Infosystem Kommunalpolitik
Geschäftliche Mitteilung - 0124/2007
Grunddaten
- Betreff:
-
Anschaffung von Evakuierungsstühlen
- Status:
- öffentlich (Drucksache abgeschlossen)
- Drucksachenart:
- Geschäftliche Mitteilung
- Federführend:
- Immobilienwirtschaft
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
---|---|---|---|---|
●
Erledigt
|
|
Innen- und Umweltausschuss
|
Entscheidung
|
|
|
13.02.2007
| |||
●
Erledigt
|
|
Ausschuss für Soziales, Wohnen und Gesundheit
|
Entscheidung
|
|
|
22.02.2007
| |||
●
Erledigt
|
|
Bauausschuss
|
Entscheidung
|
|
|
01.03.2007
|
Sachverhalt/Begründung
I. Anlass für die Geschäftliche Mitteilung
Im Beirat für Menschen mit Behinderungen ist die
Anschaffung von Evakuierungsstühlen für die Rettung gehbehinderter Menschen
in Brandfällen u. a. in den Rathäusern diskutiert worden. Im Benehmen mit
der Feuerwehr hält die Bauverwaltung die Anschaffung für diesen Zweck für nicht
erforderlich. Der Ausschuss für Soziales,
Wohnen und Gesundheit hat in seiner letzten Sitzung schriftlichen
Aufklärungsbedarf hierfür verlangt.
II. Welchen Zweck erfüllen Evakuierungsstühle?
Evakuierungsstühle sind Transportmittel, mit denen
eine geschulte - Person ohne große Kraftanstrengung in der Lage ist,
einen gehbehinderten oder transportunfähigen Menschen von A nach B insbesondere
über Treppen zu verbringen. Die Feuerwehr nutzt Evakuierungsstühle bei
Krankentransporten in hohen Häusern mit engen Treppenfluren nicht zuletzt, weil
sie auch der Gesundheitsvorsorge der Mitarbeiter dienen (z. B. Schutz vor
Rückenerkrankungen).
III. Warum ist es dann nicht per se´ sinnvoll, Evakuierungsstühle in öffentlichen Gebäuden bereitzustellen?
Gehbehinderte Menschen erreichen die
öffentlichen Gebäude der Stadt in der Regel mit den eigenen Hilfsmitteln
wie zum Beispiel mit Rollatoren oder Rollstühlen. Um die Erreichbarkeit
sicherzustellen, hat die Landeshauptstadt vor allem die
publikumsintensiven Gebäude weitgehend
und mit beträchtlichen Mitteln barrierefrei ausgerüstet. Die
Fortbewegung innerhalb der Rathäuser ist daher auch für gehbehinderten Menschen
grundsätzlich möglich, ohne dass es öffentlicher Evakuierungsstühle bedürfte.
IV. Ist die Anschaffung aber nicht jedenfalls für evtl. Brandsituationen sinnvoll?
Nein. Evakuierungsstühle sind
in den öffentlichen Gebäuden nicht gesetzlich (feuerpolizeilich)
vorgeschrieben. Aus fachlicher Sicht ist daher zunächst einmal auf das Konzept
für die Evakuierung von gehbehinderten Mensch in den Gebäuden der Stadt
hinzuweisen: Nach dem Konzept ist vorgesehen, dass in den Rathäusern
gehbehinderte Menschen im Brandfalle in rauchfreie Brandabschnitte flüchten
oder verbracht werden und dass von dort aus eine Rettung über rauchfreie
Ausgänge erfolgt (vorrangig horizontale Rettung). Mit erheblichen Aufwendungen
sind solche schnell erreichbaren - Brandabschnitte mit Feuer- und
Rauchschutztüren in den Rathäusern errichtet worden. Für den Gehbehinderten
selbst - und notfalls mit nichtprofessionellen Helfern - bleibt die Zeit, mit
eigenen Geh- und Fahrhilfen die Evakuierung planmäßig nach dorthin zu kommen. Hierfür
werden keine Evakuierungsstühle gebraucht. Die Feuerwehr ist innerhalb von ca.
5 Minuten an den Rathäusern und kann
die Rettung schnell, professionell und sicher vornehmen.
V. Verwendet die Feuerwehr nicht selbst Evakuierungsstühle im Brandfalle?
Nein. Die Feuerwehr setzt in
verrauchten Bereichen keine Evakuierungsstühle ein, vor allem dann nicht, wenn
es um die Rettung mehrerer gehbehinderter Menschen aus oberen Stockwerken geht.
Dies ist viel zu umständlich. Zwei Wege mit den Evakuierungsstühlen schließen
sich generell aus. Dies gilt erst Recht für nichtprofessionelle Helfer.
VI. Die Feuerwehr ist trainiert. Wären Evakuierungsstühle für weniger professionelle Helfer nicht eine Erleichterung, insbesondere wenn sie selbst im Brandfalle ängstlich werden?
Evakuierungsstühle verbessern wie unter IV
dargelegt - nicht die objektive Rettungslage. Der Einwand, dass der auf Flucht
programmierte gesunde - Mensch erst mit einem Evakuierungsstuhl in Stand
versetzt wird, zu helfen, ist nicht stichhaltig. Denn derjenige der nach
Alarmierung tatsächlich in Panik gerät, wird auch nicht erst zum
Aufstellungsort des Evakuierungsstuhls eilen und den Stuhl zum Einsatz bringen.
Schon diese Vorstellung birgt den Aspekt der Unpraktikabilität in sich. Hier
hilft schnelles und beherztes Handeln. Der nichtprofessionelle Helfer könnte
den gehbehinderten Menschen eher gefährden, wollte er untrainiert einen
Evakuierungsstuhl zum Beispiel auf Treppen nutzen.
VII. Gibt es Alternativen zum Evakuierungsstuhl?
Es
steht eine preisgünstige Alternative zur Verfügung: Rettungsdecken. Diese
werden zum Beispiel regelmäßig in Altenwohnheimen vorgehalten.
VIII. Spielen finanzielle Erwägungen bei der Entscheidung eine Rolle?
Ja. Der Rat der Landeshauptstadt Kiel hat sich mit Verabschiedung der strategischen Oberziele zum Ziel gesetzt, den Haushalt zu konsolidieren. Die Bauverwaltung hat dabei einen bedeutenden Anteil zu leisten. Sie ist aufgrund des Sparkurses zu Recht u. a. gezwungen, baufachliche Standards zu überprüfen. Die Verwaltung ist nach dieser Beschlusslage zudem gehalten, den Eckwertbeschluss einzuhalten und möglichst für den gesetzlichen Mindeststandard zu sorgen. Überobligatorische Ausgaben sollten sich ausschließen bzw. nur dann erfolgen, wenn eine Dringlichkeit aus welchen Gründen auch immer besteht. Und dies ist bei der Anschaffung von Evakuierungsstühlen aus Gründen der Rettung im Brandfalle fachlich nicht der Fall. Wenn Evakuierungsstühle keine objektive Verbesserung der feuerpolizeilichen Situation erbringen, ist die Anschaffung bei Abwägung nicht vertretbar. Ein Evakuierungsstuhl kostet 2000,00 Euro. Angeregt wurde die Anschaffung von 6 Stühlen im Gesamtwert von 12.000 Euro. Hinzu kommen die Kosten der Schulung (2 X Training pro Jahr) und der sonstige Verwaltungsaufwand für Unterbringung, Wartung usw. Außerdem wäre mit der Anschaffung der Einstieg in eine Standarderhöhung für all unsere Gebäude verbunden, die aus Sicht der Verwaltung nicht vertretbar ist.
Peter Todeskino
Bürgermeister