im Coya Fahrradstädte Index auf Platz 19 von 50.

  1. Konzepte und Maßnahmen

Grundlage der Kieler Radverkehrsinfrastrukturplanung ist der Veloroutennetzplan, welcher durch Premiumrouten derzeit erweitert wird. Dazu kommen Planungen, die Abstellmöglichkeiten oder Leihräder betreffen. Daneben treten einzelne Quartiers- oder Stadtteilkonzepte, die insbesondere von Ortsbeiräten eingefordert wurden. Kleiner Einzelmaßnahmen werden in der Prioritätenliste gebündelt. Gesondert werden hier größere Einzelmaßnahmen aufgeführt.

4.1.  Veloroutennetzplan

 

Zentraler Planungsmaßstab für die Radinfrastruktur war bisher der Veloroutennetzplan, der ab 2021 durch den Premiumroutenplan ergänzt und fortgeschrieben wird. Die Verwaltung wurde mit dem VEP 2008 (Drs. 1197/2007) beauftragt, das Veloroutennetz zu erweitern. Velorouten sind Verbindungen, die eine besondere Netzbedeutung für den Radverkehr haben und aus diesem Grund vorrangig auszubauen sind. Daher soll bei der Planung dem Radverkehr in der Abwägung eine höhere Bedeutung zukommen als den anderen Verkehrsteilnehmer*innen. 2016 gab es 81 km Velorouten, weitere rund 22 km waren. Dazu kommen 115 km Nebenrouten, d.h. Strecken, die ebenfalls über eine Radinfrastruktur verfügen, aber im Netz eine geringere Bedeutung haben. Die erste Veloroute wurde 1995 in Betrieb genommen. Das Veloroutennetz wird derzeit fortgeschrieben (siehe 4.2).


4.2.  Premiumroutenkonzept (Drs. 0058/2017)

 

Der Veloroutennetzplan stößt mit steigender Bedeutung des Radverkehrs an seine Grenzen. Die steigende Zahl von Fahrradfahrer*innen, Pedelecs und Elektrofahrräder sowie Lastenräder erfordern ein leistungsfähigeres Radwegenetz. Darum wird das bestehende Veloroutennetz um Premiumrouten (auch Radschnellwege genannt) ergänzt (Drs. 0058/2017). Premiumrouten sind Radwege, die eine zusätzliche, besondere Qualität für den Radverkehr aufweisen. Premiumrouten haben daher eine Mindestbreite von zwei Metern (eine Richtung), sind ausreichend beleuchtet, baulich vom PKW-Verkehr getrennt und möglichst mit asphaltierter Oberfläche. Sie bieten daher eine besonders schnelle und sichere Wegführung für Radfahrer*innen. Der Kieler Standard soll entsprechend der Beschlusslage, neben den allgemeinen Qualitätsanforderungen der „Empfehlungen für Radverkehrsanlagen" (ERA), die messbaren Standards aus dem Dokument „Einsatz und Gestaltung von Radschnellverbindungen“ der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) mindestens erfüllen.

 

Das Premiumroutenkonzept wurde bereits im Fahrradforum vorgestellt und befindet sich gegenwärtig in der verwaltungsinternen Abstimmung und soll im zweiten Quartal 2021 als Beschlussvorlage eingebracht werden. Auch in vielen anderen Kommunen entstehen unterstützt durch den Bund Premiumrouten. Seine Grundlage findet das um die Premiumrouten ergänzte Veloroutennetz im Masterplan Mobilität (A.2.3 Ausbau von Premiumrouten im Radverkehr) sowie im Green City Plan (III.a Radpremiumrouten in der Landeshauptstadt Kiel, III.b Interkommunale Rad-Premiumrouten in der KielRegion, III.c ckenschlüsse im regionalen Radverkehrsnetz, III.d Schwentinefähre als Teil des Rad-Premiumroutennetzes, III.e Kanalfähre als Teil des Premium-Radroutennetzes).

 

4.2.1.      Veloroute 10

 

In Kiel gibt es mit der Veloroute 10 zurzeit eine Premiumroute. Derzeit werden zahlreiche größere und kleinere Einzelmaßnahmen geplant und umgesetzt, um die Erreichbarkeit der Veloroute 10 zu verbessern (Drs. 0057/2020). Als größere geplante Einzelmaßnahme sind folgende Maßnahmen zu nennen:

 

-          Aufwertung des Radweges in der Gutenbergstr. (zw. Westring und Eckernförder Str.), Kosten: 1,7 Mio. Euro, Umsetzung 2021, Dauer: ca. fünf Monate (Drs. 0540/2020)

-          Neuer Radweg Eckernförder Straße (zw. Westring und Olof-Palme-Damm), Kosten: 0,88 Mio. Euro; Umsetzung 2021, (Drs. 0546/2020)

-          Neugestaltung des Knotenpunkts Westring/B 76/B 503, Kosten: 1,8 Mio. Euro, Umsetzung 2021 (Drs. 1011/2020)

-          Gehweg an der Veloroute 10 (zw. Olshausenstr. und Westring), um Konflikte zw. Fuß- und Radverkehr zu reduzieren (Drs. 0048/2020), Beschlussvorlage folgt Frühjahr 2021

-          Ausweisung der Neufeldstraße als Fahrradstraße (Drs. 0537/2020)

Bereits durchgeführt wurden etwa die Aufwertung der Fahrradstraße Langenbeckstraße (vgl. Drs. 0491/2017), ein neuer baulicher Radweg am Kronshagener Weg (zw. Eichendorfstr. und Veloroute 10), eine Zufahrt ins Stinkviertel, eine neue Beschilderung der Veloroute 10 (Drs. 1158/2020) sowie zahlreiche weitere Maßnahmen.


4.2.2.      Premiumroute 1 („Rund um die Hörn“, Drs. 1070/2020)

 

Geplant und umgesetzt wird derzeit die Premiumroute 1, die rund um die rde die Stadtteile Schilksee und Dietrichsdorf verbindet. Dabei sind erste Teilabschnitte bereits umgesetzt. 2021 wird der Abschnitt Kiellinie (zw. Feldstraße und GDWS) umgesetzt (Drs. 0061/2021, Kosten: 1,5 Mio. Euro). Der größte Abschnitt ist die „Premiumroute Werftstraße“ (Drs. 0876/2019). Der Baubeginn wird im zweiten Quartal 2022 liegen, abgeschlossen ist die Baumaßnahme voraussichtlich 2025. Eine Förderquote von 70 bis 90 Prozent wird erwartet.

 

 

4.2.3.      Premiumroutenkonzept der KielRegion

 

Die KielRegion erarbeitet ein Premiumroutenkonzept für den überregionalen Verkehr. Dies kann insbesondere ein Angebot für die zahlreichen Pendler*innen aus dem Kieler Umland sein. Das Konzept gibt einen hohen Qualitätsstandard r Radinfrastruktur vor. Derzeit wird die Streckenführung der Verbindung Plön Preetz Schwentinental Raisdorf Kiel analysiert. Dazu erstellt die KielRegion ein Konzept, welches die Korridore aus der Regionalen Radstrategie in die konkreten Streckenführungen überträgt. Als zweiter Korridor wird momentan eine Streckenführung für eine Premiumroute von Eckernförde über Gettorf nach Kiel erarbeitet.

 

4.3.  Quartierskonzepte

Einige Ortsbeiräte haben für ihre Stadtteile spezifische und kleinräumige Verkehrskonzepte eingefordert, die seitens der Verwaltung bearbeitet werden.

-          Fahrradkonzept Exerzierplatz (Drs. 0724/2018)
Aufgrund eines Antrages des Ortsbeirates Mitte sowie des Ortsbeirates Schreventeich-Hasseldieksdamm beschloss der Bauausschuss, dass die Verwaltung ein Fahrradkonzept für den Exerzierplatz entwickeln soll.
 

-          Erstellung eines ganzheitlichen Quartierentwicklungs-und Mobilitätskonzeptes für das Französische Viertel (Drs. 0797/2020)
Durch Antrag des Ortsbeirates Schreventeich-Hasseldieksdamm wurde die Verwaltung aufgefordert, ein ganzheitliches Quartierentwicklungs- und Mobilitätskonzept für das französische Viertel zu entwickeln. Eine besondere Bedeutung soll dabei die Entwicklung des Radverkehrs haben, etwa durch die Ausweisung einer Fahrradzone für das gesamte Quartier. Die Verwaltung hat mit der Prüfung der Vorschläge begonnen.
 

-          Mobilitätskonzept für das „Stinkviertel“ (Drs. 0668/2020)
Auf den durch den Bauausschuss geänderten Antrag des Ortsbeirates Ravensberg/Düsternbrook/Brunswik entwickelt die Verwaltung derzeit ein Mobilitätskonzept für das Stinkviertel, wobei auch der Radverkehr eine besondere Bedeutung hat.


4.4.  Gebündelte Maßnahmen

4.4.1.      Kleinteilige Maßnahmen für den Radverkehr (Drs. 0584/2019)

 

Neben den größeren Maßnahmen insbesondere auf den Velo- und Premiumrouten sind auch kleinteilige Maßnahmen zur Verbesserung der Radinfrastruktur notwendig. Diese werden nach der Prioritätenliste Radverkehr abgearbeitet, die zuletzt mit Drs. 0584/2019 aktualisiert wurde, einen Zwischenstand bietet Drs. 0276/2020). Grundlage dafür ist der Masterplan Mobilität (A.2.4 Systematische Erhaltung und Ausbau der Radverkehrsanlagen) sowie der Masterplan 100 Prozent Klimaschutz (M-001 Instandhaltung vorhandener Infrastruktur, M-002 Ausbau der Fahrradinfrastruktur). Für die Maßnahmen standen in 2019 im Ergebnishaushalt 500.000 € bereit, für 2020 hat die Ratsversammlung zusätzlich 150.000 Euro bereitgestellt.

4.4.2.      Radwegesanierungsoffensive (Beschluss Climate Emergency, Drs. 1135/2019)

Im Frühjahr 2020 wurde eine Radwegsanierungsoffensive gestartet wird, nach der alle 6 Monate im Bestand zusätzliche Radwegertüchtigungen durchgeführt werden. Konzeptionelle Grundlage sind hierfür die o.g. Kapitel im Masterplan sowie im Masterplan 100 Prozent Klimaschutz.

In der Regel ist für die Radwegesanierung ein spezieller Radwege-Asphaltfertiger im Einsatz. Dieser wird sowohl im Frühjahr als auch im Herbst für zwei bis drei Wochen verbindlich gebucht. In dieser Zeit werden dann die entsprechend ausgewählten und vorbereiteten Radwegeabschnitte mit einer neuen Oberfläche versehen. Zur Identifikation und Auswahl der Streckenabschnitte erfolgt ein Aufruf auf einer Kommunikationsplattform sowie an die Ortsbeiräte sowie das Fahrradforum, in dem die Bürger*innen die Möglichkeit erhalten, Radwege für diese Ad-hoc-Sanierungen vorzuschlagen.

In 2020 wurden fast acht Kilometer Fahrradwege auf 25 Streckenabschnitten für 1,5 Mio. Euro saniert (Drs. 0572/2020).

4.4.3.      Farbliche Markierungen von Rad(schutz)streifen (Drs. 0962/2018)

Farbliche Markierungen können die Sicherheit des Radverkehrs erhöhen, da sie an unübersichtlichen oder aus anderen Gründen gefährlichen Stellen die Aufmerksamkeit der Kfz-Führer*innen erhöhen. Die Verwaltung prüft daher fortlaufend Stellen, die von den Ortsbeiräten oder dem Fahrradforum als gefährlich bewertet und vorgeschlagen werden. Der letzte Zwischenstandsbericht erfolgte 2019 (Drs. 0861/2019).

4.4.4.      Erhaltungsmanagement Straßen, Wege und Plätze (Drs. 0547/2020)

Der Erhalt von Straßen und Wegen ist ein bedeutender Baustein für eine gelingende Verkehrswende in Kiel. Die bisherige Zustandserfassung (Drs. 0643/2019) erfolgte schwerpunktmäßig über schnellfahrende Messsysteme und erfasste die Fahrbahn. Zukünftig soll darüber hinaus auch die Erfassung von Nebenflächen (z. B. Radwege, Fußwege) erfolgen. So profitiert auch der Radverkehr.


4.4.5.      Schwarzdeckenprogramm (Drs. 0859/2019)

Die Stadt Kiel stellt jährlich Förderanträge für sog. Schwarzdeckenerneuerungsmaßnahmen (Erneuerung der Fahrbahnoberfläche) nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG-SH) beim Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus Schleswig-Holstein. Insgesamt wurde für 2020 eine Wegelänge von rund 3,3 km angemeldet. Im Rahmen des Schwarzdeckenprogramms besteht die Möglichkeit, neue Fahrrad(schutz)streifen auf der Fahrbahn anzulegen, wie etwa im Kronshagener Weg zwischen Metzstr. und Chemnitzstraße.

4.5.  Fahrradstraßen

Fahrradstraßen sind Straßen, die ausschließlich dem Radverkehr dienen, wenn nicht andere Verkehrsteilnehmer*innen ausdrücklich zugelassen sind. In Fahrradstraßen gilt Tempo 30, der Radverkehr hat Vorrang. Radfahrer*innen dürfen nebeneinanderfahren. Derzeit gibt es 29 Fahrradstraßen mit einer Gesamtlänge von 20 km in Kiel. Die Selbstverwaltung hat beschlossen, weitere Fahrradstraßen einzurichten (etwa Drs. 0106/2014). Allerdings dürfen Fahrradstraßen nur eingerichtet werden, wenn der Radverkehr die vorherrschende Verkehrsart ist oder dies alsbald zu erwarten ist. Daher können bestimmte Straßen nicht als Fahrradstraßen ausgewiesen werden, selbst wenn der politische Wille vorhanden ist. So war etwa die Ausweisung des Meimersdorfer Wegs als Fahrradstraße trotz Beschluss der Ratsversammlung (Drs. 0041/2018) nicht möglich (vgl. Drs. 0631/2018).

Das Fahrradforum hat sich dem Thema „Stärkung und Schutz von Fahrradstraßen“ angenommen. Ein weiteres Vorgehen sollte zunächst die novellierte StVO sowie die daran anknüpfende VwV-StVO abwarten.

4.6.  Große Einzelmaßnahmen

 

Neben denen in den oben genannten Programmen genannten Maßnahmen treten einzelne große Baumaßnahmen zur Stärkung des Radverkehrs (siehe auch oben 4.2.1 die Großmaßnahmen im Umfeld der Veloroute 10 oder oben 4.2.2r die Premiumroute 1).

 

-          Fahrradstraße Jungfernstieg-Waisenhofstraße (Drs. 0778/2016 und Drs. 0536/2020)

Die Straßen Jungfernstieg und Waisenhofstraße wurden bzw. werden zu Fahrradstraßen umgewidmet. Zur Verbindung wurde eine Querung über den Knooper Weg (Drs. 0541/2020) geschaffen. Für den Jungfernstieg sind bis 2022 2,4 Mio. Euro veranschlagt, für die Mittelinsel Knooper Weg 460.000 Euro und für die Waisenhofstr. 750.000 Euro, sodass die Gesamtmaßnahme ein Volumen von rund 3,6 Mio. Euro hat.

-          Fahrbahnerneuerung Steenbeker Weg (Drs. 1012/2020)

Im Steenbeker Weg zwischen Holmredder und Olaf-Palme-Damm wird die Fahrbahnoberfläche erneuert. Dabei wird der bestehende Radweg verbreitert sowie in einem weiteren Abschnitt ein Fahrradschutzstreifen/Radfahrstreifen angelegt. Die Gesamtkosten der Maßnahme belaufen sich auf 2 Mio. Euro. Eine Umsetzung ist für 2021 geplant.


-          Verbesserung der Situation für den Radverkehr im Holmredder (Drs. 0669/2020)

Die Verwaltung erarbeitet auf Antrag der Selbstverwaltung ein Konzept zur Verbesserung der Situation des Radverkehrs im Holmredder.

4.7.  Sichere Abstellmöglichkeiten für Fahrräder

Durch sichere Abstellmöglichkeiten kann die Zahl der geklauten Räder reduziert werden. Ein ausreichendes Netz an sicheren Abstellmöglichkeiten erhöht die Attraktivität für den Radverkehr insbesondere für Fahrradfahrer*innen mit hochwertigen Rädern. Grundlage für die Maßnahmen ist u.a. der Verkehrsentwicklungsplan (6.2.5 Optimierung des Fahrradparkens), der Masterplan Mobilität für die KielRegion (A.2.6 Fahrradabstellanlagen an ÖPNV-Verknüpfungspunkten) sowie der Masterplan 100 Prozent Klimaschutz (M-006 Fahrradparken).

4.7.1.      Mehr Sicherheit für den ruhenden Verkehr (Drs. 0282/2019)

Mit Beschluss Drs. 0282/2019 wurde die Verwaltung beauftragt, die Zahl der Fahrradbügel im Stadtgebiet zu erhöhen. Ein Fokus soll dabei auf hochwertige Parkmöglichkeiten, d.h. überdacht und verschließbar, gelegt werden. Mit Drs. 1202/2019 wurde dies um die Prüfung von Fahrradboxen für Lastenräder ergänzt.

4.7.2.      500 Bügel für Kieler Schulen (Drs. 1204/2019)

 

r den Haushalt 2020 wurden 50.000 Euro für Fahrradbügel an Kieler Schulen bereitgestellt, um 500 Fahrradbügel, d.h. 1.000 Abstellmöglichkeiten, zu schaffen. Insgesamt wurde der Bedarf von 643 Bügeln (1286 Abstellmöglichkeiten) angemeldet. Eine Umsetzung erfolgt 2021. Die Zahl der Abstellmöglichkeiten an Kieler Schulen steigt so auf 6.734.
 

4.7.3.      Weitere Fahrradparkhäuser (Drs. 0775/2020)

Die Verwaltung prüft derzeit, ob der Kieler Umsteiger am Bahnhof baulich erweitert oder alternativ die ungenutzten Stellflächen des Kieler ZOBs als zweiter Standort für den Umsteiger genutzt werden können. Daneben werden Flächen im gesamten Stadtgebiet gesucht, wo weitere Fahrradparkhäuser vergleichbar mit dem Kieler Umsteiger geschaffen werden können. Besonders in den Blick genommen wird die Innenstadt, vor allem der Bereich um das Holstenfleet, und die Stadtteilzentren. Daneben werden bei anstehenden Großprojekten im Bereich der Kieler Innenstadt von Beginn an bedarfsgerechte Fahrradabstellmöglichkeiten mitgeplant, sofern die bauliche Umsetzbarkeit gegeben ist. Dazu zählen insbesondere das Kieler Schloss, Neues Rathaus/Kulturforum, der Bereich Holstenplatz/Andreas-Gayk-Str. und der Europaplatz.

4.7.4.      Rathausinnenhof (Drs. 0012/2018)

Im Rathausinnenhof entstehen als Sondermaßnahme r die Beschäftigten der Stadt im Frühjahr 2021 48 überdachte Fahrradbügel, die per Chip erreicht werden können (Drs. 0555/2020). Dazu werden neun E-Ladeparkplätze, sowie sieben Ladestellen für E-Roller geschaffen (siehe auch Drs. 0874/2020). Dadurch sollen die Mitarbeiter*innen motiviert werden, klimaneutral zur Arbeit zu gelangen und die öffentlichen Fahrradbügel am Rathaus entlastet werden.


4.8.  Weitere Maßnahmen

4.8.1.      Pop Up Lanes (Drs. 0489/2020)

Die Verwaltung prüft auf Antrag der Selbstverwaltung, ob schnell umsetzbare Maßnahmen zur Stärkung des Fuß- und Radverkehrs ergriffen werden können. Dabei sollen insbesondere sog. Pop Up Lanes geprüft werden.

4.8.2.      Grüner Pfeil (Drs. 0357/2020)

Die Verwaltung prüft auf Antrag der Selbstverwaltung, wo mit dem sog. Grünen Pfeil für Radfahrer*innen der Radverkehr gefördert werden kann.

  1. Fahrradforum (Drs. 0159/2021)

Das "Kieler Fahrradforum" ist seit 1988 das Gremium zur Förderung des Radverkehrs und fungiert als Beirat für die zuständigen Selbstverwaltungsgremien Bau-, Innen- und Umweltausschuss. Die Vertreter aus Politik, Verwaltung, Polizei, ÖPNV, Verkehrs- und Umweltverbänden und der Universität beschäftigen sich mit allen radverkehrsrelevanten Planungen der Stadt und erarbeiten Vorschläge zur Förderung des Radverkehrs. Die Geschäftsführung wird durch den Radverkehrsbeauftragten der Stadt wahrgenommen. Die aktuelle Tagesordnung wird zwischen der Geschäftsführung und dem Vorsitzenden abgestimmt.

Empfehlungen des Fahrradforums sind von der Verwaltung zu bearbeiten und dem Bauausschuss zur Stellungnahme vorzulegen, der auch den jährlichen Bericht über Maßnahmen zur Förderung des Radverkehrs von Seiten der Verwaltung zur Kenntnis nimmt.

Einmal im Jahr macht das Fahrradforum mit weiteren Interessierten eine sogenannte "Mängeltour". 2019 fand die Tour in der Wik statt, 2020 in Hassee.

  1. Durchsetzung des Ordnungsrechts

Falschparker*innen auf Radwegen behindern den Radverkehr und gefährden diesen. Insbesondere auf Fahrradschutzstreifen und Fahrradstreifen halten oder parken häufig PKW. Zahlreiche Ortsbeiräte fordern diesbezüglich regelmäßig verstärkte Kontrollen. Der Ordnungsdienst, der grundsätzlich für die Überwachung des ruhenden Verkehrs zuständig ist, wird inzwischen durch den Kommunalen Ordnungsdienst (KOD) unterstützt. Im ersten Jahr des KOD hat dieser rund 1.600 PKW abschleppen lassen, dazu kommen zahlreiche sonstige Ordnungswidrigkeitsverfahren. Weitere Informationen bietet Drs. 0906/2020. Auf Beschluss der Selbstverwaltung werden zehn weitere Stellen im KOD geschaffen, sodass dieser von 16 auf 26 Personen anwächst (Drs. 1099/2020). Durch bauliche Maßnahmen (etwa durch Poller oder sog. Frankfurter Hüte) kann Parkfehlverhalten unterbunden werden. Dies ist allerdings an vielen Stellen aufgrund fehlenden Platzes nicht möglich. Verstärkte Kontrollen tragen dazu bei, einen sicheren Radverkehr zu gewährleisten. Die Situation könnte sich durch die höheren Strafen, die im überarbeiteten Bußgeldkatalog der StVO vorgesehen sind, verbessern.Konflikte und Gefahren unter Radfahrer*innen entstehen durch „Geisterfahrer*innen“ (Nutzung der falschen Richtungsfahrbahn) oder Radfahrer*innen ohne Licht. Sowohl die Polizei als auch der Ordnungsdienst haben ihre Kontrollen verstärkt. Auch hier werden die erhöhten Bußgelder eine Steuerungswirkung erzielen. Es wird auch geprüft, , ob die Verkehrsführung an Stellen mit besonders zahlreichen Verstößen besser verdeutlicht werden kann. Eine Gefahr für Fußnger*innen stellen Gehwegradler*innen dar. Besonders an Straßen mit Kopfsteinpflaster weichen Radfahrer*innen ufig regelwidrig auf den Gehweg aus. Auch hier ist zu prüfen, ob dem Problem einerseits durch verstärkte Ahndung, andererseits durch bessere Radverkehrsanlagen begegnet werden kann.  

  1. Konfliktfelder

 

7.1.  Zielkonflikte

Der Ausbau der Infrastruktur für den Radverkehr steht ebenso wie der Ausbau der Infrastruktur für den Fußverkehr an mancher Stelle in Konflikt zu anderen Zielen der Stadt Kiel. Beim Thema Beleuchtung bestehen dieselben möglichen Konflikte mit dem Artenschutz wie bei Fußwegen.

Ein Zielkonflikt entsteht ebenso bei der Versiegelung von neuen Radverkehrsanlagen wie mit dem wünschenswerten Erhalt und der Neupflanzung von Stadtbäumen entstehen (Drs. 0826/2019). Wie bei Fußwegen ist jeweils im Einzelfall eine Abwägung vorzunehmen. Auch bei Radwegen können mit dem Denkmalschutz Konflikte auftreten, insbesondere wenn ein historisches Straßenbild geändert werden soll.

7.2.  Weitere Konflikte

Zu berücksichtigen ist, dass Maßnahmen zur Förderung des Radverkehrs ebenso wie zur Förderung des Fußverkehrs ufig in Konflikt mit bestehenden illegalen wie legalen Parkplätzen stehen. Durch bauliche Maßnahmen (etwa Frankfurter Hüte oder klassische Poller) kann Parkfehlverhalten unterbunden werden. Dies führt aber teilweise zu Kritik von Anwohner*innen oder Gewerbetreibenden, die den Wegfall illegaler Parkplätze bemängeln. An einigen Stellen (etwa im Kronshagener Weg oder geplant in der Gutenbergstr.) wurden bzw. werden Parkstreifen zu Fahrradwegen umgebaut, wodurch Parkplätze entfallen. Auch wenn Fahrradbügel auf Parkplätzen aufgestellt werden, führt dies häufig zu Kritik. Dabei muss berücksichtigt werden, dass der Straßenraum häufig keine andere Möglichkeit bietet, als dem PKW-Verkehr Raum zu nehmen. Denn Fahrradbügel auf Gehwegen oder auch so abgestellte Fahrräder auf Gehwegen führen wiederum zu Konflikten mit dem Fußverkehr (siehe Kapitel A).

Probleme entstehen auch durch sog. Schrotträder: Zurückgelassen Räder blockieren Fahrradbügel. Hier sind die Kontrollen schon verstärkt worden. Durch die zunehmende Verbreitung und Funktionserweiterung der städtischen Melde-Möve-App sind weitere Verbesserungen zu erwarten.

7.3.  Straßenverkehrsordnung

Die aufgrund eines Formfehlers derzeit noch nicht in Kraft getretene Novelle der Straßenverkehrsordnung sieht deutliche Verbesserungenr den Radverkehr vor. Um eine deutliche Verbesserung für den Radverkehr zu erreichen, ren weitere Änderungen sinnvoll. So sieht derzeit die Verwaltungsverfahrensvorschrift zur Straßenverkehrsordnung noch vor, dass Fahrradstraßen nur eingerichtet werden dürfen, wenn der Radverkehr die dominierende Verkehrsart ist oder alsbald wird. Auch die Anordnung von Tempo 30, durch die der Radverkehr geschützt würde, ist bislang nur in engen Grenzen möglich.


  1. Fazit

Kiel hat ein überdurchschnittlich gut ausgebautes Radwegenetz. Der Blick in zahlreiche Städte z.B. innemark oder den Niederlanden zeigt allerdings, dass noch ein erhebliches Ausbaupotenzial besteht. Auffällig ist, dass Städten mit einer hervorragend ausgebauten Fahrradinfrastruktur generell auch eine hohe Lebensqualität und Attraktivität attestiert wird.

Die Hauptaufgabe der kommenden Jahre wird sein, das Kieler Radwegenetz an die nachfragebedingt stark ansteigenden Anforderungen anzupassen. Die Zahl der Radfahrer*innen steigt stetig an, deutlich mehr Menschen nutzen motorisierte Fahrräder (Pedelecs, E-Bikes) und legen damit weitere Strecken zurück. Auch ältere Menschen sind inzwischen vermehrt mit dem Rad unterwegs. Dazu kommen vermehrt Lastenräder und Radanhänger, die eine größere Breite beanspruchen. Bei Neuplanungen von Radwegen ist daher zu berücksichtigen, dass diese ausreichend Platz haben.

Die Ansprüche für den Radverkehr steigen bei den Nutzer*innen. Positive Beispiele aus den Niederlanden und Dänemark werden dabei ufig aus guten Gründen als Maßstab genommen. Neben finanziellen, planerischen und politischen Hürden behindert in Deutschland derzeit die Straßenverkehrsordnungufig schnelle Verbesserungen für den Radverkehr. Trotz der dieser nicht immer optimalen Rahmenbedingungen konnte der Radverkehrsanteil in Kiel kontinuierlich gesteigert werden. Der starke Nutzungszuwachs in den letzten Jahren rechtfertigt es, sich für die kommenden Jahre ehrgeizige Ziele zu setzen.

Verstärkt fordern auch die Ortsbeiräte breitere und bessere Radverkehrsanlagen ein. Die Veloroute 10 hat auch in anderen Stadtteilen den Wunsch nach Premiumrouten geweckt. Mit dem Premiumroutenplan, der 2021 vorgelegt werden wird, kann die Fortentwicklung vorangetrieben werden. Die Anbindung der Premiumrouten an das Kieler Umland ist eine Möglichkeit, den täglich tausenden Pendler*innen eine Alternative zum PKWPKW zu bieten.

Erschreckend ist die hohe Zahl von verletzten Fahrradfahrer*innen. Hier besteht weiter Handlungsbedarf. Um Maßnahmen zu ergreifen, diese Zahl zu senken und den gestiegenen Ansprüchen gerecht zu werden, bräuchte es weitere finanzielle und personelle Mittel.

 

1

 


 

Kapitel C – Maßnahmen für den ÖPNV

1.      Einleitung

In Kiel umfasst der Begriff des Öffentlichen Personennahverkehr nicht nur den Bus, sondern auch die Fähre. In Zukunft sollen Bus und Fähren durch ein trassengebundenes BRT-System oder eine Tram ergänzt werden (Drs. 1225/2019). Trotzdem stellt der ÖPNV zurzeit in Kiel mit zehn Prozent nur einen geringen Teil des Gesamtverkehrs (SrV 2018). Auch hat sich der Anteil in den letzte zehn Jahren nicht verändert (SrV 2013, SrV 2008). Dabei erreicht der ÖPNV bei der spezifischen Verkehrsleistung 16 Prozent (Binnenverkehr) bzw. 14 Prozent (alle Wege).

Kiel befindet sich hier im bundesweiten Vergleich im unteren Mittelfeld, wobei Berlin mit 26,9 Prozent Spitzenreiter und Bautzen mit 4,4 Prozent Schlusslicht ist. Dieses Ergebnis ist normal für Städte dieser Größenordnung mit rein busbasierten ÖPNV.

Setzt man ein gleichmäßiges Wachstum an, so würden daraus folgende Ziele und Zwischenziele resultieren (schwarz die Jahre, in denen eine SrV-Erhebung gemacht wird).

 

2008

2013

2018

2020

2023

2025

2028

2030

2033

2035

ÖPNV

10%

10%

10%

10,8%

12,1%

12,9%

14,12%

14,9%

16,18%

17%

Die Verwaltung wird im Arbeitskreis Verkehrsmarketing (AKVM) durch Expert*innen verschiedener Verbände beraten. Die Protokolle werden dem Bauausschuss vorgestellt. Auf Vorschlag der Verwaltung wird der AKVM in Mobilitätsforum umbenannt (Drs. 0159/2021).

2.      Grundlagen

2.1  Verkehrsentwicklungsplan (Drs. 1197/2007)

Der ÖPNV enthält im Verkehrsentwicklungsplan aus 2008 ein eigenes Kapitel (S. 41 49), in dem die Ziele für den ÖPNV festgelegt waren. r den Bereich ÖPNV wurde der Verkehrsentwicklungsplan teilfortgeschrieben. Zentrale Maßnahme war im VEP 2008 die Einführung einer Stadtregionalbahn.Da das Stadtregionalbahn-Projekt nicht fortgeführt wurde und sich infolgedessen die Rahmenbedingungen insbesondere für die Weiterentwicklung des ÖPNV geändert haben, wurde die Teilfortschreibung des Planwerks notwendig (Beschluss der Ratsversammlung am 20.02.2020, Drs. 1227/2019). Diese ist ihrerseits abgeleitet aus der Grundlagenstudie zur Entwicklung eines Mobilitätskonzepts für einen nachhaltigen Öffentlichen Nah- und Regionalverkehr in Kiel (Beauftragung Drs. 0023/2016, Kenntnisnahme der Studie Drs. 0758/2019).

2.2  Masterplan Mobilität (Drs. 0831/2017)

Der Masterplan Mobilität enthält für den ÖPNV wie dargestellt die Zielvorgabe, den Anteil am Gesamtverkehr auf 17 Prozent bis 2035 zu erhöhen.

Der Masterplan Mobilität sieht folgende Punkte zur Förderung des ÖPNV vor: A.1.2 Sukzessive Herstellung eines barrierefreien Mobilitätssystems (S. 91), A.2.6 Fahrradabstellanlagen an ÖPNV-Verbindungspunkten (S. 100), B.1.1 Entwicklung von Qualitätsstandards für starke Achsen (S. 108), B.1.2 Stärkung der ÖV-Korridore in Kiel (S. 109), B.1.3 Ausweitung und Aufwertung des regionalen SPNV (S. 110), B.1.4 Einführungen von vertakteten „RegioBussen“ (S. 111), B.1.5 Aufwertung der Stadtbussysteme in den Mittelzentren (S. 112), B.1.6 Erstellung von ÖPNV-Beschleunigungsprogrammen (S. 113), B.1.7 Reaktivierung ausgewählter Bahnstrecken (S. 114), B.2.1 Ausbau von Mobilitätsangeboten für die Achsenzwischenräume (S. 115), B.2.2 Etablierung von Mobilitätsstationen (S. 116), B.2.3 Entwicklung bedarfsgesteuerter Angebote im Schülerverkehr (S. 117), B.2.4 Erprobung autonomer Kleinbusse (S. 118), B.2.5 Fahrradmitnahme auf ausgewählten ÖPNV-Relationen (S. 119), B.3.1 Stärkung von Förde-Querverbindungen und Angebotsgestaltung (S. 120), B.3.2 Ersatzbeschaffung von Fähren (S. 121), B.3.3 Anleger werden zu Mobilitätsstationen (S. 122), C.3.2 Ausweitung klimaneutraler Fahrzeuge im ÖPNV (S. 138), D.1.2 Sicherung und Weiterentwicklung der ÖPNV-Kooperation (S. 144), D 1.4 Etablierung eines multimodalen Zugangsmediums (S. 146) D.1.5 Weiterentwicklung des Tarifsystems (S. 147), D.1.6 Einführung einer regionalen Gästekarte (S. 148), D.1.7 Landesweites Mobilitätsmarketing mit regionalen Schnittstellen (S. 149), D.1.8 Ausweitung von Probeangeboten für den Mobilitätsverbund (S. 150), D.2.5 Ausweitung von Kombi-Tickets im Mobilitätsverbund (S. 156).

2.3  Masterplan 100 Prozent Klimaschutz (Drs. 0985/2017)

Der Masterplan 100 Prozent Klimaschutz enthält auch für den ÖPNV Vorgaben und Maßnahmen: M-003 Leistungsfähiger öffentlicher Verkehr (S. 631), M-009 Landstromanschluss für Fähren und Kreuzfahrtschiffe (S. 637); M-010 Vorrang für den Mobilitätsverbund (S. 638), M-011 Berücksichtigung von Nutzungsdurchmischung und ÖV-Anbindung bei Stadtentwicklung (S. 639), M-014 Verkehrsmittelübergreifende Tarifangebote (Mobilcard) (S. 642), M-015 Verkehrsmittelübergreifende elektronische Informationen und Auskunft (S. 643), M-108 Umsetzung Landstrom-Anschluss von Fähren und Kreuzfahrtschiffen (S. 735).

2.4  Green City Plan (Drs. 0716/2018)

Der Green City Plan sieht für den ÖPNV zahlreiche Vorhaben im Bereich ÖPNV vor: I.a-5 ÖV-Fahrgastzählsysteme und Auswertungssoftware (S. 57), I.b-1 Geodatenbasierte Ergänzung der ÖPNV-Fahrplanauskunft (S. 71), I.b-2 Mobiles ÖV-Ticket mit „one Click buy“-Funktion (S. 73), I.b-4a In-Out-System im ÖV für den SH-Tarif Einführung von digitalen Fahrscheinkontrollsystemen und WLAN in den Fahrzeugen des ÖPNV (S. 77), I.b-6 Ausweitung von DFI-Anzeigen an Haltestellen (S. 83), I.b-7 Haltestellen-Echtzeitinformationen als APP (S. 85), I.b-8 Aufbau eines Haltestellenkatasters (S. 87), II.a Etablierung von Mobilitätsstationen (S. 91), II.e-1-d rderung von multimodalen Angeboten und Alternativen zum PKW (S. 105), III.d Schwentinefähre als Teil des Rad-Premiumroutennetzes (S. 125), III.e Kanalfähre als Teil Premium-Radroutennetzes (S. 127), IV.c Ladeinfrastruktur für die Elektrifizierung des ÖPNV (S. 135), IV.d Einführung der E-Mobilität in Linienbussen (S. 137), IV.f Umweltfreundliche Antriebe in der Förderschifffahrt (S. 141), IV.g Umweltfreundliche Antriebe Kanalfährschifffahrt (S. 143), IV.h Lade-, Lasten und Betriebshofmanagement für den ÖPNV (S. 145).

3.      Regionaler Nahverkehrsplan (Drs. 1097/2018)

Der Regionale Nahverkehrsplan (RNVP) ist die kurz- und mittelfristige Planungsgrundlage für den ÖPNV und wurde mit Drs. 1097/2018 in der fünften Fassung beschlossen. Der RNVP gilt von 2018 bis 2022 und sieht Investitionen von insgesamt ca. 81 Millionen Euro vor. Der RNVP folgt dem in den Masterplänen Mobilität und 100 % Klimaschutz beschlossenen Ziel, den Modal Split zu Gunsten des ÖPNV zu steigern. Er schreibt das Konzept zur Herstellung der vollständigen Barrierefreiheit aus dem vorigen RNVP fort, entwickelt das Linienbündelungskonzept konsequent in der Zielsetzung der Teilfort­schreibung 2016 weiter und entwickelt zahlreiche planerische Maßnahmen, um der steigenden Fahrgastnachfrage im Kieler ÖPNV schon kurz- und mittelfristig zu begegnen, indem das Angebot in den kommenden Jahren stetig weiter verbessert wird und die Kieler*innen zum Umstieg zu motivieren.

Neben einem ausführlichen Bericht gibt es im Anhang 18 des RNVP eine übersichtliche Tabellemtlicher zu prüfender und ggf. umzusetzender Maßnahmen. Die nachfolgend dargestellten Maßnahmen wurden bisher in der Laufzeit des 5. RNVP umgesetzt bzw. begonnen. Auch über den RNVP hinausgehende Maßnahmen werden aufgeführt.

3.1  Fahrplan

3.1.1        Fahrplanmaßnahmen im Busverkehr

In der Laufzeit des aktuellen 5. RNVP (2018-2022) wurden umfangreiche Taktverdichtungen und Überplanungen von Verkehren vorgenommen, um den Bus attraktiver zu gestalten. Im Einzelnen sind dies die folgenden Punkte:

  • Mit der Anbindung des CITTI-PARKS und der Verdichtung und Ausweitung des Angebots für den Bereich Krummbogen wurden 2018 die Maßnahmen 1.1.5 und 1.2.10 umgesetzt. Durch die Überplanung der Linie 52 und Teilintegration der ehemaligen Linie 300 hat sich das Angebot im Krummbogen und am CITTI-PARK deutlich verbessert.
  • Die Verdichtung des Angebotes im Kieler Süden (Maßnahme 1.2.9 in 2018) hat zu einer Verdopplung der Fahrten in (Neu-)Meimersdorf geführt, so dass dort nun tagsüber ein Angebot im 15-Minuten-Takt geboten wird. In 2019 erfolgte eine weitere deutliche Ausweitung der Verkehre auf dieser Achse mit zusätzlichen Fahrten nach Schlüsbek/Moorsee und zur Reventloubrücke.
  • In 2019 wurde die Linie 1 auf einen Taktfahrplan umgestellt (Maßnahme 1.1.6) und gleichzeitig an die Linie 2 angebunden, die wiederum eine abgestimmte Anbindung an die neue Haltestelle am Bahnhof Oppendorf (Maßnahme 1.2.3) erhalten hat. 2020 erfolgte dann mit der Integration der Linie 1 in die Linie 2 und der Einführung eines 30-Minuten-Taktes auf der gesamten Linie zwischen Oppendorf und Elmschenhagen nochmals eine deutliche Attraktivitätssteigerung dieser Tangentiallinie, die nun bei Beibehaltung der Abstimmung auf die Schul- und Bahnverkehre auch gute und schnelle Fahrtalternativen für den Berufs- und Besorgungsverkehr am östlichen Rand der Landeshauptstadt Kiel sowie in Klausdorf bietet.
  • Ein zentraler Baustein der Taktverdichtung war der deutliche Ausbau des Angebots am Sonntagvormittag (Maßnahme 1.2.2 in 2019). Seitdem wird tagsüber auf allen Hauptachsen mindestens ein 30-Minuten-Takt angeboten.
  • Die Realisierung des neuen und qualitativ hochwertigen Nachtbusnetzes (Maßnahmen 1.1.11 und 1.1.12 in 2020) stellt den Fahrgästen nun auch rund um die Uhr ein gutes und angemessenes ÖPNV-Angebot zur Verfügung. Alle Stadtteile sind nun rund um die Uhr mindestens stündlich angebunden. Auf den Hauptachsen des Busverkehrs wird sogar zu allen Zeiten mindestens ein halbstündliches Angebot vorgehalten. Am Hauptbahnhof besteht Anschluss zwischen den Linien und den nächtlichen Zügen. Dieses stellt zusammen mit der Umsetzung der Maßnahme 1.2.2 (Ausweitung des Verkehrs am Sonntagvormittag in 2019) einen ganz wesentlichen Anreiz zum Umstieg vom motorisierten Individualverkehr auf den ÖPNV dar und führt zu einem insgesamt sehr viel besser und einfach zu nutzendem ÖPNV.
  • Mit der Fertigstellung des Holstenfleets konnte 2020 die Maßnahme 1.1.4 umgesetzt werden. Mit der Wiederherstellung der bisherigen Linienführung im Innenstadtbereich und der Inbetriebnahme der neuen Haltestellen im Bereich Holstenbrücke konnte die ÖPNV-Bedienung der Innenstadt und die Beförderungsgeschwindigkeit deutlich aufgewertet werden. Damit ist auch die Erreichbarkeit der Geschäfte und Dienstleister in der Innenstadt wieder auf ein sehr hohes Niveau angestiegen.
  • Mit der Verlängerung des Taktes der Linie 9 in den Abend hinein konnte die Maßnahme 1.2.5 in 2020 zwar noch nicht vollständig umgesetzt werden. Mit der Ausweitung am Abend konnte jedoch dem Wunsch vieler Fahrgäste entsprochen werden und auch diese Tangentiallinie in ihrer Attraktivität deutlich aufgewertet werden.
  • Die Aufnahme einer zusätzlichen Abfahrt um 23.20 in den Fahrplan der Linie 81 hat 2020 die Anbindung des Stinkviertels (Maßnahme 1.2.11) und von Klausbrook im Spätverkehr (ebenfalls auf Wunsch vieler Fahrgäste) deutlich verbessert.
  • Die wichtige Tangentiallinie 6 verkehrt seit 2021 (Maßnahme 1.2.4) auch am Wochenende. Zudem wurden die Abfahrtszeiten an die Bahn in Kronshagen angepasst und die Bedienung in der Woche abends verlängert.
  • Auch die Tangentiallinie 8 wurde mit der Maßnahme 1.1.7 in 2021 um eine Bedienung am Wochenende und einen regelmäßigen 30-Minuten-Takt in der Woche deutlich aufgewertet.
  • Die wichtige und nachfragestarke Hauptlinie 11 ist 2021 auf einen 7,5-Minuten-Takt in der Hauptverkehrszeit und einen 10-Minuten-Takt am Samstag deutlich verdichtet worden (Maßnahme 1.2.6).
  • Die stark ausgelastete Linie 34 wurde 2021 v.a. im Abschnitt Hauptbahnhof Elmschenhagen-Kroog auf 15-Minuten-Takte verdichtet (Maßnahme 1.2.7).
  • Das Angebot für Wellsee wurde mit der neuen Linie 45 auf einen 15-Minuten-Takt ausgeweitet (Maßnahme 1.1.9 in 2021).
  • Durch die Umsetzung der Maßnahme 1.2.12 hat nun seit 2021 auch Alt-Mettenhof eine verbesserte Bedienung durch die Linie 91 am Wochenende.
  • Die Linien 22 und 81 wurden im Nachgang zur Maßnahme 1.2.2 in 2021 jeweils deutlich verdichtet und ausgeweitet, so dass nun in vielen Bereichen der Stadt auch in den Schwachverkehrszeiten ein sehr attraktiver 15-Minuten-Takt im Zusammenspiel beider Linien und mit anderen Linien besteht.
  • Über die im RNVP geplanten Maßnahmen hinaus konnte 2021 wieder ein ganztägiges festes Angebot für Tannenberg mit der Linie 41 und damit gleichzeitig der durchgängige 15-Minuten-Takt auf dem Düsternbrooker Weg realisiert werden.
  • Außerdem wird ab 2021 der Bedienungszeitraum der beiden Strandbuslinien deutlich ausgeweitet, und zwar auf die Zeit zwischen den Oster- und den Herbstferien.

Durch die zahlreichen Maßnahmen zur Angebotsausweitung, -abstimmung und -vereinheitlichung ist in der bisherigen Laufzeit des 5. RNVP eine deutliche Attraktivitätssteigerung des ÖPNV festzustellen. Es besteht nun auf den Hauptachsen zu allen Zeiten mindestens ein 30-Minuten-Takt. In den Haupt- und Nebenverkehrszeiten wurde das Angebot ebenfalls deutlich ausgeweitet. In vielen Bereichen konnten die verschiedenen Linien im Zuge der Ausweitungen so gut miteinander abgestimmt werden, dass auch in den Schwachverkehrszeiten ein dichteres Angebot vorgehalten wird. Zu den nachfragestarken Hauptverkehrszeiten wurde das Fahrtenangebot vor allem auf der Hauptachse Gaarden Hauptbahnhof und weiter zur Holtenauer Straße ebenfalls deutlich ausgebaut.

Diese stetigen Attraktivitätssteigerungen der letzten Jahre führen zu einem sehr deutlichen Anwachsen der jährlichen Fahrleistung seit 2018. In der Laufzeit des 5. RNVP ist die Fahrleistung bis heute (2021) gegenüber dem Ausgangsjahr 2017 um über 20 % gestiegen. Die jährlichen Steigerungsraten lagen zwischen 2,8 und 8,8 %. Die Folge ist ein Anwachsen der Fahrzeugzahl bei gleichzeitiger Umstellung des Fuhrparks auf alternative Antriebe und Sanierung der Busbetriebshöfe und des Personalbestandes. Die erforderliche hohe Zahl an Neueinstellungen war in den letzten Jahren nur mit allergrößter Anstrengung der KVG durch die eigene Fahrschule und in Kooperation mit weiteren Partnern zu leisten, da der Arbeitsmarkt für Fahrpersonal sehr angespannt ist.

3.1.2        Taktverdichtung im Fährverkehr

Derzeit quert die Linie F2 (Schwentinefähre) alle 30 Minuten die Förde. Dieses ist das Ergebnis der Umsetzung der Maßnahme 2.1.14 in 2018, die zu einer deutlichen Aufstockung des Fahrplans bis in die späten Abendstunden geführt hat. Die Linie F1 fährt im Sommer elf Mal unter der Woche von Laboe nach Kiel sowie zehn Mal am Wochenende. Im Winter gilt ein eingeschränkter Winterfahrplan für die F1.

Die RNVP-Maßnahme 1.2.16 sieht eine Verdichtung und Taktung eines ganzjährigen Angebotes vor; soweit möglich abgestimmt auf Busankünfte an den Anlegern (zur Verknüpfung s.a. Maßnahme 1.3.1 RNVP). Zudem sollen laut Masterplan Mobilität, B 3.1 auch die Förde-Querverbindungen gestärkt werden.

Eine Taktverdichtung benötigt neben zusätzlichen Schiffen auch mehr Personal. Beides wird zusätzliche Kosten verursachen. Zudem wird ein Beschleunigung der Fährverbindungen durch die geltenden Geschwindigkeitsbe­grenzung auf der Förde eingeschränkt.

Die Selbstverwaltung hat mit Drs. 1094/2020 Verwaltung aufgefordert, die Einrichtung einer zusätzlichen Linie zwischen Dietrichsdorf und Hauptbahnhof zu prüfen.

Die Verwaltung arbeitet derzeit an einer mittel- und langfristigen Strategie zur Verbesserung des Angebots im Fährverkehr. Sie soll im 2. Quartal 2021 zum Beschluss vorgelegt werden. Die Verwaltung empfiehlt kurzfristig, die Taktung der F2 zu erhöhen, sowie mittelfristig insgesamt die Förderquerung auszuweiten. Langfristig wird, u.a. wegen der Entwicklung des MFG-5-Geländes, eine bessere Anbindung des Kieler Nordens durch den Fährverkehr notwendig. Die Verwaltung verspricht sich auch eine deutliche verkehrliche Entlastung des Ostufers durch die Förderung des Fährverkehrs (siehe 4.c. Drs. 0039/2021). Hier erfolgt eine enge Zusammenarbeit mit dem Kreis Plön.

3.2  Infrastruktur

3.2.1        Barrierefreie Bushaltestellen

Der ÖPNV soll laut § 8 Abs. 3 Personenbeförderungsgesetz (PBefG) barrierefrei werden, weshalb Maßnahmen zur Barrierefreiheit im 5. RNVP eine hohe Bedeutung haben (RNVP S. 50 f bzw. Maßnahmen 2.1.1 und 2.1.2 des RNVP sowie Drs. 1097/2018).

r den barrierefreien Umbau der Bushaltestellen müssen nach Planung des RNVP 9,35 Mio. Euro bereitgestellt werden. Von 2018 bis 2020 wurden insgesamt 60 Haltestellen um- bzw. barrierefrei neu gebaut. Die einzelnen umgebauten Haltestellen finden sich in den jährlichen Übersichten zur Umsetzung des RNVP (Drs. 0321/2019 und Drs. 0395/2020). Neben dem RNVP sind die Maßnahmen auch auf den Masterplan Mobilität für die KielRegion zurückzuführen (A.1.2).

Derzeit wird durch die NAH.SH ein Haltestellenkataster im gesamten landesweiten Verbundbereich erstellt. Ziel ist die Erfassung aller Eigenschaften der einzelnen Haltestellen nach einheitlichen Kriterien und Bereitstellung derselben für Informationszwecke, sowohl für den jeweilige Aufgabenträger bzw. das jeweilige Verkehrsunternehmen als auch ÖPNV-Nutzer*innen, z.B. durch Einbindung dieser Informationen in digitale Fahrtauskünfte. So ist auch eine definitive Anforderung die Kompatibilität mit dem bundesweiten System DELFI (durchgängige elektronische Fahrplaninformation), um vollständige Reiseketteninformationen namentlich auch für Menschen mit Behinderung zu ermöglichen.

 

3.2.2        Busbeschleunigung (Drs. 1148/2020)

Kurze Reisezeiten sind ein wichtiges Kriterium für die Wahl des Verkehrsmittels. Daher sind die Beschleunigung bzw. der Abbau von Verzögerungen ein zielführendes Instrument für die Förderung des ÖPNV. Der 5. RNVP sieht in diesem Zusammenhang folgende Maßnahmen vor (Nrn. 2.2.1 bis 2.2.5 im RNVP):

a)      Bevorrechtigung an Lichtsignalanlagen (System vorhanden, aber stetige Überprüfung hinsichtlich vorhandener Optimierungsmöglichkeiten),

b)      Erhaltung bzw. Neueinrichtung von separaten Busfahrstreifen,

c)      Beachtung der Belange des Busverkehrs bei der Einrichtung von rechts-vor-links-Vorfahrtsregelungen bzw. von Tempo-30-Bereichen,

d)      Reduzierung des Barfahrscheinverkaufs in den Fahrzeugen durch Ausbau bzw. Einführung alternativer Verkaufssysteme,

e)      konsequentes Vorgehen gegen Falschparker an Haltestellen oder Busspuren.

Die Verwaltung und KVG arbeiten z.Zt. gemeinsam an der Entwicklung eines geeigneten und umsetzbaren Maßnahmenpaketes. Der AKVM (zukünftig Mobilitätsforum) war hier in einem ersten Schritt bereits einbezogen, hat sich mit der Thematik befasst und erste Überlegungen diskutiert.

Zu d) gibt es inzwischen das Angebot des Onlinetickets und des Handytickets; bis 2023 soll das landesweit vorgesehene, noch einmal deutlich einfachere „Check-in-be-out“-System eingeführt werden.

3.2.3        Mobilitätsstationen (Drs. 0128/2016; Drs. 0316/2020)

Zur Stärkung des Mobilitätsverbundes werden in Kiel sog. Mobilitätsstationen geschaffen (Maßnahme 2.3.3 des RNVP). Diese sollen auch die Alternativen zum eigenen PKW sichtbarer machen und dienen als Verknüpfungspunkte bzw. Schnittstellen des Mobilitätsverbundes mit systemischer Vernetzung mehrerer Verkehrsmittel in direkter räumlicher Zuordnung. Nach Möglichkeit entstehen Mobilitätsstationen an Orten mit einer guten ÖPNV-Anbindung und enthalten sichere Fahrradabstellanlagen, Leihräder, E-Lade-Säulen und Carsharing-Angebote. So soll die Multimodalität unterstützt und damit auch die ÖPNV-Nutzung gefördert werden.

Die Mobilitätstationen finden ihre Grundlage im Masterplan Mobilität: B.2.2 Etablierung von Mobilitätsstationen (S. 116) und B.3.3 Anleger werden zu Mobilitätsstationen (S. 121), im Masterplan 100 Prozent Klimaschutz: M-005 Mobilitätsstationen sowie im Green City Plan: II.a Etablierung von Mobilitätsstationen (S. 91). Sie sind Bestandteil des Luftreinhalteplans (Drs. 0075/2020).

Um den Fährverkehr für Pendler*innen attraktiv zu gestalten, braucht es gute Anschlussmöglichkeiten. Daher entstehen auch an den Fähranlegern Reventlou und Dietrichsdorf im Rahmen des Projektes „ckenwind für den Velocampus“ Mobilitätsstationenr 420.000,00 bzw. 350.00,00 Euro. Mit diesen können insbesondere Rad- und Fährverkehr besser vernetzt werden.

Die derzeit 51 Mobilitätsstationen umfassende Prioritätenliste wird jährlich in Abstimmung mit den Ortsbeiräten fortgeschrieben. Bis Ende 2021 sollen die ersten neun Mobilitätsstationen geschaffen werden. Für 2020 standen 375.00,00 Euro, 2021 weitere 250.000,00 Euro (5410010240) bereit. Insgesamt wurden bis einschließlich 2020 793.000,00 Euro angesetzt und davon 608.345,00 Euro bereitgestellt. Dazu kamen 262.000,00 Euro Zuschüsse.

3.2.4        Anleger der Fördeschifffahrt

Der barrierefreie Ausbau der neun Anleger an der Förde im Kieler Stadtgebiet soll den Zugang zur Fördeschifffahrt für mobilitätseingeschränkte Personen verbessern (Maßnahme 2.1.5 RNVP) und kann gleichzeitig den Betriebsablauf beschleunigen. Derzeit sind sieben Anleger schon barrierearm ausgebaut. Die Anleger Friedrichsort und Bellevue sind derzeit noch nicht barrierefrei. Bei größeren Sanierungsmaßnahmen und Ersatzbauwerken wird auch zukünftig auf eine barrierefreie Bauweise Wert gelegt werden. Derzeit sind beide Anleger technisch in Ordnung und keine größeren/aufwändigeren Baumaßnahmen notwendig. Mittelfristig werden Ersatzneubauten angestrebt um die Barrierefreiheit herzustellen. Dies gilt auch für die Anleger Seegarten und Dietrichsdorf.

In der Ratsversammlung im Februar 2021 wurde einem Badebetrieb zur Probe in den Jahren 2021 und 2022 am Anleger Bellevue zugestimmt (Drs. 0094/2021). Damit steht dieser der Fördeschifffahrt in den nächsten zwei Jahren hrend der Sommermonate nicht zur Verfügung, da aus Sicherheitsgründen eine parallele Nutzung von Bade- und Schiffsbetrieb nicht möglich ist. Derzeit stimmt die SFK ihre Fahrpläne entsprechend hierauf ab. Die Prüfung über die Wiedereinrichtung und Bedienung eines Anlegers in Holtenau bzw. alternativ die Errichtung eines Anlegers im neuen Stadtteil „MFG 5“ ist als Maßnahme 2.1.6 im RNVP erhalten.

3.2.5        Technische Anlagen / ÖPNV-Infrastruktur

Bereits 2018 wurden im Zuge der Maßnahme 2.4.1 (Betriebshofkonzept) auf beiden Betriebshöfen Anlagen zur Erhaltungsladung der neuen Hybridbusse errichtet, die Werkstatt für die Reparatur der elektrischen Komponenten aufgerüstet und eine Abstellhalle auf dem Betriebshof Diedrichstraße abgerissen, um mehr Abstellfläche für zusätzliche Fahrzeuge zu gewinnen.

Außerdem wurde im Zuge der Maßnahme 2.4.1 des RNVP (Betriebshofkonzept) 2019 die Beleuchtung in den Wartungshallen der KVG Kieler Verkehrsgesellschaft mbH (KVG) mithilfe einer Fördermaßnahme auf energieeffizientere Leuchtmittel umgestellt. Des Weiteren wurde 2020 der Rohbau für die neue Hauptwerkstatt in der Werftstraße fertig gestellt und mit dem „Deckenfest“ abgeschlossen.

Im Rahmen des Betriebshofkonzeptes entsteht ein moderner Betriebshof, der Ladeort und Werkstattort insb. für die rein elektrischen Busse sein wird.

r die Einführung des vollelektrischen Antriebs (Maßnahme 3.1) wurde 2020 die Ausrüstung der ersten Busendhaltestellen mit Ladeinfrastruktur (3 Ladepunkte in der Wik, 4 am Rungholtplatz sowie 4 auf dem Betriebshof) vorgenommen. Weitere werden folgen. Hierbei bedarf es einer umfangreichen Abstimmung zwischen der KVG, den Ausrüstern, verschiedenen städtischen Ämtern, Grundstückseigentümern und den Stadtwerken.

r die elektrischen Fähren, die sich seitens der SFK in der Beschaffung befinden wird z.Zt. auch hierfür die Ladeinfrastruktur installiert: auf dem Werkstattponton der SFK in der Kaistraße, auf der Bahnhofsbrücke sowie am Anleger Dietrichsdorf.

Mit dem 2019 fertig gestellten neuen ZOB und dem benachbarten, derzeit im Bau befindlichen Fernbusbahnhof, wurde bzw. wird die Businfrastruktur am ÖPNV-Knotenpunkt um den Kieler Hauptbahnhof grundlegend modernisiert und erweitert.

3.3  Fahrzeuge

3.3.1        Elektrifizierung der Busse (Drs. 0129/2020)

Die Elektrifizierung der Busse führt vor Ort zu weniger Abgasen und Lärm. Bereits seit 2016 arbeitet die KVG an einer Strategie zur Elektrifizierung der Buslinien (Drs. 0198/2016), die schritt­weise fortgeschrieben wurde (Drs. 1226/2017). Diese Strategie ist Bestandteil des Regionalen Nahverkehrsplan (Drs. 0197/2018, S. 56 bzw. Maßnahme 3.0.1 des RNVP). Darüber hinaus enthält der Green City Plan Maßnahmen zur Elektrifizierung der Busse, um den Stickoxidausstoß zu reduzieren (IV.c, IV.d Green City Plan). Durch die 36 anzuschaffenen E-Busse (2020/21) sollen 11,8 to/Jahr Stickoxid eingespart werden. Inzwischen liegt der erste Sachstandsbericht über die Einführung der E-Mobilität vor (Drs. 0129/2020).

Es fahren derzeit 33 Hybridbusse (Anschaffung 2017 bis 2019), sowie 20 E-Gelenkbusse (Anschaffung August 2020 bis Januar 2021) in Kiel. Bis Mitte 2021 steigt die Zahl auf 36 E-Gelenkbusse, bis Ende 2021 auf 45 E-Gelenkbussen sowie 20 E-Normalbusse. Damit liegt der Anteil der E-Busse dann bei 31,3 Prozent, der Anteil der Hybridbusse bei 15,9 % im Netz Kiel. Tagesaktuelle Daten, wie viel CO2 eingespart wurde sowie alle weiteren aktuellen Informationen zum E-Bus-Projekt, finden sich unter e-bus.kvg-kiel.de.

Die neuen E-Busse bieten darüber hinaus einen höheren Komfort mit USB-Ladebuchsen, Klimaanlage und WLAN sowie eine höhere Sicherheit durch Video-Überwachung sowie Abbiege-Assistenz-System. Dazu sind die E-Busse deutlich leiser und daher angenehmer für Anwohner*innen.

3.3.2        Neue Fähren

Der Fahrzeugbestand der Fördeschiffe ist durch ein hohes Alter geprägt; die Schiffe stammen überwiegend aus den 1980er Jahren. Damit verbunden sind zunehmende Ausfallzeiten, hohe Instandhaltungskosten sowie Schwierigkeiten bei der Ersatzteilbeschaffung.

Deshalb hat die Neubeschaffung begonnen (Maßnahme 3.0.4 des RNVP). Es wurden 2020 zwei neue Schiffe als Ersatz angeschafft, bis 2026 sollten weitere folgen (Drs. 0620/2017). Die Kosten wurden 2017 auf 15,5 Mio. Euro geschätzt. Die Maßnahme begründet sich auf den Masterplan Mobilität für die Kielregion (B.3.2) und wurde auch im Green City Plan (IV.f) aufgenommen.

Das am 12.08.2020 getaufte Fördeschiff „MS Gaarden" ist die erste Plug-In-Hybridfähre der deutschen Ostseeküste. Sie kann Teilstrecken mit ausschließlich batterieelektrischem Antrieb fahren; ansonsten kommt der gegenüber dem bisherigen Brennstoff deutlich umweltfreundlichere GTL-Kraftstoff zum Einsatz. Eine Umrüstung auf vollelektrischen Antrieb zu einem späteren Zeitpunkt ist möglich. Die MS Gaarden“hrt auf der Fördefährlinie F1 zwischen der Bahnhofsbrücke Kiel und Laboe / Schilksee / Strande.

Die vollelektrische „MS Düsternbrook“ soll auf der Schwentinelinie (F2) zum Einsatz kommen. Derzeit findet sich das Schiff noch in der Erprobung, mit einer Inbetriebnahme ist im Mai 2021 zu rechnen. Auf der „MS Düsternbrook“ finden 140 Fahrgäste sowie 60 Fahrräder Platz. Da die Fahrradmitnahme auf der F2 bereits jetzt kostenlos ist, handelt es sich um eine optimale Linie für Fahrradpendler*innen, die über die Förde müssen.

Derzeit ist die Kiellegung des Schiffes „MS Friedrichsort“ im Frühjahr 2021 geplant. Im Sommer 2021 soll dann die Kiellegung des Schiffes „MS Wik“ erfolgen. Die Fertigstellung ist für März 2022 bzw. Mai 2022 anvisiert. Weiterhin läuft die Planung für den Bau des Ersatzes der „MS Schilksee“. Die Fertigstellung ist derzeit für das Jahr 2026 angedacht.

3.4  Service

3.4.1        Digitale Fahrgastinformations-Anzeiger (DFI-Anzeiger)

Ein weiterer Ausbau der DFI-Anzeiger an wichtigen Bushaltestellen ist als Maßnahme 4.1.3 im RNVP enthalten. DFI-Anzeiger ermöglichen einen diskriminierungsfreien Zugang der Fahrgäste zu Echtzeitinformationen im ÖPNV. Die DFI übermitteln neben Informationen zu den Linien wie Ziel und voraussichtliche Abfahrtszeit darüber hinaus auch Sonderinforma­tionen zu einzelnen Linien oder allgemeine Sonderinformationen wie z.B. zu Störungen, Hinweise auf Fahrplanwechsel, Aufforderung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes. Die Informationen werden den Fahrgästen auf diese Weise schnell und komfortabel zur Verfügung gestellt.

Mit Umsetzung des Förderprojektes „Aufbau von DFI-Anzeigen an Haltestellen im Kieler Stadtgebiet als Maßnahme der ÖV-Angebotsverbesserung (DFI-Kiel)“ konnten in den Jahren 2018-2020 zu den vorhanden 70 DFI-Anzeigern in der Stadt 30 weitere DFI-Anzeiger an wichtigen Bushaltestellen z.B. an Bahnhöfen angeschafft werden. Diese sind direkt mit der Datendrehscheibe des ÖPNV der NAH.SH verbunden. Die Gesamtkosten betrugen ca. 750.000 EUR. Davon wurden knapp 50% als Zuschuss im Rahmen des Förderprogrammes „Sofortprogramm Saubere Luft 2017-2020“ des BMVI gewährt. Ca. weitere 35% der Kosten werden im Rahmen von einer Zuwendung nach Gemeindeverkehrs­finanzierungsgesetz Schleswig-Holstein durch das Land getragen. Die Abrechnung und Nachweise der Verwendung zum Projekt erfolgen derzeit.

In den nächsten zwei Jahren ist vorgesehen auch die Anleger der Förderschifffahrt und der Kanalfähre mit DFI-Anzeigern auszustatten (Maßnahme 4.1.2 des RNVP). Die Umsetzung erfolgt im Rahmen der weiter unten beschriebenen Maßnahme 0.

4.      Tarif

Das Verkehrsgebiet des Verkehrsverbundes Region Kiel (VRK) ist tariflich in den landesweiten SH-Tarif integriert. Somit sind nicht nur für Verbindungen innerhalb des VRK, sondern auch zwischen allen Orten im VRK und im gesamten SH-Tarifgebiet durchgehende Fahrkarten für Bus, Bahn und Fähre erhältlich. Damit ist in Schleswig-Holstein das Grundsortiment an Fahrkarten identisch mit identischen Preisen. Durch regionale Besonderheiten gibt es auch in Kiel Bestrebungen sich individuell vom Verbund zu entwickeln.

Die Selbstverwaltung hat mit verschiedenen Anträgen die Verwaltung beauftragt, unterschiedliche Vergünstigungen auf Ticketpreise auf ihre finanzielle Auswirkung zu überprüfen. Zuletzt mit Drs. 0377/2020 (Stellungnahme der Verwaltung Drs. 0842/2020).

Zusätzlich zu dem bestehenden verbundweiten Fahrkartensortiment wurde in Kiel das Senior*innen Ticket als regional gültiges Angebot eingeführt (siehe 3.5.1.1).

Mit Drs. 0959/2020 (daraufhin AdV Drs. 0115/2021) sollen die Barfahrscheine und das Schüler*innen-Ticket im Preis abgesenkt werden. Mit Beschluss der Ratsversammlung am 18.03.2021 erfolgt die Umsetzung zum August 2021 (siehe 3.5.1.2).

1.1   Regionales Ange

4.1  Senior*innenticket (Drs. 0891/2016, Drs. 0973/2020)

Mit Drs. 0891/2016 wurde das Senior*innenticket ab demrz 2017 probeweise eingeführt und zuletzt mit Drs. 0973/2020 fortgeschrieben. Damit können Menschen, die über 65 Jahre alt sind, ein Monatsticket im Jahresabo mit 25 Prozent Rabatt erwerben. Das Ticket gilt nicht für die Zeit zwischen 06:00 Uhr und 09:00 Uhr. Die fehlenden 25 Prozent werden von der Landeshauptstadt Kiel übernommen, wodurch jährliche Kosten von rund 200.000 Euro entstehen. Das Ticket wird seit November 2019 monatlich von mehr als 1.400 Menschen erworben. Zur Einführung 2017 lag die Zahl noch bei 689 und ist seitdem bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie stetig gestiegen. Die NAH.SH strebt an, ein Ticket einzuführen, das das Seniorenticket ablösen kann (z.B. 9:00- Karte) aber ist nicht bestrebt, einzelnen Personengruppen zu bevorteilen. Zurzeit ist keine landesweite Lösung als Seniorenticket angestrebt.

4.2  Regionale tarifliche Maßnahme

Mit Drs. 0959/2020 hat die Ratsversammlung beschlossen, Barfahrscheine um 30 Ct. und Schüler*innen/Azubi-Ticket (Monats/Jahres-Ticket) zu vergünstigen und dafür (sowie für die Vergünstigung des Normaltickets) drei Millionen Euro in den Haushalt einzustellen. Das Schüler*innen/Azubi-Ticket soll maximal 360 Euro im Jahr bzw. 35 Euro im Monat kosten. Die vergünstigten Tickets im Schüler*innen Bereich könnten nicht nur ein Beitrag zur Verkehrswende, sondern (gemeinsam mit den Maßnahmen für den Radverkehr an Schulen, siehe etwa Anlage 2, 4.6.2 sowie für den Fußverkehr, siehe etwa Anlage 1, 2.7) auch ein Beitrag sein, um das Problem der „Elterntaxis “ zu reduzieren (vgl. dazu Drs. 0821/2018).

Perspektivisch müssen solche Vergünstigungen allerdings vorrangig vom Land finanziert werden. Einerseits pendeln auch zahlreiche Schüler*innen und Azubis aus dem Kieler Umland nach Kiel, anderseits sind die finanziellen Mittel der Kommunen begrenzt.

4.3  Jobticket

Mit dem Job-Ticket, das landesweit implementiert wird, besteht ab Mai 2021 die Chance, ein deutlich vergünstigtes Ticket für den ÖPNV zu erwerben, wenn der Arbeitgeber an dieser Maßnahme teilnimmt. Bei den Erwerbstätigen haben nur 18 Prozent eine Zeitkarte (siehe Abbildung 1), 50 Prozent aller Erwerbstätigen fahren derzeit mit dem Auto zur Arbeit, nur 12 Prozent mit dem ÖPNV. Da die Fahrt zur Arbeit mit 22 Prozent einen Großteil am Gesamtverkehr einnimmt, kann das Umsteigen von Berufspendler*innen einen großen Einfluss auf den Gesamtverkehr haben. Das neue Jobticket wird in zwei Ermäßigungsstufen eingeführt: So wird bei einem Arbeitgeber*innenzuschuss von 15 Euro ein Rabatt von 10 Euro gewährt, sodass Arbeitnehmer*innen 25 Euro im Monat sparen. Gewährt der/die Arbeitgeber*in einen Zuschuss von 30 Euro, gibt es 20 Euro Rabatt. Der Preisvorteil für Arbeitnehmer*innen liegt damit bei 50 Euro. Am Wochenende gilt das Ticket neben dem Inhaber für einen weiteren Erwachsenen und bis zu drei Kindern. Die Stadtverwaltung bietet ihren Beschäftigen die zweite Ermäßigungsstufe an und koordiniert Bemühungen, dass sich möglichst viele Institutionen und Firmen in Kiel dem Jobticket anschließen.

4.4  Digitale Tickets

Neben den inzwischen dem traditionellen Angebot zuzurechnenden Online-Tickets (zum Selbstausdruck) gibt es im Rahmen der Vertriebsstrategie des landesweiten Verkehrsverbundes NAH.SH auch die Möglichkeit des mobilen Tickets (Handy-Tickets). Erwerbbar sind diese über den DB-Navigator und - neu - über die NAH.SH-App. In diesem Zusammenhang ist auch die Ausstattung der Busse der KVG mit "intelligenten" Entwertern, die zur Kontrolle von mobilen Tickets (Handy-Tickets) befähigt sind, erfolgt. Vergleichbares ist für die neuen Fähren der SFK geplant (Drs. 0999/2020).

4.5  Kostenlose Fahrradmitnahme F2

Auf der F2 ist bereits seit Juli 2019 die Fahrradmitnahme kostenlos. Verwaltungsseitig wird außerdem im zweiten Quartal 2021 eine deutliche Vergünstigung der Fahrscheine auf dieser Linie angestrebt. So kann der Fährverkehr insbesondere für die täglichen Pendler*innen auf dem Fahrrad in Form einer Radpremiumroute attraktiver werden (s.a. Green-City-Plan III d).

5.      Weitere Maßnahmen

5.1  Einführung eines neuen ÖPNV-Systems (Drs. 1225/2019, 0670/20)

Die GrundlagenstudieMobilitätskonzept für einen nachhaltigen Öffentlichen Nah- und Regionalverkehr in Kiel“ wurde Ende des Jahres 2019 fertiggestellt. Auf dieser Basis wurde der Verkehrsentwicklungsplan (VEP) mit der Drs 1227/2019 fortgeschrieben. Mit Drs. 1225/2019 hat die Ratsversammlung die Verwaltung einstimmig beauftragt, eine Trassenstudie für ein hochwertiges ÖPNV-System auf eigener Trasse in Auftrag zu geben und Begleituntersuchungen durchzuführen. In verschiedenen Informations- und Beteiligungsveranstaltungen vor Ort sowie zwei Online-Umfragen konnten sich die Kieler*innen bereits in einem ersten Schritt in den Prozess einbringen. Ein Sachstandsbericht wurde 2020 mit Drs. 0670/2020 vorgelegt. Die Anregungen aus den Beteiligungsformaten fließen aktuell in die seit Oktober 2020 beauftragte Trassenstudie ein. Die Trassenstudie soll bis Ende des Jahres 2022 abgeschlossen werden. Im Rahmen dieser Planung wird eine technische und betriebliche Machbarkeituntersuchung für die Systeme Bus-Rapid-Transit (BRT) und Tram durchgeführt. Für beide Systeme wird ein Vorzugsnetz festgelegt sowie ein Förder- und Finanzierungskonzept und ein Betriebsmodell erarbeitet. Wesentlicher Bestandteil der Trassenstudie sind Überlegungen zu Anpassungen und Verbesserungen im Busnetz in Ergänzung zu dem hochwertigen System auf eigener Trasse. Die Systemfestlegung ist spätestens Ende 2022 vorgesehen. In einem ersten Schritt wurden die Planungsparameter in der Drs. 0160/2021 definiert. Mit diesen Planungsparametern kann die Bewertung von verschiedenen Trassenvarianten im Stadtgebiet erfolgen. Die technisch und betrieblich sinnvollsten Varianten werden in die weitere Planung aufgenommen und detaillierter geprüft.

Die Trassenstudie erfolgt unter fortlaufender Beteiligung der Öffentlichkeit. Dafür sind auch in den Jahren 2021 und 2022 weitere Stadtteilforen sowie zentrale Informationsveranstaltungen vorgesehen. Neben den Vor-Ort-Veranstaltungen werden digitale Informations- und Beteiligungsformate angeboten. Dazu zählen beispielsweise die Projektwebseite und der Blog.

5.2  Weiterentwicklung des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) in der KielRegion (Drs. 0287/2021, 1084/2016)

Im Masterplan Mobilität der KielRegion ist auch der Ausbau der SPNV-Angebote in der Region als eines der Schlüsselprojekte formuliert. Dies mit dem Ziel eines erweiterten Regionalbahn-Systems im attraktiven Taktverkehr und mit neuen Haltepunkten. Das System soll mittelfristig das Rückgrat des ÖPNV in der KielRegion bilden, auf das Zubringerlinien und Anschlussknoten ausgerichtet werden. Da der Ausbau der SPNV-Angebote für die Verkehrsentwicklung der Region von großer Bedeutung ist, haben die drei Aufgabenträger, die Kreise Rendsburg-Eckernförde und Plön und die Landeshauptstadt Kiel in einem gemeinsamen Schreiben an den Landesverkehrsminister die Erfordernisse der Region bezüglich des SPNV-Ausbaues verdeutlicht (Drs. 0287/2021). Ziel ist es, dass das Land Schleswig-Holstein als SPNV-Aufgabenträger die Initiative für ein Gesamtprojekt zur Verwirklichung es S-Bahn-ähnlichen Systems in der Kielregion ergreifen und die entsprechenden Planungen aufnehmen soll.

Von besonderer Bedeutung ist zudem die Bahnverbindung „Hein Schönberg“, mit deren Neueröffnung in der Mitte des Jahrzehnts zu rechnen ist. Derzeit wird ein Stundentakt für die Strecke Kiel-Schönberg geplant, die durch Busse ergänzt wird. Eine höhere Taktung könnte sinnvoll sein, würde aber weitere bauliche Maßnahmen erfordern. Die Landeshauptstadt Kiel hat die Rahmenbedingungen auf dem Stadtgebiet für die neue Strecke geschaffen, etwa der Bau der Mobilitätsstation Bahnhof Oppendorf (Drs. 1084/2016). Auch die Bedeutung der Strecke Hein Schönberg für Kiel wird in dem genannten Schreiben an das Ministerium hervorgehoben und eine schnelle Umsetzung angemahnt. Eine zügige Umsetzung ist weiterhin dringend notwendig zur verkehrlichen Entlastung des Ostufers.

 

5.3  rderprojekt Digitale Fähre

Für rund 1,5 Mio. Euro wird mit dem Projekt „Digitale Fähre“ ein digitales Leitsystem für die Fördeschifffahrt sowie eines Verkehrsleitsystems für Fahrradfahrer*innen zur Querung des Nord-Ostsee-Kanals geschaffen. 85 Prozent werden durch Bundesfördermittel erbracht. Das Projekt wird in drei Phasen gemeinsam mit Nah.SH von Februar 2021 bis Ende 2024 umgesetzt. Ziel des Teilprojektes 1, das von der NAH.SH GmbH umgesetzt wird, ist es, ein Leitsystem für den Schiffsverkehr zu erstellen, welches die Datenbasis für eine Verknüpfung mit anderen Verkehrsträgern des Umweltverbundes schafft. Ziel des zweiten Projektes ist es, die Fähranleger sowie die Schiffe mit den erforderlichen Soft- und Hardwarekomponenten auszustatten. So kann das im Teilprojekt 1 erstellte Leitsystem die Daten für das jeweilige Schiff ermitteln und über die digitalen Fahrgastinformationssysteme auf den Schiffen und den Anlegern zugänglich machen. Die Fahrgäste werden somit zeitnah und aktuell über die Abfahrtszeiten an den Anlegern informiert. Zudem soll die Nutzung der Fördeschifffahrt durch ein digitales Ticketing-System erleichtert werden.

Das Teilprojekt 3 sieht die Schaffung eines Verkehrsleitsystems für Fahrradfahrer*innen zur Querung des Nord-Ostsee-Kanals zwischen der Wik und Holtenau in beiden Richtungen vor. Dieses Ziel soll erreicht werden, indem die Fähre „Adler 1“ sowie die von ihr angefahrenen Anleger mit der bereits in Teilprojekt 2 vorgesehenen Technik ausgerüstet werden.

Zudem sollen an vorgelagerten Straßenkreuzungen digitale Anzeigen errichtet werden, die die vom Leitsystem generierten Informationen zur Verfügung stellen. Damit können Radfahrer*innen einfacher entscheiden, ob sie ihre Route per Fähre oder über die Hochbrücke fortsetzen wollen. Ziel ist es, den Fahrradfahrer*innen den schnellsten Weg über den Kanal aufzuzeigen.

5.4  Kanalfähre Adler 1

Die zwischen Kiel-Wik und Kiel-Holtenau betriebene Fähre hat für die Landeshauptstadt eine große historische Bedeutung. Sie wurde im Jahr 1912 für Fußnger und Radfahrer eingesetztund ist aufgrund einer entsprechenden rechtlichen Verpflichtung der Kanalverwaltung seitdem kostenlos. Der Vertrag des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes Kiel-Holtenau mit dem Betreiber der Fähre zwischen Kiel-Wik und Kiel-Holtenau läuft Ende des Jahres 2024 aus. Um die Fähre weiter betreiben zu können, muss rechtzeitig eine entsprechende Ausschreibung planmäßig veröffentlicht werden. Ziel der LH Kiel ist es, die Kapazitäten für die Mitnahme von Fahrrädern deutlich auszuweiten und ggf. auch Taktung und Betriebsabläufe zu verbessern. Um umsetzbare Planungsvarianten als weitere Entscheidungsgrundlage zu erhalten, wird gegenwärtig eine gemeinsam getragene Machbarkeitsstudie federführend durch die LH Kiel erarbeitet, die als Grundlage zur Entscheidung der weiteren Ausrichtung der Planung und des weiteren Vorgehens dient.

Sobald eine Planung gemeinsam mit dem Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Kiel-Holtenau erstellt wurde, wird die Ratsversammlung über eine ggf. notwendig werdende, fortlaufende Kostenbeteiligung entscheiden. Mit der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung wurde dazu ein „Letter of Intent“ abgestimmt (Drs. 0487/2020).

Die ohnehin geplante Instandsetzung der Fähre in der Werft machte es 2020/21 möglich, die Fähre umzubauen und damit mehr Platz zu schaffen. Durch die bauliche Vergrößerung kann nun ein zusätzlicher Transport von 5 – 10 großen Fahrrädern erreicht werden. Gleichzeitig wird die Barrierefreiheit für weitere Stellplätze für Rollstühle durch das größere Platzangebot deutlich verbessert. Der Zugang zum Hauptdeck wurde vergrößert und 20 Sitzplätze wurden dafür entfernt. 10 Sitzplätze blieben weiterhin erhalten (Drs. 1081/2020).

6.      Konflikte

6.1  Zielkonflikte

Der Ausbau der Infrastruktur für den ÖPNV steht ebenso wie die anderen Verkehrsarten an mancher Stelle in Konflikt zu anderen Zielen der Stadt Kiel. Maßnahmen zur Busbeschleunigung erfolgen teilweise zu Lasten anderer Verkehrsträger. Die Einführung eines hochwertigen ÖPNV Systems auf eigener Trasse erfordert in den entsprechenden Straßenzügen eine grundlegende Neuaufteilung des Verkehrsraumes. Dies kann zum Teil nur zu Lasten der Spuren für den KFZ-Verkehr erfolgen. Auch bei der Versiegelung von Flächen sowie in Bezug auf den wünschenswerten Erhalt und der Neupflanzung von Stadtbäumen können Konflikte entstehen.

Auch bei den Fähren kann es zu Zielkonflikten mit anderen Wassernutzungen geben. Der Anleger Bellevue soll beispielsweise versuchsweise als Badestelle (Drs. 0094/2021) genutzt werden. Dies steht in Konkurrenz zur gleichzeitig geplanten Ausweitung des Fährverkehrs.

6.2  Weitere Konflikte

Konflikte bestehen beispielsweise im Bereich der Tarifgestaltung, da die Landeshauptstadt Kiel Mitglied im Verkehrsverbund ist und Tarifmaßnahmen mit dem Verbund abzustimmen sind, was die Autonomie bei der Tarifgestaltung deutlich einschränkt. Zudem erfordern Tarifvergünstigungen gleichzeitig auch Verbesserungsmaßnahmen des Angebotes, damit eine steigende Nachfrage vom ÖPNV auch aufgenommen werden kann. Ein begrenzender Faktor sind neben räumlichen Grenzen in Haltestellenbereichen, die weitere Taktverdichtungen im Busverkehr nur noch begrenz zulassen, vor allem auch die Bereitstellung zusätzlicher Busfahrer*innen.

7.      Fazit

Der ÖPNV nimmt vor dem Hintergrund der verkehrs- und klimapolitischen Ziel derzeit noch einen zu geringen Antteil am Kieler Verkehrsaufkommen ein. Dies wird sich spätestens mit einem hochwertigen ÖPNV-System auf eigener Trasse ändern. Die Planung, Finanzierung und Bau dieses hochwertigen ÖPNV-Systems ist die wichtigste Einzelkomponente im Rahmen der Verkehrswende und wird von der Verwaltung mit einer entsprechenden Priorität vorangetrieben.  Auch der Busverkehr in Kiel hat bis dahin noch Ausbaupotential und wird auch nach Fertigstellung eines hochwertigen ÖPNV-Systems eine zentrale Rolle im Verkehrsmix behalten. Im 5. RNVP sind zahlreiche Verbesserungsvorhaben mit einem Investitionsvolumen von 81 Mio.  vorgesehen. Chancen bietet zudem die ÖPNV-Beschleunigung durch mehr Busspuren und bessere Lichtsignalbeeinflussung. Gleichzeitig sorgen die dargestellten umfangreichen digitalen Verbesserungsmaßnahmen für deutlich mehr Komfort in der Nutzung der Systeme.

Der Fährverkehr hat in Kiel noch nicht die Bedeutung erlangt, die ihm aufgrund der Förderlage zukommen könnte und sollte Die eklatante Trennungswirkung durch die Förde kann durch einen attraktivenhrverkehr in Ergänzung zu einem hochwertigen ÖPNV System auf eigener Trasse weiter verringert werden. Dafür braucht es bequeme und moderne Fähren und Anlegestellen, eine dichte Taktung und günstige Preise. Mit der Bereitstellung neuer Fähren wurde bereits eine zentrale Voraussetzung für das Erreichen dieses Ziels geschaffen. Wie in unter 3.1.3 beschrieben arbeitet die Verwaltung zusammen mit der SFK derzeit an der Verbesserung des Angebots im Fährverkehr.

Der 5. RNVP macht deutlich, dass alle Angebotsverbesserungen im ÖPNV erhebliche finanzielle Mittel erfordern. Bei gleichzeitigen Vergünstigen im Tarifbereich für dies zu einer Steigerung des Defizits für den ÖPNV und verlangt angesichts der nach wir vor angespannten Haushaltslage der Stadt die Konzentration auf die besonders effizienten Angebotsverbesserungen.

1

 


 - 1 -

Kapitel D KFZ-Verkehr

  1. Einleitung

Erklärtes Ziel der Stadt Kiel ist es, den motorisierten Individualverkehr (MIV, d.h. PKW, Motorrad und andere motorisierte Fahrzeuge, die nicht gleichzeitig durch Körperkraft [E-Bikes, Pedelecs] angetrieben werden) deutlich zu reduzieren. Derzeit hat der MIV 38 Prozent des Gesamtverkehrs und ist damit die stärkste Verkehrsart (SrV 2018). Allerdings ist der Anteil im Vergleich zu 2013 um fünf Prozentpunkte, d.h. rund 12 Prozent gesunken (SrV 2013). Im Binnenverkehr beträgt der Anteil des KFZ-Verkehrs nur 32 Prozent (SrV 2013: 37 Prozent). Da dasKFZ insbesondere für längere Strecken genutzt wird, erreicht er bei der spezifischen Verkehrsleistung 53 Prozent (Binnenverkehr; 2013: 57 Prozent) bzw. 70 Prozent (alle Wege; 2013: 72 Prozent). Insgesamt ist der MIVckläufig.

Kiel befindet sich im Bundesvergleich im Spitzenfeld und hat mit 38 Prozent in 2018 einen verhältnismäßig geringen Anteil von KFZ-Verkehr am Gesamtverkehr, wobei Berlin mit 26 Prozent Spitzenreiter und die Obere Aller mit 67 Prozent Schlusslicht ist.

Ziel ist es, den Wert des MIV bis 2035 auf 26 Prozent des Gesamtverkehrs zu senken (Masterplan Mobilität, Drs. 0831/2017). Dieser ging allerdings auch noch von einem Radverkehrsanteil von 25 bis 2035 aus (siehe Anlage 2). Ausgehend von den ambitionierten Zielen für den Radverkehr, wären auch die Ziele für den MIV anzupassen. Setzt man einen linearen Rückgang an, wären folgende Zwischenziele zu erreichen.

 

2008

2013

2018

2020

2023

2025

2028

2030

2033

2035

KFZ

41%

43%

38,0%

36,1%

33,2%

31,3%

26,71%

23,6%

22,06%

21%

 

Die Zahl der KFZ in Kiel steigt. Derzeit kommen auf 1000 Kieler*innen 384 private KFZ  (Stand 31.12.2019, eigene Berechnung, Daten aus Statistischer Bericht 269), vier Jahre zuvor waren es noch 376 KFZ/1000 Einwohner*innen (Stand 31.12.2015, eigene Berechnung, Daten aus Statistischer Bericht 244). Dazu kamen 2019 noch rund 16.000 gewerblich genutzte KFZ.


r 2050 war ein Zielwert von 243 KFZ auf 1000 Kieler*innen angesetzt worden (Masterplan 100 Prozent Klimaschutz, S. 570). Das würde einen Rückgang von rund 37 Prozent bedeuten die Zahl der KFZsste um 35.200 sinken, was einem jährlichen Rückgang um rund 1.200 KFZ entspricht. Zwischen 2015 und 2019 ist die Zahl der privaten KFZ um 2.412 Fahrzeuge gestiegen, die Zahl der Kieler*innen hingegen nur um 1.508. Dazu kommen dienstlich genutzte KFZ (2019: 15.978), rund 10.000 Nutzfahrzeuge, rund 8.000 Kräder sowie rund 11.000 Anhänger. Zu berücksichtigen ist auch, dass KFZ in den letzten Jahrzehnten größer geworden sind, also mehr Platz beanspruchen.

Jahr

Private KFZ pro 1000 EW

Absolute Zahl privater KFZ

2010

373 KFZ

88.040

2015

376 KFZ

92.726

2016

Keine Daten

2017

377 KFZ

93.970

2018

Keine Daten[2]

2019

384 KFZ

95.138

2050

243 KFZ

59.937[3]

  1. Grundlagen
    1. Verkehrsentwicklungsplan (Drs. 1197/2007)

Der Verkehrsentwicklungsplan enthält zum KFZ-Verkehr zwei Kapitel, eins zum fließenden KFZ-Verkehr (S. 54 76), sowie eins zum ruhenden KFZ-Verkehr (S. 77 80). Damit nimmt der Kfz-Verkehr im VEP den größten Platz als Einzelthema ein. Besondere Bedeutung haben heute noch insbesondere die Ausführungen zum Anschluss der A21, zur sog. Südspange und zur sog. Ostuferentlastungsstraße.

2.2  Masterplan Mobilität der KielRegion (Drs. 0831/2017)

Der Masterplan enthält für den MIV die Zielvorgabe, den Anteil auf 26 Prozent bis 2035 zu senken. Aufgrund weitergehender Beschlüsse, welche ambitioniertere Ziele für den Radverkehr festgesetzt haben, liegt die Zielzahl nun bei 21 Prozent bis 2035.

Der Masterplan sieht zahlreiche MIV-bezogene Einzelmaßnahmen vor: A.3.4 Etablierung eines Integrierten Parkraummanagements (S. 104), C.1.2 Ausweitung von Carsharing -Angeboten in der Region (S. 125), C.1.3 Etablierung von Dorfauto-Angeboten in der Region (S. 126), C.1.6 Ausweitung von Mitfahrmöglichkeiten (S. 129), C.2.1 Vorhaltung eines leistungsfähigen Straßennetzes (S. 130), C.2.2 Aufbau eines Verkehrsmanagementsystems (S. 131), C.2.4 Etablierung von Micro-Hubs und Lastenrädern im Lieferverkehr (S. 133), C.2.5 Neugestaltung innerstädtischer Lieferzonenbereiche (S. 134), C.2.6 Umsetzung eines Lkw-Führungsnetzes in Kiel und Umland (S. 135), C.3.1 Bedarfsgerechte Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge (S. 137), C.3.3 Erprobung von Privilegien für E-Fahrzeuge im öffentlichen Raum (S. 139), C.3.4 Nutzung von klimaneutralen Fahrzeugen in Fuhrparks (S. 140), C.3.6 CO2-neutrale Liefer- und Wirtschaftsverkehre (S. 142), D.3.7 Ausweitung der Verkehrsüberwachung (S. 163)

2.3  Masterplan 100 Prozent Klimaschutz (Drs. 0985/2017)

Der Masterplan 100 Prozent Klimaschutz enthält darüber hinaus folgende Zielvorgaben und Maßnahmen:M-001 Vorhandene Infrastruktur Instand halten (S. 629), M-004 Elektro-Ladeinfrastruktur (S. 632), M-008 Elektrifizierung des Straßengüterverkehrs (S. 636), M-013 Ruhender Verkehr (S. 641), M-016 Autofreie Innenstadt (S. 644).

2.4  Green City Plan (Drs. 0716/2018)

Der Green City Plan enthält folgende Maßnahmen zur Förderung des Kfz-Verkehrs:

I.a-6 Softwaresystem für die Baustellenplanung (S. 59), I.a-7 Digitalisierung des Lkw-Führungsnetzes (S. 61), I.a-8 Neuordnung des Parkraums über digitale Systemausweitung (S. 63), I.a-10 Verkehrsinformationstafeln zur aktuellen Verkehrssituation (S. 67), I.b-6 Ausweitung von DFI-Anzeigen an Haltestellen (S. 83), I.b-7 Haltestellen-Echtzeitinformationen als APP (S. 85), I.b-8 Aufbau eines Haltestellenkatasters (S. 87), II.b Ausweitung von Carsharing-Stationen (S. 93), II.e-1-h Mitfahrbörsen (S. 109), II.e-2-b Elektrifizierung des Fuhrparks (S. 113), II.e-2-c Stellplatzmanagement (S. 115), IV.a KielRegion als Modellregion für Elektromobilität (S. 131), IV.b Ladeinfrastruktur in Wohngebieten (S. 133), IV.e Fuhrparkumstellung in Verwaltungen und Unternehmen der KielRegion (S. 139), V.a Etablierung von Micro-Hubs / Micro-Depots in Kiel (S. 149).

2.5  rmaktionsplan (Drs. 0064/2021)

Wie dargestellt geht ein großer Teil der Lärmbelastung vom motorisierten Verkehr aus. Der neue rmaktionsplan aus 2021 benennt aktuelle Problemschwerpunkte im Kieler Straßennetz mit einer erhöhten Lärmbelastung sowie u.a. folgende Maßnahmen zur Senkung des Lärms: Vermeidung von Verkehrslärmemissionen (durch Förderung der lärmarmen Verkehrsträger und Reduzierung des lärmrelevanten KFZ und Lkw-Verkehrs), Verlagerung von Verkehrslärmemissionen aus hochsensiblen Bereichen in weniger sensible Bereiche, sofern diese Bündelung nicht im Widerspruch zu Zielen der Luftreinhaltung steht, Verminderung von Verkehrslärmemissionen (durch Fahrbahnsanierung, Verstetigung des Verkehrsflusses und Reduzierung der Geschwindigkeit), Verminderung von Verkehrslärmimmissionen (durch Unterbrechung des Ausbreitungsweges zur Reduzierung der Lärmbelastung in der Nähe von Wohngebäuden oder in ruhigen Gebieten). Der Lärmaktionsplan soll gemäß § 47d Abs. 5 BImSchG bei bedeutsamen Entwicklungen für die Lärmsituation, ansonsten jedoch nach nf Jahren überprüft und erforderlichenfalls überarbeitet werden. Erfahrungen und Ergebnisse des Aktionsplans werden dabei ermittelt und bewertet.

2.6  Luftreinhalteplan (Drs. 0075/2020)

Wie dargestellt ist das Land Schleswig-Holstein für die Aufstellung von Luftreinhalteplänen verantwortlich. Ziel der Stadt Kiel ist es, die Schadstoffe im gesamten Stadtgebiet zu reduzieren und diese nicht nur zu verlagern. Daher werden Lösungen präferiert, die grundsätzlich den Ausstoß insbesondere von Stickoxiden reduziert. So hat Kiel z.B. zahlreiche E-Busse angeschafft, neue Fähren mit Hybdrid- oder reinem Elektroantrieb bestellt und die Investitionen in den Radverkehr deutlich erhöht. Ergänzt wird dies mit Maßnahmen an den besonders belasteten Stellen. Dabei gilt es ein Fahrverbot am Theodor-Heuss-Ring zu verhindern, um nicht durch Ausweichverkehre den Verkehrsfluss zu verschlechtern, zusätzliche Schadstoff- und Lärmbelastungen sowie erhöhte Unfallgefahren auf die Anwohner*innen und Verkehrsteilnehmer*innen an den Ausweichrouten zu verlagern. Es wurden zahlreiche verkehrslenkende Maßnahmen (u.a. Tempo 50, Lenkung von LKW-Verkehren, Zuflussampel am Barkauer Kreuz) getroffen, photokatalytische Oberflächen an Fuß- und Radwegen und eine Schutzwand geschaffen (Drs. 0967/2019; Drs. 0981/2020). Auch die Straßenoberfläche wurde mit photokatalytische Asphalt ausgestattet (Drs. 0060/2017). Zusätzlich wurden auf Grundlage des Luftreinhalteplans Luftfilter aufgestellt

2.7  Zwischenfazit

Der KFZ-Verkehr ist in Kiel die dominierende Verkehrsart, entwickelt sich aber langsam zurück. Es ist aufgrund der zunehmenden Bedeutung des  Klimaschutzes, angesichts der Aufwertung anderer Verkehrsmittel und positiven Beispielen aus anderen Städten, wie sich moderne Mobilität und Lebensqualität miteinander verbinden lassen,  davon auszugehen, dass  mehr Menschen bereit sind, auf andere Verkehrsmittel umsteigen.
Der KFZ-Verkehr hat den größten Platz im Straßenraum. So entfallen z.B. am Westring an einigen Stellen 22 Meter auf den KFZ-Verkehr (Messung kurz vor der Kreuzung Eckernförder Str., fünf Fahrspuren, sowie zwei Parkspuren), während für den Fuß- und Radverkehr weniger als zehn Meter zur Verfügung stehen. Die Infrakstruktur für KFZ-Verkehr erscheint in Kiel insgesamt gut ausgebaut, z.T. sogar deutlich überdimensioniert. Gezielte Förderungen nnen neben den notwendigen Sanierungs- und Unterhaltungsmaßnahmen aber sinnvoll sein, insbesondere bei der Elektromobilität und Sharing-Angeboten oder bei Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit. Daneben ist zu berücksichtigen, dass die Förderung des Fuß- und Radverkehrs sowie des ÖPNV auch für den KFZ-Verkehr positiv ist. Einerseits führt dies dazu, dass Menschen umsteigen und so mehr Platz auf der Straße für diejenigen bleibt, die auf das Auto angewiesen sind. Dazu profitieren auch Autofahrer*innen von klarer Verkehrsführung für den Rad- und Fußverkehr, da so Konflikte vermieden werden.

  1. Maßnahmenprogramme

 

3.1  Ladeinfrastruktur für Elektromobilität (siehe auch Drs. 0056/2021)

Zurzeit gibt es 79 öffentlich zugängliche Ladesäulen in Kiel, davon 22 von den Stadtwerken Kiel. 2019 wurden acht zusätzliche Ladestationen (mit zwei Ladepunkten jeweils mit 22 KW) aufgestellt, darunter eine in Ellerbek/Wellingdorf (Am Seefischmarkt) und eine in Gaarden (Elisabethstraße), 2020 neun Ladesäulen. Weitere Stationen sind im ganzen Stadtgebiet geplant. So planen die Stadtwerke die Aufstellung an ca. 25 weiteren Standorten, wobei die Stadt in die Beschilderung, Poller und Markierungen investiert. Derzeit wird außerdem ein Elektromobilitätskonzept durch ein externes Büro erarbeitet um u.a. den Ladebedarf im Öffentlichen Raum in den Stadtteilen zu ermitteln, damit eine bedarfsgerechte Ladeinfrastruktur aufgebaut werden kann (Sachstand Erarbeitung eines Elektromobilitätskonzepts für die Landeshauptstadt Kiel in Drs. 0057/2021). Eine Online-Beteiligungsmöglichkeit z.B. für Standortvorschläge läuft derzeit.

3.2  Erhaltungsmanagement Straßen, Wege und Plätze (Drs. 0547/2020)

Der Erhalt von Straßen und Wegen ist ein bedeutender Baustein für einen flüssig fließenden Verkehr in Kiel. Die bisherige Zustandserfassung (Drs. 0643/2019) erfolgte schwerpunktmäßig über schnellfahrende Messsysteme und erfasste die Fahrbahn. Zukünftig soll darüber hinaus auch die Erfassung von Nebenflächen (z. B. Radwege, Fußwege) erfolgen. Wie in anderen Infrastrukturbereichen auch besteht bei der Erhaltung und Sanierung von Straßen ein erheblicher Nachholbedarf.

3.3  Schwarzdeckenprogramm (Drs. 0859/2019)

Die Stadt Kiel stellt jährlich Förderanträge für sog. Schwarzdeckenerneuerungsmaßnahmen (Erneuerung der Fahrbahnoberfläche) nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG-SH) beim Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus Schleswig-Holstein. Insgesamt wurden für 2020 eine Wegelänge von rund 3,3 km angemeldet, wobei die größte Einzelstrecke 1,5 km betrug (Holtenauer Str. zw. Esmarchstr. und Mercatorstr.).

  1. Elektromobilität (Drs. 0056/2021)

Mit dem Masterplan Mobilität für die KielRegion wurde beschlossen, dass die CO2-Emissionen des Verkehrs bis 2035 um 35 Prozent gesenkt werden sollen, bis 2050 um 95 Prozent. Dies kann neben der Reduktion der Fahrleistung (s.o.) nur erreicht werden, wenn die Kfz weniger Treibhausgase pro gefahrenen Kilometer ausstoßen. Die Landeshauptstadt Kiel fördert daher die Elektromobilität.

4.1  rderung von Carsharingangeboten

Die Förderung von Carsharing, welches hybride oder vollelektrische Fahrzeuge anbietet, ist Bestandteil des Green City Plans (Projekt II.b). Ein Carsharing-Angebot mit (reinen) Elektro-Kfz ist derzeit allerdings nur schwer eigenwirtschaftlich darstellbar. Um trotzdem ein Angebot in diesem Mobilitätssegment zu ermöglichen, werden durch die Landeshauptstadt Kiel im öffentlichen Straßenraum Netzanschlüsse auf eigens eingerichteten Parkplätze zur Verfügung gestellt. Damit wird den Anbietern unter Zuhilfenahme eigener Ladeinfrastruktur (Ladesäule oder Wallbox) ermöglicht Carsharing zu betreiben. Die Örtlichkeiten werden mit dem Netz der Mobilitätsstationen abgestimmt. An den folgenden Standorten werden aktuell durch den Betreiber StattAuto elektrische Carsharing-Fahrzeuge zur Verfügung gestellt: Dammstraße, Ecke Exerzierplatz, Waisenhofparkplatz, Fabrikstraße, Lutherstraße, Lantziusstraße, Tilsiter Platz, Waitzstraße/Adolfstraße, Esmarchstraße/Holtenauer Straße, Blücherplatz, Grasweg, Sophienblatt/Parkplatz am Kieler Umsteiger, Stephan-Heinzel-Straße, Franckestraße/Olshausenstraße, Königsweg.

  1. Ruhender Verkehr

 

5.1  Kieler Richtzahlen für nachzuweisende Stellplätze (Drs. 0350/2018)

Die Kieler Stellplatzrichtzahlen wurden im Zusammenhang mit der Vorlage zum Wohnbauflächenatlas 2.0 (Drucksache 0979/ 2017) zur Erhöhung und Erleichterung von Wohnungsbauaktivitäten bereits in 2018 weiterentwickelt, um im Baugenehmigungsverfahren noch flexiblere Lösungsansätze für den Stellplatz- bzw. Mobilitätsnachweis anzubieten. Ein Tatbestand für die Reduzierung des ermittelten Stellplatzbedarfs insbesondere im Geschosswohnungsbau ist z.B. der Nachweis von Carsharing, eine besonders gute Anbindung an den ÖPNV oder die Förderung von Elektromobilität und z.B. die Bereitstellung von E-Lastenfahrädern für die Hausbewohner.

5.2  Parkraumkonzept (Drs. 0077/2020)

Mit Drs. 0077/2020 hat die Selbstverwaltung die Verwaltung beauftragt, ein umfangreiches Parkraumkonzept zu entwickeln. Dieses wird derzeit mit einem Gutachter*innenbüro entwickelt. Mit einer Vorlage ist im 3. Quartal 2021 zu rechnen.

5.3  Parken im Innenstadtbereich

Durch den Eigenbetrieb Parken, der 2012 ausgegliedert wurde, werden das Parkhaus ZOB und die Tiefgarage Europaplatz betrieben. Mit dem ZOB-Parkhaus wurden rund 18 Mio. Euro investiert (Drs. 1130/2019). Ein Teil der Tiefgarage Europaplatz wurde zum 01.01.2021 geschlossen. Derzeit bemüht sich die Stadt, das Parkhaus im Erbpachtverfahren (Drs. 0423/2020) abzugeben, die Sanierung sicherzustellen und die Stadt von Sanierungskosten zugunsten anderer Investitionen in die Verkehrswende zu entlasten.

Im Jahr 2019 hat der Eigenbetrieb Parken ein Minus von rund 20.000 Euro erwirtschaftet (Drs. 0086/2020). Für 2020 wurde ein Fehlbetrag von 176.000 Euro (Drs. 1100/2019), für 2021 von 605.000 Euro (Drs. 1036/2020) erwartet. Das Defizit für 2020 dürfte deutlich höher ausfallen, da sich zeigte, dass die erwarteten Einnahmen des ZOB-Parkhauses bislang nicht erreicht würden (Drs. 0559/2020). Inzwischen ist die Zahl der Dauerparker*innen aber von 150 (März 2020) auf über 250 (Stand Januar 2021) gestiegen. Grund für den Fehlbetrag ist einerseits die Corona-Pandemie, aber auch, dass die Nutzung des ZOB-Parkhauses davon unabhängig hinter den Erwartungen zurückbleibt.

Das Parken in Kiel ist mit 1,50 Euro/Stunde bzw. 6,00 Euro/Tag vergleichsweise nstig, die Preise  wurden zuletzt im Dezember 2013 erhöht. Auch im Vergleich zu den anderen Parkhäusern, ist die Gebühr des ZOB gering. So kosten die Parkhäuser des Unternehmens Q-Park (Flämische Straße 15, Holstenstraße 1, Eggerstedtstraße 4) 1,90 Euro/Stunde bzw. 17 Euro/Tag, das Parkhaus Jensendamm 1,80 Euro/Stunde bzw. 15 Euro/Tag, das Karstadtparkhaus 2,00 Euro/Tag bzw. 8,00 Euro/Tag, das Fördeparkhaus 1,90 Euro/Stunde [jede weitere Stunde 1,40 Euro] bzw. 11,00 Euro/Tag. Damit haben die privat betriebenen Parkhäuser mit Ausnahme des Karstadtparkhaus die Gebühren seit 2013 um 12 bis 38 Prozent gesteigert (vgl. Drs. 0880/2013).

Ab 2023 werden die Einnahmen aus der Parkraumbewirtschaftung für Kommunen umsatzsteuerpflichtig, was die Wirtschaftlichkeit des Betriebs mindern wird. Aufgrund des niedrigen Betrages im Städtevergleich, der anstehenden Umsatzsteuerpflicht, dem anhaltenden Fehlbetrag, sowie der Entwertung des Preises durch die Inflation, ist eine Erhöhung aus Sicht der Verwaltung geboten. Allein um die Inflation sowie die Umsatzsteuer auszugleichen bräuchte es eine Erhöhung auf 1,95 Euro (0,16 Euro Inflationsausgleich [für 2021 und 2022 wurde eine Inflationsrate von einem Prozent angesetzt] sowie 0,29 Euro für die Umsatzsteuer) notwendig. Will man eine Lenkungswirkung erzielen, scheint eine stärkere Erhöhung sinnvoll. Denkbar ist auch, eine günstigere Gebühr für das ZOB-Parkhaus als für die Straßenparkplätze zu verlangen, um einen zusätzlichen Anreiz zu schaffen, in das Parkhaus zu fahren. Die Bewirtschaftung sämtlicher städtischer Innenstadtparkplätze ist dabei in ein Gesamtkonzept der Aufwertung der Innenstadt und deren Erreichbarkeit für sämtliche Verkehrsarten einzupassen und auch mit bestehenden Gebührenerstattungssystemen (ParkenPlus) abzustimmen.

5.4  Nutzung gewerblicher Parkplätze

Im Rahmen des Parkraumkonzeptes erarbeitet die Verwaltung, wie gemeinsam mit den Betroffenen an Supermärkte und Arbeitgeber*innen herangetreten werden kann, damit diese ihre Parkflächen in den Abend- und Nachtstunden für Anwohner*innen gegen Entgelt zur Verfügung stellen.

5.5  Gehwegparken

Das Parken auf Gehwegen ist im Grundsatz verboten. Eine Ausnahme erlaubt das Zeichen 315, welches das Parken auf Gehwegen legalisiert. Die noch gültige Verwaltungsverfahrensvorschrift zur StVO regelt die Voraussetzungen für die Anordnung. Danach darf „das Parken auf Gehwegen […] nur zugelassen werden, wenn genügend Platz für den unbehinderten Verkehr von Fußngern gegebenenfalls mit Kinderwagen oder Rollstuhlfahrern auch im Begegnungsverkehr bleibt […]. Das legalisierte Gehwegparken scheint auch nicht zu einer dauerhaften Entlastung der Parksituation geführt. So wird in Quartieren, in denen das Gehwegparken zulässig ist, dennoch weiter fehlender Parkraum bemängelt. An zahlreichen Stellen dürfte das Gehwegparken nicht mehr den Voraussetzungen der VwV-StVO entsprechen. Auf Antrag des zuständigen Ortsbeirates wurde in der Hasselmannstraße das Gehwegparken aufgehoben, wodurch allerdings 30 Parkplätze entfielen.

5.6  Bewohner*innenparkzonen

r Bewohner*innenparkausweise wird eine Gebühr fällig. Diese war von 1993 bis 2020 bundesgesetzlich auf maximal 30,70 Euro/Jahr gedeckelt. Kiel erhebt eine Gebühr zwischen 10,20 und 30,70 Euro/Jahr. Städte, die als vorbildlich im Bereich der Verkehrswende gelten, erheben deutlich höhere Gebühren, etwa Wien (zw. 90 und 120 Euro/Jahr), Amsterdam (535 Euro/Jahr) und Stockholm (827 Euro/Jahr). Bereits 2015 hatte der Deutsche Städtetag empfohlen, die Gebühr auf 200 Euro/Jahr anzuheben. Seit 2020 können nun die Bundesländer die Gebühren festsetzen. Das Land Schleswig-Holstein hat von dieser Möglichkeit noch nicht Gebrauch gemacht. Aus fachlicher Sicht ist eine Anhebung der Gebühren notwendig. Dies könnte insbesondere dazu führen, dass Zweitfahrzeuge oder selten genutzte KFZ aus den Wohngebieten verdrängt werden und so Platz freimachen für täglich genutzte Fahrzeuge.


  1.  Ausbau der A 21 auf Kieler Stadtgebiet, dspange und Ostuferentlastungsstraße

Der Ausbau der B 404 zur Bundesautobahn A 21 wurde mit dem Beschluss des Verkehrsentwicklungsplanes 2008 durch die Ratsversammlung als notwendig anerkannt und hat in Verbindung mit der A 24 und mit dem Weiterbau der A 20 die Verbesserung der Erreichbarkeit Kiels aus Südosten zum Ziel. Im Bundesverkehrswegeplan 2030 ist die Maßnahme „Vierstreifiger Ausbau der B 404 von der A 1 bis zur B 76 zur A 21“ im Vordringlichen Bedarf verankert. Die Planung erfolgt derzeit durch die DEGES. Darüber hinaus soll geprüft werden, in welcher Form eine Südspange als leistungsfähige West-Ost-Verbindung das bestehende Straßennetz in Kiel, insbesondere das Barkauer Kreuz, entlasten kann. Sowohl die vorhandene B 404 als auch die zukünftige Südspange befinden sich in einem städtebaulich sensiblen Bereich. Die Trasse der Südspange ist durch Kleingärtenflächen geprägt und kreuzt mehrere Bahntrassen. Daher hat die Baumaßnahme insgesamt erhebliche Auswirkungen in der Landeshauptstadt Kiel. Zu den verkehrlichen Belangen auf dem Stadtgebiet beim Ausbau der B 404 zur A 21 von Klein Barkau bis Kiel Wellseedamm hat sich die Landeshauptstadt Kiel mit Drs. 0551/2019 verhalten. Beschlossen wurde, anders als in der Planung des LBV.SH ursprünglich vorgesehen war, die Führung der Nebenfahrbahn westlich der zukünftigen A 21, um eine günstige ÖPNV-Anbindung der angrenzenden Stadt- und Ortsteile sowie die Erschließung neuer Gewerbeflächen im Kieler Süden zu erreichen. Um das bestehende Gewerbegebiet in Wellsee bei westlicher Führung der Nebenfahrbahn weiterhin gut anzubinden, wurde zudem beschlossen, dass es mindestens eine Ausfahrtmöglichkeit für auf der A 21 von Süden kommende Kfz-Verkehre auf die Edisonstraße Richtung Osten (mit Kostentragung durch die LHK) geben soll. Zudem wird in Abstimmung mit den örtlichen Gewerbetreibenden und der IHK gegenüber der DEGES das Ziel verfolgt, dass planerisch ein weiterer Anschluss der Edisonstraße für Verkehre in Richtung Süden mit einer Querung der zukünftigen A 21 berücksichtigt und (auf Kosten des Bundes) verwirklicht wird.

Der Verkehrsentwicklungsplan 2008 weist bereits darauf hin, dass die Südspange ihre volle Leistungsfähigkeit nur erzielt, wenn die Ostuferentlastungsstraße gebaut wird (sog. Ostring II, VEP 2008, S. 50 f.). Mit Drs. 0461/2017 hat die Ratsversammlung eine schnelle Umsetzung der Südspange eingefordert. Diese befindet sich daher derzeit ebenfalls im Vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans 2030 und des daraus hervorgegangenen Bedarfsplans für die Bundesfernstraßen 2016. Die Stadt Kiel hat die möglichen Führungen einer Südspange und ihrer Auswirkungen 2016 begutachtet, wobei eine deutliche Zunahme des Verkehrs auf dem Ostring bei allen Südspangen-Varianten zu erwarten ist (VU A21, S. 48). Im Moment begutachtet die DEGES daher gliche Trassenführungen sowie deren Auswirkungen und wird voraussichtlich 2021/22 neue Zahlen vorlegen.

Die Ostuferentlastungsstraße befindet sich im aktuellen Bundesverkehrswegeplan 2030 mit der Dringlichkeitsstufe „Weiterer Bedarf“. Das bedeutet, dass mindestens bis 2030 keine weiteren Planungen vorgenommen werden. Ein Planungsauftrag würde entstehen, wenn die Ostuferentlastungsstraße im folgenden Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen in den „Vordringlichen Bedarf“ kommt. Der neue Bundesverkehrswegeplan, der die Grundlage für den neuen Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen bilden wird, wird voraussichtlich frühestens 2030 verabschiedet werden. Eine Einstufung in den Vordringlichen Bedarf erfolgt bei einem hohen Nutzen-Kosten-Verhältnis bezogen auf die verkehrliche Bedeutung, wenn keine hohe Umweltbetroffenheit vorliegt. Das Nutzen-Kosten-Verhältnis einer Ostuferentlastungstraße wird derzeit deutlich geringer eingeschätzt als bei der Südspange. Eine Einstufung in den Vordringlichen Bedarf ist daher derzeit nicht sicher absehbar. Selbst wenn eine entsprechende Einstufung im neuen Bundesverkehrswegeplan vorgenommen würde, wäre eine Umsetzung nicht zügig zu erwarten. Die Südspange ist erstmals im Bundesverkehrswegeplan 2030 in den Vordringlichen Bedarf aufgenommen worden. Aufgrund dieser Einstufung im Bundesverkehrswegeplans 2030 ist sie ebenfalls im Vordringlichen Bedarf des Bedarfsplans für die Bundesfernstraßen 2016 ausgewiesen, der als Anlage des sechsten Gesetzes zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes Gesetzeskraft erlangt hat. Mit einer Fertigstellung der Südspange ist selbst bei optimistischer Betrachtung nicht vor 2030 zu rechnen. Überträgt man dies auf eine mögliche Ostuferentlastungsstraße und bedenkt, dass es sich um ein ungleich größeres Projekt handelt (Die Kosten werden derzeit vier Mal höher eingeschätzt als bei der Südspange.), ist eine Fertigstellung nicht vor 2050 möglich.

Sowohl für die Südspange als auch für die Ostuferentlastungsstraße gilt, dass aufgrund der jeweiligen Realisierungshorizonte eine kurz- und mittelfristige Entlastung des KFZ-Verkehrs, insbesondere auf dem Ostufer, durch diese beiden Straßenbauvorhaben nicht erfolgen kann. Entlastungen des Ostrings in Bezug auf Verkehrsaufkommen, Lärm- und Schadstoffbelastung mit kurz- und mittelfristiger Wirkung können folglich nur durch alternative Maßnahmen erreicht werden, insbesondere durch Stärkung des Umweltverbunds.

  1. Weitere bedeutsame Straßenbauprojekte

Ein weiteres zentrales Projekt zur Verbesserung der Anbindung Landeshauptstadt Kiel an das Netz der Bundesautobahnen war die Erneuerung der Anschlussstelle Kiel-Mitte am Citti-Park, die im Herbst 2019 für den Verkehr freigegeben wurde. Das erneuerte Kreuzungsbauwerk entzerrt und entlastet die Verkehrsführung im Bereich Autobahn 215/B76/Westring - und bindet den Fahrradverkehr auf der neuen Veloroute 10 ein. Die Baumaßnahme der AS Kiel-Mitte war eine Gemeinschaftsmaßnahme der Bundesrepublik Deutschland und der Landeshauptstadt Kiel und wurde anteilig durch die Stadt Kiel finanziert.

Zu den bedeutsamen zukünftigen innerörtlichen Straßenbauprojekten gehören insbesondere solche zur Verbesserung der Anbindung für den KFZ-Verkehr, namentlich die zweite äußere Erschließung südlich des Flughafens zur Erschließung des neuen Stadtteils in Holtenau Ost, sowie die Schaffung einer weiteren Anbindung des Gewerbegebietes Tannenberg.

Zur zweiten äeren Erschließung für Holtenau Ost bringt die Verwaltung in die Sitzung des Bauausschusses am 25.03.2021 mit Drs. 0257/2021 2. Erschließung Holtenau Ost, Vorzugsvariante B3“ sowie Drs. 0258/2021 „B 503, kapazitative Erweiterung des "Holtenauer Knotens" - Anbindung von Altenholz-Stift und Holtenau Ost, hier: "Abschluss eines Letters of Intent" zwei Vorlagen zum weiteren Vorgehen ein. Hintergrund ist, dass der Stadtteil auf dem ehemaligen MFG 5 Gelände in Holtenau Ost zukünftig zum einen im Norden über den Schusterkrug in Friedrichsort und zusätzlich über eine zweite Erschließung südliches des Geländes erschlossen werden soll. In dem Zusammenhang wurden unterschiedliche Erschließungsvarianten geprüft. Das Ergebnis Variantenprüfung im Rahmen der Machbarkeitsstudie ist, dass die Lösung B3 mit direkter Anbindung an die B 503 umgesetzt werden soll, um den Stadtteil Holtenau nicht zu belasten.

Ein weiteres großes Straßenbauprojekt ist die im Verkehrsentwicklungsplan 2008 bereits aufgeführte Verbesserung der Anbindung des Gewerbegebietes Tannenberg, die jetzt geplant werden soll. Hintergrund ist, dass u.a. die wachsenden Unternehmen wie KVP, Ennit (TNG) und Walterwerk zu einer stetigen Zunahme des Verkehrs geführt haben und die heutige Anbindung des Gewerbegebietes über die Projensdorfer Straße den Anforderungen nicht mehr entspricht. Insgesamt ergibt sich die Notwendigkeit, den Zustand grundlegend zu verändern. Die Landeshauptstadt Kiel hat dafür die Unterstützung des Landes.  Aktuell hat die LHK einen Planungsauftrag ausgeschrieben: die Untersuchung geeigneter Trassen zur Anbindung des Gewerbegebiets möglichst direkt an das übergeordnete Straßennetz. Ziel des Variantenvergleichs ist eine verkehrlich sinnvolle, wirtschaftlich vertretbare und umweltverträgliche Erschließungslösung. Bis eine solche Lösung gefunden und umgesetzt worden ist, wird es einige Jahre dauern. Daher müssen schon vorher Verbesserungen der aktuellen Situation für die Anwohner*innen geplant und umgesetzt werden.

  1. Reduzierung von Lkw-Verkehr zu den Hafengebieten durch stärkeren Verlagerung auf die Schiene (Drs. 0039/2021)

Der Seehafen Kiel ist bestrebt, im Rahmen seiner Handlungsmöglichkeiten auf eine Verlagerung von landseitigen Verkehren von der Straße auf die Schiene hinzuwirken, da dies sowohl ökologischen als auch ökonomischen Zielsetzungen gleichermaßen dient. Eine Stärkung des Schienenverkehrs trägt dazu bei, die Rentabilit ät und damit die Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit dieses Verkehrsträgers zu erhöhen. In jüngster Vergangenheit konnte ein 3. Gleis am Bahnhofskai realisiert werden. Außerdem wurde durch die Verlängerung der Einfahrtgleissituation am Rangierbahnhof Meimersdorf auf 750 m durch die DB-Netz die Infrastruktur für den Transport von Hafengütern über die Schiene deutlich verbessert. verlängert. Auch für den Ausbau des Ostuferhafens wird eine leistungsgerechte Ausgestaltung des Schienenanschlusses des Seehafens in die Planungen einfließen.

Das Unternehmen arbeitet zudem intensiv an der Etablierung zusätzlicher Zugverbindungen, um für die Fähr- und Frachtterminals im Stadthafen und Ostuferhafen leistungs- und wettbewerbsfähige Transportmöglichkeiten per Schiene anbieten zu können. Gesprächspartner*innen sind hierbei in erster Linie die verladende Wirtschaft sowie Anbieter*innen eisenbahnseitiger Transportdienste. Insbesondere sind auch für den Ostuferhafen weitere Zugverbindungen konkret im Gespräch. Dies würde zu einer Entlastung von Grenzstraße, Ostring und Theodor-Heuss-Ring beitragen. Kapazitätsseitig wären auch bei einer stärkeren Auslastung der von der AKN betriebenen Strecke Kiel-Gaarden – Kiel-Oppendorf durch Nahverkehrszüge (z.B. nach Schönberg) tagsüber Zeitfenster für Güterzüge vorgesehen, so dass die Anzahl der Güterzüge erhöht werden könnte.

 

Um den Lkw-Verkehr weiter zu reduzieren und weitere Direktzüge aufzubauen, wie etwa die bereits fahrenden Züge nach Verona oder der Bettembourg, braucht es eine „kritische Masse“ an Verkehren. So konnte der kombinierte Ladungsverkehr erst durch die Einführung der neuen Fähren am Schwedenkai etabliert und auf 25.000 Einheiten/Jahr gesteigert werden. Dies entspricht etwa einem Viertel der Gesamtgüterverkehrsmenge am Schwedenkai.

 

Zudem befindet sich der Seehafen mit der SFK in Gesprächen, wie zukünftig eine größere Zahl der Kreuzfahrtpassagiere vom Bahnhof zum Ostuferhafen über Fähren abgewickelt werden kann.

 

  1. Ergänzende Verkehrsgutachten bzw. Begleituntersuchungen mit Bezug zum KFZ-Verkehr

 

In der geschäftlichen Mitteilung „Masterplan Zukunft Kieler Ostufer hier: Sachstand und weiteres Vorgehen“ Drs. 0039/2021 ist dargestellt, dass mehrere große Maßnahmen wie die Reaktivierung der Strecke Hein Schönberg, die Premiumroute Werftstraße und ein weiterer Ausbau des Fährverkehrs zu einer deutlichen Entlastung des KFZ-Verkehrs auf dem Ostufer führen werden. Um dies zu evaluieren, sowie zu ermitteln, wie sich der Verkehr auf dem Ostufer insgesamt entwickeln wird, schlägt die Verwaltung vor, ein regionales Verkehrsgutachten („Masterplan Verkehr für das Ostufer“) in Auftrag zu geben. Dieses soll die (mutmaßlich zunehmenden) Verkehre aus dem Umland berücksichtigen und ermitteln, welche zusätzlichen Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die Belastung der Anwohner*innen zu reduzieren und für einen guten Verkehrsfluss für alle Verkehrsteilnehmer*innen auf dem Ostufer zu sorgen.

 

Im Beschluss zur Planung für die Kiellinie Drs. 0077/2021Städtebauliche Gesamtmaßnahme „Kiellinie und Düsternbrooker Fördehang“ im Städtebauförderungsprogramm „Zukunft Stadtgrün“: Kiel ans Wasser - Zwischenbericht vorbereitende Untersuchungen und integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept sowie Grundsatzentscheidungen für den Planungswettbewerb Kiellinie“ wird die Verwaltung beauftragt, parallel zur Vorbereitung und Durchführung des Planungswettbewerbs für die Varianten zur Verkehrsführung auf der nördlichen Kiellinie denkbare und rechtlich mögliche verkehrsorganisatorische Begleitmaßnahmen sowie Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit zu prüfen.

 

 

 

  1. Baustellenkommunikation und -management

Im Zusammenhang mit Baustellen sind Staus, Verspätungen oder Umleitungen oftmals unausweichlich. In Kiel gibt es jährlich rund 5500 Tiefbaustellen im öffentlichen Raum, darunter 500 sdtische. Die Sanierung des städtischen Kanalnetzes und des Straßennetzes, Hochbaumaßnahmen, die Verlegung von Glasfasernetzen, Maßnahmen zugunsten des Fuß- und Radverkehrs und des ÖPNV etc. werden in den kommenden Jahren zu einer Vielzahl von Baustellen im öffentlichen Verkehrsraum führen.   Das Tiefbauamt hat eine Liste seiner wichtigsten Baumaßnahmen 2021 für den Bauausschuss im Februar 2021 zusammengestellt und erläutert.

 

Bei vielen dieser Baustellen ist die frühzeitige Information von betroffenen Anwohner*innen, Verkehrsteilnehmer*innen und ansässigen Unternehmen ein wichtiges Anliegen.  r eine bessere Baustellenkommunikation wurden eine verwaltungsinterne Vereinbarung geschlossen und personelle Kapazitäten aufgestockt. Die IHK zu Kiel, die Handwerkerschaft sowie der Unternehmensverband Kiel sind in den Prozess der Baustelleninformation als wichtige Akteur*innen eingebunden.  Ein wichtiger Baustein der Baustellenkommunikation ist auch die Baustellenkarte auf www.kiel.de/baustellen. Die interaktive Karte informiert über alle aktuellen und bevorstehenden Baustellen im Straßenverkehr. Die Vereinbarung „Kommunikation von Tiefbaustellen der Landeshauptstadt Kiel“ soll dazu beitragen, dass möglichst zeitnah, transparent und umfassend über bevorstehende Bauarbeiten und damit verbundene Einschränkungen informiert wird und durch frühzeitige Einbeziehung der Betroffenen die Einschränkungen auf das unvermeidliche Minimum reduziert werden.

  1. Fazit

Der KFZ-Verkehr ist derzeit die dominierende Verkehrsform in Kiel. Ziel ist es, langfristig den Anteil am Verkehrsaufkommen deutlich zu verringern, auch die Zahl der KFZ soll (nach Beschluss der Ratsversammlung) reduziert werden. Die Stärkung der Alternativen (siehe Anlagen 1 bis 3) wird zur Folge haben, dass der KFZ-Verkehr an einigen Stellen Raum verliert. Sinnvoll erscheint es, dass auch die Parkraumbewirtschaftung verstärkt wird.

Weiterhin wird auch in die Erhaltung des Straßennetzes investiert. Eine Erweiterung des bestehenden Netzes ist (bis auf einige Ausnahmen) hingegen derzeit nicht notwendig.

Die Verkehrswende kommt auch denjenigen zugute, die weiterhin auf den KFZ angewiesen sein werden. Wenn mehr Menschen umsteigen, entlastet dies auch den Straßenraum. Auch profitieren KFZ-Fahrer*innen von klaren und sicheren Verkehrsführungen für den Fuß- und Radverkehr, da es dadurch zu weniger Konflikten kommt. Schließlich gilt: Fast jede*r Bürger*in nutzt bei der Gestaltung der individuellen Mobilität verschieden Verkehrsträger und ist deshalb auf gleichermaßen gut ausgebaute, für alle Bevölkerungsgruppen bezahlbare und benutzerfreundliche Mobilitätsmöglichkeiten angewiesen.

Die individuelle Mobilitätsgestaltung abseits des ÖPNV wird auch in den kommenden Jahrzehnten eine zentrale Rolle einnehmen. Dies gilt gleichermaßen für private wie für berufliche bzw. gewerbliche Mobilitätsbedürfnisse. Alle diese Bedürfnisse sind grundsätzlich legitim, müssen zukünftig aber besser auf die Anforderungen des Klimaschutzes, der Lebensqualität gerade in den Städten, des Gesundheitsschutzes (Schadstoffe, Lärm), der Inklusion und der Verkehrssicherheit abgestimmt werden. Beim KFZ-Verkehr besteht dabei der größte Anpassungsbedarf und damit, wie auch die aktuellen gesellschaftlichen und politischen Diskussionen in Kiel zeigen, das größte Konfliktpotenzial. Die vorliegende Geschäftliche Mitteilung zeigt auf, wie dieses Konfliktpotenzial und die notwendigen fachlichen und gesellschaftlichen Abwägungserfordernisse schrittweise zu einem neuen verkehrspolitischen Konsens hinführen können.

 

 

 

Dr. Ulf Kämpfer

Oberbürgermeister

 

 

 


[1] Das Land Schleswig-Holstein greift auf die Zahlen des MiD (Mobilität in Deutschland) zurück, die eine andere Methode anwenden. 2017 lag Schleswig-Holstein im MiD bei 13 Prozent Radverkehrsanteil.

[2] Zuvor lag der Stichtag für die Einwohner*innen auf dem 31.12. des Berichtjahres, für die PKW auf dem 01.01. Im Jahr 2017 wurde für die PKW der 01.01. des Folgejahres verwendet, der Bericht 2018 greift ebenfalls auf den 01.01. zurück. Für den Bericht 2019 wurde wieder auf den Stichtag 01.01.2020 zurückgegriffen.

[3] Bei gleichbleibender Bevölkerungszahl.

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