Infosystem Kommunalpolitik

 
 
ALLRIS - Drucksache

Geschäftliche Mitteilung - 1079/2010

Reduzieren

Beratungsfolge

Reduzieren

Antrag

 

Reduzieren

Sachverhalt/Begründung

Vorbemerkung: Zusammenführung der Berichtspflicht: Wohnbaulandbericht und NFK

 

Gemäß der Geschäftlichen Mitteilung für den Bauausschuss am 16.11.1999 hat sich die Bauverwaltung verpflichtet, jährlich einen Wohnbaulandbericht den städtischen Gremien zur Kenntnis zu geben. Gleiches gilt ebenfalls für den regelmäßigen Bericht des Nachhaltigen Flächenmanagements Kiel (NFK, Drs.-Nr: 0356/2009). Aufgrund der inhaltlichen Überschneidungen in den darzustellenden Potenzialen erfolgt künftig jährlich die Berichterstattung zusammenfassend in Form des vorliegenden Baulandberichtes.

 

 

Sachstand Potenzialerhebung:

Die Ratsversammlung der Landeshauptstadt Kiel hat am 19.11.2009 das städtische Leitbild „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“ für eine nachhaltige Flächenentwicklung beschlossen. Damit wird die Verwaltung verpflichtet, innerstädtische Flächenpotentiale zu mobilisieren und zu entwickeln, sowie Freiflächen zu schützen.

 

In einer ersten Übersicht wurden im Jahr 2008 insgesamt 647 Potentialflächen (ca. 430 ha – davon ca. 50 ha reines Grünpotential) identifiziert - jeweils unterteilt nach Nutzungsperspektiven wie Wohnen, Gewerbe, Grün usw. Allerdings handelt es sich hier um eine erste grobe Potenzialrecherche. Derzeit werden die Flächeninformationen in weiteren Arbeitsschritten kritisch überprüft und gegebenenfalls ergänzt. In dieser Bilanz ist auch das Bauerwartungsland enthalten.

 

 

Durch einen Abgleich der Daten aus der Ersterhebung mit der Baufertigstellungsstatistik der Stadt sowie einer Aktualisierung der Bestandsaufnahme der Baulücken und weiterer diverser Ortsbegehungen ergibt sich folgender Sachstand:

 

 

Nach der ersten Erhebung der NFK-Flächen sind nunmehr die Angaben im einzelnen erneut und im Detail zu betrachten.

 

 

In Folge erster vertiefender Betrachtungen stellen sich Flächen derzeit als nicht entwicklungsfähig dar bzw. die Grundstücke sind aus unterschiedlichsten Gründen dem Markt entzogen. Somit ist die Bilanz entsprechend zu bereinigen. Das Baulandkataster auf www.kiel.de wurde aktualisiert.

 

Im Saldo verfügt Kiel bis zum Jahr 2020 entsprechend der Erfahrung zur Nachfrage am Wohnungsmarkt über ausreichend Bauland –jedoch in Teilräumen z.B. Kiel-Nord sowie in innerstädtischen  Bereichen ergeben sich aufgrund der geäußerten Nachfrage  Engpässe, die durch neue Ausweisungen von Bauflächen kompensiert werden sollen (s. Pilotflächen S. 4).
 

 

Wohnbauland

 

Auf der Grundlage  des im Stadtplanungsamt  geführten Baulandkatasters in Kombination mit dem Instrument „Nachhaltiges Flächenmanagement Kiel“ (NFK) stehen in der Landeshauptstadt Kiel gegenwärtig Flächen für rund 5.150 Wohneinheiten zur  Verfügung (siehe Anlage 1).

 

Gemäß der amtlichen Statistik wurden im 10-jährigen Mittel 250 Wohneinheiten pro Jahr in Kiel errichtet. Für die nächsten 10 Jahre würde das einen Bedarf von rund 2500 Wohneinheiten bedeuten.

 

Die  Wohnbauflächenreserven der Landeshauptstadt Kiel setzen sich aktuell wie folgt zusammen: 49 „klassische“ Baugebiete  mit Flächen für  knapp 4400  Wohneinheiten, knapp  250 Baulücken  für rund  700  Wohneinheiten und verschiedene Innenentwicklungspotenziale wie Brachflächen, Umnutzungs- bzw. Konversionsflächen und untergenutzten Flächen. Gegenwärtig kann zu den möglichen Wohneinheiten, die durch die untergenutzten Flächen entstehen keine konkrete Aussage gemacht werden.

 

Mit Hilfe des NFK und der daraus resultierenden besseren Kenntnis der aktuellen Situation, ist es möglich zusätzlich zu den bekannten „klassischen“ Bauflächen weitere Potenziale zu identifizieren. Das erklärt auch zugleich, warum es neben der Kategorie Neubauflächen weitere Kategorien oder Potenzialtypen gibt.

 

Rein rechnerisch ist das Potenzial an Wohnbauflächen für die kommenden zehn Jahre ausreichend.

 

 

Weitere Nutzungskategorien aus dem NFK:

 

Zu den weiteren Nutzungskategorien (siehe Anlage 2) gehören sowohl Gewerbeflächen, Gemischte Bauflächen und solche, die eine Kombination aus mehreren Nutzungen vorsehen, aber auch Grünpotenziale und Sonstige Flächen, die nicht den oben genannten entsprechen. Des weiteren sind im Rahmen des NFK auch Flächen identifiziert worden, deren künftige Nutzung noch nicht abschließend geklärt wurde. In den ersten drei Kategorien stecken wiederum Potenziale für zusätzliche Wohneinheiten, wie auch für Arbeitsplätze. Eine entsprechende Quantifizierung und Bilanzierung ist vorgesehen.

 

Fiskalische Wirkungsanalyse  bei der Aktivierung von Wohnbaulandpotenzialen

 

Seit Jahrzehnten wird in der Stadtentwicklung die Fragestellung diskutiert, ob die Neuausweisung von Wohnbauland neben Sekundäreffekten überhaupt haushalterisch für eine Kommune sinnvoll bzw. tragfähig ist. Baugebietsentwicklungen wurden allenfalls solitär und  im Hinblick auf ihren betriebswirtschaftlichen Erfolg überprüft, eine stadtökonomische Betrachtung erfolgte allenfalls qualitativ.

 

Auf der Grundlage der Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik (DIFU)[1] wurde erstmals für Kiel eine gesamtwirtschaftliche Vollkostenrechnung, eine so genannte fiskalische Wirkungsanalyse für den kommunalen Haushalt für Wohngebietsentwicklungen durchgeführt (siehe Anlage 3).

Im Ergebnis kommt die Berechnung auf ein positives Saldo für Kiel. Die Zusammenschau legt dar, dass die Stadt Kiel unter Annahme eines traditionellen  Erschließungsmodells zusätzliche Einnahmen für den städtischen Haushalt in einer Höhe von rund 200,- € je neuem Haushalt pro Jahr generiert.

Die bislang bekannten Referenzstädte weisen aufgrund ihrer Gemeindegröße und entsprechender zentralörtlicher Zuweisung ein negatives Saldo auf. Kiel verdankt seinen guten Wert vor allem den zusätzlichen Schlüsselzuweisungen nach dem Gesetz über den Finanzausgleich in Schleswig-Holstein.

 

Anpassung des Modells an Kieler Verhältnisse

Das klassische Erschließungsmodell (s.o. zur städtischen Finanzierung) wendet die Stadt Kiel seit einigen Jahren nicht mehr an. Im Regelfall werden die Erschließungskosten und teilweise die Folgekosten mittels städtebaulicher Verträge auf den privaten Entwickler bzw. Investor umgelegt.

Hierdurch verbessert sich das Einnahme-Ergebnis insgesamt auf rund

 

1.100,- € je Haushalt pro Jahr.

 

Wird darüber hinaus eine Entwicklung im Innenbereich vorgenommen, anstatt auf der Grünen Wiese Ansiedlungen zu betreiben, fallen zumeist die Kosten der dafür erforderlichen ‚Äußeren Erschließung’ nicht an. Hierdurch verbessert sich das Ergebnis insgesamt auf rund

 

1.300,- € je Haushalt pro Jahr.

 

Weitere Einnahme-Steigerungen lassen sich durch die Optimierung der städtebaulichen Planung erzielen (Erhöhung der Baudichte, flächensparende Erschließung, etc).

 

Fazit:

Für die Landeshauptstadt Kiel lohnt sich deshalb die Hebung und Aktivierung von Baulandpotenzialen. Der Weg des Vertragsstädtebaus führt zu nennenswerten Mehreinnahmen und damit zu Entlastungen im städtischen Haushalt. Des Weiteren ist die Innenentwicklung vor der Außenentwicklung nicht nur ökologisch sondern auch ökonomisch sinnvoll wie die Modellrechnung belegt.

 

 

Strategie zur bedarfsgerechten Baulandbereitstellung

 

Die Übertragung der Erkenntnisse aus der fiskalischen Wirkungsanalyse vor dem Hintergrund der vorgenannten Flächenpotenziale führen zunächst zu einer (theoretischen) Reihenfolge der Aktivierung der Baulandpotenziale für Kiel:

 

1.)    Baulücken/ Hinterland

2.)    Kleine Baugebiete im Siedlungsbereich, für die keine weitere äußere Erschließung benötigt wird und die soziale Infrastruktur ausreichend Kapazitäten aufweist

3.)    Große Baugebiete im Siedlungsbereich, deren Größe zwar den Ausbau der äußeren Erschließung und der sozialen Infrastruktur nötig macht, jedoch andere Versorgungsangebote mitgenutzt werden können (Einkaufsmöglichkeiten, KiTa’s,etc.) – bei der Entwicklung sind Folgekostenverträge mit Entwicklern abzuschließen

4.)    Große Baugebiete im Außenbereich, für die Folgekostenverträge zur Neuerschließung abgeschlossen werden können

5.)    Sonstige Baugebiete im Außenbereich, bei denen nicht sämtliche Kosten auf den Entwickler umgelegt werden können

 

Die Verwaltung versucht analog der vorgenannten Reihenfolge Baulandpotenziale für Kiel zu heben. Durch fehlende Verfügbarkeiten von Grundstücksflächen kommt es gelegentlich dazu, dass mehrere der Baugebietstypen gleichzeitig entwickelt werden, um Engpässe für die Wohnraumversorgung zu vermeiden und die notwendige bereichsweise Angebotsvielfalt zu erweitern.

 

 

Aktivierung von Baulandpotenzialen

 

Baulücken:

Die Eigentümer der nach der Überprüfung verbliebenen Baulücken werden in einer schriftlichen Aktion nach ihren Absichten zur zukünftigen Grundstückenutzung befragt (siehe Anlage 4). Es soll damit herausgefunden werden, bei welchen Eigentümern Beratungsbedarf hinsichtlich der möglichen Grundstücksnutzung besteht und eine Veräußerung oder Bebauung beabsichtigt ist.

Anhand eines Fragebogens werden die entsprechenden Interessen und Bedürfnisse demnächst ermittelt. Das Ausfüllen der Fragebögen ist freiwillig und die Angaben werden den Erfordernissen des Datenschutzes entsprechend vertraulich und nur für diesen internen Zweck verwendet. Darüber hinaus soll den Eigentümern die Möglichkeit geboten werden, ihr Grundstück im bereits bestehenden Baulandkataster aufzuführen und mit Hintergrundinformationen (z.B. Exposé) versehen zu lassen.

Mittlerweile besteht auch die Möglichkeit unter bestimmten Voraussetzungen aus dem Kommunalen Förderbudget für Soziale Wohnraumförderung Mittel für die Bebauung von Baulücken mit barrierefreien Wohnungen zu erhalten (vgl. Drs.-Nr. 0821/2010).

 

 

 

 

Pilotflächen:

Aus den Potentialflächen sind Flächen aus unterschiedlichen Stadtteilen des Stadtgebietes als so genannte Pilotflächen benannt worden. Anhand dieser Flächen, es handelt sich hierbei um potenzielle Wohnbauflächen, sollen Aktivierungsmöglichkeiten und Strategien entwickelt werden, auf deren Basis es dann möglich sein soll, künftig eine möglichst große Anzahl der Potentialflächen einer entsprechenden Nutzung zuzuführen.

 

Pilotflächen sind:               Parkplatz Schlimbachallee

                                          Redoute

                                          Steertsraderedder/Gildeplatz

                                          4. Bauabschnitt Wellsee

 

Für die oben aufgeführten Grundstücke wurden Flächenpässe erstellt. In einem weiteren Schritt werden zur Zeit auf der Grundlage städtebaulicher Entwürfe anstehende Kosten für z. B. Altlastenbeseitigung Erschließung, Ausgleich usw. ermittelt und möglichen Einnahmen gegenübergestellt.

 

Erste Erfahrungen zeigen, dass für einige der Potentialflächen  das Herrichten der Grundstücke und der Erschließungsaufwand mit zum Teil erheblichen Kosten verbunden ist. Eine fehlende betriebswirtschaftliche Rentabilität kann zum Scheitern führen. Derzeit werden Möglichkeiten der Kostenreduzierung näher (hinsichtlich der Minimierung des Erschließungsaufwands) untersucht. Daraus kann sich ergeben, dass die bisher angestrebten Nutzungsmöglichkeiten grundsätzlich überdacht werden müssen.

 

Bei der Recherche nach weiteren Pilotflächen hat sich herausgestellt, dass auf dem Westufer und nach einer groben Einschätzung auch auf dem Ostufer, zusammenhängende Wohnbauflächen (3 und mehr Gebäude) unter den Potentialflächen nicht mehr vorhanden sind.

Bisher noch nicht erfasste Potentiale wären in Teilbereichen bei einer Hinterlandbebauung vorhanden. Eine Aktivierung dieser Flächen ist jedoch kurzfristig wegen des hohen Bearbeitungsaufwandes nicht zu realisieren und bleibt deshalb zunächst zurückgestellt.

 

 

Öffentlichkeitsarbeit

Die Notwendigkeit für die Aktivierung kann nur auf eine breite Resonanz stoßen, wenn die Öffentlichkeit frühzeitig darüber informiert wird. Neben der o.g. Befragung zu Baulücken der Eigentümer wird vor allem die öffentlich zugängliche Baulandkataster angepasst.

Das Baulandkataster bietet zur Zeit die Möglichkeit, freie Wohnbaugrundstücke in den Neubaugebieten oder als Baulücke zu identifizieren. Zukünftig werden hier auch die darüber hinausgehenden Potenziale aus dem NFK zu finden sein. Außerdem soll mit Hilfe der Plattform des Baulandkatasters auch die Möglichkeit bestehen, weitergehende Informationen zu den Flächen bereit zu stellen (z.B. in Form eines Exposés).

Ebenso ist es sinnvoll hier auch Verweise zu weiteren wichtigen Seiten im Internet zu erhalten. Hierzu werden die Vermarktungsseiten der Immobilienwirtschaft der Landeshauptstadt Kiel und der Kieler Wirtschaftsförderungs- und Strukturentwicklungs-GmbH (KiWi) eine wirkungsvolle weitere Grundlage bieten. 

 

 

Förderung auf Landesebene

Im Rahmen des „Zukunftsprogramms Wirtschaft“ stellt das Land in Aussicht, dass im Zusammenhang mit der Flächenrecycling-Förderrichtlinie finanzielle Mittel für die Erstuntersuchung von Altstandorten und von altlastverdächtigen Flächen und Altlasten in Aussicht. Weiterhin besteht die Möglichkeit zusätzliche Förderungen z.B. im Bereich der Altlastensanierung zu bekommen, wenn es sich bei den Flächen um zukünftige Gewerbestandorte und Arbeitsplatzansiedlungen handelt. Die Landeshauptstadt Kiel bemüht sich, diese Mittel einzuwerben (Bsp.Rittergrundstück )

Zusätzlich denkt das Land S.-H. derzeit darüber nach, das Förderangebot auch auf potenzielle Wohnbauflächen auszudehnen.

 

Verkaufsaktion Gewerbegebiet Kiel-Wellsee

Mit Sonderkonditionen bei der Vermarktung von schwierigen Grundstücken (Potenzialflächen des NFK)beabsichtigt die Kieler Wirtschaftsförderungs- und Strukturentwicklungsgesellschaft (KIWI) für drei beispielhaft ausgesuchte Gewerbegrundstücke das Kaufinteresse für Unternehmen zu wecken. Es handelt sich hier um Grundstücke in einer Größe von 5000 bis 12000 m², die situationsbedingt vorbelastet sind (z.B. Biotop, Baugrund, Hochspannungsleitung). Durch besondere preisliche Vergünstigungen soll so das Interesse auch auf diese eingeschränkt nutzbare Gewerbegrundstücke gelenkt werden.

 

 

Ausblick auf 2011

 

Die Aktivierung der Potenzialflächen ist mit erheblichem Arbeitsaufwand verbunden. Die Arbeit des Nachhaltigen Flächenmanagements ist in der Fachverwaltung und bei den an der Vermarktung Mitwirkenden wegen der komplexen und umfangreichen (neuen) Materie noch nicht als Routineaufgabe etabliert.

 

Im nächsten Jahr werden für die bereits benannten Pilotflächen die Aktivierungsbemühungen kontinuierlich verstärkt bis eine zielgerichtete Vermarktung der Grundstücke ermöglicht werden kann bzw. Ergebnisse dazu führen, dass diese Flächen nicht als entwicklungsfähig eingestuft werden. Diese Ergebnisse werden dem Bauausschuss im Rahmen des nächsten Baulandberichts mitgeteilt.

 

Parallel wird die Eigentümerabfrage zu den Baulücken demnächst ausgewertet. Auf Wunsch der Bürger werden gegebenenfalls Einzelgespräche zur Klärung der Bebauungsmöglichkeiten und Vermarktung geführt.

 

Wie für die Bereich Wohnungsbau sollen 2011 geeignete Pilotflächen aus den gewerblichen Potentialflächen benannt werden, um auch für diesen Bereich wirkungsvolle Aktivierungsstrategien und Initiativen zu entwickeln. Eine fiskalische Wirkungsanalyse für Gewerbeflächen wird ebenfalls aufgestellt.

 

 

 

Peter Todeskino

Bürgermeister

 


[1] Reidenbach,M,: Neue Baugebiete: Gewinn oder Verlust für die Gemeindekasse? Fiskalische Wirkungsanalyse von Wohn- und Gewerbegrundstücken, in: Edition DIFU – Stadt Forschung Praxis, Band 3, Berlin, 2007

Reduzieren

Anlagen

Loading...