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ALLRIS - Drucksache

Geschäftliche Mitteilung - 0497/2021

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Beratungsfolge

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Antrag

 

 

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Sachverhalt/Begründung

 

Dieser Bericht schließt an die Geschäftlichen Mitteilungen über die Ankerklassen an Kieler Grundschulen (Drs. 0189/2021) sowie über den Einsatz von Klassenbegleitungen an Gaardener Grundschulen (Drs. 0300/2021) an. Die Einführung „Hintergrund“ ist identisch, um den Zusammenhang herzustellen und ist daher kursiv gedruckt.

 

In dieser Geschäftlichen Mitteilung werden die im Rahmen des Einsatzes von heil-/pädagogischen Zusatzkräften in Gaardener Kindertagesstätten gewonnenen Erkenntnisse dargelegt. Beschreibungen zum Modellvorhaben befinden sich auch in den Kitabedarfsplanungen der Jahre 2019/20 (Drs. 0347/2019) und 2020/21 (Drs. 0429/2020).

 

Hintergrund

 

Die Ausrichtung im Dezernat für Bildung, Jugend, Kultur und Kreative Stadt ist „Bildung und Kultur für alle“ mit dem Leitmotiv, sowohl gelingende Bildungsbiografien zu unterstützen als auch junge Menschen dabei zu begleiten, ihre Potenziale bestmöglich zu entfalten.

 

Das umfasst neben der Übergangsgestaltung im Bildungsmanagement mit dem Jugendamt, dem Amt für Kinder- und Jugendeinrichtungen sowie den freien Trägern und anderen Institutionen (Frühkindliche Bildung und Elternbildung, Übergang Kita-Schule, Übergang Schule-Beruf) auch die präventive Förderung innerhalb der Regelsysteme.

 

Der Ansatz ist, frühzeitig fördernde Bedingungen flankierend über die Jugendhilfe anzubieten.  

Prävention vor Intervention“ ist die Leitorientierung. Gemeinsam haben Verwaltung und Selbstverwaltung in den letzten Jahren diese Umorientierung in Richtung sogenannter Präventiver Hilfen durch Bereitstellung finanzieller und personeller Ressourcen vorgenommen.

 

Der übergeordnete Leitgedanke von wesentlichen Präventionskonzepten ist die größtmögliche Teilhabe aller Kinder von Anfang an. Kinder sollen Kita und Schule als Orte erleben, an denen sie sich wohlfühlen und ihre Fähigkeiten entfalten können. Eltern sollen - wann immer benötigt - Rat und Hilfe erhalten. Zur Bildungsgerechtigkeit zählt, dass ungleiche Bedingungen auch ungleich und somit ausgleichend zu behandeln sind. Weichen für gelingende Einstiege müssen gestellt werden, um einen erfolgreichen und dauerhaften Verbleib im Regelsystem Schule zu sichern. Gesellschaftliche Entwicklungen erfordern regelmäßige Analysen und gegebenenfalls Korrekturen. Ferner braucht es Innovation und die zeitnahe Umsetzung neuer Konzepte.

 

Die Verantwortungsgemeinschaft bestehend aus Jugendhilfe und Schule sowie Kita hat in Kiel tragfähige Kooperationsstrukturen geschaffen, die gelingende Bildungswege von Kindern mit innovativen Konzepten unterstützen.

 

In diesem Sinne wurden im Bildungs- und Jugenddezernat über die Stadtgrenze hinaus beachtete Kieler Innovationen zur Unterstützung und Förderung gelingender Bildungsbiografien umgesetzt, die vom Jugendamt in Kooperation mit Regeleinrichtungen ausgestaltet sowie von der Kieler Ratsversammlung ermöglicht werden. Dazu gehören unter anderem

 -          die Ankerklassen mit Lehrkräften und pädagogischem Personal an sechs Kieler Grundschulstandorten,

-          der Einsatz von Klassenbegleiter*innen an zwei Gaardener Grundschulen sowie

-          der Einsatz von (heil-) pädagogischen Zusatzkräften in den zwölf Gaardener Kindertageseinrichtungen.

In regelmäßigen Abständen wird die Selbstverwaltung über die Entwicklung der Konzepte informiert.

 

Heil-/pädagogische Zusatzkräfte in der Krippen- und Elementarbetreuung der Gaardener KiTas (Drucksache 0311/2019)

 

Im April 2019 wurde das Projekt der heil-/pädagogischen Zusatzkräfte in Gaardener KiTas beschlossen und auf den Weg gebracht. Mit dem Projekt sollen Bildungschancen der Kinder verbessert und strukturelle und inklusive Kompetenzen an KiTas unterstützt werden. Diese fachliche Verstärkung erfolgt über heilpädagogisch qualifiziertes Personal, welches und das ist ein besonderes Merkmal des Projekts nicht einzelfall­bezogen eingesetzt wird, sondern mit jeweils zehn Stunden in den Krippen- und Elementar­gruppen präsent ist.

 

Alle dreizehn Gaardener KiTas nehmen an dem Projekt teil, wobei die KiTa Ernestine erst im Mai 2020 eröffnete und die KiTa Halle 400 im April dieses Jahres an den Start ging. Über den Projektzeitraum Juni 2019 Juli 2022 beträgt die bereitgestellte Fördersumme 2,48 Mio. EUR.

 

Im Überblick

 

Name der KiTa

Träger

Anzahl Gruppen

Stellen Zusatzfachkräfte

KH Mühlenteich

AWO Kiel

4

1,0

KH Steinmarderweg

AWO Kiel

4

1,0

Familienzentrum Gustav-Schatz-Hof

AWO Kiel

6

1,5

Ev. KiTa Gaarden

Kirchenkreis Altholstein

2

0,5

Pädiko Kinderkrippe Gaarden

Pädiko e.V.

2

0,5

KiTa Ernestine

Gründungsinitiative für Waldorfpädagogik Gaarden e.V.

6

1,5

KiTa Halle 400

KJSH-Stiftung

5

1,25

Familienzentrum Kaiserstraße

LHK

7

1,75

Familienzentrum Georg-Pfingsten-Straße

LHK

6

1,5

KTE Helmholzstraße

LHK

5

1,25

KTE Hügelstraße

LHK

5

1,25

KTE Johannesstraße

LHK

9

2,25

KTE Bahnhofstraße

LHK

4

1,0

Gesamt

 

 

16,25

 

Auf den Fachkräftemangel ist zurückzuführen, dass die Besetzung aller Stellen erst zum zweiten Halbjahr 2020 gelang. Das Personal besteht aus Heilpädagog*innen und aus berufserfahrenen pädagogischen Fachkräften mit Fortbildungen in der frühkindlichen Bildung.

 

Zur Förderung der Fachlichkeit finden flankierende Fortbildungen zu inklusiven Themen statt. In 2020 wurden zwei Module zu den Themen ‚Armutssensibilisierung und ‚Inklusion und Teilhabe unter den bekannten pandemischen Beschränkungen erfolgreich durchgeführt. Die Fortbildungen werden vom Amt für Kinder- und Jugendeinrichtungen organisiert und sind so konzipiert, dass an einzelnen Bausteinen Zusatzkräfte und Leitungskräfte gemeinsam teilnehmen. Auf diese Weise werden deutliche Synergieeffekte erzielt. Als weitere Themen stehen Fortbildungen zu den Themen ‚Gesundheit und ‚Vorurteilsbewusste Bildung auf der Agenda.

 

Zwischenresümee im Austausch mit den Praktiker*innen in 2020

 

Im Januar und im September 2020 hat das Jugendamt gemeinsame Gespräche mit den KiTa-Leitungen und Fachberatungen der beteiligten Träger geführt. Anhand folgender Fragen wurde ein Zwischenstand ermittelt:

-          Sind die Zusatzfachkräfte in den Teams angekommen?

-          Ist die Aufgabenverteilung zwischen den Fachkräften und den Zusatzkräften deutlich?

-          Wie gestaltet sich der fachliche Austausch?

-          Gibt es neue pädagogische Ansätze, um Kinder besser zu fördern und schwierige Situationen besser zu bewältigen?

-          Hat sich die Interaktion der Kinder verbessert?

-          Haben Kinder bessere Teilhabe- und Bildungschancen?

-          Haben sich die Bedingungen für die Einbeziehung von Eltern verbessert?

Folgende Ergebnisse der Gespräche wurden festgehalten:

 

  • Das Zusatzpersonal wurde von den Fachteams in den KiTas gut aufgenommen. Das fachspezifische Wissen wird sehr geschätzt. Viele Kräfte waren bereits in den KiTas aus anderen Zusammenhängen bekannt. Rollenklarheit konnte hergestellt werden. Die Zusammenarbeit funktioniert reibungslos.
  • Zusatzkräfte und Fachteams stellen in gemeinsamen Besprechungen fest, welche Kinder im Fokus einer Förderung stehen und in welchem Setting die Unterstützung erfolgt. Kleingruppenarbeit bietet einen guten rderrahmen zur Beobachtung und Weiterentwicklung gelingender Interaktion.
  • Zusatzkräfte unterstützen die Fachkräfte der KiTa-Gruppen durch ihr Know-How und helfen bei der Umsetzung einer inklusiven Haltung.
  • Zusatzkräfte geben den Kindern Sicherheit und Orientierung. Sie helfen den Kindern dabei, sich auch in als schwierig erlebten Situationen auszudrücken und mitzuteilen.
  • Zusatzkräfte schaffen mehr Möglichkeiten, im KiTa-Alltag an Beziehungen zu arbeiten und somit einen wichtigen Baustein für Bildungsfortschritte zu legen.
  • Zusatzkräfte bieten gezielte und bedürfnisorientierte Aktionen und Ausflüge für Gruppen an.
  • Zusatzkräfte gehen in verlässlichen und beständigen Austausch mit Eltern, um diese für Bedarfe ihrer Kinder zu sensibilisieren und zu gewinnen. Es werden unter anderem Fragestunden, begleitete Elterngespräche und Eltern-Kind-Gruppen angeboten.

 


Auswirkungen der Pandemie

 

Eine positive pandemiebedingte Entwicklung wurde rückgemeldet. In den Zeiten der Notbetreuung konnten gerade Kinder mit einem erheblichen Förderbedarf schnell in die Betreuung aufgenommen werden. Diese haben durch die deutlich reduzierte Anwesenheit von Kindern einen anderen KiTa-Alltag erlebt, der mehr Intensität, Austausch und Lernen möglich machte.

 

Fachkräfte und Zusatzkräfte sind sich einig, dass diese Form der Zusammenarbeit in der Kita sowohl förderlich ist für die Entwicklung der Kinder als auch für die Elternarbeit.

 

Begleitforschung

 

In der zweiten Jahreshälfte 2020 wurde die Fachhochschule Kiel mit der wissenschaftlichen Begleitforschung beauftragt. Nach Prüfung der vergaberechtlichen Bestimmungen ist es gelungen, Herrn Prof. Dr. Kai Marquardsen vom Fachbereich Soziale Arbeit als Experten für Armut und soziale Ungleichheit zu gewinnen.

 

Mit Zwischenstand Februar 2021 sind Erhebungsinstrumente entwickelt. Auf der Ebene der Führungs- und Fachkräfte im Jugendamt wurden Expert*inneninterviews durchgeführt. Ein Fragebogen, der auf die Wirkung der Zusatzkräfte im KiTa-Alltag fokussiert, wird voraussichtlich im Mai 2021 zum Einsatz kommen. Das Fachhochschulteam plant Beobachtungen in den KiTa-Gruppen und wird die Gestaltung der inklusiven Arbeit im Hinblick auf Wirkung und Nachhaltigkeit erfassen.

 

Eine wichtige Expert*innengruppe für die Evaluation des Projektes stellen zudem die Sorgeberechtigten dar. Ferner sind Gruppeninterviews mit den Fachkräften sowie Einzelinterviews mit Leitungskräften geplant.

 

Ein erster Bericht wird im Herbst 2021 erwartet. Das Konzept der wissenschaftlichen Begleitung wurde den KiTa-Leitungen vorgestellt und wird von diesen befürwortet und unterstützt.

 

Fazit

 

Aus Sicht aller Beteiligten ist das Modellprojekt ‚Heil-/Pädagogische Zusatzkräfte in Gaardener KiTas ein Erfolg. Die Zusatzkräfte stärken Strukturen in den KiTas und erleichtern den Fachteams die Umsetzung pädagogischer Ziele. Kinder und Eltern werden intensiver wahrgenommen, begleitet und individuelle Bedarfe passgenau gedeckt.

 

r die drei Kieler Projekte „Klassenbegleitung“, „Ankerklassen“ und „Heilpädagogische Zusatzkräfte“ werden insgesamt 5,05 Mio. EUR aufgewendet.

 

Bereits jetzt - nach nur eineinhalb Jahren, zeichnet sich eine deutliche Verbesserung der Chancen auf Bildung und Teilhabe sowie bessere Übergänge von der Kita in die Schule bei den erreichten Kindern ab. Der Ansatz, frühzeitig flankierend mehr zu investieren und zu fördern, stärkt offenbar die Kinder, ermöglicht Erfolgserlebnisse und führt dazu, dass die Kinder gerne in die Bildungsorte kommen und damit ihre Lernbereitschaft und -fähigkeit steigt.

 

Die wissenschaftliche Begleitforschung wird wichtige weitere Erkenntnisse aufzeigen.

 

 

 

 

 

Renate Treutel

rgermeisterin

 

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