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ALLRIS - Drucksache

Geschäftliche Mitteilung - 0264/2017

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Beratungsfolge

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Antrag

 

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Sachverhalt/Begründung

I. Ausgangslage

 

Die Ratsversammlung hat im Jahr 2008 die „Kreative Stadt“ als strategisches Ziel der Landeshauptstadt Kiel aufgenommen. Dieses wurde im Integrierten Stadtentwicklungskonzept INSEKK (Drs. 0783/2010) von 2011 konkretisiert und erstreckte sich von der internationalen Positionierung Kiels über die Kultur, den Tourismus/Freizeit/Sport-Sektor bis hin zum damaligen Label KIEL.SAILING CITY.

 

Von September 2015 bis Ende 2016 wurde das Projekt „Standortbezogene Entwicklung der Kultur- und Kreativwirtschaft in der Landeshauptstadt Kiel“ durchgeführt. Mit Mitteln des Innenministeriums im Rahmen des Zukunftsprogramms Wirtschaft sollte das Projekt Aspekte der Stadtteilentwicklung und der Wirtschaftsförderung miteinander verschränken und die Kultur- und Kreativwirtschaft stärken. Um die Bedarfe letzterer herauszufinden wurde ein partizipativer Prozess initiiert, dessen Ergebnisse und Handlungsempfehlungen in der Dokumentation „KreativKiel Stadt im Dialog“ nachzulesen sind (Drs. 1036/2015).

 

Auf der Grundlage des Berichtes hat die Ratsversammlung im Sommer 2016 mit einem umfassenden Beschluss (Drs. 0397/2016) wesentliche Schwerpunkte der Weiterentwicklung der Kultur- und Kreativwirtschaft und der Kreativen Stadt Kiel für die kommenden Jahre gesetzt. Die Bearbeitung erfolgt in Abstimmung mit allen Dezernaten. Ein umfassender Bericht zum Beschluss „Kiel als kreative Stadt und Standort der Kultur- und Kreativwirtschaft voranbringen“ wird erstmalig nach einjähriger Bearbeitungszeit im Herbst 2017 erfolgen.

 

Mit dieser Geschäftlichen Mitteilung wird im ersten Schritt über die Aktivitäten des Referats Kreative Stadt und die Gründung des Beirats „Kreative Stadt“ informiert.

 

 

 

II. Aktivitäten des Referates Kreative Stadt

 

Seit Juli 2016 ist das Referat Kreative Stadt  im Dezernat für Bildung, Jugend und Kreative Stadt personell besetzt. Im Beschluss „Kiel als kreative Stadt und Standort der Kultur- und Kreativwirtschaft voranbringen“ (Drs. 0397/2016) wurden Aufträge und Aufgaben benannt, die dezernatsübergreifend zu bearbeiten sind.

 

 

Koordination, Vernetzung und Kommunikation

 

Das Referat Kreative Stadt hat daher in seiner Funktion als „Interface Stadtverwaltung“ verwaltungsintern eine dezernatsübergreifende Koordinierungsrunde gegründet, der aufgrund ihrer beschlussgemäßen Aufgaben auch die Kieler Wirtschaftsförderung GmbH (KiWi) angert und die im März ihre Arbeit aufnehmen wird. Diese tauscht sich regelmäßig aus, um zum einen die Aufgaben des o.g. Beschlusses  konsequent voran zu treiben. Zum anderen ist es das Ziel, Anliegen, die an die Verwaltung herangetragen werden, dezernatsübergreifend zu befördern sowie Trends und Entwicklungen aufzugreifen.

Darüber hinaus finden zu unterschiedlichen Themen Kooperationen mit den jeweiligen Akteuren in den Dezernaten statt.

 

Neben dem bereits sehr guten Netzwerk mit institutionellen Akteuren und der Einbindung in Gremien (z.B. Facharbeitsgruppe Kreative KielRegion) baut das Referat Kreative Stadt auch seine Kontakte zu individuellen Akteuren stetig aus und kann daher zielgerichtet und übergreifend vermitteln: Da viele Kreative und Ermöglicher kreativen Schaffens nach wie vor allein oder in kleinen Gruppen arbeiten, wissen sie oft weder von hilfreichen Angeboten der Institutionen noch von anderen Akteuren, die zeitgleich an ähnlichen oder auch ergänzenden Projekten arbeiten. Der stete Kontakt zur Szene durch das Referat Kreative Stadt und die KiWi führt hier zu einem stetig wachsenden Pool an Kontakten, die in vielen Fällen sinnstiftend zusammengeführt werden können. Insbesondere konnten kreative Einzelakteure zusammen- oder an Orte herangeführt werden, die sich auf Schaffung eines kreativen Umfelds konzentrieren und eben diese Akteure suchen (z.B. Arge3A/Wik, Thinkfarm/Alte Mu, opencampus/Wissenschaftspark).

 

 

Zwischennutzung / Leerstandsmanagement

 

Dem wachsenden Leerstand in Kiel und vor allem seiner Innenstadt steht ein ebenso wachsender Raumbedarf seitens der Kultur- und Kreativwirtschaft, der Changemaker-Bewegung sowie einzelner Projekte unterschiedlichster Herkunft gegenüber. Diese vermeintlich simple Gleichung birgt jedoch eine schwer überbrückbare Kluft an Bedenken, die es zu überwinden gilt.

Seit langem ist es ein Ziel in Kiel, dieses Vorhaben in Angriff zu nehmen und eine Struktur dafür zu schaffen. Nun gibt es gleich mehrere Initiativen, die sich der Aufgabe annehmen, ihre Aktivitäten zu einem „gemeinsamen Zopf zu verflechten“. Zu den wesentlichen Akteuren gehören das Forum Innenstadt, eine Kooperation zum Leerstands- und Vermietungsmanagement zwischen Kiel-Marketing und der Haus & Grund Immobilien GmbH, die Kieler Wirtschaftsförderung (KiWi) und das Referat Kreative Stadt letzteres mit dem Schwerpunkt auf Vermittlung und Entwicklung kreativer Zwischennutzungen.

Ersten Zwischennutzungen wurden von der KiWi 2016 vermittelt und inzwischen beendet: eine Fachklasse der Muthesius-Kunsthochschule und einzelne Studierende am Wall sowie der „PopShop“ in der Schumacherstraße. Durch Vermittlung des Referats Kreative Stadt folgt im März in der Küterstraße eine Filmlounge parallel zum Filmfest (durch den Verein Filmkultur S-H) und ab April wird eben dort der „PopShop“ einziehen und für ein paar Monate agieren können. Angestrebt werden durch das Referat Kreative Stadt in enger Kooperation mit der KiWi kurzfristige, belebende „Bespielungen von Räumen“ wie auch mittel- bis langfristige Nutzungen. Dabei dient die Zwischennutzung als Instrument der Projektentwicklung und zukünftsfähigen Stadtentwicklung, als Instrument der Gründungsförderung und nachhaltiger Nutzungsentwicklungen.

 

Das Referat Kreative Stadt hat dabei zum Beispiel für die kurzfristigen Belebungen eine Galerie unter dem Titel „hin & weg“ konzeptioniert, die den Kieler Künstlerinnen und Künstlern ob etabliert oder noch im Studium - Ausstellungs- und somit auch Verkaufsmöglichkeiten geben soll. Die Bereitschaft seitens der Kunstschaffenden ist enorm, institutionelle Unterstützer sind bereits gewonnen, und erste Ausstellungen für das Frühjahr 2017 in der Altstadt in Planung.

Gespräche zur Gestaltung einer Kooperation mit der Stadtgalerie Kiel wurden aufgenommen, um auch auf diesem Wege die Bildende Kunst und den Kunstmarkt zu stärken.

 

Eine enge Zusammenarbeit mit KiWi und der ab Mai amtierenden Innenstadtmanagerin bei Kiel-Marketing wird mittelfristig auch zu einer konkreten Ansprech- und Sichtbarkeit des Leerstandsmanagements in der Innenstadt führen.

 

Über den besonderen Fokus auf die Innenstadt hinaus befinden sich das Referat Kreative Stadt und die KiWi in regelmäßigen Abstimmungen. Gemeinsam wird zur weiteren Professionalisierung dieser wesentlichen Aufgabe eine Datenbank für Leerstände in ganz Kiel und Interessenten aus der Kreativen Szene aufgebaut.

 

 

Entwicklung eines Portals für die Kreative Stadt

 

Die Kreative Stadt ist weit mehr als die Kultur- und Kreativwirtschaft Kiels und dennoch ohne diese nicht zu denken. Um das, was vorhanden ist, sichtbar und Neues möglich zu machen, ist eine Internetpräsenz ein wichtiger Schritt. Hier sollen sowohl Aktivitäten in der Stadt, Angebote von Multiplikatoren (z.B. Coworking-Spaces, Changemaker-Projekte) und Veranstaltungshinweise, aber auch Serviceleistungen (Förderungen, Jobs, Basiswissen) und Vernetzungsangebote versammelt sein. Die Belange der DIY-Initiativen können in diesem Rahmen ebenfalls sinnvoll unterstützt werden (vgl. Drs. 0123/2017).

 

Dieses Portal wurde bereits im Herbst vergangenen Jahres vom Referat Kreative Stadt initiiert und zusammen mit der KiWi, der KielRegion und Muthesius EXIST weiter entwickelt („Kieler Modell“).

Als eines der Schwerpunkte im Rahmen der Markenwerkstatt KIEL.sailing.city ist es noch mehr in den Fokus gerückt und soll zu einer zentralen Kommunikationsplattform für die Kreative Stadt entwickelt werden.

 

Der Start des Portals soll mit dem Relaunch der kiel.de-Seite voraussichtlich im Sommer 2017 erfolgen. Eine Entwicklung der Website ist dabei durchaus gewünscht und in der steten Bewegung der kreativen Szene auch absolut notwendig.

 

 

Initiierung einer Erzählwerkstatt

 

Es gibt kreative Disziplinen, die unser Leben mehr beeinflussen als andere. Überall werden Geschichten erzählt: in den Medien, in der Politik, selbst die Wissenschaft bemüht sich gern um kurzweilige Versionen ihrer Forschungsergebnisse. Begriffe wie Edutainment oder Infotainment beschreiben die Verquickung von eher sperrigen Inhalten mit einer populären Form der Vermittlung. Dabei hat Erzählen nichts mit Vereinfachen zu tun, sondern eher mit dem Übersetzen in eine nutzerorientierte Form. Warum also werden überall die formalen Mittel, ob nun Sprechen, Filmen, Zeichnen oder Schreiben, vermittelt allein das (durchaus vorhandene) Handwerkszeug des Erzählens, das sich all dieser formalen Mittel bedient, nur in Ansätzen gelehrt?

 

Parallel dazu ist unter dem Begriff des „Storytelling“ eine wahre Welle an Büchern, Kursen und Vorträgen unterwegs, die das Erzählen als zeitgemäße Form der Kommunikation in Gesellschaft und Werbung verkaufen. Schon wird davon gesprochen, das klassische Marketing habe ausgedient und man müsse sich des „Storytelling“ bedienen.

 

In Kiel initiiert das Referat Kreative Stadt im Mai 2017 erstmals eine Erzählwerkstatt, die bis zu 25 Kieler Erzählwilligen die Möglichkeit gibt, 10 Tage lang in konstruktiver Nachbarschaft an einem gemeinsamen Thema zu arbeiten. Impulsvorträge von professionellen Erzählern aus unterschiedlichen Bereichen (Film, Literatur, Theater, Musik, Kunst) und von Fachleuten neuer Erzählformen (Virtual Reality, Social Media, interaktives Erzählen) vertiefen die Erhlqualifikation der Teilnehmenden und das gemeinsame (Ver)Arbeiten schafft ein Netzwerk an Kieler Erzählerinnen und Erzählern. So erlangen die Teilnehmenden ein reflektiertes und professionelles Handwerkszeug, das sie befähigt, sowohl kulturell als auch ökonomisch deutlich konkurrenzfähiger zu werden.

 

Die Erzählwerkstatt soll in den nächsten Jahren regelmäßig stattfinden und zu einem kreativen Alleinstellungsmerkmal Kiels heranreifen.

 

 

Neues Lernen und Arbeiten

 

Eine kreative Stadt misst sich auch an dem Maß der Etablierung kreativer Methoden in der Breite also auch in der Verwaltung. Das Referat Kreative Stadt hat bereits im Jahr 2016 mit der Konzeptionierung und Umsetzung einer Workshop-Reihe zum Neuen Arbeiten begonnen, in deren Verlauf Methoden wie z.B. Design-Thinking[1], Kanban[2] oder Theory of Change[3] an konkreten Verwaltungsaufgaben erprobt werden.

 

Auf Anregung des Referates Kreative Stadt erarbeiteten in einem ersten Schritt im November 2017 dezernatsübergreifend Mitglieder der Verwaltung zu einem konkreten, durchaus kontrovers diskutierten Thema mit der Methode des Design-Thinking nutzerorientierte Lösungsansätze. Die Ergebnisse werden inzwischen federführend vom Büro des Oberbürgermeisters weiter verfolgt.

 

Ob und zu welchen Themen diese unterschiedlichen Methoden für Fragestellungen und Anliegen  der Verwaltung etabliert werden, wird nach weiteren Workshops ausgewertet.

 

 

III. Gründung des Beirats Kreative Stadt

 

In einer sich ständig verändernden Welt wird die Bereitschaft benötigt, neue Wege auszuprobieren und quer zu denken. Kreativität ist eine Art zu arbeiten. Sie zeigt sich in der steten geistigen Beweglichkeit sowie dem Mut, Grenzen zu überwinden.

 

Der Begriff der Kreativität beschränkt sich nicht auf die künstlerischen Disziplinen, auch wenn er dort eine besondere Heimat gefunden hat. Kreatives Arbeiten ist in nahezu jeder Branche und jedem Arbeitsfeld möglich. Es geht um die Fähigkeit, neues Wissen zu erzeugen oder vorhandenes Wissen auf neue Weise miteinander zu verbinden, und um die Bereitschaft, traditionelle Denk- und Lösungsmuster in Frage zu stellen.

 

Alle Städte haben eine entscheidende Ressource: Die besonderen Befähigungen der Menschen, die in ihr leben. Hier gilt es, die Stadt für kreative Akteure und Ideen in ihrer Attraktivit zu steigern, ihre Aktivitäten und Potenziale sicht- und verfügbar zu machen und zu halten. Es muss eine Ermöglichungskultur etabliert werden, die allen Kielern die Option eröffnet, aktiv zu werden und ihre Ideen, Werke oder Produkte einem nächsten Schritt zuzuführen.

 

Es gilt Schwerpunkte zu setzen. Kooperationen mit anderen Institutionen sollen diesen Schwerpunkten vertiefend und verdichtend Nachdruck verleihen und helfen, die Kreative Stadt auch in der Breite zu verankern. Den Kreativen Kiels in ihrer Vielfalt gerecht zu werden, bedarf einer offenen und lebendigen Kommunikation, die sich neuen Impulsen öffnet, ohne Bewährtes zu vernachlässigen.

 

Zur Begleitung der Aktivitäten soll ein Beirat Kreative Stadt gegründet werden (vgl. Drs. 0397/2016).

Der Beirat wird sich eine Geschäftsordnung geben. Der Entwurf der Geschäftsordnung ist in der Anlage beigefügt und wird in der konstituierenden Beiratssitzung erörtert und ggfs. angepasst.

Der Beirat soll zunächst aus je einem Mitglied der in der Ratsversammlung vertretenen Fraktionen sowie der Verwaltung (Referat Kreative Stadt, Referat für Wirtschaft, Stadtplanungsamt, Dezernat III) bestehen und (mindestens) zweimal jährlich tagen. Die Fraktionen werden im März angeschrieben und gebeten, ihre Vertretungen zu benennen. Es besteht zudem die Möglichkeit, neben Sitzungen des Beirats Kreative Stadt auch Arbeitsgruppen zu bilden, zu denen diejenigen Akteure eingeladen werden, deren Anwesenheit und Mitberatung auf der Grundlage der Themenschwerpunkte der Sitzung erforderlich oder wünschenswert ist.

 

Folgende Aufgaben soll der Beirat Kreative Stadt wahrnehmen:

  • Beratung bei der kontinuierlichen Weiterentwicklung der Kreativen Stadt Kiel und deren Leitlinien
  • Diskurs zu Konzepten, Vorhaben und impulsgebenden Aktivitäten
  • Fachliche und sachkritische Begleitung bei der Profilbildung einer „Kreativen Stadt“ Kiel
  • Weiterentwicklung des strategischen Ziels Kreative Stadt der Landeshauptstadt Kiel.

 

Bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben nimmt der Beirat querschnittsrelevante Themen und ihre Wirkung in andere Disziplinen in den Blick und fördert fach- und themenübergreifendes Denken und Handeln. Dazu kann der Beirat in seine Arbeit entsprechende Fachkompetenz einbinden.

 

Es wird angestrebt, dass der Beirat Kreative Stadt sich im Mai 2017 gründet.

 

 

 

 

Renate Treutel

Stadträtin


[1] Nutzerorientierte Ideen und Problemlösungen finden

[2] Agiles Projektmanagement

[3] Agile Kampagnenplanung

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Anlagen

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