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ALLRIS - Drucksache

Geschäftliche Mitteilung - 0692/2021

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Beratungsfolge

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Antrag

 

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Sachverhalt/Begründung

  1. Zusammenfassung

 

Die Geschäftliche Mitteilung gibt einen Überblick über die Entstehungsgeschichte und über die Entwicklung der Anlaufstellen Nachbarschaft (siehe Anlage).

 

Die mit der Bevölkerungsentwicklung der letzten Jahre einhergehenden Herausforderungen auf kommunaler Ebene haben Veränderungsprozesse auch in Hinblick auf die Arbeit für und mit Senior*innen in Gang gesetzt. Die immer weiter zunehmende Heterogenität der heutigen Gruppe der älteren Menschen erfordert eine ebenso vielfältige, flexible und innovative Infrastruktur der Kommunen. Somit soll sichergestellt werden, dass sowohl Potentiale und Ressourcen der Zielgruppe eingebracht werden können, aber auch dem Gedanken von Hilfe- und Unterstützungsstrukturen vor Ort Rechnung getragen wird. Die Anlaufstellen Nachbarschaft wurden zu einem Baustein dieser Infrastruktur weiterentwickelt. Eine Fortsetzung über den Zuwendungszeitraum 2019-2021 hinaus wird angestrebt.

 

  1. Entstehung der Anlaufstellen Nachbarschaft

 

Gemäß § 71 SGB XII werden im Rahmen der Offenen Arbeit für ältere Menschen, über Güter und Dienstleistungen der Daseinsvorsorge hinaus, nachhaltige Strukturen der Vernetzung in den Kieler Ortsteilen gefördert. Im Zentrum der Umsetzung dieser strategischen Beantwortung der demografischen Herausforderungen stehen im Bereich der Landeshauptstadt Kiel die Anlaufstellen Nachbarschaft (kurz: anna).
 

Gemeinsam mit der Arbeiterwohlfahrt Kiel, der Diakonie Altholstein, dem Stadtteilnetzwerk nördliche Innenstadt e.V. und dem Deutschen Roten Kreuz hat die Landeshauptstadt Kiel seit 2014 mit den anna ein Erfolgskonzept der offenen Arbeit für ältere Menschen etabliert.

 

Das neue Konzept schafft eine Ermöglichungsstruktur statt wie bisher feste Angebote anzubieten. Damit wird der Paradigmenwechsel in der Arbeit für und mit Senior*innen vollzogen: Alter und Ruhestand werden nicht als Phase passiven Empfangens von Hilfen angesehen, sondern als Phase aktiven Gestaltens und selbstbestimmter Betätigung. Die zugrundeliegenden Leitlinien haben sich aus der Infrastruktur- und Pflegebedarfsplanung entwickelt, die das Amt für Soziale Dienste zuletzt 2017 vorlegte. Diese Planung wird aktuell neu erstellt und fokussiert weiterhin die Zielsetzung, dass Kieler Einwohner*innen, auch mit Pflege- und Unterstützungsbedarf, in der eigenen Häuslichkeit bleiben können. So rücken der Erhalt von Eigenständigkeit und Selbstbestimmung, die Stärkung von Vernetzung und Kooperation im Sozialraum und die Entwicklung lebendiger Nachbarschaften sowie eine ressourcenorientierte Perspektive verstärkt in den Blick. Diese Aspekte werden auch im 7. Altenbericht der Bundesregierung als Empfehlung für kommunales Handeln formuliert. Mit den Anlaufstellen Nachbarschaft wurden die Empfehlungen und Leitlinien realisiert.

 

Die Träger*innen der Wohlfahrtspflege haben sich in den letzten Jahren auf den Weg gemacht und sowohl die bereits vorhandenen Standorte als auch neue Treffpunkte in den Ortsteilen zu einheitlichen Anlaufstellen Nachbarschaft umstrukturiert. Nachdem zuerst in der Beselerallee, Gaarden, Elmschenhagen-Nord, Suchsdorf und Schilksee eine anna entstanden ist, folgten 2017 Elmschenhagen-Süd, Kroog, Steenbek-Projensdorf und Holtenau mit der Gründung. Seit Januar 2019 arbeiten weitere Standorte ebenfalls nach dem anna-Konzept. Nach und nach sind neue anna dazu gekommen, zuletzt wurden die anna in Hassee (2020) und Meimersdorf/Moorsee (2021) eingeweiht. Dem Ortsteil Schreventeich/Hasseldieksdamm steht eine anna-Eröffnung noch bevor. Durch die trägerübergreifende Zusammenarbeit konnte das Konzept der anna einheitlich in Kiel umgesetzt werden.

 

Die Umsetzung des Konzeptes orientiert sich an drei Handlungsmodulen: Modul 1: Information, Beratung und Vermittlung, Modul 2: Strukturierte Netzwerkarbeit und Modul 3: Unterstützung des freiwilligen Engagements. Das Leitziel der konzeptionellen Ausrichtung ist die Entwicklung von Strukturen, welche unter Beachtung von Aspekten der Inklusion eine selbstbestimmte und selbständige Gestaltung des Lebens im Alter möglich machen. Die bisher entwickelten Strukturen haben sich gerade während der Corona-Pandemie in den Ortsteilen bewährt: die anna-Leitungen haben unter anderem durch Einkaufshilfen, Masken-und Impfaktionen umfangreich die unterstützenden Netzwerke mitgestaltet.

 

Die aktuelle Lage hat gezeigt, dass viele Menschen im Alter auf Unterstützungssysteme angewiesen sind. Viele Menschen befinden sich durch die Auswirkungen der Pandemie in prekären Lebenssituationen und sind von Einsamkeit bedroht. Der Zugang zu digitalen Netzwerken für ältere Menschen in unserer Gesellschaft ist nicht selbstverständlich. Daher sollten an dieser Stelle die Strukturen sowohl auf analoger als auch auf digitaler Ebene weiter ausgebaut werden, wie auch im 8. Altersbericht der Bundesregierung konstatiert wird.

 

Erste strukturelle Veränderungen wurden bereits im Vergleich der letzten drei Jahre sichtbar. Die Tätigkeiten in Modul 2: Strukturierte Netzwerkarbeit und Modul 3: Unterstützung des freiwilligen Engagements haben sich im Jahr 2019 im Vergleich zu den Vorjahren etwa verdoppelt. Weitere Informationen hierzu und zu der ortsteilbezogenen Entwicklung werden im Anhang durch die Auswertung der Dokumentation dargestellt.

 

Die Realität zeigt, dass auch projektbezogene Zusammenarbeit auf lokaler Ebene mit weiteren Akteur*innen in den Quartieren der Ortsteile anzustreben sind. Dies ist eine Ausweitung des Konzeptes und sollte im nächsten Zeitraum projektiert werden. Dazu benötigt die Verwaltung finanzielle Mittel. Ebenso ist die Einbindung von Menschen mit Behinderung in die Aktivitäten der anna im Sinne von Inklusion ein Themenfeld, das wir im nächsten Zeitraum projektieren wollen.

Anhand des sichtbaren Bedarfs und der Notwendigkeit der Berücksichtigung von inklusiven Strukturen in der Nachbarschaft, sollte das Konzept der anna durch weitere Standorte etabliert werden.

 

III. Fazit

 

In den letzten Jahren sind die Anlaufstellen Nachbarschaft in den Kieler Ortsteilen zu wichtigen Akteurinnen geworden, die engagierte Kieler*innen unterstützen, partizipative Prozesse anstoßen und mit ihrem Handeln erste Strukturen für lebendige Nachbarschaften schaffen. Nun gilt es, diese Strukturen zu sichern und an die Bedarfe in den Ortsteilen anzupassen, ggf. durch ergänzende Angebote von Partner*innen in den Quartieren zu erweitern. Die Verwaltung hat dies konzeptionell erarbeitet und wird einen entsprechenden Antrag zu den Haushaltsberatungen 2022 vorlegen.

 

 

 

Gerwin Stöcken

Stadtrat

 

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Anlagen

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